OGH 4Ob233/01w

OGH4Ob233/01w16.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl G*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Raits Ebner Rechtsanwälte GmbH, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 400.000 S), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 24. Juli 2001, GZ 2 R 162/01h-11, womit der Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 15. Juni 2001, GZ 2 Cg 108/01h-5, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger ist behördlich konzessionierter Vermögensverwalter und vermittelt gegen Provision unter anderem Bausparverträge und andere (Geld-)Anlageformen. Die Beklagte betreibt ein Kreditinstitut iSd § 1 BausparkassenG (BSpG) iVm dem BankwesenG (BWG) und veranlagt dabei unter anderem Vermögen in Form von Bausparverträgen.

Im Dezember 2000 bewarb die Beklagte ihre Produkte in Inseraten unter anderem mit folgendem Text: "Weil stolze Eltern und Großeltern bei W***** jetzt mit unglaublichen 8,25 % Gewinn rechnen können. Im kommenden Jahr erhalten Bausparer bei W***** 4,5 % Prämie (bei Einzahlungen bis Euro 1.000,--) und 3,75% Zinsen." Im ersten Halbjahr 2001 lagen in den Geschäftslokalen der Beklagten und deren Auslagen Plakate und Broschüren mit folgendem Inhalt auf: "Warum auch Sie bald Bausparer werden! Neu: 8,25 % Gewinn im Jahr 2001. Bausparen lohnt sich für alle! W***** Bausparen lohnt sich für alle, denn unabhängig von Einkommen, Alter oder Nationalität können Sie ohne Risiko mehr aus Ihrem Geld machen. Jetzt ist Bausparen noch attraktiver, denn im heurigen Jahr steigt Ihr Gewinn auf 8,25 %. Sichern Sie sich jetzt 8,25 % Gewinn! (...) Für 2001 bedeutet das 3,75 % Zinsen. Zusätzlich stieg die staatliche Prämie auf 4,5 % (bei Einzahlungen bis Euro 1.000,--). Zusammen sind das 8,25 % Gewinn im heurigen Jahr." Diese Plakate, Broschüren und Werbeeinschaltungen enthalten keinen Hinweis auf die Effektivverzinsung der Bauspareinlagen vor KESt; auch fehlt der Hinweis, dass die staatliche Bausparprämie von 4,5 % nur einmal vom jeweils jährlich eingezahlten Betrag zusteht und dass alle Angaben über Guthaben und Gewinn unverbindlich und mit Spesen der Bausparkasse belastet sind.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt der Kläger, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, bei der Werbung für Bausparverträge damit zu werben, dass stolze Eltern und Großeltern bei W***** jetzt mit unglaublichen 8,25 % Gewinn rechnen können, dass im kommenden Jahr (2001) Bausparer bei W***** 4,5 % Prämie und 3,75 % Zinsen erhalten und dass man sich durch Abschluss eines Bausparvertrags im Jahr 2001 8,25 % Gewinn sichert, wenn nicht gleichzeitig in der Werbeeinschaltung bzw im Werbemittel auf die Effektivverzinsung vor KESt und darauf hingewiesen wird, dass die Bausparprämie von 4,5 % nur von der im jeweiligen Jahr eingezahlten Bausparsumme zusteht, dass diese nur vorbehaltlich der Überweisung durch die Finanzlandesdirektion zusteht, dass Spesen der Bausparkasse abzuziehen sind und dass alle Angaben über Guthaben und Gewinn beim Bausparen unverbindlich sind, sowie ähnliche oder inhaltsgleiche Werbeaussagen zu unterlassen.

Die Werbeaussagen der Beklagten erweckten beim flüchtigen und durchschnittlichen Betrachter den unrichtigen und täuschenden Gesamteindruck, die Veranlagung werde nicht nur im Jahr 2001, sondern auch in den darauf folgenden Jahren bzw über die gesamte, mindestens sechsjährige, Laufzeit eine ungeschmälerte Verzinsung von 8,25 % erzielen, der Bausparer dürfe also für eine einmal geleistete Bauspareinlage alljährlich mit einem - durch Spesen und KESt nicht mehr verminderten - Vermögenszuwachs von zumindest 8,25 % rechnen. Tatsächlich werde die staatliche Bausparprämie von 4,5 % (im Jahr 2001) nur einmal für den im jeweiligen Jahr eingezahlten Betrag gewährt. Es sei nicht garantiert, dass die Prämie auch im Folgejahr 4,5 % (vom dann einbezahlten Betrag) betragen werde. Der Effektivzinssatz vor KESt, der in den Werbemitteln der Beklagten entgegen der ausdrücklichen Anordnung des § 4 Abs 3 BSpG ebensowenig angegeben werde wie die anfallenden Spesen, liege damit (nur) bei ca 5 %. Bei vorzeitiger Vertragsauflösung erfolge sogar eine Zinsenrückrechnung auf 1,75 % jährlich, werde ein Verwaltungskostenbeitrag von 0,5 % der Vertragssumme verrechnet und müsse die staatliche Prämie zurückgezahlt werden. Im Hinblick darauf rufe die Werbeaussage der Beklagten beim Publikum eine der Wirklichkeit nicht entsprechende Tatsachenvorstellung über die Höhe des erzielbaren Gewinns hervor und verstoße deshalb gegen §§ 1 und 2

UWG.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Ihre Werbeaussagen seien weder sittenwidrig noch irreführend. Es werde nämlich darin ausdrücklich klargestellt, dass sich die Aussagen nur auf das Jahr 2001 und bloß auf Einzahlungen bis maximal 1.000 Euro bezögen; der vom Kläger verlangten zusätzlichen Angaben bedürfe es nicht. Ein Hinweis darauf, dass alle Angaben über Guthaben und Gewinn beim Bausparen unverbindlich seien, sei nicht angebracht, weil die (nur) auf das Jahr 2001 bezogenen Aussagen ja im Gegenteil verbindlich seien und im Übrigen gar keine Angaben über "Guthaben" enthielten. Dass die Bausparprämie nur von der im jeweiligen Jahr eingezahlten Bausparsumme (bis höchstens 1.000,-- Euro) zustehe, sei selbstverständlich und bedürfe keines gesonderten Hinweises; auch sei offenkundig, dass es für nicht eingezahlte Beträge weder eine Bausparprämie noch Zinsen gebe. Es bestehe keine Rechtspflicht darauf hinzuweisen, dass die Bausparprämie nur vorbehaltlich der Überweisung durch die Finanzlandesdirektion zustehe; dass es sich bei der Bausparprämie um eine staatliche Prämie handle, könne ebenso als allgemein bekannt vorausgesetzt werden wie der Umstand, dass Spesen der Bausparkasse abzuziehen seien. Diese Spesen seien überdies bereits in einer Effektivverzinsung vor KESt berücksichtigt.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Die beanstandete Werbung sei irreführend. Die Angabe des Gesamtzinssatzes erwecke den Eindruck, es handle sich dabei um einen Gewinn, der - ähnlich wie bei anderen Anlageformen - über die Gesamtlaufzeit hinweg zustehe. Die Werbung sei offensichtlich auf das letzte Quartal 2000 zugeschnitten, weil der angeführte Gewinn auch nur im Jahr 2001 tatsächlich erzielbar sei, sofern die Einzahlung gleich zu Jahresbeginn erfolge. Die Ankündigung sei daher bereits im Mai 2001 falsch gewesen. Darüber hinaus sinke die tatsächliche Verzinsung von Jahr zu Jahr, weil die Bausparprämie von 4,5 % - sollte sie überhaupt in dieser Höhe fortbestehen - immer nur vom Jahreseinzahlungsbetrag berechnet und das Ansparguthaben aus den Vorjahren tatsächlich nur mit dem "normalen" Zinssatz von derzeit 3,75 % verzinst werde. Dieser Umstand werde in der Ankündigung der Beklagten verschleiert und falle einem durchschnittlich intelligenten Kunden vermutlich gar nicht auf. Es gebe aber nach Vertragsabschluss praktisch kein Zurück mehr, weil die Bedingungen für den Fall der vorzeitigen Vertragsauflösung sehr nachteilig für den Kunden seien. Was den Zeitraum der Zinsenzusage betreffe, so sei zwar ausdrücklich nur vom "kommenden Jahr" bzw von "2001" die Rede, insgesamt aber vermittelten die Prospekte den Eindruck, dies sei nur der Beginn einer guten Verzinsung, die dann auf mindestens demselben Niveau weitergehe. Es werde sogar darauf hingewiesen, dass ein vergleichbar hoher Gewinn ansonsten nur bei risikoreichen Anlageformen erzielbar sei, was unrichtig sei. Bleibe man nämlich bis zum Vertragsende, erhalte man im letzten Jahr tatsächlich nur mehr rund 4 bis 5 % Zinsen, bezogen auf den gesamten Ansparbetrag. Steige man aber nach dem ersten Jahr aus, in dem man 8,25 % Zinsen erhalten habe, müsse man fast alle Zinsen zurückzahlen.

Das Verbot, bei der Werbung für Bausparverträge damit zu werben, dass stolze Eltern und Großeltern bei Wüstenrot jetzt mit unglaublichen 8,25 % Gewinn rechnen können, dass im kommenden Jahr (2001) Bausparer bei Wüstenrot 4,5 % Prämie und 3,75 % Zinsen erhalten und dass man sich durch Abschluss eines Bausparvertrags im Jahr 2001 8,25 % Gewinn sichert, sowie ähnliche oder inhaltsgleiche Werbeaussagen zu unterlassen, war mangels Anfechtung nicht Gegenstand des Rekursverfahrens.

Das Rekursgericht ergänzte das Unterlassungsgebot durch den Zusatz "wenn nicht gleichzeitig in der Werbeeinschaltung bzw im Werbemittel auf die Effektivverzinsung vor KESt im Sinne des § 4 Abs 2 und 3 BSpG hingewiesen wird" und wies es insoweit ab, als begehrt wurde, die Beklagte sei schuldig, solche sowie ähnliche oder inhaltsgleiche Werbeaussagen auch dann zu unterlassen, wenn nicht gleichzeitig in der Werbeeinschaltung bzw im Werbemittel (zusätzlich zur Angabe der Effektivverzinsung vor KESt) darauf hingewiesen wird, dass die Bausparprämie von 4,5 % nur von der im jeweiligen Jahr eingezahlten Bausparprämie zusteht, dass diese (Prämie) nur vorbehaltlich der Überweisung durch die Finanzlandesdirektion zusteht, dass Spesen der Bausparkasse abzuziehen sind und dass alle Angaben über Guthaben und Gewinn beim Bausparen unverbindlich sind, ab. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands zwar 52.000 S, nicht aber 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Irreführungseignung von Gewinnangaben im Zusammenhang mit Bausparverträgen fehle.

Die beanstandeten Werbeaussagen der Beklagten seien, was den in Aussicht gestellten Ertrag anlange, nur auf das Jahr 2001 bezogen. Diese ausdrückliche Bezugnahme auf das Jahr 2001 finde sich nicht etwa an versteckter oder unauffälliger Stelle, sondern im Haupttext, insbesondere auch in dem als Blickfang besonders hervorgehobenen rot umrahmten "Kasten" auf der Titelseite der Werbebroschüren. Damit sei auch für einen flüchtigen Betrachter hinlänglich klargestellt, dass ein Gewinn von 8,25 % (4,5 % Prämie und 3,75 % Zinsen) bloß für das genannte Jahr, nicht aber auch für die Zeit danach und insbesondere nicht für die gesamte Laufzeit eines Bausparvertrags zugesagt werde. Die Werbemittel der Beklagten wiesen überdies zutreffend darauf hin, dass die Prämie nur für Einzahlungen bis 1.000,-- Euro geleistet werde. Die Unterlassung eines besonderen Hinweises darauf, dass die Bausparprämie von 4,5 % nur von der im jeweiligen Jahr eingezahlten Bausparsumme zustehe, sei nicht wettbewerbswidrig. Dasselbe gelte für den Umstand, dass die Bausparprämie nur vorbehaltlich der Überweisung durch die Finanzlandesdirektion zustehe, könne doch als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass die Bausparprämie eine staatliche Geldleistung und an bestimmte steuerrechtliche Voraussetzungen geknüpft sei, deren Erfüllung jedoch in aller Regel kein Problem sei. Den Werbebroschüren der Beklagten sei im übrigen ohnehin zu entnehmen, dass die Prämie von 4,5 % eine "staatliche" sei. Nach § 4 Abs 3 BSpG habe jede Werbung über die Bereitschaft zum Abschluss eines Bausparvertrags, sofern sie Zahlenangaben über den Zinssatz für Bauspareinlagen enthalte, die jeweils gültige Effektivverzinsung anzugeben. Gemäß § 4 Abs 2 dritter Satz BSpG seien in die Berechnung der Effektivverzinsung Entgelte, die allenfalls für Dienstleistungen im Zusammenhang mit Bauspareinlagen verlangt würden, einzubeziehen. Die von einer Bausparkasse auszuweisende Effektivverzinsung habe somit die (Kontoführungs-)Spesen als ertragsmindernd zu berücksichtigen. Da die Beklagte mit dem unbekämpft gebliebenen Teil des Unterlasungsgebots ohnehin zur (gesetzlich vorgeschriebenen) Angabe der Effektivverzinsung vor KESt (unter Berücksichtigung der Spesen) verpflichtet werde, sei eine gesonderte Aufklärung darüber, dass vom Ertrag der Veranlagung noch Spesen der Bausparkasse abzuziehen seien, nicht geboten. Der Spruch der Entscheidung sei aber zur Vemeidung von Missverständnissen insoweit durch Einfügung eines Hinweises auf § 4 Abs 2 und 3 BSpG zu präzisieren und damit deutlicher zu fassen. Zur Frage der Unverbindlichkeit von Angaben über Guthaben und Gewinn beim Bausparen sei auszuführen, dass die Beklagte ohnehin keinerlei Angaben über "Guthaben" gemacht habe. Soweit die Werbeaussagen den Gewinn ansprächen, gehe es dabei nur um denjenigen für das Jahr 2001; der für dieses Jahr in Aussicht gestellte Gewinn sei aber tatsächlich verbindlich zugesagt, weshalb ein das Gegenteil ausdrückender Beisatz von ihr nicht verlangt werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

Der Kläger hält einen Hinweis in der Werbung der Beklagten darauf, dass die staatliche Prämie nur vorbehaltlich der Überweisung durch die Finanzlandesdirektion zustehe, ebenso für erforderlich wie einen solchen, dass die Prämie nur vom eingezahlten Sparbetrag zustehe und sämtliche Angaben über die Höhe des Zinssatzes unverbindlich seien. Es sei nicht notorisch, dass die Bausparprämie eine staatliche Leistung sei. Steuergesetze - und damit auch die Voraussetzungen für ein Bezugsrecht von Bausparprämien dem Grunde und der Höhe nach - könnten rückwirkend geändert werden; auch könne es bei nicht einkommensteuerpflichtigen Personen zu Problemen beim Prämienbezug kommen. Dazu ist zu erwägen:

Auch das Verschweigen einer Tatsache kann irreführend sein, wenn und soweit es wesentliche Umstände betrifft und nach der Verkehrsauffassung einen falschen Gesamteindruck hervorrufen kann (ÖBl 1994, 75 - Schätzgutachten; ÖBl 1995, 64 - Fachbuchverlag; MR 1998, 293 [Korn] - Statistische Schwankungsbreite; MR 1999, 186 - Talfahrt der A). Eine Werbung ist aber nicht schon immer dann mit dem Makel der Irreführungseignung behaftet, wenn sie nicht alle möglichen Fragen der von ihr angesprochenen Verkehrskreise (hier der am Bausparen interessierten Verbraucher) beantwortet, sondern für konkrete Vertragsabsichten noch weitere spezielle Informationen notwendig sind, würde doch sonst jede Werbung gleichsam eine vollständige Produkt- oder Leistungsbeschreibung erfordern, was wohl nicht Sinn und finanzierbarer Zweck der Werbung ist (4 Ob 317/99t).

In der Frage des Verständnisses der angesprochenen Verkehrskreise ist - bei dem hier vorliegenden Sachverhalt ohne Auswirkungen auf den gemeinsamen Markt - auf den Gesamteindruck der Ankündigung bei flüchtiger Betrachtung und durchschnittlicher Aufmerksamkeit abzustellen (stRsp ÖBl 2001, 170 - Stadtplan B. mwN). Zu berücksichtigen ist auch, dass solche Werbemittel, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild dem Interessentenkreis nur einen ersten überblicksartigen Eindruck von ihrem Produkt vermitteln sollen, zur Vermeidung einer Irreführungseignung inhaltlich nicht so umfassend gestaltet sein müssen, dass darin alle nur denkbaren Fragen behandelt und beantwortet werden, selbst wenn sie für die überwiegende Anzahl der angesprochenen Interessenten keine Rolle spielen.

Bei Anwendung dieser Grundsätze ist dem Rekursgericht darin beizupflichten, dass die im beanstandeten Werbeprospekt enthaltenen Hinweise darauf, dass die Bausparprämie eine staatliche Leistung sei und dass der in einer Höhe von 8,25 % beworbene Gewinn (nur) für das Jahr 2001 zugesagt werde, ausreichend deutlich sind, um bei normaler Aufmerksamkeit Irrtümer über die Person des Prämienschuldners oder die Höhe des in den Folgejahren zu erzielenden Zinsgewinns auszuschließen. Eines Hinweises darauf, dass sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern können und dass der Zinssatz Schwankungen unterliegt, bedurfte es dann aber nicht, weil die versprochene Gewinnzusage ja nur auf ein bestimmtes Jahr bezogen werden konnte, eine Aussage über die Gewinne der Folgejahre demnach gar nicht gemacht wurde.

Der fehlende Hinweis im beanstandeten Prospekt darauf, dass die Bausparprämie nur an unbeschränkt Steuerpflichtige ausgezahlt wird (§ 108 Abs 1 EStG), begründet noch keinen Verstoß gegen § 2 UWG, weil die angesprochenen Verkehrskreise im Regelfall unter diese Personengruppe fallen; eine rechtzeitige Information über den gegenteiligen Ausnahmefall noch vor Vertragsschluss ist im übrigen jedenfalls dadurch sichergestellt, dass der Steuerpflichtige schon bei Abschluss des Bausparvertrags eine entsprechende Erklärung gegenüber der Abgabebehörde abgeben muss (§ 108 Abs 3 Z 1 EStG).

Bei der vom Rekursgericht gewählten Formulierung des Unterlassungsgebots unter Hinweis auf § 4 BSpG ist hinreichend sichergestellt, dass die Werbung der Beklagten zukünftig die Effektivverzinsung angeben muss; eines gesonderten Hinweises auf die Höhe der von der Beklagten in Rechnung gestellten Spesen bedarf es dann aber nicht, weil der Bausparer regelmäßig nur daran interessiert ist, was für ihn "unter dem Strich" übrigbleibt. Sollte ein besonders interessierter Sparer darüber hinaus im Einzelfall nähere Informationen über die Spesenhöhe wünschen, bleibt ihm dies selbstverständlich unbenommen.

Dass die Bausparprämie (als staatlicher Erstattungsbetrag zur Einkommensteuer im Rahmen eines Bausparvertrags) nicht grundlos, sondern immer nur abhängig von der eigenen Sparleistung erworben werden kann, darf nicht nur als bekannt vorausgesetzt werden, sondern ergibt sich auch aus der Formulierung im Prospekt der Beklagten, wonach die staatliche Prämie "bei Einzahlung" bis 1.000,-- Euro zusteht. Ebenso versteht es sich von selbst, dass eine vorzeitige Auflösung mehrjähriger Vertragsverhältnisse (zu der der Vertragspartner in der Regel nicht ohne weiteres gezwungen werden kann) zumeist mit finanziellen Nachteilen verbunden ist; dies ist besonders im Versicherungsbereich (Rückverrechnung von zunächst gewährten Dauerrabatten in der Kfz- oder Haushaltsversicherung) üblich und in den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt.

Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass die beanstandeten Ankündigungen der Beklagten - berücksichtigt man den Umfang des erlassenen Unterlassungsgebots - auch ohne weitergehende inhaltliche Präzisierung nicht zur Irreführung geeignet sind. Dem Revisionsrekurs war deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1, § 52 ZPO. Die Beklagte hat für die Revisionsrekursbeantwortung keine Kosten verzeichnet.

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