OGH 1Ob205/01f

OGH1Ob205/01f25.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Zechner und Dr. Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann W*****, vertreten durch Dr. Alfred Daljevec, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Brigitte W*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Zajc, Rechtsanwalt in Korneuburg als Verfahrenshelfer, wegen Aufhebung der Gütergemeinschaft und Zustimmung zur Einverleibung des Eigentumsrechts (Streitwert 315.000 S) und Räumung (Streitwert 52.000 S) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 24. April 2001, GZ 20 R 238/00x-79, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Streitteile sind Landwirte. Nachdem die Eltern des Klägers diesem verschiedene Liegenschaften sowie das tote landwirtschaftliche Zubehör übergeben hatten, vereinbarten die Streitteile mit Notariatsakt vom 8. Februar 1974 eine Gütergemeinschaft unter Lebenden und auf den Todesfall über ihr gesamtes Vermögen. Die Ehe der Streitteile wurde 1994 aus gleichteiligem Verschulden rechtskräftig geschieden; seinen Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse zog der Kläger zurück.

Die Vorinstanzen gaben dem auf das ex-nunc wirkende Erlöschen des Ehepakts (§ 1266 ABGB) gestützten Klagebegehren insoweit statt, als sie die Beklagte dazu verhielten, Zug um Zug gegen Zahlung von 547.170,06 S (Wertsteigerung) in die Einverleibung des alleinigen Eigentums des Klägers an den im Miteigentum stehenden Liegenschaften einzuwilligen, und diese Liegenschaften geräumt von ihren Fahrnissen zu übergeben.

Rechtliche Beurteilung

a) Die vom Berufungsgericht unterlassene Bewertung des Streitgegenstands ist nicht zu beanstanden. Denn durch die Erweiterte Wertgrenzennovelle 1997 (BGBl I 1997/140), die auf Verfahren anzuwenden ist, in denen - wie hier - das Berufungsurteil nach dem 1. Jänner 1998 gefällt wurde (Art XXXII Z 14 WGN 1997), wurde zufolge § 502 Abs 5 Z 1 ZPO u.a. für die unter § 49 Abs 2 Z 2c JN fallenden Streitigkeiten das bisherige Revisionsmodell nicht geändert. In einem solchen Fall liegt eine Ausnahme von der wertmäßigen Revisionsbeschränkung des § 502 Abs 2 und 3 ZPO vor. Unter den Zuständigkeitstatbestand des § 49 Abs 2 Z 2c JN fallen Streitigkeiten, die im Familienrecht wurzeln und familienrechtlichen Charakter haben, mit anderen Worten solche, die ohne das Eltern-Kind-Verhältnis gar nicht denkbar wären (2 Ob 81/98w; 2 Ob 155/00h mwN). Das ist nur dann der Fall, wenn etwa das Eheverhältnis für den anspruchsbegründenden Sachverhalt mindestens (mit)bestimmend ist (EFSlg 66.861; EvBl 1994/36 mwN; 6 Ob 255/98p u.a.; Mayr in Rechberger2, § 49 JN Rz 7 mwN). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Bei Begehren auf Übertragung von Liegenschaftsanteilen, die ihre Begründung nicht in einem bloßen Miteigentum (vgl. EvBl 1994/36; Mayr aaO mwN), sondern in einem zufolge Scheidung aufgelösten Gütergemeinschafts-Ehepakt (§ 1266 ABGB) haben, ist das (vormalige) Eheverhältnis evidentermaßen in diesem Sinn bedeutsam. Die Begehren auf Zustimmung zur Einverleibung des (alleinigen) Eigentumsrechts an den Liegenschaften und auf deren Räumung durch die Beklagte - gegen die in der Revision nichts vorgetragen wird - stehen in einem zumindest tatsächlichen Zusammenhang.

b) Die außerordentliche Revision der Beklagten, die demnach der Oberste Gerichtshof zu erledigen hat, bringt keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO zur Darstellung.

Die Beklagte vermisste - entgegen ihrem Rechtsmittelvortrag - in ihrer Berufung nicht etwa eine ihrem vom Kläger bestrittenen Prozessvorbringen in erster Instanz (ON 22 AS 357 f) entsprechende erstinstanzliche Feststellung, anläßlich der Scheidung der Streitteile sei ausdrücklich vereinbart worden, dass die Streitteile unabhängig von der Aufteilung der Ehewohnung jedenfalls Hälfteeigentümer des landwirtschaftlichen Betriebs bleiben sollten und der Kläger auf die Rückführung der Liegenschaften in sein Alleineigentum verzichtet habe. Die zweite Instanz hielt vielmehr dem erstmals in der Berufung der Beklagten erhobenen Vorbringen, aus gewissen Handlungen des Klägers sei ein stillschweigender Verzicht abzuleiten, das Neuerungsverbot im Berufungsverfahren (§ 482 ZPO) entgegen. Im Übrigen setzte es sich auch - wenngleich knapp - inhaltlich mit dem neuen Vorbringen auseinander und kam zum Ergebnis, die behauptete Erklärung des Klägers gegenüber der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, "Eigengrund im Ausmaß von 28,6795 ha auf gemeinsame Rechnung und Gefahr mit der geschiedenen Ehegattin zu führen" (die entsprechende Beilage 3 wurde in der Tagsatzung vom 14. Jänner 1998 ON 45 AS 437 ohne jede Bezugnahme auf den behaupteten Verzicht vorgelegt), rechtfertige nicht die schlüssige Annahme eines entsprechenden Verzichts des Klägers. Die unterlassene weitere Auseinandersetzung mit einem schlüssigen Verzicht des Klägers stellt keinen relevanten Verfahrensmangel des Berufungsgerichts dar. Der ausdrückliche und der schlüssige Verzicht auf ein Recht setzen schon begrifflich unterschiedliches Vorbringen voraus. Abgesehen davon stellt die Frage, ob nach den Umständen des Einzelfalls ein - konkludenter - Verzicht auf ein bestimmtes Recht vorliegt (6 Ob 2359/96x [insoweit nicht veröffentlicht], 8 Ob 313/97f u.a.; RIS-Justiz RS0107199) keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar, sofern nicht - anders als hier - eine auffallende und im Interesse der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung vorliegt.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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