OGH 8Ob199/01z

OGH8Ob199/01z30.8.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter im Konkurs über das Vermögen der Josef D***** KG, *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Hypothekargläubigerin R***** reg GenmbH, *****, vertreten durch Steger, Schilchegger & Partner, Rechtsanwälte in St. Johann im Pongau, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 8. Juni 2001, GZ 1 R 121/01f-95, womit infolge Rekurses dieser Hypothekargläubigerin der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 24. April 2001, GZ 9 S 26/99v-86, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im Übrigen als rechtskräftig von dieser Entscheidung unberührt bleiben, werden in den Punkten b)

1. und 2. dahin abgeändert, dass die dort vorgenommenen Zuweisungen nicht zur Barzahlung sondern zur zinstragenden Anlegung erfolgen.

Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Über das Vermögen der Gemeinschuldnerin wurde am 26. 3. 1999 das Konkursverfahren eröffnet.

Mit seinem am 25. 11. 1999 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz ON 51 beantragte der Masseverwalter die Genehmigung eines Kaufvertrages vom 28. 10./4. 11. 1999 über die Veräußerung einer zur Konkursmasse gehörigen Liegenschaft um S 55,200.000.-. Gegen diesen Verkauf erhobene Widersprüche von Absonderungsberechtigten wurden vom Konkursgericht mit Beschluss vom 1. 2. 2000 abgewiesen.

Mit Beschluss vom 24. 4. 2001 hat das Erstgericht nach Durchführung der Verteilungstagsatzung vom 25. 1. 2001 den Verkaufserlös von S 55,200.000,- verteilt und daraus ua den Hypothekargläubigern Ö***** AG (in der Folge: AG) und V***** reg. Gen. mbH (in der Folge: Gen) - wie von diesen angemeldet und beantragt - die bei ihren Höchstbetragshypotheken im Grundbuch jeweils einverleibten Höchstbeträge zur Berichtigung durch Barzahlung zugewiesen und die gegen diese Zuweisungen in der Verteilungstagsatzung erhobenen Widersprüche der nunmehrigen Rekurswerberin (nachrangige Pfandgläubigerin) abgewiesen (zur AG: Pkt. b) 1. und 2.; zur Gen: Pkt b) 3. bis 11. und 15. des angefochtenen Beschlusses).

Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluss, soweit er die AG betrifft. Soweit er die Gen betrifft, wurde die erstgerichtliche Entscheidung dahin abgeändert, dass die Zuweisungen an die Gen (Pkt b) 3. bis 11. und 15.) nicht zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung sondern zur zinsbringenden Anlegung erfolgen. Das Rekursgericht sprach aus, dass die Rekurswerberin die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen habe und dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Rekursgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass für das Verteilungsverfahren die Exekutionsordnung idF der EO-Nov 2000 (BGBl 2000/59) anzuwenden sei. Zwar seien im Falle der außergerichtlichen Veräußerung einer Sache, deren Erlös eine Sondermasse bilde, die Verteilungsvorschriften der Exekutionsordnung anzuwenden und daher die Ansprüche der Absonderungsgläubiger in mündlicher Verhandlung gemäß den §§ 212 ff EO zu prüfen und ein Verteilungsbeschluss zu fassen. Dennoch handle es sich nicht um ein Exekutionsverfahren iS der Übergangsbestimmung des Art III Abs 1 des BG vom 11. 7. 2000, BGBl I 2000/59). Da eine Übergangsbestimmung für den Fall der notwendigen sinngemäßen Anwendung der EO im Insolvenzverfahren fehle, sei vom Konkursgericht die zum Zeitpunkt der Anwendung aktuelle Fassung der EO seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Dies habe zur Folge, dass der durch die EO-Nov 2000 dem § 211 EO angefügte Abs 5 anzuwenden sei, wonach bei Höchstbetragshypotheken zum Nachweis der Forderung die Vorlage einer vom Verpflichteten unwidersprochen gebliebenen Saldomitteilung ausreiche; es sei dann Sache des Verpflichteten bzw. hier des Masseverwalters oder nachfolgender Gläubiger, mit Widerspruch gemäß § 213 EO geltend zu machen, dass der Saldomitteilung rechtzeitig widersprochen worden sei und die dort ausgewiesenen Beträge unrichtig seien. Unter Berücksichtigung dieser Erleichterung des Forderungsnachweises sei die Forderungsanmeldung der AG, die eine Saldomitteilung vorgelegt habe, ausreichend. Die übrigen von der Rekurswerberin im die AG betreffenden Widerspruch vorgebrachten Einwände seien unberechtigt bzw. nicht schlüssig.

Die Gen habe hingegen keine Saldomitteilung vorgelegt, sonder nur eine reine "Saldenbestätigung", aus der eine Kontoentwicklung nicht ersichtlich sei. Die an die Gen erfolgten Barzuweisungen seien daher in Zuweisungen zur zinstragenden Anlegung abzuändern.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung nicht zu lösen seien und der höchstgerichtlichen Judikatur entsprochen worden sei.

Gegen diesen Beschluss, und zwar nur soweit er die die AG betreffenden Punkte b) 1. und 2. des Verteilungsbeschlusses betrifft, richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der nachrangigen Pfandgläubigerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass die zu b) 1. und 2. erfolgten Zuweisungen zur zinstragenden Anlegung zu erfolgen haben. Ferner wird die Abänderung des angefochtenen Beschlusses iS der Zuweisung der Rekurskosten der nunmehrigen Revisionsrekurswerberin zur Barzahlung im Pfandrang beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurswerberin macht zusammengefasst geltend, dass auf das vor Inkrafttreten der EO-Nov 2000 eingeleitete Verteilungsverfahren der erst durch diese Novelle eingefügte § 211 Abs 5 EO nicht anzuwenden sei, dass daher die Saldomitteilung zum Nachweis der Forderung der AG nicht reiche und dass daher mangels Vorlage sonstiger ausreichender Nachweise die Zuweisung an die AG nur zur zinsbringenden Anlegung erfolgen könne.

Mit der Rechtsfrage, welcher Stichtag im Falle der freihändigen Verwertung im Konkurs für die Anwendung der EO-Nov 2000 maßgebend ist, hat sich der Oberste Gerichtshof erstmals in der kurz nach der Erlassung des angefochtenen Beschlusses ergangenen Entscheidung 8 Ob 271/00m befasst, wobei er eine andere Rechtsauffassung vertrat, als das Rekursgericht. Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher zulässig und auch berechtigt.

Dass das Konkursgericht im Verfahren zur Verteilung des Erlöses freihändiger Verwertung (§ 120 Abs 2 KO) die Vorschriften der Exekutionsordnung anzuwenden hat, ist nicht strittig und entspricht der völlig gesicherten Lehre und Rechtsprechung (zuletzt 8 Ob 271/00m und die dort zitierten Nachweise).

Mit Bundesgesetz vom 11. 7. 2000 (BGBl I 2000/59 - EO-Nov 2000) wurden die somit dem Verfahren zu Grunde zu legenden Bestimmungen der §§ 209ff EO über die Meistbotsverteilungstagsatzung und die Meistbotsverteilung teilweise geändert; ua wurde dem § 211 EO ein Abs 5 angefügt, der normiert, dass bei Höchstbetragshypotheken zum Nachweis des zum Zeitpunkt der letzten vom Verpflichteten unwidersprochen gebliebenen Saldomitteilung offenen Betrags die Vorlage dieser Saldomitteilung ausreicht.

Gemäß seinem Art III Abs 1 trat das genannte Gesetz - von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - mit 1. Oktober 2000 in Kraft und ist auf Exekutionsverfahren anzuwenden, in denen der Exekutionsantrag nach dem 30. September 2000 bei Gericht eingelangt ist. Tritt der betreibende Gläubiger einem anhängigen Versteigerungsverfahren bei, ist dieses Bundesgesetz nur anzuwenden, wenn der Exekutionsantrag des führenden betreibenden Gläubigers nach dem 30. September 2000 bei Gericht eingelangt ist.

Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes ist diese Übergangsbestimmung auch dann maßgebend, wenn die geänderten Bestimmungen der EO im Verteilungsverfahren nach § 120 Abs 2 KO angewendet werden. Dies hat der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung 8 Ob 271/00m zum Ausdruck gebracht, von der abzugehen die Ausführungen des Rekursgerichts keinen Anlass bilden. Offen geblieben ist in der zitierten Entscheidung allerdings, welcher Zeitpunkt im Falle der freihändigen Verwertung im Konkursverfahren jenem des Einlangens des Exekutionsantrags bei Gericht gleichzusetzen ist, weil im dort zu beurteilenden Fall jeder der dafür in Betracht kommenden Verfahrensschritte lang vor dem Stichtag gelegen war. Schon in der zitierten Entscheidung hat es der erkennende Senat jedoch als naheliegend bezeichnet, als verfahrenseinleitend den Antrag des Masseverwalters auf Genehmigung des Kaufvertrages zu betrachten. Dem ist beizupflichten, weil der Masseverwalter mit diesem Antrag das in § 120 Abs 2 KO normierte besondere Verwertungsverfahren einleitet.

Der Oberste Gerichtshof geht daher davon aus, dass die Anwendung der durch die EO-Nov 2000 geänderten Bestimmungen im Verwertungsverfahren nach § 120 Abs 2 KO davon abhängt, ob der Antrag des Masseverwalters auf Genehmigung des Kaufvertrages nach dem 30. September 2000 bei Gericht eingelangt ist. Dies war hier nicht der Fall, sodass die durch die EO-Nov 2000 geänderten Bestimmungen, insbesondere der neu geschaffene § 211 Abs 5 EO, im hier zu beurteilenden Verfahren nicht anzuwenden sind.

Der Umstand, dass die AG eine an die Gemeinschuldnerin vorgelegte Saldomitteilung vorgelegt hat, reicht somit für sich allein zum Nachweis der Forderung nicht aus. Zu prüfen ist daher, ob die vorgelegten Urkunden (Saldomitteilung, Pfandbestellungsurkunden, Kreditvertrag) die formellen Voraussetzungen des § 210 EO zu erfüllen, was allerdings zu verneinen ist. Nach der dazu ergangenen Rechtsprechung ist es Zweck der genannten Gesetzesbestimmung, dem Verpflichteten und nachrangigen Pfandgläubigern die Möglichkeit zur Prüfung der Frage zu geben, ob in der Forderungsanmeldung der vom Schuldner als Darlehen oder als Kredit in Anspruch genommene Betrag in richtiger Höhe enthalten ist, ob die Zinsen richtig berechnet wurden und ob alle Tilgungszahlungen berücksichtigt sind (JBl 1995, 256; 3 Ob 36/97h). Die AG hat jedoch eine überprüfbare Aufstellung über die Kontenbewegungen nicht vorgelegt; den von ihr der Anmeldung angeschlossenen Urkunden ist weder zu entnehmen, in welcher Höhe der Kreditrahmen ausgenützt wurde noch ob bzw in welchem Umfang Tilgungszahlungen erfolgten.

Dem Rekursgericht ist daher beizupflichten, dass die Vorinstanzen zu Unrecht Barzuweisungen an die AG vorgenommen haben; vielmehr hat die Zuweisung zur zinsbringenden Anlegung zu erfolgen (SZ 58/159; SZ 65/161; RIS-Justiz RS0003070).

Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher im Umfang der Anfechtung im von der Revisionswerberin angestrebten Sinn abzuändern.

Ein Zuspruch der mit dem Einschreiten im Meistbotsverteilungsverfahren verbundenen Kosten, also auch der Kosten eines Rechtsmittels, findet nicht statt (JB 201). Allerdings wurde im Zwangsversteigerungsverfahren mehrmals ausgesprochen, dass dieser Grundsatz im Falle eines von einer Partei ausgelösten Zwischenstreits durchbrochen werde, in dem gemäß § 78 EO, §§ 50, 41 ZPO der unterliegende Teil dem obsiegenden Teil die in diesem Zwischenstreit entstehenden Kosten zu ersetzen habe (RIS-Justiz RS0002195; RS0107415). Bereits in der schon zitierten Entscheidung 8 Ob 271/00m hat der erkennende Senat jedoch darauf hingewiesen, dass alle in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen in Exekutionsverfahren ergingen und nicht die Verteilung auf Grund freihändiger Veräußerung im Konkurs betrafen. Gemäß § 171 KO sind auf das Konkursverfahren die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung und ihre Einführungsgesetze nur insoweit sinngemäß anzuwenden, als die Konkursordnung nichts anderes anordnet. Gemäß § 173 Abs 1 KO sind ua die Bestimmungen über die Prozesskosten im Konkurs nicht anzuwenden. Damit mangelt es aber im Konkursverfahren an einer Rechtsgrundlage für einen Zuspruch von Kosten, mögen diese auch in einem Zwischenstreit entstanden sein (8 Ob 271/00m). Weder der Revisionsrekurs noch der infolge der nunmehrigen Abänderung zum größten Teil erfolgreiche Rekurs ist daher zu honorieren.

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