OGH 4Ob184/01i

OGH4Ob184/01i25.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Theresia K*****, vertreten durch Dr. Werner Borns, Rechtsanwalt in Gänserndorf, gegen die beklagte Partei Dr. Hubert H*****, wegen 10,000.000 S, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 14. Mai 2001, GZ 3 R 60/01s-74, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung ist der als Vertragserrichter und Vertrauensperson mehrerer Vertragspartner einschreitende Rechtsanwalt allen Vertragspartnern gegenüber zur sorgfältigen Wahrung ihrer Interessen verpflichtet. Er hat daher alle Vertragsparteien mit gleicher Sorgfalt zu behandeln und vor Interessengefährdung zu bewahren; Belehrungs- und Aufklärungspflichten treffen ihn somit allen Vertragspartnern gegenüber (AnwBl 1991, 120; RZ 1992/52; Harrer in Schwimann ABGB2 Rz 17 zu § 1300; Reischauer in Rummel ABGB2 Rz 18 zu § 1299). Allerdings darf die Pflicht zur Beratung und Belehrung nicht überspannt werden (JBl 1990, 179; AnwBl 1991, 120). Wieweit nun die Aufklärungs- und Belehrungspflicht jeweils reicht, hängt von den Umständen des zu beurteilenden Einzelfalles ab (2 Ob 178/00s) und bedeutet - von Fällen grober Fehlbeurteilung abgesehen - keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung.

Die Vorinstanzen haben eine Verletzung der den Beklagten treffenden Beratungs- und Belehrungspflichten verneint. Angesichts der - auch den Obersten Gerichtshof bindenden - Feststellungen ist eine im Rahmen eines außerordentlichen Rechtsmittels aufzugreifende Fehlbeurteilung nicht zu erkennen. Es steht fest, dass der der Verlassenschaftsabhandlung zugrunde liegende Schriftsatz von den gleichzeitig Anwesenden und am Verlassenschaftsverfahren Beteiligten (somit auch von der Klägerin) unterfertigt wurde und zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig erstellt war, sowie dass der Beklagte mit den Beteiligten mögliche Ansprüche aus der Verlassenschaft erörtert und dabei auch über Pflichtteilsansprüche sowie über die Einrechnung von Vorausempfängen bei Berechnung des Pflichtteils gesprochen hat. Es wurde auch darüber gesprochen, dass die in die Verlassenschaft fallenden Liegenschaften mit dem Einheitswert angesetzt werden, wobei es der Klägerin nach den Feststellungen auch klar war, dass der steuerliche Einheitswert nicht dem tatsächlichen Wert entspricht. Dessen ungeachtet bestand zwischen den am Verlassenschaftsverfahren Beteiligten Übereinstimmung darüber, dass die Verlassenschaft im Sinn des Testaments abgewickelt werden soll und keine weiteren Ansprüche (somit auch keine Pflichtteilsansprüche) gestellt werden.

Eine Aktenwidrigkeit des Verfahrens zweiter Instanz, die dann vorliegen könnte, wenn Tatsachenfeststellungen getroffen werden, die in den Akten überhaupt keine Grundlage haben, ist nicht zu erkennen. Die Gewinnung tatsächlicher Feststellungen durch Schlussfolgerungen bedeutet keine Aktenwidrigkeit (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 7 zu § 471).

Das Berufungsgericht ist aufgrund der seiner Entscheidung nach Erledigung der Beweisrüge zugrunde gelegten Feststellungen des Erstgerichts davon ausgegangen, dass der Beklagte die Klägerin umfassend und richtig aufgeklärt habe. Eine Scheinbegründung ist insoweit nicht zu erkennen. Das Erstgericht hatte festgestellt, dass mögliche Ansprüche aus der Verlassenschaft wie Pflichtteilsansprüche und die Anrechnung von Vorausempfängen erörtert wurden und der Klägerin klar gewesen sei, dass der Einheitswert nicht dem tatsächlichen Wert entspreche.

Die von der Revision in Ansehung von Beratungs- und Belehrungspflichten gewünschte Gleichstellung eines Erbenmachthabers bzw eines Vertreters der am Verlassenschaftsverfahren beteiligten Personen mit jenen des Gerichtskommissärs scheitert von vornherein daran, dass das AußStrG dem Gerichtskommissär als Organ des Gerichts ganz bestimmte Aufgaben überträgt, die sich von den Aufgaben von Erbenmachthabern oder Verrtetern beteiligter Personen wesentlich unterscheiden.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage wird die außerordentliche Revision zurückgewiesen.

Stichworte