Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seiner Revision selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war seit 1. 12. 1986 als Kraftfahrer beim Beklagten beschäftigt. Da er zum 1. 4. 1999 die Voraussetzungen für die Gewährung der vorzeitigen Alterspension erfüllte, kündigte er sein Arbeitsverhältnis zum 31. 3. 1999. Anfang Mai 1999 erhielt er vom Beklagten eine Endabrechnung ausgefolgt, welche sich aus restlichen Lohnansprüchen, Überstundenentgelten, Sonderzahlungen und der Abfertigung und den gesetzlichen Abzügen zusammensetzte. Obwohl der Kläger aus dem Urlaubsjahr (- im Betrieb des Beklagten jeweils ident mit dem Kalenderjahr -) 1997 noch 20 Tage, aus dem Urlaubsjahr 1998 noch 3,5 Tage nicht konsumierten Urlaub hatte und im Jahre 1999 nur einen Tag an Urlaub konsumiert hatte, enthielt die Abrechnung keine Beträge für Urlaubsentschädigung bzw (für 1999) Urlaubsabfindung. Eine Geltendmachung dieser (- im Revisionsverfahren ausschließlich noch gegenständlichen -) Ansprüche erfolgte erst mit der Klage vom 29. September 1999.
Der Beklagte wendete den Verfall dieser Ansprüche iSd Art XI Z 5 des Kollektivvertrages für Arbeiter im Güterbeförderungsgewerbe ein.
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Urlaubsentschädigungs- bzw Urlaubsabfindungsansprüche des Klägers verfallen sind, zutreffend bejaht. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers entgegenzuhalten:
Zum besseren Verständnis sei zunächst der Text der hier relevanten
Bestimmungen des anzuwenden Kollektivvertrages wiedergegeben:
Art 11: "Auflösung des Dienstverhältnisses Kündigung Verfall
..... 5. Ansprüche des Dienstnehmers müssen innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit bei sonstigem Verfall beim Dienstgeber schriftlich geltend gemacht werden. Als Fälligkeitstag gilt der Auszahlungstag jener Lohnzahlungsperiode, in welcher der Anspruch entstand und dem Dienstnehmer eine ordnungsgemäße Lohnabrechnung ( gemäß Artikel XV Ziffer 3 ) ausgefolgt wurde. Bei rechtzeitiger Geltendmachung bleibt die gesetzliche dreijährige Verjährungsfrist gewahrt. ....."
Art XV:
".....
Z. 3: Die Auszahlung (Akontierung) des Wochenlohnes erfolgt, sofern nichts anderes bei der Aufnahme vereinbart wurde, in jeder Woche an einem bestimmten Werktag innerhalb der Arbeitszeit (Zahltag). Fällt dieser Zahltag auf einen Feiertag, so erfolgt die Auszahlung (Akontierung) am vorhergehenden Werktag. Die Auszahlung (Akontierung) des Monatslohns erfolgt, sofern nichts anderes bei der Aufnahme vereinbart wurde, an einem bestimmten Werktag innerhalb der Arbeitszeit (Zahltag). Fällt dieser Zahltag auf einen Feiertag, so erfolgt die Auszahlung (Akontierung) am vorhergehenden Werktag. Die Bezahlung von Überstunden für Sonn- und Feiertagsarbeit sowie der Zulagen erfolgt, sofern bei der Aufnahme nichts anderes vereinbart wurde, an jedem Zahltag, der der Woche (dem Monat) folgt, in welcher die betreffende Leistung erbracht wurde. .....
Dem Dienstnehmer ist mit dem Lohn eine Aufstellung über Bruttoverdienst, Normal- und Überstunden, Grundlohn, Überstundenzuschläge, Zulagen und die einzelnen Abzüge auszuhändigen."
Kollektivvertäge sind im normativen Teil nach den Regeln, die für die Auslegung von Gesetzen gelten, auszulegen. Bei Auslegung von Kollektivverträgen ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Kollektivvertragsparteien eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführende Regelung treffen sowie einen gerechten Ausgleich der sozialen und wirtschaftlichen Interessen herbeiführen wollten (RIS-Justiz RS0010088). Verfallsklauseln haben den Zweck, dem Beweisnotstand zu begegnen, in welchem sich der Arbeitgeber bei verspäteter Geltendmachung befinden würde. Sie zwingen den Arbeitnehmer, allfällige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis möglichst bald und damit zu einer Zeit geltend zu machen, in der nicht nur ihm selbst, sondern auch dem Arbeitgeber die zur Klarstellung des rechtserheblichen Sachverhalts notwendigen Beweismittel in aller Regel noch zur Verfügung stehen (stRSpr RIS-Justiz RS0034417). Wenn es nun dem (- vom Kläger auch zugestandenen -) Zweck der gegenständlichen Kollektivvertragsbestimmung entspricht, uU erst in der letzten Lohnperiode entstandene Lohnansprüche der Verfallssanktion zu unterwerfen, muss dies umso mehr für die Entschädigung bzw Abfindung in der Regel schon länger zurückliegend entstandener Urlaubsansprüche gelten. Entgegen der Auffassung des Klägers umfasst der Wortlaut des Art XI Z 5 des KollV ("Ansprüche des Dienstnehmers") keineswegs nur periodische Zahlungen. Wenngleich der zweite Satz dieses Artikels nur die Fälligkeit periodischer Zahlungen ausdrücklich definiert, gebietet die oben genannte Teleologie eine extensive Auslegung dahin, dass auch Urlaubsentschädigung und -abfindung davon erfasst sind, deren Fälligkeit mit dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eintritt (RIS-Justiz RS0109038 = ARD 4963/15/98). Auch der Verweis auf eine "ordnungsgemäße Lohnabrechnung gemäß Artikel XV Ziffer 3" betrifft nicht einen bestimmten Anspruch, sondern die formellen Mindesterfordernisse der Abrechnung. Eine "ordnungsgemäße" Lohnabrechnung liegt nach der Rechtsprechung (EvBl 1990/115 = infas 1991 A 21) dann vor, wenn aus ihr der Auszahlungsbetrag und dessen Zweckwidmug sowie die vorgenommenen Abzüge einwandfrei erkennbar sind, sodass dem Dienstnehmer darüber Klarheit verschafft wird, welche Leistungen der Dienstgeber berücksichtigt hat. Da die dem Kläger im Mai 1999 ausgefolgte - als solche einwandfrei erkennbare - Endabrechnung wohl die Abfertigung, nicht jedoch Beträge für die Entschädigung bzw. Abfindung unverbrauchten Urlaubs enthielt, war klar, dass der Beklagte Leistungen aus diesem Titel nicht gewähren wollte. Der Kläger wäre daher zur Einforderung dieser Ansprüche durchaus in der Lage und somit verpflichtet gewesen, diese innerhalb von 3 Monaten schriftlich geltend zu machen, um einen Verfall zu vermeiden.
Da sich der Beklagte nicht am Revisionsverfahren beteiligte, hat sich der Kostenausspruch darauf zu beschränken, dass der Kläger gemäß § 40 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision selbst zu tragen hat.
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