OGH 1Ob262/01p

OGH1Ob262/01p22.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alois H*****, vertreten durch Dr. Klaus Riedmüller, Rechtsanwalt in Innsbruck als Verfahrenshelfer, wider die beklagten Parteien 1.) Land Tirol, vertreten durch Dr. Iris-Claudia Amann, Rechtsanwältin in Hall in Tirol, und 2.) Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17 - 19, wegen 2,5 Mio S sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 29. Juni 2001, GZ 4 R 61/01d-28, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Straferkenntnis der zuständigen Bezirkshauptmannschaft vom 24. April 1996 wurde der Kläger schuldig erkannt, seit dem 4. Oktober 1995 auf einem näher bezeichneten Grundstück in einem Käfigwagen acht in seinem Eigentum befindliche Löwen - Tiere, die nach ihrer Art für das Leben und die Gesundheit von Menschen gefährlich sind - zu halten, ohne die hiefür erforderliche Bewilligung nach § 6 Abs 3 des Tiroler LandespolizeiG (TLPG) zu besitzen und dadurch eine Übertretung nach dieser Bestimmung begangen zu haben. Über ihn wurde eine Geldstrafe von 5.000 S verhängt und die acht Löwen gemäß § 8 Abs 2 TLPG iVm § 17 Abs 1 VStG für verfallen erklärt. Der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) in Tirol wies mit Berufungserkenntnis vom 28. Oktober 1996 den als Berufung gewerteten "Rekurs" des Klägers gegen das Straferkenntnis nach Erhebungen als verspätet zurück. Der Verwaltungsgerichtshof wies mit Erkenntnis vom 15. September 1997 die Beschwerde des Klägers gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet ab, weil die Zustellung des Straferkenntnisses rechtmäßig erfolgt sei. Beim Zirkuswagen des Klägers handle es sich um eine Abgabestelle iSd § 4 ZustG. Da die Verständigungen iSd § 21 Abs 2 und des § 17 ZustG an der Eingangstüre des Wohnwagens des Klägers angebracht worden seien sei - selbst wenn sie später von dort wieder entfernt worden sein sollten - von einem gültigen Zustellvorgang auszugehen. Da sich der Kläger im fraglichen Zeitraum regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten habe, liege auch kein Fall des § 17 Abs 3 dritter Satz ZustG vor.

Der Kläger begehrte von den beiden beklagten Rechtsträgern aus dem Rechtsgrund der Amtshaftung die Zahlung von 2,5 Mio S sA. Durch einen unzulässigen Zustellungsakt sei der Kläger nicht in der Lage gewesen, gegen das Straferkenntnis und den darin ausgesprochenen Verfall seiner Löwen vorzugehen.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.

Die außerordentliche Revision des Klägers bringt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zur Darstellung.

Rechtliche Beurteilung

Die Frage nach der Rechtswidrigkeit faktischer Amtshandlungen ist von den zur Entscheidung in Amtshaftungssachen berufenen ordentlichen Gerichten ohne Einleitung eines Verfahrens nach § 11 Abs 1 AHG selbst zu beantworten (SZ 59/113; 1 Ob 48/98k = ecolex 1998, 627 [Rabl]; 1 Ob 97/00x). Allerdings kann im vorliegenden Fall unter Bedachtnahme auf § 2 Abs 2 AHG nur das Berufungserkenntnis des UVS in Tirol, mit dem die Berufung des Klägers wegen Verspätung zurückgewiesen wurde, schadensauslösend sein. An die Feststellung der Rechtswidrigkeit oder fehlenden Rechtswidrigkeit eines Bescheids durch den Verwaltungsgerichtshof (oder den Verfassungsgerichtshof) ist das Amtshaftungsgericht gebunden (1 Ob 8/95 = SZ 68/191 = ÖBA 1996, 213 = EvBl 1996/79 mwN; Schragel, AHG2 Rz 270; Vrba/Zechner, Kommentar zum Amtshaftungsrecht 243; Mader in Schwimann2, § 11 AHG Rz 7). Liegt - wie hier - schon ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs über die (fehlende) Rechtswidrigkeit eines Behördenhandelns vor, dann hat eine Antragstellung des Amtshaftungsgerichts zu unterbleiben; der Hinweis der klagenden Partei auf § 190 ZPO ist verfehlt, weil sich für das Amtshaftungsverfahren in § 11 Abs 1 AHG eine eigenständige Lösung der Bindungsfrage findet (1 Ob 26/95 = RZ 1996/51; 1 Ob 8/95; Schragel aaO Rz 269). Gegenstand der Bindung des Amtshaftungsgerichts sind neben dem Spruch des die Rechtswidrigkeit aussprechenden Erkenntnisses auch die diesen Ausspruch näher deutenden Entscheidungsgründe (1 Ob 8/95 mwN).

Die übrigen Ausführungen im zuerst eigenhändig eingebrachten Schriftsatz des Klägers entziehen sich infolge ihrer mit dem vorliegenden Rechtsfall nicht im Zusammenhang stehenden Darlegungen einer meritorischen Beurteilung.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte