OGH 5Ob116/01x

OGH5Ob116/01x21.8.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. Klemens R*****, 2. Petra H*****, 3. Maria V*****, alle vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, 4. Gottfried S*****, vertreten durch Dr. Dieter Beimrohr, Rechtsanwalt in 9900 Lienz, gegen die Antragsgegner 1. Johann S*****, und 2. Anita S*****, beide ***** vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in Lienz, wegen § 26 Abs 1 Z 3 WEG (Zustimmung zu einer Schenkung) über den Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 8. Februar 2001, GZ 1 R 566/00t-26, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Lienz vom 1. August 2000, GZ 4 Msch 9/98z-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden abgeändert, sodass Punkt 2 des erstinstanzlichen Beschlusses - Punkt 1 ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen - zu lauten hat wie folgt:

"2. Das Eventualbegehren des Inhalts, es möge die Zustimmung der Antragsgegner zum Schenkungsanbot der Frau Elisabeth G***** vom 21. 4. 1998, betreffend die schenkungsweise Übereignung der Grundstücke ***** und einer Teilfläche des Grundstückes ***** im Ausmaß von 215 m2 an die Miteigentümer der Liegenschaft in EZ *****, GB ***** im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zum Zwecke der Vereinigung mit dem Grundstück ***** entsprechend dem Notariatsakt vom 21. 4. 1998 gerichtlich ersetzt werden, wird abgewiesen."

Text

Begründung

Die Parteien sind Miteigentümer der Liegenschaft EZ *****, GB *****, auf der Wohnungseigentum begründet ist. Auf dem Grundstück *****, das der EZ ***** zugeschrieben wurde, ist das ursprüngliche Wohnhaus ***** errichtet worden. Dieses Grundstück wird westseitig vom Grundstück *****, südseitig vom Grundstück ***** und nord- und ostseitig vom Grundstück ***** umschlossen. Der Erstantragsteller reichte mit Wissen und Zustimmung der übrigen Miteigentümer ein Bauansuchen für einen Zubau an der Westseite des Hauses ***** ein, der auf dem Grundstück ***** errichtet werden sollte. Über Auftrag der Baubehörde wurden die vom genannten Zubau umfassten Grundstücksteilflächen vom Grundstück ***** abgeschrieben und dem Grundstück ***** zugeschrieben und der dadurch bedingten Änderung der Nutzwerte Rechnung getragen und die Miteigentumsanteile neu aufgeteilt.

Eigentümer der umliegenden Grundstücke *****, ***** und ***** waren zunächst der Erstantragsteller und seine Mutter je zur Hälfte, auf Grund des Tauschvertrages vom 24. 2. 1987 der Erstantragsteller allein. Mit Schenkungsvertrag vom 17. 11. 1997 wurde die Gattin des Erstantragstellers Eigentümerin dieser Liegenschaften. Es wurden die Grunddienstbarkeiten des Geh- und Fahrrechtes, des Autoabstellplatzes und der Gartenbenützung auf den geschenkten Liegenschaften einverleibt.

Als es zu Unstimmigkeiten zwischen den Antragsgegnern und dem Erstantragsteller kam, stellten diese im Jahr 1995 fest, dass der Zubau zum Wohnungseigentumsobjekt nicht kollaudiert worden war. Dies zeigten sie dem Stadtbauamt Lienz an. Es stellte sich nunmehr heraus, dass der Zubau nicht bescheidmäßig ausgeführt wurde und dass wegen Nichteinhaltung der Grenzabstandsbestimmungen der TBO keine Benützungsbewilligung erteilt werden könne. Die Antragsgegner drohten mit der Anzeige wegen Amtsmissbrauches, sollte die Baubehörde nicht gegen den gesetzlosen Zustand einschreiten. Die Bürgermeisterin teilte mit, dass nur dann kein Abbruchsbescheid erlassen werde, wenn der vorschriftsmäßige Zustand nach TBO hergestellt würde. Dies erfordert die Zusammenlegung des Grundstückes ***** mit den umliegenden, im Eigentum der Gattin des Erstantragstellers stehenden Grundstücken. Diese bot die Schenkung in Notariatsaktform den Miteigentümern an, um den teilweisen Abbruch des Wohnungseigentumsobjektes zu verhindern. Die Antragsgegner weigerten sich, die Schenkung anzunehmen.

Mit Beschluss vom 17. 12. 1998, 4 Msch 9/98-5, verwarf das Erstgericht die von den Antragsgegnern erhobene Einrede der Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs. Dem dagegen erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht mit Beschluss vom 22. 6. 1999, 1 R 55/99s-11, nicht Folge.

Die Antragsteller begehrten nun - soweit das für das Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung ist - die Zustimmung der Antragsgegner zum Schenkungsanbot zu ersetzen. Es handle sich um eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung, da im Falle des Nichtzustandebringens des Schenkungsvertrages ein Abbruchbescheid der Gemeinde als Baubehörde drohe. Es sei zwischenzeitig die weitere Benützung des Zubaus mit Bescheid der Bürgermeisterin untersagt worden. Für die Antragsgegner sei die Zustimmung zum Schenkungsanbot mit keinem einzigen Nachteil verbunden, die Verweigerung erfolge schikanös und irrational.

Die Antragsgegner wandten unter anderem ein, dass eine erhebliche flächenmäßige Vergrößerung der gemeinsamen Sache durch Schenkung keine wichtige Veränderung sei.

Das Erstgericht ersetzte die Zustimmung der Antragsgegner zum Schenkungsanbot an die Miteigentümer. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Ansicht, dass es sich bei der Annahme des Schenkungsanbots um eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung handle, die der Einstimmigkeit der Miteigentümer bedürfe. Die von den Antragsgegnern vorgebrachten Einwände seien unhaltbar. Schon die Treuepflicht als Teilhaber einer gemeinschaftlichen Sache gebiete die Annahme der Schenkung. Da die Antragsgegner vom Abbruchbescheid unmittelbar auch selbst betroffen wären, könne ihre ablehnende Haltung nur als schikanös bezeichnet werden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs nicht Folge und vertrat die Rechtsansicht, dass die Annahme des Schenkungsanbots eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung darstelle, die der Einstimmigkeit der Miteigentümer bedürfe. Könne die Einstimmigkeit nicht erzielt werden, so habe der Außerstreitrichter nach § 835 ABGB darüber zu entscheiden und müsse die Mehrheit die Zustimmung des Außerstreitrichters einholen, wenn sie die beschlossene wichtige Veränderung realisieren wolle. Die Entscheidung des Außerstreitrichters hänge davon ab, ob die Veränderung offenbar vorteilhaft, bedenklich oder nachteilig sei. Dies sei nach den Umständen des Einzelfalls vom Gesichtspunkt der Gesamtheit der Miteigentümer zu beurteilen. Die Annahme der Schenkung liege im Interesse sämtlicher Miteigentümer. Die ablehnende Haltung der Antragsgegner widerspreche gröblich ihrer Treupflicht als Teilhaber der gemeinsamen Sache im Hinblick auf den zu erwartenden Abbruchsbescheid.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil oberstgerichtliche Judikatur dazu fehle, ob eine Verpflichtung der Minderheitseigentümer bestehe, die Schenkung einer durch Dienstbarkeitsrechte belasteten Liegenschaft anzunehmen.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner mit einem Abänderungsantrag.

Die Antragsteller beantragen, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist auch berechtigt.

§ 26 Abs 1 Z 3 WEG ordnet alle "sonstigen Angelegenheiten der Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft, über die nach dem 16. Hauptstück des zweiten Teils des ABGB im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden ist" dem besonderen Außerstreitverfahren nach § 26 WEG zu. Damit steht es der Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer offen, in einem solchen Verfahren die verweigerte Zustimmung eines Minderheitseigentümers zu Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung durch Entscheidung des Außerstreitrichters ersetzen zu lassen, wenn bereits ein Mehrheitsbeschluss gefasst wurde und die beabsichtigte Maßnahme der Einstimmigkeit bedarf (5 Ob 230/99f, WoBl 1991/69, WoBl 1993/137, SZ 59/203 uva).

Verwaltungshandlungen für die Gemeinschaft der Miteigentümer sind einerseits von den bloßen Besitz- oder Gebrauchshandlungen der einzelnen Teilhaber, andererseits von den Verfügungen über das Gemeinschaftsgut oder einzelne Anteile daran zu unterscheiden. Verwaltungshandlungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie gemeinschaftliches Vorgehen erfordern, weil es um Interessen aller Gemeinschafter geht. Von den bloßen Besitz- oder Gebrauchshandlungen der einzelnen Miteigentümer heben sie sich dadurch ab, dass mit ihnen Geschäfte der Gemeinschaft besorgt werden, während die Abgrenzung zu den Verfügungen nach den Auswirkungen der Geschäftsführungsakte auf das gemeinschaftliche Gut bzw die Anteile der Miteigentümer vorzunehmen ist. Zur Verwaltung gehört alles, was gemeinschaftliche Interessen bei der Nutzung und Erhaltung des Gemeinschaftsgutes beeinträchtigen könnte, eine Verfügung greift in die Substanz der Gemeinschafts- oder Anteilsrechte ein (5 Ob 458/97g, 5 Ob 216/98w, 5 Ob 299/99b, RIS-Justiz RS0109188).

Der Erwerb dinglicher Rechte an einer Liegenschaft ist, auch wenn dieser der Erhaltung und Benützung des Hauptstammes dienen sollte, keine Verwaltungshandlung. Die geplante Rechtshandlung bezieht sich nämlich nicht auf das bestehende Miteigentumsobjekt selbst. Da in der geplanten Annahme der Schenkung der Nachbarliegenschaften sohin keine Verwaltungsmaßnahme erblickt werden kann, besteht auch der geltend gemachte Anspruch auf Ersetzung der Zustimmung der Minderheit zur geplanten Maßnahme im Außerstreitverfahren nicht.

Stichworte