Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Unterlassung der Einholung der vom Kläger beantragten weiteren Sachverständigengutachten war bereits Gegenstand der Mängelrüge der Berufung. Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Ausführungen auseinandergesetzt und ist zum Ergebnis gelangt, dass ein Verfahrensmangel nicht vorliege. Es entspricht der seit SSV-NF 1/32 ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates, dass auch in Sozialrechtssachen angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, im Revisionsverfahren nicht neuerlich mit Erfolg geltend gemacht werden können (SSV-NF 7/74 mwN ua). Der Hinweis des Klägers auf die noch vor dem Inkrafttreten des ASGG bestandene Rechtsprechung, wonach angebliche Mängel des arbeitsgerichtlichen Verfahrens erster Instanz nach § 503 Z 2 ZPO in der Revision geltend gemacht werden konnten, vermag daran nichts zu ändern, weil diese Ausnahme für das arbeitsgerichtliche Verfahren seinerzeit offenbar daraus abgeleitet wurde, dass Streitsachen, in denen der Streitwert den für das Verfahren in Bagatellsachen geltenden Betrag oder - seit der Zivilverfahrensnovelle 1983 - den Betrag von S 2.000,-- überstieg, gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG, von den Fällen der Entscheidung in nichtöffentlicher Sitzung abgesehen, vor dem Berufungsgericht von neuem zu verhandeln waren. Da weder im seinerzeitigen Berufungsverfahren nach dem ASVG noch im nunmehrigen Berufungsverfahren in Sozialrechtssachen vergleichbare Verhältnisse bestanden haben bzw bestehen, kann aus dieser früheren Judikatur für das Verfahren in Sozialrechtssachen nichts abgeleitet werden (vgl SSV-NF 1/32). Im Übrigen gehört die Frage, ob außer den bereits vorliegenden Sachverständigengutachten noch weitere Gutachten zum selben Beweisthema einzuholen gewesen wären, zur Beweiswürdigung und kann auch deshalb im Revisionsverfahren nicht überprüft werden (SSV-NF 7/12 ua).
Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit nach § 503 Z 3 ZPO liegt nicht vor; diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 Satz 2 keiner Begründung. Soweit auch in diesen Ausführungen die unterbliebene Einholung weiterer Sachverständigengutachten gerügt wird, handelt es sich inhaltlich, wie soeben dargelegt wurde, um eine im Revisionsverfahren unzulässige Mängelrüge. Soweit darin die Richtigkeit der vom Erstgericht über das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit aus medizinischer Sicht getroffenen Tatsachenfeststellungen in Zweifel gezogen wird, handelt es sich um eine im Revisionsverfahren ebenfalls unzulässige Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung (SSV-NF 5/37 mwN ua).
Die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, dass kein Härtefall vorliegt, der eine Abweichung von der medizinischen Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigt, ist zutreffend und steht im Einklang mit dem vom erkennenden Senat in ständiger Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen. Danach bildet die sogenannte medizinische Minderung der Erwerbsfähigkeit im Allgemeinen auch die Grundlage für die rechtliche Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit und ist ein Abweichen von der medizinischen Einschätzung nur unter besonderen Umständen geboten. Der Grad der durch die Unfallsfolgen verursachten Minderung der Erwerbsfähigkeit ist nach dem Umfang aller verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens zu beurteilen und in Beziehung zu allen Erwerbsmöglichkeiten - und nicht nur den tatsächlich genützten - zu setzen. Unter dem Begriff der Erwerbsunfähigkeit iSd § 203 ASVG ist nämlich ganz allgemein die Fähigkeit zu verstehen, sich im Wirtschaftsleben einen regelmäßigen Erwerb durch selbständige oder unselbständige Arbeit zu verschaffen. Aufgrund dieses für die Ermittlung der Minderung der Erwerbsfähigkeit maßgebenden Prinzips der abstrakten Schadensberechnung ist es auch bedeutungslos, ob der Versicherungsfall tatsächlich zu einem Einkommensverlust führt. Die Versehrtenrente wird sowohl dann gewährt, wenn kein Lohnausfall entstanden ist oder sogar ein höheres Einkommen erzielt wird, als auch dann, wenn ein Versicherter seinen früheren Beruf nicht mehr ausüben kann und damit allenfalls ein Einkommensentfall einhergeht. Die vom Versicherten ausgeübten Tätigkeiten wirken sich auf den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit in der Regel nicht aus. Sie sind für das Ausmaß der Geldleistungen der Unfallversicherung nur insoweit von Bedeutung, als die Beitragsgrundlagen im letzten Jahr vor dem Eintritt des Versicherungsfalles nach § 179 Abs 1 ASVG die Bemessungsgrundlage bilden und so die Bemessung der Versehrtenrente mitbestimmen. Da die Unfallversicherung somit keine Berufsversicherung darstellt, kann nach ständiger Rechtsprechung die Unmöglichkeit, den bisherigen Beruf weiterhin ausüben zu können, für sich allein noch keinen Härtefall darstellen. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls, etwa einer spezialisierten Berufsausbildung, die eine anderweitige Verwendung, bezogen auf das gesamte Erwerbsleben, praktisch gar nicht zulässt oder in weit größerem Umfang einschränkt als in durchschnittlichen Fällen mit vergleichbaren Unfallfolgen, könnte von einem besonders zu berücksichtigenden Härtefall gesprochen werden (SSV-NF 9/26; 9/93; 7/127; 3/22 jeweils mwN uva; RIS-Justiz RS0088556; RS0086442). Dabei ist allerdings im Interesse der Vermeidung einer zu starken Annäherung an die konkrete Schadensberechnung ein strenger Maßstab anzulegen (SSV-NF 9/26 uva).
Dies entspricht auch der in der Bundesrepublik Deutschland vertretenen Auffassung zu der ausdrücklich im Gesetz enthaltenen Härteklausel des § 581 Abs 2 RVO (nunmehr § 56 Abs 2 Satz 3 SGB VII) über die Berücksichtigung erworbener besonderer beruflicher Kenntnisse und Erfahrungen. Danach liegen die eine Höherbewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit rechtfertigenden Nachteile dann vor, wenn unter Wahrung des Grundsatzes der abstrakten Schadensberechnung die Nichtberücksichtigung von Ausbildung und Beruf bei Bewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Einzelfall zu einer unbilligen Härte führen würde. Als wesentliche Merkmale für die Beurteilung der Frage, ob dies der Fall ist, hat das Bundessozialgericht insbesondere das Alter des Verletzten, die Dauer der Ausbildung sowie vor allem die Dauer der Ausübung der speziellen beruflichen Tätigkeit und auch den Umstand bezeichnet, dass die bisher verrichtete Tätigkeit eine günstige Stellung im Erwerbsleben gewährleistete. Aus diesen Merkmalen und den außerdem zu beachtenden sonstigen besonderen Umständen des Einzelfalles kann sich eine höhere Bewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit ergeben, wenn der Verletzte die ihm verbliebenen Kenntnisse und Fähigkeiten nur noch unter Inkaufnahme eines unzumutbaren sozialen Abstiegs auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens verwerten kann. Dabei wurde aber betont, dass allein die unfallbedingte Aufgabe des erlernten Berufs ebensowenig eine Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu begründen vermag, wie allein der Umstand, dass erst unter Heranziehung der Erhöhungsvorschrift ein Anspruch auf Versehrtenrente ermöglicht werden kann. Das Bundessozialgericht hat stets betont, dass aus diesen Umständen nicht allein bzw nicht zwangsläufig auf das Vorliegen einer unbilligen Härte geschlossen werden könne; das gleiche gelte für den erheblichen Minderverdienst, den ein Betroffener wegen des Berufsverlustes hinzunehmen habe, und zwar wegen des im Unfallversicherungsrecht herrschenden Grundsatzes der abstrakten Schadensberechnung. Als Beispiele für eine Anwendung der Härteklausel dienen unter anderem die Bewegungseinschränkung der linken Hand bei einem Geiger oder der Verlust des Geruchssinns bei einem Unternehmer einer Kaffeerösterei, also Fälle mit angeborenen und nicht nur erlernten Fähigkeiten (Musikalität, besonderer Geruchssinn usw). Ebenso wurde auch ein Härtefall ausnahmsweise in der berufsbedingten Lärmschwerhörigkeit eines Flugkapitäns gesehen, wobei darauf hingewiesen wurde, dass der Versicherte nicht zuletzt dadurch gravierend benachteiligt war, dass seine Berufskrankheit trotz ihrer einschneidenden beruflichen Auswirkungen keine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigender Höhe zur Folge hatte; in einem solchen Fall sei es zur Beseitigung dieser unbilligen Härte unter Berücksichtigung der übrigen Umstände (Ausübung des hochqualifizierten und auch besonders hoch dotierten Berufes über 20 Jahre lang, Alter des Klägers) angemessen, die Rentenleistung durch eine Erhöhung der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf den Grad von 20 vH zu ermöglichen (SSV-NF 9/26 mwN ua).
Die Umstände des Klägers sind mit diesen beispielsweise genannten Fällen der Anwendung der Härteklausel nicht zu vergleichen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben in der Tagsatzung vom 4. 6. 1997 seine Ausbildung zum Taucher neben seiner Erwerbstätigkeit im erlernten Beruf eines Werkzeugmachers absolvierte, er daher erst im Jahr 1991 seine Tätigkeit als Berufstaucher begonnen hat und damit seine spezielle berufliche Tätigkeit bis zum Unfall am 10. 11. 1993 nur über einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum auch tatsächlich ausgeübt hat. Letzterer Umstand hat deshalb besondere Bedeutung, weil es in der Regel nur Versicherten nach langjähriger Qualifizierung in einem Beruf besonders schwer zugemutet werden kann, sich beruflich umzuorientieren. Hingegen muss von dem im Unfallszeitpunkt erst im 33. Lebensjahr stehenden Kläger verlangt werden, dass er sich erforderlichenfalls auch einer seiner Fähigkeiten entsprechenden Umschulung unterzieht und sein berufliches Betätigungsfeld auch wechselt (SSV-NF 9/81 ua). Der Umstand, dass der Kläger seinen im Unfallszeitpunkt ausgeübten Beruf nicht mehr ausüben kann und damit im Vergleich zu seiner nunmehrigen Tätigkeit als Verkäufer in einem Tauchsportgeschäft einen erheblichen Einkommensverlust erleidet, bildet für sich allein keine Grundlage für die Annahme eines Härtefalles (SSV-NF 9/26; 9/81 ua).
Aus diesen Erwägungen war der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.
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