OGH 4Ob216/01w

OGH4Ob216/01w25.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf und Dr. Pimmer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Franz L*****, 2. Alfred L*****, 3. Wolfgang D*****, 4. Karl D*****, alle vertreten durch Dr. Gunter Griss und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei August G*****, vertreten durch Dr. Peter Schlösser und Dr. Christian Schoberl, Rechtsanwälte in Graz, wegen Abtretung eines Geschäftsanteils (Streitwert 449.595 S), infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 3. Mai 2001, GZ 4 R 50/01g-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 29. Dezember 2000, GZ 39 Cg 95/00w-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 26.894,16 S (darin 4.482,36 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind Gesellschafter der im August 1992 gegründeten G***** GmbH (in der Folge: G*****) mit einem Stammkapital von 500.000 S; der Erstkläger hält 25 %, der Zweitkläger 30 %, der Drittkläger 25 %, der Viertkläger 10 % und der Beklagte 10 % der Geschäftsanteile. Gegenstand des Unternehmens ist die Entwicklung, Produktion und der Vertrieb von Geldbearbeitungssystemen, insbesondere Münzzähl- und -sortiermaschinen für den Schalter- und Selbstbedienungsbetrieb, weiters Bargeldeinzahlungsautomaten für den Indoor-Onlinebetrieb.

§ 11 des Gesellschaftsvertrags lautet:

"1. Geschäftsanteile sind teilbar, übertragbar und vererblich.

2. Die Abtretung von Geschäftsanteilen oder Teilen hievon kann an Mitgesellschafter ohne weiteres erfolgen, an Nichtgesellschafter jedoch nur nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen.

3. Möchte ein Gesellschafter, aus welchem Grund immer, aus der Gesellschaft ausscheiden, hat er seinen Geschäftsanteil den anderen Gesellschaftern, denen ein Aufgriffsrecht im Verhältnis ihrer Stammeinlagen zusteht, zum Erwerb anzubieten. Diese haben ihr Aufgriffsrecht binnen 30 Tagen auszuüben, wobei die Aufgriffsrechte nicht aufgriffswilliger Gesellschafter den übrigen nach Maßgabe ihrer Geschäftsanteile zuwachsen. Macht kein Mitgesellschafter vom Aufgriffsrecht Gebrauch, kann der ausscheiden wollende Gesellschafter seinen Gschäftsanteil auch Nichtgesellschaftern abtreten. (...)

7. Der Abtretungspreis bestimmt sich in jedem Falle nach dem gemeinen Wert nach dem Wiener Verfahren 1989. Maßgebend für die Berechnung dieses gemeinen Wertes ist der Jahresabschluss, der auf den Bilanzstichtag erstellt wurde oder zu erstellen ist, der dem Zeitpunkt des Ausscheidens vorangeht."

Der Gesellschaftsvertrag enthält keine Bestimmungen, die einen Ausschluss von Gesellschaftern ermöglichte. Von der Gründung der G***** bis Oktober 1999 war der Erstkläger alleiniger Geschäftsführer. Der Beklagte stand von der Gründung der G***** bis zu seiner Kündigung im September 1999 in einem Dienstverhältnis zu dieser und war als Softwareexperte tätig. 1996 kam es erstmals zu Kontakten zwischen der G***** und der amerikanischen C***** Inc (im Folgenden C*****) und deren Tochtergesellschaft C*****. Die C***** produziert selbst keine Geldzählmaschinen, sondern stellt solche Geräte gegen Spesenersatz in Supermärkten auf und bezog ab 1996 Geldzählmaschinen von G*****. Im Zusammenwirken zwischen Coin Bank und G***** wurden die Geldzählautomaten weiterentwickelt und entsprechend den Anforderungen der Amerikaner verändert. Zu diesem Zweck hielt sich der Beklagte regelmäßig in Amerika auf. In der Folge zeigte sich C***** am Erwerb von 51 % des Stammkapitals von G***** interessiert. Im Frühling 1999 vereinbarte G***** und C***** ein in englischer Sprache verfasstes "Memorandum of Understanding", das (in der deutschen Übersetzung) ua folgende Bestimmung enthält:

"Gemäß all den im folgenden genannten Bestimmungen und Bedingungen erklären sich C***** und die Gesellschafter bereit, 51 % der Gesellschaft zu kaufen bzw zu verkaufen: (...)

4. Für den Fall, dass ein Kaufvertrag nicht innerhalb von 120 Tagen nach dem Datum, an dem dieses Memorandum von beiden Parteien unterzeichnet wird, abgeschlossen wird, gilt dieses Memorandum als beendet, und die Parteien sollen keine weiteren Verpflichtungen daraus haben."

Das Memorandum wurde in einfacher Schriftform errichtet und vom Erstkläger, Drittkläger und Beklagten für G***** sowie von einem Vertreter von C***** unterzeichnet. Nachdem es innerhalb von 120 Tagen nach Abschluss dieses Memorandums zu keinem Vertragsabschluss gekommen war, brachte Cash Technologies als Klägerin am 2. 11. 1999 zu 22 Cg 221/99w des Erstgerichts gegen die Streitteile dieses Verfahrens als Beklagte Klage auf Erfüllung des Vertrags ein. Die hier Klagenden bestritten dort das Klagebegehren und beantragten Klageabweisung; der hier Beklagte kam dem Auftrag zur Klagebeantwortung nicht nach, weil er die in Aussicht genommene Beteiligung befürwortete. Infolge eines Antrags der dortigen Klägerin erging gegen den hier Beklagten ein Versäumungsurteil des Inhalts, die Beklagten seien schuldig, nach Abschluss eines Kaufvertrags der Klägerin 51 % der Geschäftsanteile an G***** Zug um Zug gegen Zahlung eines Kaufpreises von 3,000.000 S, zahlbar innerhalb von 30 Tagen nach Abschluss des Kaufvertrages, in bar sowie den zu ermittelnden Differenzbetrag auf den Verkehrswert gegen die Ausgabe von C*****-Aktien abzutreten. In der Folge nahm C***** hinsichtlich der hier Klagenden die Klage unter Verzicht auf den Anspruch zurück. Seither hat C***** keine Schritte gesetzt, damit der Beklagte das gegen ihn ergangene Versäumungsurteil erfülle.

Die Kläger begehren das Urteil, der Beklagte sei schuldig, seinen 10%igen Geschäftsanteil an der G***** GmbH den Klägern im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile gegen Zahlung des auf Basis des Jahresabschlusses zum 30. 6. 1999 nach dem Wiener Verfahren bestimmten Abtretungspreises von 449.595 S abzutreten, in eventu, der Beklagte sei schuldig, seinen 10%igen Geschäftsanteil an der G***** GmbH den Klägern im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile Zug um Zug gegen Zahlung des auf Basis des Jahresabschlusses zum 30. 6. 1999 nach dem Wiener Verfahren bestimmten Abtretungspreises von 449.595 S mit der Wirkung abzutreten, dass er aus der G***** GmbH ausgeschlossen ist.

Der Beklagte habe dadurch, dass er im Verfahren 22 Cg 221/99w des Erstgerichts ein Versäumungsurteil gegen sich ergehen habe lassen, das ihn zum Abschluss eines Abtretungsvertrags mit C***** verpflichte, seinen Wunsch zum Ausdruck gebracht, aus der Gesellschaft auszuscheiden. Dadurch sei das Aufgriffsrecht der Kläger gem § 11 Z 3 des Gesellschaftsvertrags ausgelöst worden. Das Eventualbegehren auf Ausschluss des Beklagten sei deshalb begründet, weil der Beklagte seine Treuepflichten als Gesellschafter verletzt habe, indem er nicht mehr die Interessen der G*****, sondern nur mehr jene von C***** und C***** wahrnehme.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Er sei infolge des gegen ihn ergangenen Versäumungsurteiles nicht mehr in der Lage, seinen Gesellschaftsanteil an die Kläger abzutreten. Er könne nach dem Gesellschaftsvertrag auch nicht gezwungen werden, seinen Anteil an die Kläger abzutreten. Ein Aufgriffsfall sei nicht eingetreten, es liege vielmehr ein von seiner Willensentscheidung unabhängiger Richterspruch vor. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe von Treupflichtverletzungen seien unzutreffend. Nach dem Gesetz sei ein Ausschluss eines Gesellschafters aus wichtigem Grund nicht möglich.

Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, dass das Hauptbegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Über den eingangs wiedergegebenen unbekämpft gebliebenen Sachverhalt hinaus traf es noch folgende Feststellungen: 1999 sei es immer wieder zu Spannungen zwischen den Streitteilen gekommen, etwa weil es der Beklagte, der als einziger Gesellschafter mit der Software vertraut gewesen sei, trotz mehrmaliger ausdrücklicher Aufforderung durch den Erstkläger unterlassen habe, für schriftliche Programmdokumentationen zu sorgen. Der Beklagte habe sich entgegen der Aufforderung durch die Kläger, bei G***** zur Arbeit zu erscheinen, immer häufiger in Amerika aufgehalten. Im Inland habe er nur widerwillig und großteils für C***** gearbeitet. Für die Generalversammlung der G***** am 15. 11. 1999 habe der Beklagte den Prokuristen der C***** bevollmächtigt, ihn zu vertreten und in seinem Namen das Stimmrecht auszuüben. Er habe die G***** mit der unzureichenden Erklärung, es habe an den Münzzählautomaten Probleme gegeben, dazu veranlasst, Rechnungen gegen die C***** von insgesamt 187.244,75 S zu stornieren. Im Dezember 1999 habe der Beklagte im eigenen Namen zusammen mit einem Mitarbeiter von Cash Technologies ein internationales Patent für eine Multitransaktions-Münzmaschine ohne Wissen und Zustimmung des Geschäftsführers der G***** angemeldet; mit Ausnahme des Schwenkmechanismus stammte die gesamte Entwicklung der Maschine vom Beklagten aus seiner Tätigkeit bei G*****. Der Beklagte habe so gehandelt, weil er an einer intensiveren Zusammenarbeit zwischen G***** und C***** und am Abschluss eines Beteiligungsvertrags mit C***** interessiert gewesen sei. Auf der anderen Seite habe die G***** Schulden der Firma des Erstklägers als Gegenleistung für von diesem bei der Gründung überlassene Investitionsgüter beglichen, womit der Beklagte nicht einverstanden gewesen sei. Aufgrund dieser Spannungen habe der Beklagte insgesamt dreimal bei G***** gekündigt, bevor er am 3. 9. 1999 G***** endgültig verlassen habe. Seit September 1999 entwickle der Beklagte für die C***** und eine niederösterreichische Firma Münzzählmaschinen; seit damals sei er auch durch die jeweilige Rechtsvertretung von C***** in Österreich rechtsfreundlich vertreten. Nach Abschluss des Verfahrens 22 Cg 221/99w des Erstgerichts habe der Beklagte den Klägern angeboten, ihnen seinen Geschäftsanteil gegen Bezahlung von 600.000 S abzutreten.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, der Gesellschaftsvertrag sehe ein Aufgriffsrecht der Mitgesellschafter für den Fall vor, dass ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheiden wolle. Der Beklagte habe - obwohl das dort erhobene Klagebegehren aussichtslos gewesen sei - durch Nichterstattung einer Klagebeantwortung im Verfahren 22 Cg 221/99w des Erstgerichts sowie durch das spätere Angebot an die Kläger, ihnen seinen Geschäftsanteil um 600.000 S abzutreten, seinen Willen zum Ausdruck gebracht, aus der Gesellschaft ausscheiden zu wollen. Zum Eventualbegehren, das nicht Gegenstand seiner Entscheidung war, führte das Erstgericht aus, der Beklagte habe seine Pflichten als Gesellschafter und Arbeitnehmer der G***** bis zu seinem Ausscheiden im September 1999 gröblich vernachlässigt und arbeite seither für die Konkurrenz, weshalb den übrigen Gesellschaftern die Fortsetzung der Gesellschaft mit ihm als Gesellschafter nicht mehr zumutbar sei. Entgegen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, die den Ausschluss eines Gesellschafters aus einer GmbH für nicht zulässig erachte, sei (der überwiegenden Lehre folgend) die Zulässigkeit eines Gesellschafterausschlusses aus wichtigem Grund zu bejahen.

Das Berufungsgericht änderte dieses Zwischenurteil dahin ab, dass es Haupt- und Eventualbegehren abwies; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands des Haupt- und Eventualbegehrens jeweils 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Frage, ob unter den hier gegebenen Umständen ein Aufgriffsfall vorliege, über den Einzelfall hinaus erhebliche Bedeutung zukomme. Bei objektiver Auslegung der den Aufgriffsfall regelnden Bestimmung des § 11 des Gesellschaftsvertrags nach Zweck und Wortlaut in ihrem systematischen Zusammenhang sei Grundvoraussetzung des Aufgriffsfalls jedenfalls die Absicht des Gesellschafters, seinen Geschäftsanteil an einen Nichtgesellschafter abzutreten; eine solche Absicht sei hier nicht erwiesen. Fest stehe nämlich nur, dass C***** die Streitteile aus einer behaupteten Vereinbarung auf Abtretung von 51 % der Geschäftsanteile in Anspruch genommen habe, ohne dass von ihr in irgendeiner Weise konkretisiert worden sei, in welchem Umfang die von ihr geklagten Gesellschafter mit den von ihnen jeweils gehaltenen Geschäftsanteilen zur Erfüllung der behaupteten vertraglichen Abtretungspflicht beizutragen hätten. Das gegen den Beklagten ergangene Versäumungsurteil habe ihn deshalb auch nicht zur Abtretung seines Geschäftsanteiles von 10 %, sondern zu einer - von ihm gar nicht erfüllbaren und demnach unmöglichen - Abtretung von 51 % der Geschäftsanteile der Gesellschaft, somit zu einem aliud verpflichtet, das den im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Aufgriffsfall nicht entstehen habe lassen. Der Zweck der gesellschaftsvertraglichen Regelung, die Abtretung eines Gesellschaftsanteiles an einen Dritten nur unter der Voraussetzung zuzulassen, dass kein anderer Gesellschafter zur Übernahme des Anteils bereit sei, könne auch nicht durch eine (nicht volltreckbare) Judikatsschuld vereitelt werden. Auf das an sie gerichtete Angebot des Beklagten auf Abtretung seines Geschäftsanteiles gegen Zahlung von 600.000 S hätten die Kläger die Abtretungspflicht des Beklagten in erster Instanz nicht gestützt. Ein Angebot an Mitgesellschafter zum Erwerb des Geschäftsanteiles ohne Hinweis auf die geplante Abtretung an Dritte begründe nach dem Wortlaut des § 11 Z 2 und 3 des Gesellschaftsvertrages im übrigen ohnehin kein Aufgriffsrecht der übrigen Gesellschafter, weil ein solches nur im Zusammenhang mit der geplanten Veräußerung eines Geschäftsanteiles an Dritte in Betracht komme. Das Hauptbegehren sei demnach unberechtigt.

Gleiches gelte für das Eventualbegehren: Einziger gesetzlich geregelter Fall des zwangsweisen Ausschlusses eines Gesellschafters sei gem § 66 GmbHG die Säumigkeit bei der Einzahlung der Stammeinlage. Der Oberste Gerichtshof vertrete deshalb in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt, ein zwangsweiser Ausschluss eines Gesellschafters in anderen Fällen (etwa wegen Verletzung der Treuepflicht oder wegen schwerer Verfehlungen gegen Mitgesellschafter) sei mangels gegenteiliger statutenmäßiger Bestimmungen nicht zulässig; er habe an dieser Auffassung auch in jüngster Zeit und gegen die in der überwiegenden österreichischen Lehre geäußerten Bedenken mit dem Argument festgehalten, der Umstand, dass der Gesetzgeber in Kenntnis der oberstgerichtlichen Judikatur und der jahrzehntelangen Diskussionen der Lehre zur Frage des Ausschlusses eines Gesellschafters einer GmbH bisher noch keine Regelung getroffen habe, spreche gegen die Annahme einer im Wege der Gesetzesanalogie zu schließende planwidrige Gesetzeslücke. Von dieser Rechtsprechung abzuweichen, sehe sich das Berufungsgericht nicht veranlasst.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

Die Kläger beurteilen das gegen den Beklagten ergangene Versäumungsurteil als Aufgriffsfall gem § 11 der Satzung. Dieses verpflichte den Beklagten zu keiner absolut unmöglichen Leistung; die vom Beklagten gehaltenen 10% der Geschäftsanteile der GmbH seien gegenüber den urteilsmäßig verlangten 51% nur ein minus, kein aliud. Jedenfalls komme durch das von ihm selbst herbeigeführte Versäumungsurteil die Absicht des Beklagten hinreichend zum Ausdruck, aus der Gesellschaft ausscheiden zu wollen; die Rechtswirksamkeit des Versäumungsurteils sei hingegen kein Kriterium für die Entstehung des Aufgriffsrechts.

Richtig an diesen Ausführungen ist, dass es für die Frage, ob den Klägern ein Aufgriffsrecht nach § 11 Z 3 des Gesellschaftsvertrags zusteht, bei objektiver Auslegung dieser organisationsrechtlichen Bestimmung der Satzung nach ihrem Wortlaut und Zweck in ihrem systematischen Zusammenhang (stRsp ua SZ 70/242; SZ 71/42; ÖBA 2001, 80 [Kalss]; 6 Ob 116/01d) nur darauf ankommt, ob die dafür allein vereinbarte Bedingung - dass nämlich der Beklagte den Wunsch hat, aus der Gesellschaft auszuscheiden - verwirklicht ist. Dass der Beklagte einen solchen Wunsch explizit geäußert hätte, haben die Kläger nicht behauptet; das Bestehen einer entsprechenden Willensrichtung beim Beklagten kann aber - entgegen der Ansicht der Kläger - auch nicht schon allein auf Grund seines Verhaltens im Vorprozess (als konkludente Willenserklärung) angenommen werden.

Das dortige Klagebegehren richtete sich gegen sämtliche Gesellschafter als Beklagte und lautete sinngemäß auf Vertragserfüllung durch Abtretung von 51% der Geschäftsanteile der GmbH gegen Zahlung eines Kaufpreises von 3,000.000 S. Weil keiner der Gesellschafter über einen Geschäftsanteil in Größe des abzutretenden Anteils verfügt, ging die dortige Klägerin demnach - wie sich aus der Formulierung ihres Klagebegehrens erschließen lässt - zutreffend vom Bestehen eines Gesamthandschuldverhältnisses aller Gesellschafter aus. Ein solches entsteht nämlich unter anderem dann, wenn sich mehrere nur zur gemeinsamen Erbringung einer Leistung verpflichten (Gamerith in Rummel, ABGB3 § 8909 Rz 2 mwN; Koziol/Welser II11 122). Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das Klagebegehren im Hinblick auf die für eine Übertragung von Geschäftsanteilen unter Lebenden aufgestellte Formvorschrift des § 76 Abs 2 GesmbHG rechtlich unschlüssig ist, weil das Vorliegen eines von den Gesellschaftern gefertigten Notariatsakts, der ein Rechtsgeschäft wie von der Klägerin angestrebt beurkundet, nicht behauptet wurde.

Bei dieser Ausgangslage kann das Untätigbleiben des Beklagten im Vorprozess nicht als konkludente Willenserklärung dahin beurteilt werden, er wolle aus der Gesellschaft ausscheiden. Für die Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf rechtsgeschäftlichen Willen legt § 863 ABGB nämlich einen strengen Maßstab an; zu verlangen ist, dass kein vernünftiger Grund, an einem bestimmten Erklärungsinhalt zu zweifeln, verbleibt (Rummel in Rummel, ABGB3 § 863 Rz 14). Hier durfte sich der Beklagte jedoch (auf Grund des behaupteten Gesamthandschuldverhältnisses) darauf verlassen, dass der Kläger sein Prozessziel nur bei einvernehmlichem Vorgehen sämtlicher Gesellschafter erreichen kann. Bei einvernehmlichem Handeln aller Gesellschafter stellt sich aber die Frage des satzungsmäßigen Aufgriffsrechts nicht, weil im Fall einer Entsprechung des Klagebegehrens eine durch einstimmigen Gesellschafterbeschluss herbeigeführte Satzungsänderung vorläge; war hingegen - wie geschehen - ein solches Einvernehmen nicht zu erzielen, bedeutete das prozessuale Untätigbleiben des Beklagten lediglich die für ihn kostengünstigste Variante zur Beendigung des Verfahrens, ohne dass daraus noch weitere eindeutige Schlüsse auf einen bestimmten Erklärungsinhalt möglich waren.

Dazu kommt noch, dass prozessuale Erklärungen an das Gericht nicht schon deshalb zugleich privatrechtliche Erklärungen sind, weil der Gegner von ihnen Kenntnis erlangt (SZ 41/149); bloßes Schweigen im Prozess (hier: Unterlassung der Einbringung einer Klagebeantwortung) hat - wie generell - keine Erklärungsbedeutung; schließlich ist die Sanktion für Untätigkeit im Prozess von den Verfahrensregeln abschließend festgelegt (Rummel aaO Rz 10 mwN). Das Berufungsgericht hat deshalb zutreffend den Eintritt eines Aufgriffsfalls und eine darauf gestützte Abtretungspflicht des Beklagten verneint.

Zum Eventualbegehren verweisen die Kläger auf die personalistische Struktur der GesmbH, deren Gesellschafter sie sind, und vertreten den Standpunkt, das GmbHG sei planwidrig unvollständig, wenn es einen Ausschluss eines Gesellschafters aus wichtigem Grund bei Fehlen einer entsprechenden Satzungsbestimmung nicht vorsehe. Jedes Gesellschaftsverhältnis müsse als Dauerschuldverhältnis aus wichtigem Grund kündbar sein; dies entspreche auch der in der deutschen Lehre und Rechtsprechung vertretenen Auffassung. Die Gesetzeslücke sei durch Rechtsanalogie zu schließen. Diese Ausführungen überzeugen nicht.

Voraussetzung jeder Analogie ist eine planwidrige Unvollständigkeit der Rechtsordnung, die sich in einer nicht gewollten Gesetzeslücke äußert. Bloß rechtspolitisch (allenfalls) Erwünschtes vermag einer ergänzenden Rechtsfindung durch Analogiebildung dagegen nicht als ausreichende Grundlage zu dienen (NZ 1996, 347 [Hoyer]; F. Bydlinski in Rummel ABGB3 Rz 2 zu § 7; Posch in Schwimann, ABGB**2 Rz 2 und 3 zu § 7 je mwN aus der Rsp; JBl 1999, 333 = EvBl 1999/82). Hat demnach der Gesetzgeber eine bestimmte Rechtsfolge für einen bestimmten Sachverhalt bewusst nicht angeordnet, so fehlt es an einer Gesetzeslücke und demgemäß auch an der Grundvoraussetzung einer ergänzenden Rechtsfindung (JBl 1999, 333 = EvBl 1999/82 mwN). In einem solchen Fall gleichsam an die Stelle des Gesetzgebers zu treten und einen Regelungsinhalt (rechtsfortbildend) zu schaffen, dessen Herbeiführung ausschließlich diesem obläge, steht aber den Gerichten nicht zu (SSV-NF 11/156; ARD 4997/17/99; EvBl 2000/211).

Der Oberste Gerichtshof verneint in ständiger Rechtsprechung (Nachweise bei Koppensteiner, GmbHG3 Anh zu § 71 Rz 4) die Möglichkeit des Ausschlusses eines GmbH-Gesellschafters, wenn der Gesellschaftsvertrag keine diesbezügliche Regelung enthält, und hat entgegen der überwiegenden österreichischen Lehre (Nachweise bei Koppensteiner aaO) daran auch in jüngster Zeit festgehalten (SZ 69/37; vgl auch EvBl 2001/112 = GesRZ 2001, 94 zur vergleichbaren Ablehnung einer analogen Anwendung des § 133 HGB für die GmbH). Der Umstand, dass der Gesetzgeber in Kenntnis der oberstgerichtlichen Judikatur und der jahrzehntelangen Diskussion in der Lehre zur Frage des Ausschlusses eines Gesellschafters einer GmbH bisher noch keine Regelung getroffen hat (obwohl das Recht der GmbH mehrfach novelliert wurde), spricht auch nach Auffassung des erkennenden Senats gegen die Annahme einer planwidrigen Gesetzeslücke, die im Wege der Gesetzesanalogie geschlossen werden könnte. Aus dem Schweigen des Gesetzgebers ist vielmehr zu schließen, dass er nur für Personengesellschaften den Gesellschafterausschluss normieren wollte (§§ 140, 142 HGB), dies aber für den Bereich der GmbH als Kapitalgesellschaft für entbehrlich erachtet hat und es den Gesellschaftern überlässt, eine diesbezügliche Regelung im Gesellschaftsvertrag vorzusehen (SZ 69/37; EvBl 2001/112 = GesRZ 2001, 94 zur Auflösungsklage). An der bisherigen Rechtsprechung ist daher festzuhalten.

Soweit die Kläger dem die personalistische Struktur der betroffenen GmbH entgegenhalten, ist ihnen zu erwidern, dass in der angesprochenen Frage eine Differenzierung personalistischer und kapitalistischer Gesellschaften zu offensichtlichen Abgrenzungsschwierigkeiten (so im Zusammenhang der Auslegung des Gesellschaftsvertrags Koppensteiner aaO § 3 Rz 17) und damit zu erheblicher Rechtsunsicherheit führte. Wenn es die Kläger als Spekulation bezeichnen, ob der Gesetzgeber in der angesprochenen Frage eine Gesetzeslücke erkannt und von einer Regelung bewusst Abstand genommen habe, sind sie auf die Gesetzesmaterialien zur GmbHG-Nov 1980 (RV 5 BlgNR 15. GP 5) hinzuweisen, in denen es heißt:

"Der als zweckmäßig erkannte Weg der einzelnen Reformschritte bedeutet auch, dass weitere Änderungen des Gesetzes, die noch zur Erörterung stehen, einer späteren Neufassung vorbehalten bleiben und dass in der Deutung der unberührt bleibenden Bestimmungen keine Änderung eintritt." Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass die von der Lehre deutlich und wiederholt angesprochene Frage einer Ausschlussklage aus wichtigem Grund auch ohne Satzungsbestimmung vom Gesetzgeber (vorläufig) bewusst ungeregelt blieb.

Der Revision war deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

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