Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Kläger begehrt von der Beklagten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Arbeitgeberkündigung eine freiwillige Abfertigung in Höhe des Klagebetrages auf Grund der Betriebsvereinbarung (Sozialplan) vom 1. 2. 2000. Strittig ist die Auslegung und das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Abfertigung.
Rechtliche Beurteilung
Verfahren über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen im Sinne des § 46 Abs 3 Z 1 ASGG sind solche, in denen es um die Berechtigung geht, wobei es allerdings nicht erforderlich ist, dass diese Frage als Hauptfrage zu klären ist. Es muss sich aber um eine Rechtsstreitigkeit handeln, in der die Frage der (auch der Art der) Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Bestand des daran geknüpften Leistungsanspruches eine Rolle spielt (RIS-Justiz RS0085924). Dies ist hier nicht der Fall. Die Revisionswerberin missversteht offenbar die Ausführungen Kudernas (ASGG**2 280 f). Streitigkeiten um Abfertigungsansprüche unterliegen entgegen ihrer Annahme nicht generell der privilegierten Anfechtbarkeit nach § 46 Abs 3 ASGG, sondern nur dann, wenn die Art oder Berechtigung der Beendigung strittig ist (9 ObA 2006/96g, 9 ObA 191/97x ua). Im vorliegenden Fall war die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Arbeitgeberkündigung zwischen den Parteien nie strittig; sie wurde vielmehr von der Beklagten sogar ausdrücklich außer Streit gestellt. Die Art der Beendigung spielt daher im vorliegenden Fall für den Anspruch auf zusätzliche Abfertigung aufgrund der Betriebsvereinbarung keine Rolle. Es liegt daher kein Verfahren über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 46 Abs 3 lit 1 ASGG vor.
Die Auslegung der Betriebsvereinbarung könnte demnach nur dann die Zulässigkeit der Revision begründen, wenn eine Rechtsfrage im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG zu lösen wäre. Dies ist dann der Fall, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Eine solche Rechtsfrage ist hier jedoch nicht zu lösen:
Der normative Teil einer Betriebsvereinbarung, deren Eigenschaft auch einem Sozialplan iS des § 109 Abs 3 ArbVG zukommt, ist so wie ein Kollektivvertrag oder ein Gesetz nach den §§ 6, 7 ABGB auszulegen (DRdA 1991/3 [Marhold]; 9 ObA 142/93; 9 ObA 196/93; RIS-Justiz RS0050963). Die Auslegung hat nach dem objektiven Inhalt zu erfolgen; die subjektive Absicht der beteiligten Personen ist nicht maßgeblich (infas 1994, A 54; RIS-Justiz RS0010088). Der Zweck des Sozialplanes, die sich aus einer betrieblichen Änderung für alle oder einen erheblichen Teil der Arbeitnehmerschaft ergebenden wesentlichen Nachteile zu verhindern, zu beseitigen oder zu mildern, ist bei der Auslegung zu berücksichtigen (DRdA 1991/51 [Schwarz]; DRdA 1994/18 [Schwarz]; 9 ObA 149/00b). Nichts anderes tat das Berufungsgericht.
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ist Voraussetzung der in der Betriebsvereinbarung als Sozialplan normierten zusätzlichen freiwilligen Abfertigung ua der Umstand, dass der Kläger als Arbeitnehmer der Beklagten am Standort S***** "von den Umbauarbeiten betroffen" war. Laut Präambel war es erklärtes Ziel des Sozialplans, die durch die Umbauarbeiten auftretenden Härten und Nachteile im wirtschaftlichen und sozialen Bereich zu mildern.
Der Kläger war als Küchenleiter durch die Umbauarbeiten in zweifacher Weise betroffen; einerseits dadurch, dass es während der Umbauarbeiten auch in seinem Arbeitsbereich staubiger und lärmiger war, und andererseits dadurch, dass er (laut der vom Berufungsgericht im Rahmen der Beweiswiederholung getroffenen Feststellung) wegen des während der Umbauarbeiten eingetretenen 30 %igen Umsatzrückganges des Restaurantbetriebes im Vergleich zum Vorjahr von der Beklagten gekündigt wurde.
Bei dieser Sachlage kann in der Auslegung des Sozialplans durch das Berufungsgericht, dass der Kläger als Arbeitnehmer der Beklagten von den Umbauarbeiten am Standort S***** betroffen war, keine Verletzung wesentlicher Auslegungsgrundsätze bei Beurteilung der Umstände des Einzelfalles erblickt werden, war es doch erklärtes Ziel des Sozialplans, die durch die Umbauarbeiten auftretenden Härten und Nachteile im wirtschaftlichen und sozialen Bereich der Arbeitnehmer ua durch die Gewährung einer freiwilligen Abfertigung zu mildern. Welche Kriterien und Umstände im Einzelfall die Betroffenheit eines Arbeitnehmers von Umbauarbeiten ausmachen, bildet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 46 Abs 1 ASGG (RIS-Justiz RS0110650).
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