Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben; dem Gericht zweiter Instanz wird eine neuerliche Entscheidung über den Rekurs der beklagten und widerklagenden Partei aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin und Widerbeklagte (in der Folge: Klägerin) begehrte, den Beklagten und Widerkläger (in der Folge: Beklagten) zu verpflichten, das Fahrzeug VW Golf Cabrio, polizeiliches Kennzeichen KU 5 XYV, iSd § 43 KFG abzumelden, in eventu, der Klägerin die polizeilichen Kennzeichen und den Zulassungsschein herauszugeben. Der Beklagte habe das Fahrzeug bei der Klägerin geleast; in der Folge habe die Klägerin in Erfahrung gebracht, dass für den Beklagten ein Sachwalter bestellt sei. Die Klägerin habe in der Folge über dasselbe Fahrzeug einen inhaltsgleichen Leasingvertrag mit Erika K***** (in der Folge: Nebenintervenientin) und deren Mutter abgeschlossen. Nach Erfüllung des Eventualbegehrens durch den Beklagten schränkte die Klägerin ihr Begehren auf Kostenersatz ein.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er habe den Leasingvertrag ohne Rücksprache mit seinem Sachwalter abgeschlossen. Folge der Nichtigkeit des Leasingvertrages sei dessen Rückabwicklung Zug um Zug; die Klägerin weigere sich aber, die vom Beklagten geleisteten Leasingentgelte samt Depotzahlung und Anzahlung in Höhe von 206.277 S sA zurückzuzahlen. Eine Vorleistungspflicht auf Rückstellung des Kennzeichens und des Zulasungsscheins bestehe nicht. Der Beklagte machte seine behaupteten Rückzahlungsansprüche auch zum Gegenstand einer Widerklage.
Die Klägerin verkündete der Nebenintervenientin den Streit. Mit am 29. 6. 2000 als Telefax beim Erstgericht eingelangtem Schriftsatz (ON 27), der in der Tagsatzung vom 4. 7. 2000 im Original vorgelegt wurde (AS 123), erklärte die Nebenintervenientin ihren Eintritt in das Verfahren auf Seite der Klägerin. Der Schriftsatz trägt den Vermerk "Zustellung an die Klags- bzw Beklagtenvertreter gemäß § 112 ZPO direkt." In der Tagsatzung vom 4. 7. 2000 beantragte der Beklagtenvertreter die Zurückweisung der Nebenintervention mangels rechtlichen Interesses.
Das Erstgericht fasste in der Tagsatzung vom 4. 7. 2000 den Beschluss, dass die Nebenintervention zugelassen werde, und behielt die Begründung der schriftlichen Ausfertigung vor. Es wies die Widerklage ab und verpflichtete den Beklagten zum Kostenersatz an die Klägerin und die Nebenintervenientin.
Gegen dieses Urteil erhob der Beklagte Berufung und verband damit einen Rekurs gegen den Beschluss auf Zulassung der Nebenintervention und die damit in Zusammenhang stehende Kostenentscheidung des Urteils. Auch die Nebenintervenientin erstattete eine Berufungsbeantwortung.
Das Gericht zweiter Instanz hob den Beschluss auf Zulassung der Nebenintervention und die Kostenentscheidung des Urteils, wonach der Beklagte zum Kostenersatz an die Nebenintervenientin verpflichtet sei, auf und wies die Berufungsbeantwortung der Nebenintervenientin zurück; es sprach zum aufhebenden Teil seiner Entscheidung aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Verhältnis der Zustellvorschrift des § 25 ZPO zu jener des § 112 ZPO fehle. Der Rekurs gegen die Zurückweisung der Berufungsbeantwortung sei analog § 519 Abs 1 Z 1 ZPO jedenfalls zulässig. Aus Anlass des zulässigen Rekurses sei zunächst zu prüfen, ob überhaupt ein rechtswirksamer Beitritt der Nebenintervenientin vorliege. Das sei deshalb zu verneinen, weil die Rechtswirkungen der Nebenintervention erst mit der Zustellung des Beitrittsschriftsatzes an die Parteien einträten, die Zustellung aber gem § 25 ZPO vom Gericht anzuordnen sei. Eine derartiger vom Gericht angeordneter Zustellvorgang liege nicht vor. Der Weg einer direkten Zustellung gem § 112 ZPO stehe nur Parteien offen, die noch nicht rechtswirksam beigetretene Nebenintervenientin sei aber noch nicht Verfahrenspartei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Nebenintervenientin ist zulässig, weil das Rekursgericht die Wirksamkeit des Beitritts der Nebenintervenientin unrichtig beurteilt hat; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.
Die Nebenintervenientin vertritt den Standpunkt, ihre Beitrittserklärung sei spätestens durch Vortrag des Beitrittsschriftsatzes in der Tagsatzung am 4. 7. 2000 rechtswirksam geworden. Auch folge aus § 18 Abs 3 ZPO, dass ein Nebenintervenient bis zur rechtskräftigen Erledigung des Antrags auf Zurückweisung der Nebenintervention als Partei zu behandeln sei, weshalb er bis dahin Zustellungen auch nach der Vorschrift des § 112 ZPO veranlassen könne. Dazu ist zu erwägen:
Der Beitritt als Nebenintervenient ist gemäß § 18 Abs 1 ZPO gegenüber dem Gericht zu erklären. Er wird mit Zustellung des Beitrittsschriftsatzes an beide Parteien wirksam (EvBl 1999/148 mwN). Die Beitrittserklärung kann aber auch durch Erklärung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung erfolgen (SZ 68/218). Das Gericht hat, noch ehe es die Zustellung eines Beitrittsschriftsatzes anordnet, von Amts wegen die formellen Beitrittsvoraussetzungen zu prüfen und die Nebenintervention bei deren Verneinung zurückzuweisen (EvBl 1999/148 mwN aus Lehre und Rsp).
Deixler-Hübner (Die Nebenintervention im Zivilprozess, 72 ff) stellt mit beachtlichen Gründen die Richtigkeit der herrschenden Auffassung, der Beitritt eines Nebenintervenienten werde erst mit der vollzogenen Zustellung an beide Parteien wirksam, in Frage. Ihrer Ansicht nach sei eine Unterscheidung zwischen dem Zeitpunkt der Abgabe der Beitrittserklärung, zu dem die Nebenintervention erfolge, und jenem der Zustellung an beide Parteien, zu dem erst die Wirksamkeit der Nebenintervention eintrete, weder aus dem Wortlaut des § 18 Abs 1 ZPO, noch aus der ratio der Nebeninterventionsbestimmungen erschließbar. Die Beitrittserklärung sei vielmehr ein Dispositivakt gegenüber dem Gericht, der den Prozess unmittelbar durch Hinzutreten eines Dritten gestalte, und dessen Zugang an beide Parteien für die Wirksamkeit ohne Bedeutung sei. Der prozesserhebliche Schritt sei bereits mit der Abgabe der Erklärung an das Gericht getan; ab nun könne der Nebenintervenient im Verfahren handeln und jede Partei die Zurückweisung beantragen, selbst wenn sie vom Beitritt zunächst auf andere Weise erfahren habe. Der Zustellung der Beitrittserklärung durch das Gericht komme bloß die Bedeutung einer amtlichen Mitteilung an die Parteien zu. Für diese Auslegung spreche insbesondere auch § 18 Abs 3 ZPO; diese Bestimmung ermögliche es dem Nebenintervenienten, bis zur rechtskräftigen Stattgebung eines Zurückweisungsantrags Prozesshandlungen vorzunehmen. Nur bei dieser Auslegung werde auch dem Prozessprinzip des optimalen Zugangs zum Recht entsprochen.
Der erkennende Senat hält diese Auffassung von Deixler-Hübner - ohne dass es einer weitergehenden Auseinandersetzung mit den Gegenstimmen bedarf - jedenfalls insoweit für zutreffend, als ein wirksamer Beitritt des Nebenintervenienten spätestens dann vorliegt, wenn sein Beitrittsschriftsatz in Gegenwart beider Parteien in einer Tagsatzung vorgetragen und anschließend mit den Parteien über einen Zurückweisungsantrag mündlich verhandelt wird, mag auch ein förmlicher Zustellvorgang des Beitrittsschriftsatzes durch das Gericht gem § 25 ZPO unterblieben sein. In diesem Fall ist der durch den gesetzlich vorgeschriebenen Zustellvorgang angestrebte Zweck, die Parteien über die Nebenintervention zu informieren und ihnen die Möglichkeit eines Zurückweisungsantrags zu eröffnen, auch ohne den Zustellvorgang bereits erreicht, sodass es ein nicht zu rechtfertigender Formalismus wäre, wollte man unter diesen Umständen der Nebenintervention ihre Wirksamkeit unter Hinweis auf eine Verletzung des § 25 ZPO absprechen.
Der (nach dem Sachverhalt hier allein in Frage kommende) Nichtigkeitsgrund des § 477 Z 4 ZPO (Entzug des rechtlichen Gehörs durch einen ungesetzlichen Zustellvorgang), der dem Rekursgericht bei seiner Entscheidung offenbar vor Augen stand, ist jedenfalls nicht verwirklicht, weil ja über den Beitrittsschriftsatz in Gegenwart der Parteienvertreter am 4. 7. 2000 mündlich verhandelt worden ist.
Ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht hat das Rekursgericht das Rechtsmittel der Beklagten inhaltlich nicht behandelt. Die Rechtssache ist deshalb an das Rekursgericht zurückzuverweisen, das das Rechtsmittelverfahren unter Berücksichtigung eines wirksamen Beitritts der Nebenintervenientin fortzusetzen haben wird.
Der Kostenvorbehalt beruht auf §§ 50 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO.
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