OGH 4Ob25/01g

OGH4Ob25/01g10.7.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Consorzio *****, Italien, vertreten durch Petsch, Frosch & Klein, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. ***** H***** GmbH & Co KG, *****, Bundesrepublik Deutschland, und 2. Eduard B***** Gesellschaft mbH, *****, beide vertreten durch Schönherr, Barfuß, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 500.000 S), Löschung einer Marke (Streitwert 100.000 S) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 100.000 S; Gesamtstreitwert 700.000 S), über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 16. November 2000, GZ 1 R 169/00f-66, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 28. April 2000, GZ 10 Cg 142/94a-62, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

"Das Klagebegehren,

1. die beklagten Parteien seien schuldig, den Vertrieb eines Schimmelkäses unter der Bezeichnung "Cambozola" zu unterlassen;

2. die erstbeklagte Partei sei weiters schuldig, in die Löschung des österreichischen Warenzeichens Nr 102330 "Cambozola" einzuwilligen;

3. die klagende Partei werde ermächtigt, den Spruch des klagestattgebenden Urteils auf Kosten der beklagten Parteien im Textteil einer Samstag-Ausgabe der Tageszeitungen "Kurier" und "Der Standard" mit Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift "Im Namen der Republik" und gesperrt geschriebenen Namen der Prozessparteien veröffentlichen zu lassen,

wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 444.029,44 S (darin 66.273,24 S USt und 46.390 S Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist ein Konsortium, dem Produzenten des italienischen Käses Gorgonzola angehören. Nach Art 4 des Statuts hat der Kläger unter anderem die Produktion und den Verkauf von Gorgonzola zu überwachen, die Bezeichnung Gorgonzola in Italien und im Ausland gemäß den bestehenden Gesetzen und internationalen Konventionen zu verteidigen, den Käseabsatz zu fördern und die Käsequalität zu überprüfen. Der Kläger ist eine Vereinigung zur Förderung der wirtschaftlichen Interessen der Produzenten von Gorgonzola.

Die Erstbeklagte betreibt eine Käserei mit dem Sitz in Kempten, Bundesrepublik Deutschland, und ist mit Beginn der Schutzdauer vom 7. 4. 1983 Inhaberin der österreichischen Marke "Cambozola". Die Zweitbeklagte betreibt in Österreich einen Großhandel mit Lebensmitteln, darunter auch mit Käse. Der von der Erstbeklagten erzeugte Käse "Cambozola" wird in Deutschland seit Herbst 1977 und in Österreich sei März 1983 von der Zweitbeklagten vertrieben.

Mit der am 19. 5. 1994 eingebrachten Klage begehrt der Kläger, die Beklagten schuldig zu erkennen, den Vertrieb eines Schimmelkäses unter der Bezeichnung "Cambozola" zu unterlassen, die Erstbeklagte schuldig zu erkennen, in die Löschung des österreichischen Warenzeichens Nr 102330 "Cambozola" einzuwilligen, und die Ermächtigung, den Spruch des klagestattgebenden Urteils auf Kosten der Beklagten im Textteil einer Samstagausgabe der Tageszeitungen "Kurier" und "Der Standard" mit näher umschriebenen Formalitäten veröffentlichen zu lassen. Das Warenzeichen der Zweitbeklagten "Cambozola" enthalte den für die Bezeichnung "Gorgonzola" prägenden Bestandteil "zola". Hiedurch werde in noch stärkerem Ausmaß als durch "Österzola" (siehe die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 4 Ob 16/93 = SZ 66/64 = ÖBl 1993, 78 - Österzola) die Assoziation zu Gorgonzola ausgelöst. Der Vertrieb eines in Deutschland hergestellten Käses unter der Bezeichnung "Cambozola" in Österreich verstoße gegen das Internationale Abkommen über die Anwendung der Ursprungsbezeichnungen und Benennungen für Käse (Abkommen von Stresa). Da es die Beklagten ablehnten, die sich aus der Entscheidung 4 Ob 16/93 ergebenden Rechtsfolgen für den Vertrieb des Käses "Cambozola" in Österreich anzuerkennen und subjektiv vorwerfbar die Verletzung des im Gesetzesrang stehenden Abkommen von Stresa fortsetzten, handelten sie sittenwidrig iSd § 1 UWG, um sich einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen. Überdies werde das Klagebegehren auch auf die §§ 2 und 9 UWG gestützt.

Die Beklagten beantragten Abweisung des Klagebegehrens. Entgegen der vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 4 Ob 16/93 vertretenen Auffassung komme dem Abkommen von Stresa für den Bereich der österreichischen Rechtsordnung nur der Rang einer Durchführungsverordnung, keineswegs aber Gesetzesrang, zu. Da für dieses Abkommen keine entsprechende gesetzliche Grundlage iSd Art 18 Abs 2 B-VG bestehe, sei es gesetzwidrig. Die Bezeichnung "Gorgonzola" sei daher durch dieses Abkommen für den österreichischen Rechtsbereich nicht geschützt. Es sei unerfindlich, inwiefern ein Verstoß gegen § 2 UWG vorliegen sollte. Aus dem Wortlaut des Unterlassungsbegehrens lasse sich ein allfälliger Irreführungstatbestand nicht erschließen, zumal auf der Verpackung von "Cambozola" ausdrücklich darauf hingewiesen werde, dass es sich um einen deutschen Weichkäse handle. Auch die Heranziehung des § 9 UWG sei offensichtlich verfehlt, zumal diese Rechtsgrundlage voraussetzte, dass "Gorgonzola" ein Unternehmenskennzeichen und keine Beschaffenheits- oder Herkunftsangabe sei. Unabhängig davon verstoße das vom Kläger beantragte Unterlassungsgebot gegen EG-Recht. Der gegenständliche Käse werde aus einem EU-Mitgliedsstaat, der den Bestimmungen des Abkommens von Stresa nicht unterliege, nach Österreich eingeführt. Die Ware werde unter der Bezeichnung "Cambozola" im Herkunftsland rechtmäßig in Verkehr gebracht. Das von der Klägerin beantragte Verbot löse daher handelsbeschränkende Wirkungen aus, weshalb ihm die Art 30 und 36 EGV entgegenstünden. Die Beklagten beantragten die Anrufung des Europäischen Gerichtshofes in einem Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art 177 EGV.

Mit Beschluss vom 18. 7. 1996 (ON 35) unterbrach das Erstgericht das Verfahren und legte gemäß Art 177 EGV (= Art 234 EG) dem Europäischen Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

"Ist es beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechtes mit den Grundsätzen des freien Warenverkehrs (Art 30 und 36 EGV) vereinbar, dass ein in einem Mitgliedsstaat seit 1977 rechtmäßig hergestellter und mit der Marke "Cambozola" bezeichneter Käse, der in einem anderen Mitgliedsstaat seit 1983 vetrieben wird, in diesem Mitgliedsstaat aufgrund einer nationalen Maßnahme unter Berufung auf ein zwischenstaatliches Abkommen zum Schutz von geographischen Herkunftsbezeichnungen und Benennung bestimmter Erzeugnisse (welches die Bezeichnung "Gorgonzola" unter Schutz stellt) und unter Berufung auf ein nationales Irreführungsverbot unter der Bezeichnung "Cambozola" nicht vertrieben werden darf?

Macht es für die Beantwortung dieser Fragen einen Unterschied, ob die Verpackung der mit der Marke "Cambozola" bezeichneten Käsesorte einen deutlich sichtbaren Hinweis auf das Erzeugungsland ("Deutscher Weichkäse") trägt, wenn dieser Käse in der Regel nicht in ganzen Käsetorten ausgestellt und an den Verbraucher verkauft wird, sondern in Teilstücken, zum Teil ohne Originalverpackung?"

Mit Urteil vom 4. 3. 1999, C-87/97 (ua publiziert in GRUR Int 1999, 443; ON 50 des Aktes) beantwortete der Europäische Gerichtshof die vom Erstgericht vorgelegten Fragen wie folgt:

"Der Grundsatz des freien Warenverkehrs verwehrt es beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts einem Mitgliedsstaat nicht, die ihm obliegenden Maßnahmen zu treffen, um den Schutz der aufgrund der Verordnung (EWG) Nr 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel eingetragenen Ursprungsbezeichnungen sicherzustellen. In diesem Rahmen kann die Verwendung einer Bezeichnung wie "Cambozola" im Sinne von Art 13 Abs 1 Buchstabe b dieser Verordnung als Anspielung auf die geschützte Ursprungsbezeichnung "Gorgonzola" qualifiziert werden; die Angabe des wahren Ursprungs des Erzeugnisses auf der Verpackung vermag daran nichts zu ändern. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts festzustellen, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen nach Art 14 Abs 2 der Verordnung Nr 2081/92 dafür vorliegen, dass die vorher eingetragene Marke trotz der Eintragung der geschützten Ursprungsbezeichnung "Gorgonzola" weiter verwendet werden darf; das Gericht hat sich dabei für die Beurteilung der Frage, ob die Eintragung der Marke in gutem Glauben erfolgen konnte, insbesondere auf die im Zeitpunkt der Eintragung bestehende Rechtslage zu stützen und darf eine Bezeichnung wie "Cambozola" nicht als solche als eine Irreführung des Verbrauchers qualifizieren."

Dieses Urteil enthält unter anderem folgende Ausführungen:

"Völkerrecht und nationales Recht

4 Nach Artikel 3 des am 1. Juni 1951 in Stresa unterzeichneten Internationalen Abkommens über die Anwendung der Ursprungsbezeichnungen und Benennungen für Käse (im folgenden: Abkommen von Stresa) sind die Ursprungsbezeichnungen, die Gegenstand einer landesrechtlichen Regelung sind, ausschließlich "Käsesorten ((vorbehalten)), die in den traditionellen Gegenden nach ortsüblichen, loyalen und ständigen Methoden erzeugt oder veredelt werden". Artikel 1 dieses Abkommens verbietet den Gebrauch von Käsebezeichnungen, die diesem Grundsatz widersprechen. Im Zusatzprotokoll zu diesem Abkommen wird die Bezeichnung "Gorgonzola (Italien)" als Ursprungsbezeichnung genannt.

5 Das Übereinkommen von Stresa galt in Österreich seit dem 11. Juli 1955 und ist für dieses Land mit Ablauf des 9. Februar 1996 außer Kraft getreten, nachdem die österreichische Regierung es mit Note vom 30. November 1994 gekündigt hat.

8 Nach Artikel 2 und Abschnitt A des Anhangs der Verordnung (EG) Nr 1107/96 der Kommission vom 12. Juni 1996 zur Eintragung geographischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen gemäß dem Verfahren nach Artikel 17 der Verordnung (EWG) Nr 2081/92 des Rates (ABl L 148, S 1) stellt die Bezeichnung "Gorgonzola" ab 21. Juni 1996 eine auf Gemeinschaftsebene geschützte Ursprungsbezeichnung dar. In den Artikeln 13 und 14 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl L 208, S 1) sind die Bedingungen festgelegt, die für die Weiterverwendung einer Marke gelten, die gegebenenfalls mit einer Ursprungsbezeichnung unvereinbar ist, für die nach der Eintragung der Marke ein Eintragungsantrag gestellt worden ist.

9 In Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2081/92 heißt es:

"(1) Eingetragene Bezeichnungen werden geschützt gegen

a) jede direkte oder indirekte kommerzielle Verwendung einer eingetragenen Bezeichnung für Erzeugnisse, die nicht unter die Eintragung fallen, sofern diese Erzeugnisse mit der unter dieser Bezeichnung eingetragenen Erzeugnissen vergleichbar sind oder sofern durch diese Verwendung das Ansehen der geschützten Bezeichnung ausgenutzt wird;

b) jede widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung, selbst wenn der wahre Ursprung des Erzeugnisses angegeben ist oder wenn die geschützte Bezeichnung in Übersetzung oder zusammen mit Ausdrücken wie 'Art', 'Typ', 'Verfahren', 'Fasson', 'Nachahmung' oder dergleichen verwendet wird;

c) alle sonstigen falschen oder irreführenden Angaben, die sich auf Herkunft, Ursprung, Natur oder wesentliche Eigenschaften der Erzeugnisse beziehen und auf der Aufmachung oder der äußeren Verpackung, in der Werbung oder in Unterlagen zu den betreffenden Erzeugnissen erscheinen, sowie die Verwendung von Behältnissen, die geeignet sind, einen falschen Eindruck hinsichtlich des Ursprungs zu erwecken;

d) alle sonstigen Praktiken, die geeignet sind, das Publikum über den wahren Ursprung des Erzeugnisses irrezuführen.

10 Artikel 14 Absatz 2 dieser Verordnung lautet:

"Unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts darf eine Marke, die vor dem Zeitpunkt des Antrags auf Eintragung der Ursprungsbezeichnung oder der geographischen Angabe in gutem Glauben eingetragen worden ist und auf die einer der in Artikel 13 aufgeführten Tatbestände zutrifft, ungeachtet der Eintragung der Ursprungsbezeichnung oder der geographischen Angabe weiter verwendet werden, wenn die Marke nicht einem der in Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben c) und g) und Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe b) der Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken genannten Gründe für die Ungültigkeit oder den Verfall unterliegt."

11 Artikel 3 Absatz 1 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken (ABl L 40, S 1) bestimmt:

"Folgende Zeichen oder Marken sind von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegen im Falle der Eintragung der Ungültigkeitserklärung:

...

g) Marken, die geeignet sind, das Publikum zum Beispiel über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft der Ware oder Dienstleistung zu täuschen.

12 Artikel 12 Absatz 2 der Richtlinie 89/104 sieht vor:

"Eine Marke wird ferner für verfallen erklärt, wenn sie nach dem Zeitpunkt ihrer Eintragung

...

b) infolge ihrer Benutzung durch den Inhaber oder mit seiner Zustimmung für Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, geeignet ist, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft dieser Waren oder Dienstleistungen irrezuführen."

15 Der Schutz der Ursprungsbezeichnung "Gorgonzola" ist ab 21. Juni 1996, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Eintragung dieser Bezeichnung im Rahmen der Verordnung Nr 2081/92 aufgrund der Verordnung Nr 1107/96 in den gemeinschaftsrechtlichen Bereich übergegangen. Die dem Gerichtshof vorgelegten Fragen sind daher allein im Rahmen der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zum Schutz von Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel zu prüfen.

25 Der Begriff der Anspielung in Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b) der Verordnung Nr 2081/92 erfaßt eine Fallgestaltung, in der der zur Bezeichnung eines Erzeugnisses verwendete Ausdruck einen Teil einer geschützten Bezeichnung in der Weise einschließt, daß der Verbraucher durch den Namen des Erzeugnisses veranlaßt wird, gedanklich einen Bezug zu der Ware herzustellen, die die Bezeichnung trägt.

26 Insbesondere kann entgegen dem Vorbringen der Beklagten des Ausgangsverfahrens eine Anspielung auf eine geschützte Bezeichnung auch dann vorliegen, wenn keinerlei Gefahr der Verwechslung zwischen den betroffenen Erzeugnissen besteht und wenn für die Bestandteile der Referenzbezeichnung, die in dem streitigen Ausdruck übernommen werden, kein gemeinschaftsrechtlicher Schutz gelten würde, wie der Generalanwalt in den Randnummern 37 und 38 seiner Schlußanträge feststellt.

27 Bei einem Blauschimmelweichkäse, dessen Aussehen demjenigen des "Gorgonzola"-Käses nicht unähnlich ist, ist die Annahme legitim, daß eine Anspielung auf eine geschützte Bezeichnung vorliegt, wenn der zu seiner Bennung verwendete Ausdruck auf die beiden gleichen Silben endet wie diese Bezeichnung und die gleiche Silbenanzahl wie diese umfaßt, woraus sich eine offensichtliche phonetische und optische Ähnlichkeit zwischen den beiden Ausdrücken ergibt.

28 In diesem Zusammenhang wäre es im übrigen sachdienlich, daß das vorlegende Gericht ein von der Käserei Champignon herausgegebenes und vom Kläger des Ausgangsverfahrens zu den Verfahrensakten gegebenes Werbeblatt berücksichtigt, aus dem hervorzugehen scheint, daß die phonetische Ähnlichkeit zwischen den beiden Bezeichnungen nicht auf Zufall beruht.

29 Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr 2081/92 bestimmt darüber hinaus ausdrücklich, daß eine Angabe des wahren Ursprungs des Erzeugnisses auf der Verpackung oder in anderer Weise für die Subsumtion unter die in dieser Vorschrift genannten Begriffe unerheblich ist.

30 Da die Verwendung einer Marke wie "Cambozola" unter eine der Fallgestaltungen fällt, in denen eine eingetragene Bezeichnung geschützt wird, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen, unter denen nach Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung Nr 2081/92 eine früher eingetragene Marke weiter verwendet werden darf, erfüllt sind.

31 Die Marke muß erstens in gutem Glauben eingetragen worden sein, bevor der Antrag auf Eintragung der Ursprungsbezeichnung der geographischen Angabe gestellt worden ist.

35 Der Begriff des guten Glaubens in Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung Nr 2081/92 ist unter Berücksichtigung aller Vorschriften des nationalen und des Völkerrechts zu betrachten, die in dem Zeitpunkt galten, als der Antrag auf Eintragung der Marke eingereicht wurde. Bei dem Inhaber der Marke kann nämlich grundsätzlich kein guter Glaube vermutet werden, wenn die seinerzeit geltenden Vorschriften seinem Eintragungsgesuch eindeutig entgegenstanden.

36 Es ist jedoch nicht Sache des Gerichtshofes, der über die Auslegung der Verordnung Nr 2081/92 entscheidet, sich zur Wirkung von Vorschriften des Völkerrechts und des nationalen Rechts zu äußern, durch die Ursprungsbezeichnungen in Österreich geschützt wurden, bevor dieser Schutz von gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften übernommen wurde, und demzufolge auch nicht seine Aufgabe, anhand dessen zu untersuchen, unter welchen subjektiven Umständen der Antrag gestellt worden ist. Eine solche Untersuchung kann - wie die Kommission zu Recht feststellt - nur von dem mit dem Rechtsstreit befaßten nationalen Gericht durchgeführt werden.

37 Die in gutem Glauben eingetragene Marke darf zweitens nur dann weiter verwendet werden, wenn sie nicht nach den einschlägigen Vorschriften der Ersten Richtlinie 89/104 verfallen oder ungültig ist.

41 In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß der in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 89/104 geregelte Tatbestand im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist. Im Rahmen der beiden anderen einschlägigen Vorschriften dieser Richtlinie setzen die Fälle der Ablehnung der Eintragung, der Ungültigkeit oder des Verfalls einer Marke, die deren Weiterverwendung nach Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung Nr 2081/92 verbieten, voraus, daß sich eine tatsächliche Irreführung des Verbrauchers oder eine hinreichend schwerwiegende Gefahr einer solchen feststellen läßt (siehe zu diesem Begriff das Urteil Clinique sowie die Urteile vom 6. Juli 1995 in der Rechtssache C-470/93 , Mars, Slg 1995, I-1923, und vom 26. November 1996 in der Rechtssache C-313/94 , Graffione, Slg 1996, I-6039, Randnr. 24).

42 Auch hier ist es Sache des vorlegenden Gerichts, diese Kriterien unter Berücksichtigung der Umstände des Falles, mit dem es befaßt ist, anzuwenden. Zwar kann der Ausdruck "Cambozola", der eine Anspielung auf die Bezeichnung "Gorgonzola" enthält, deshalb für sich allein noch nicht als geeignet angesehen werden, das Publikum über die Art, die Beschaffenheit oder die Herkunft der damit bezeichneten Ware irrezuführen, doch setzt die Beurteilung der Umstände seiner Verwendung eine Prüfung des Sachverhalts des Einzelfalls voraus, für die der Gerichtshof im Rahmen von Artikel 177 des Vertrages nicht zuständig ist (siehe in diesem Sinn Urteil Graffione, Randnrn. 25 und 26)."

Mit Schriftsatz vom 25. 6. 1999 (ON 52) brachten die Beklagten ergänzend vor, die seinerzeit geltenden Vorschriften seien dem Eintragungsantrag der Marke "Cambozola" nicht eindeutig entgegengestanden. Die Markenbezeichnung "Cambozola" sei in gutem Glauben eingetragen worden. Die Qualifizierung der Markenbezeichnung als Anspielung stünde dem guten Glauben des Markenanmelders in keiner Weise entgegen. Bei der Markenanmeldung hätte die Gesetzmäßigkeitsprüfung keinen Einwand gegen die Markenbezeichnung ergeben. Im Ähnlichkeitsprotokoll sei eine allfällige Ähnlichkeit von "Cambozola" mit "Gorgonzola" nicht in Betracht gezogen worden. Die Marke "Cambozola" sei nicht zur Irreführung der Verbraucher geeignet. Das deutsche und das österreichische Patentamt hätten gegen die Marke "Cambozola" keinen Einwand wegen allfälliger Irreführungseignung erhoben. Die Überprüfung von "Cambozola" durch autorisierte Prüfstellen habe gleichfalls keine Beanstandung ergeben. Die Beklagten hätten die Eigenständigkeit des "Cambozola" stets betont und nie einen Zusammenhang mit einer italienischen Herkunft des Käses hergestellt. Die Unterschiede zwischen "Cambozola" und "Gorgonzola" seien im Übrigen bekannt. Obwohl auch "Cambozola" Blauschimmel enthielte, würde kein Konsument den einen Käse anstelle des anderen wählen. Das Oberlandesgericht Frankfurt habe als Berufungsgericht eine Irreführungseignung klar verneint.

Der Kläger bestritt dieses Vorbringen und führte im Schriftsatz vom 19. 10. 1999 (ON 55) ergänzend aus, der Europäische Gerichtshof habe ohne jede Einschränkung auch festgestellt, dass die Marke "Cambozola" gegen Art 13 Abs 1 der Verordnung Nr 2081/92 verstoße. Als letzter Rettungsanker bliebe den Beklagten nur der Nachweis, dass die Marke "Cambozola" in gutem Glauben eingetragen worden sei. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte "Cambozola" nur dann weiter verwendet werden, wenn die Marke nicht nach den einschlägigen Vorschriften der ersten Richtlinie 89/104 verfallen oder ungültig sei. Der gute Glaube sei daher anhand der im Eintragungszeitpunkt (1983) in Österreich geltenden nationalen und internationalen Rechtsvorschriften zu beurteilen. Damit sei die hier zu beurteilende Rechtsfrage identisch mit jener, die bereits im "Österzola"-Verfahren zu entscheiden gewesen sei, nämlich ob die Marke "Cambozola" mit den in Österreich geltenden Rechtsvorschriften im Zeitpunkt ihrer Registrierung vereinbar gewesen sei oder diese verletzt habe. Die Überlegungen des Obersten Gerichtshofes in der "Österzola"-Entscheidung seien vollinhaltlich auf den gegenständlichen Sachverhalt anwendbar. Der Ausschluss des guten Glaubens der Beklagten ergebe sich aus der eindeutigen Gesetzwidrigkeit der Marke "Cambozola", deren Registrierung in Verletzung der Schutzbestimmung des Übereinkommens von Stresa beantragt worden sei. Die phonetische und optische Ähnlichkeit zwischen der Marke "Cambozola" und der Ursprungsbezeichnung "Gorgonzola" sei kein Zufall, sondern sei von der Erstbeklagten absichtlich gewählt worden. Die Marke "Cambozola" sei geeignet, das Publikum jedenfalls über die Herkunft der unter ihr vertriebenen Ware zu täuschen. Die Marke "Cambozola" dürfte daher - selbst in dem tatsächlich nicht gegebenen Fall, ihre Registrierung sei in gutem Glauben erfolgt - nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes nicht weiter verwendet werden, weil sie nach den einschlägigen Vorschriften der ersten Richtlinie 89/104 ungültig sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf noch folgende weitere Feststellungen:

Die Mitglieder der Klägerin fügen der Ursprungsbezeichnung "Gorgonzola" noch besondere Firmenbezeichnungen hinzu, die den Bestandteil "-zola" enthalten (siehe ./C); diese Verpackung besteht aus Stanniol. Ebenfalls aus Stanniol ist die Verpackung von "Cambozola" (siehe ./E), sie enthält unter anderem die Aufschrift "deutscher Weichkäse mit edlem Blauschimmel".

"Gorgonzola" ist ein von Schimmelpilzen durchwachsener Weichkäse (siehe ./7), "Cambozola" ist jedenfalls auch ein mit Blauschimmel versehener Weichkäse (siehe ./3), wenn auch sonst zwischen den beiden Käsesorten offenbar Unterschiede bestehen (siehe ./3).

Die Erstbeklagte hat jedenfalls im Jahr 1985 für "Cambozola" mit den Worten "der Blaublütige unter den edlen Naturkäsetorten" geworben; im Werbetext heißt es dort weiters: "Cambozola ist aus bester Familie; vom edlen Camembert hat er die cremig-zarte Konsistenz, vom temperamentvollen Gorgonzola den pikanten Geschmack ..." (siehe ./J und ./63). Diese Werbung steht derzeit in Österreich nicht im Gebrauch.

In rechtlicher Hinsicht folgerte der Erstrichter, seit der Einbringung der vorliegenden Klage am 19. 5. 1994 habe sich die entscheidungswesentliche Rechtslage durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union mehrfach geändert. Nach Art 2 und Abschnitt A des Anhangs der Verordnung (EG) Nr 1107/96 der Kommission vom 12. 6. 1996 zur Eintragung geographischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen gemäß dem Verfahren nach Art 17 der Verordnung EWG Nr 2081/92 des Rates stelle die Bezeichnung "Gorgonzola" seit 21. 7. 1996 eine auf Gemeinschaftsebene gestützte Ursprungsbezeichnung dar. Die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts habe daher auf Grundlage der bei Schluss der mündlichen Streitverhandlung (20. 12. 1999) anzuwendenden Normen und unter Bedachtnahme auf die vom Europäischen Gerichtshof im erwähnten Urteil dargelegte Rechtsansicht zu erfolgen. Demnach sei die Ursprungsbezeichnung "Gorgonzola" gemäß Art 13 Abs 1 lit b der Verordnung Nr 2081/92 gegen jede widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung geschützt, selbst wenn der wahre Ursprung des Erzeugnisses angegeben sei oder wenn die geschützte Bezeichnung in Übersetzung oder zusammen mit Ausdrücken wie Art, Typ, Verfahren, Fasson, Nachahmung oder dgl verwendet werden. Ob die Marke "Cambozola" gegen die zitierte Verordnung Nr 2081/92 verstoße, sei daher allein auf der Grundlage dieser Verordnung zu beurteilen. Unter Zugrundelegung der Rechtsansicht des EuGH sei der Ausdruck "Cambozola" eine Anspielung auf die geschützte Bezeichnung "Gorgonzola" im Sinne von Art 13 Abs 1 lit b der Verordnung Nr 2081/92. Damit sei die Verwendung der Bezeichnung "Cambozola" rechtswidrig.

Die Rechtswidrigkeit käme nur dann nicht zum Tragen und die Marke "Cambozola" dürfte trotz ihrer Qualifizierung als Anspielung weiter verwendet werden, wenn die Marke "Cambozola" seinerzeit im guten Glauben eingetragen worden sei und nicht nach den einschlägigen Vorschriften der ersten Richtlinie 89/104 verfallen oder ungültig sei. Der Begriff des guten Glaubens im Sinne von Art 14 Abs 2 der Verordnung Nr 2081/92 sei unter Berücksichtigung aller Vorschriften des nationalen und des Völkerrechts in jenem Zeitpunkt zu betrachten, in dem der Antrag auf Eintragung der Marke gestellt worden sei. Hiefür sei daher die im Jahr 1983 geltende Rechtslage maßgebend. Sei die damalige Rechtslage dem Eintragungsantrag hinsichtlich der Marke "Cambozola" eindeutig entgegengestanden, so sei die Annahme der Gutgläubigkeit des Markeninhabers jedenfalls ausgeschlossen und bedürfe keiner weiteren Prüfung. Nur in dem Fall, dass die damalige Rechtslage dem Registrierungsantrag nicht eindeutig entgegengestanden sei, seien zur Beurteilung der Gut- oder Schlechtgläubigkeit die subjektiven Umstände zu untersuchen, unter denen der Antrag gestellt worden sei (Rn 35 und 36 in ON 50).

Die Notwendigkeit der Prüfung einer allfälligen Irreführungseignung

der Bezeichnung "Cambozola" im Sinne von Art 14 Abs 2 der Verordnung

ergebe sich überhaupt nur in dem Fall, dass man den guten Glauben bei

der Eintragung bejahe. Selbst in diesem Fall dürfte die Marke

"Cambozola" aber nur dann weiter verwendet werden, wenn ihr nicht die

Verfalls- oder Ungültigkeitsgründe der ersten Richtlinie 89/104

entgegenstehen. In dem für die Beurteilung des guten Glaubens

maßgeblichen Zeitpunkt (1983) seien als spezifisch relevante Normen

das Abkommen über die Anwendung von Ursprungsbezeichnungen und

Benennungen für Käse (BGBl Nr. 135/1955) samt Zusatzprotokoll (BGBl

Nr 136/1955) [Abkommen von Stresa] und subsidiär das Abkommen

zwischen der österreichischen Bundesregierung und der italienischen

Regierung über geographische Herkunftsbezeichnungen und Benennungen

bestimmter Erzeugnisse (BGBl Nr 235/1954 ((österreich-italienisches

Herkunftsabkommen)) samt Zusatzprotokoll (BGBl Nr 348/1972) in Kraft

gestanden. Gemäß Art 2 Abs 2 des österreichisch-italienischen

Herkunftsabkommens seien die im Anhang enthaltenen Erzeugnisse ua

"... gegen den Umlauf, die Einfuhr, die Lagerung, den Verkehr oder

die Inverkehrsetzung im Inland - von all jenen Erzeugnissen zu

schützen, welche auf sich selbst oder auf ihrer unmittelbaren

Umhüllung, äußeren Verpackung ... oder in Marken Bezeichnungen und

Benennungen tragen, die im Anhang enthalten sind und zur Täuschung

des Publikums über die Herkunft, die Gattung, die Eigenart oder die

besonderen Eigenschaften dieser Erzeugnisse ... geeignet sind." Art 2

Abs 3 dehne den Schutz des Abkommens auch gegen Bezeichnungen und

Benennungen von Erzeugnissen in einer Fremdsprache aus, "... und zwar

auch dann, wenn der tatsächliche Ursprung des Erzeugnisses angeführt oder die Benennung von bestimmten berichtigenden Angaben wie "Art", "Weise", "Type" oder ähnlichem, begleitet wäre." Das Zusatzprotokoll zum österreich-italienischen Herkunftsabkommen habe vorgesehen, dass es für die Herkunftsbezeichnung "Gorgonzola", die in die angeschlossene Liste der geschützten Erzeugnisse aufgenommen worden sei, nur für den Fall des Außerkrafttretens oder der Abänderung des Abkommens von Stresa wirksam werden sollte. Das Abkommen von Stresa sei gemäß Art 11 von Österreich mit Note vom 30. 11. 1994 gekündigt worden und sei danach erst mit dem Ablauf des 9. 2. 1996 außer Kraft getreten (Kundmachung des Bundeskanzlers BGBl Nr 269/1995). Seit Beginn des gemeinschaftsrechtlichen Schutzes der Ursprungsbezeichnung "Gorgonzola" durch die EG-Verordnung Nr 2081/92 am 21. 6. 1996 sei auch das österreichisch-italienische Herkunftsabkommen auf den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt nicht mehr anwendbar (EuGH - Rn 18).

Aus obigen Erwägungen sehe das Erstgericht daher keinen Grund, hinsichtlich der Anwendbarkeit des Abkommens von Stresa im Zeitpunkt des Antrags auf Eintragung der Marke "Cambozola" von der vom Obersten Gerichtshof in der "Österzola"-Entscheidung vertretenen Rechtsansicht abzugehen. Hieran vermöge auch der Aufsatz von Heinz Mayer in ecolex 1995, 139 (Das Abkommen von Stresa - ein Nichtakt) nichts zu ändern. Mayer selbst zitiere in seinem Aufsatz die Meinung Walters, wonach es vor der B-VG-Novelle 1964 zwei unterschiedliche Auffassungen gegeben habe, wovon die eine gesetzesergänzende Bestimmungen eines Staatsvertrags als nicht zustimmungspflichtig erachtet habe. Der Oberste Gerichtshof verweise in seinem Zitat ausdrücklich auch auf Rill (Der Staatsbürger 1960 Nr 21, 3). Rill habe in diesem Zitat die Ansicht vertreten, dass die Gleichsetzung von gesetzesändernden mit gesetzesergänzenden Staatsverträgen dem klaren Wortlaut des Art 50 B-VG (idF vor der B-VG-Novelle 1964) widerspreche. Die Novellierung von Art 50 B-VG zeige, dass hier ganz offensichtlich Auffassungsunterschiede bestanden haben: Während nach dem Wortlaut des Art 50 B-VG vor der Novelle 1964 nur politische und gesetzesändernde Staatsverträge umfasst gewesen seien, umfasse die novellierte Fassung des Art 50 B-VG auch gesetzesergänzende Staatsverträge. Die Ansicht, dass es bei bloß gesetzesergänzenden Normen einer Zustimmung des Nationalrats nicht bedurft hätte, sei daher sehr wohl vertretbar. Da für die hier interessierende Frage allein die Rechtslage und der Meinungsstand im Jahr 1983 maßgeblich sei, könne ein im Jahr 1995 veröffentlichter wissenschaftlicher Aufsatz keinen Einfluss auf die Beurteilung haben.

Selbst wenn man aber die Verfassungswidrigkeit des Abkommens von Stresa unterstelle, wäre das Abkommen im Zeitpunkt des Eintragungsantrags jedenfalls anwendbar gewesen. Ein verfassungswidriger Staatsvertrag bleibe bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof anwendbar. Das Abkommen von Stresa sei durch Kündigung mit Ablauf des 9. 2. 1996 außer Kraft getreten. Hätte Österreich das Abkommen als einen Nichtakt betrachtet, wäre seine Kündigung mangels Gültigkeit nicht notwendig gewesen. Ein Antrag auf Aufhebung wegen Gesetzeswidrigkeit sei beim Verfassungsgerichtshof nicht gestellt worden. Das Abkommen von Stresa sei daher im Zeitpunkt des Antrags auf Registrierung der Marke "Cambozola" Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung gewesen. Selbst wenn man in diesem Zusammenhang die Richtigkeit des Vorbringens der Beklagten und damit die Unanwendbarkeit des Abkommens von Stresa unterstellte, würde dies im Ergebnis nichts für die rechtliche Position der Beklagten ändern. In diesem Fall wäre nämlich das österreichisch-italienische Herkunftsabkommen anzuwenden und auf dessen Grundlage zu erkennen, ob die Marke "Cambozola" gutgläubig registriert werden konnte. Die Erwägungen des Obersten Gerichtshofs in der "Österzola"-Entscheidung ließen sich ohne weiteres auf das österreichisch-italienische Herkunftsabkommen übertragen, weil "Gorgonzola" auch nach diesem im Gesetzesrang stehenden Abkommen zumindest im gleichen Umfang wie nach dem Abkommen von Stresa gegen verwechselbar ähnliche Bezeichnung geschützt werden sollte.

In Übereinstimmung mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 4 Ob 16/93 - "Österzola" teile das Erstgericht die von den Beklagten erhobenen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Abkommens von Stresa bzw gegen dessen Geltung für die österreichische Rechtsordnung nicht. Ebensowenig seien die Ausführungen der Beklagten, wonach aus dem Abkommen von Stresa nicht mit der geforderten Eindeutigkeit hervorgehe, dass die Vertragsparteien die unmittelbare Anwendbarkeit des Abkommens gewollt hätten, geeignet, beim Gericht Zweifel an der unmittelbaren Anwendbarkeit dieses Abkommens für Österreich hervorzurufen. Auch die Argumentation der Beklagten, wonach es sich bei dem vom ständigen Rat in seiner Sitzung vom 31. 3. bis 2. 4. 1955 in Lugano auf Grund des Abkommens von Stresa gefassten Beschluss, "Gorgonzola" gemäß Art 5 des Abkommens in dessen Anhang A einzutragen, um supranationales Recht gehandelt habe, welches aber mangels einer zum Zeitpunkt des Abschlusses bzw der Kundmachung des Abkommens von Stresa vorhandenen verfassungsrechtlichen Bestimmung, die die unmittelbare Wirkung von Beschlüssen zwischenstaatlicher Organe in Österreich ermöglicht hätte, für die österreichische Rechtsordung keine Geltung erlangen habe können, vermöge nicht zu überzeugen. Wie dem erwähnten Beschluss des ständigen Rates zu entnehmen sei, sei der Schutz der Ursprungsbezeichnung "Gorgonzola" direkt im Art IIa des Protokolls des Abkommens von Stresa verankert worden (Beil ./B). Der Beschluss des ständigen Rates habe gemäß Art IIa des Protokolls zum Abkommen lediglich bestätigt, dass die darin erwähnten ausdrücklich als solche bezeichneten Beweismittel beigebracht worden seien. Damit sei der in Art 3 vorgesehene Nachweis, dass die Ursprungsbezeichung "Gorgonzola" Gegenstand einer landesrechtlichen Regelung sei, deren Verwendung jenen Käsesorten vorbehalten bleibe, die in den traditionellen Gegenden nach ortsüblichen Methoden erzeugt oder veredelt werden, erbracht und auch bestätigt worden, dass die im Art 5 vorgesehenen Dokumente zum Nachweis dafür vorliegen, dass die in Frage stehende Ursprungsbezeichung tatsächlich in dem Gebiet des Vertragsteils verwendet worden sei, um den nach diesen Methoden hergestellten Käse zu bezeichnen. Es bestehe daher kein Zweifel daran, dass der Schutz der Ursprungsbezeichung "Gorgonzola" bis zum Außerkrafttreten oder der Abänderung des Abkommens von Stresa (9. 2. 1996) direkt auf den im Abkommen enthaltenen Rechtsnormen beruht habe.

In der "Österzola"-Entscheidung sei meritorisch genau jene Rechtslage beurteilt worden (1983), die für die Beurteilung des guten Glaubens gemäß Art 14 Abs 2 der Verordnung Nr 2081/92 im Sinne der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (ON 50) allein maßgeblich sei. Das Erstgericht schließe sich daher auch hinsichtlich der Beurteilung des guten Glaubens der Meinung des Obersten Gerichtshofes an, wonach sowohl "Gorgon-" als auch "-zola" prägend für "Gorgonzola" seien. Sohin enthalte aber auch "Cambozola" einen prägenden Bestandteil der Bezeichnung "Gorgonzola" und löse damit ein gedankliches Inverbindungbringen von "Cambozola" mit "Gorgonzola" aus. Damit sei "Cambozola" verwechselbar ähnlich mit "Gorgonzola" und diese Bezeichnung verstoße gegen das Abkommen von Stresa. Die Irreführungseignung schließe daher auch die Bezeichnung "Cambozola" als solche ein. Letztlich gehe auch der Einwand der Beklagten ins Leere, die "Österzola"-Entscheidung sei deshalb auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar, weil nicht zu erkennen sei, warum der durchschnittlich intelligente Verbraucher wegen des auf den Verpackungen von "Cambozola" angebrachten Hinweises "Deutscher Weichkäse" annehmen sollte, es handle sich um einen "deutschen Gorgonzola". Der Hinweis "Deutscher Weichkäse" auf der Verpackung von "Cambozola" sei keineswegs geeignet, jegliche Assoziation mit "Gorgonzola" auszuschließen, zumal jedenfalls davon auszugehen sei, dass die angesprochenen Verkehrskreise annehmen, mit "Cambozola" einen "deutschen Gorgonzola" zu erhalten. Da das Abkommen von Stresa in Österreich bis 1996 Gesetzesrang gehabt habe, liege somit ein Gesetzesverstoß in dem für die Prüfung der Gut- oder Schlechtgläubigkeit entscheidungsrelevanten Zeitpunkt (1983) vor. Ein Gesetzesverstoß sei sittenwidrig iSd § 1 UWG, wenn er dem Handelnden subjektiv vorwerfbar und geeignet sei, ihm einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor dem gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen. Auch das müsse hier bejaht werden: Den Beklagten habe bekannt sein müssen, dass "Gorgonzola" als Bezeichnung für einen Schimmelkäse italienischen Ursprungs geschützt sei. Mit der Bezeichnung ihres Schimmelkäses als "Cambozola" hätten die Beklagten eine Assoziation zu Güte und Beschaffenheit des seit langer Zeit bekannten "Gorgonzola" ausgelöst und sich damit nicht nur einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern verschafft, sondern auch den Wettbewerb (wohlgemeint: Werbewert) der geschützten Bezeichnung beeinträchtigt. Die Beklagten hätten daher mit der Verwendung der Bezeichnung "Cambozola" im Eintragungszeitpunkt der Marke "Cambozola" gegen § 1 UWG verstoßen.

Sowohl das Abkommen von Stresa als auch das österreichisch-italienische Herkunftsabkommen seien der Eintragung der Marke "Cambozola" eindeutig entgegengestanden (Rn 35 in ON 50). In einem solchen Fall könne aber niemals guter Glaube vermutet werden, sodass sich die weitere Prüfung des guten Glaubens erübrige. Die Weiterverwendung der Marke "Cambozola" verstoße daher gegen Art 13 Abs 1 lit b der Verordnung Nr 2081/92.

Selbst wenn man unterstellte, dass die seinerzeitige Rechtslage nicht eindeutig gewesen sei, so sei hiedurch für den Standpunkt der Beklagten nichts gewonnen. Der gute Glaube im Sinne von Art 14 Abs 2 der Verordnung Nr 2081/92 sei nach den subjektiven Umständen des konkreten Falles zu beurteilen und müsse sohin als Gegenteil der Schlechtgläubigkeit verstanden werden. Unabhängig davon, ob der Werbefolder (Beil ./J = Beil ./63) tatsächlich verwendet worden sei und wann, wo, wie oft und wie lang dies der Fall gewesen sei, beweise diese Urkunde jedenfalls, dass die Bezeichnung "Cambozola" nicht zufällig, sondern mit der klaren Absicht gewählt worden sei, das Erzeugnis der Beklagten mit der Ursprungsbezeichnung "Gorgonzola" gedanklich in Verbindung zu bringen und auf diese Weise bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine Assoziation zu "Gorgonzola" herzustellen. Die Annahme, die Wahl der Marke "Cambozola" zur Bezeichnung eines von den Beklagten produzierten und vertriebenen Schimmelkäses, der dem "Gorgonzola"-Käse nicht unähnlich sei, würde auf Zufall bzw auf einer Phantasiebezeichnung beruhen, wäre lebensfremd und widerspräche den Erfahrungen des täglichen Lebens. "Cambozola" sei eine Anspielung auf die geschützte Ursprungsbezeichnung "Gorgonzola". Die Wahl dieser anspielenden Bezeichnung sei den Beklagten subjektiv vorwerfbar, sodass diese Marke nicht in gutem Glauben eingetragen werden konnte. Schon lange vor dem Zeitpunkt des Eintragungsantrags sei "Gorgonzola" jedenfalls für die mit der Produktion und dem Vertrieb von Käse befassten Unternehmen eine weltweit bekannte Ursprungsbezeichnung gewesen. Den Beklagten habe daher bekannt sein müssen, dass "Gorgonzola" zu diesem Zeitpunkt als Bezeichnung für einen Schimmelkäse italienischen Ursprungs geschützt gewesen sei. Gut- oder Schlechtgläubigkeit im hier maßgeblichen Sinne hänge allein von der subjektiven Vorwerfbarkeit des Verhaltens ab. Es sei irrelevant, wie sich die Markenregistrierungsbehörde seinerzeit verhalten habe und dass sie die Marke eingetragen habe. Die Eintragung einer Marke sei überhaupt erst die Voraussetzung dafür, dass eine Prüfung des guten Glaubens nach Art 14 Abs 2 der Verordnung Nr 2081/92 stattfinden müsse. Keineswegs vermöge die seinerzeitige Registrierung der Marke "Cambozola" die Gutgläubigkeit zu beweisen. Auch schlechtgläubig beantragte Marken würden registriert, wenn die formalen Voraussetzungen für ihre Eintragung erfüllt seien.

Die Irreführungseignung wäre nur dann auf der Grundlage der aktuellen Rechtslage, insbesondere nach der ersten Richtlinie 89/104 zu prüfen, wenn der gute Glaube bei der Eintragung bejaht würde. Wie sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (ON 50) ergebe, wäre nämlich nur in diesem Fall zu prüfen, ob Verfalls- oder Ungültigkeitsgründe vorliegen, die der Weiterverwendung der Marke nach Art 14 Abs 2 der Verordnung Nr 2081/92 entgegenstehen. Demzufolge erübrige sich ein Eingehen auf das umfangreiche Vorbringen der Beklagten zur Täuschungseignung der Marke "Cambozola".

Die Ähnlichkeitsprüfung des Patentamts habe im maßgeblichen Zeitpunkt nur Marken und nicht auch Ursprungsbezeichnungen betroffen. Eine Prüfung der angemeldeten Marke "Cambozola" auch anhand der Bestimmung des Abkommens von Stresa sei vom Markenschutzgesetz nicht vorgesehen.

Das Patentamt prüfe lediglich, ob relative oder absolute

Eintragungshindernisse vorliegen. Auch die einer eingetragenen Marke

ähnliche Marke, ja selbst eine vollkommen identische Marke würde

registriert werden, wenn der Antragsteller seine Anmeldung nicht

innerhalb der vom Patentamt gesetzten Frist zurückziehen sollte. Laut

der Benachrichtigung des österreichischen Patentamts an die

Erstbeklagte (Beil ./22) habe "... die gemäß § 21 (1) des

Markenschutzgesetzes 1970 idgF durchgeführte Ähnlichkeitsprüfung

ihrer angemeldeten Marke ... ergeben, dass diese mit den im

beiliegenden Ähnlichkeitsprotokoll mit einem Sternchen gekennzeichneten, für dieselben Klassen registrierten, noch zu Recht bestehenden Marken gleich oder möglicherweise ähnlich ist."

Schließlich spreche auch der Umstand, dass die Beklagten als Käseproduzenten, denen die weltberühmte Ursprungsbezeichnung "Gorgonzola" bekannt sein musste - was sich zweifelsfrei aus den von ihnen verwendeten Verkaufsfolder (Beil ./J = Beil ./63) ergebe - nicht schon vor Antragstellung beim österreichischen Patentamt von sich aus detaillierte Nachforschungen über einen allfälligen (auch) markenrechtlichen Schutz der Bezeichnung "Gorgonzola" durchgeführt haben, gegen die Annahme ihrer Gutgläubigkeit. Schon fahrlässige Untätigkeit schließe den guten Glauben aus.

Das von der Beklagten vorgelegte Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main (Beil ./59) stehe in klarem Widerspruch zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs (ON 50) und sei daher für den gegenständlichen Fall irrelevant. Im Übrigen sei die Beurteilung des guten Glaubens durch das Oberlandesgericht Frankfurt/Main auf Grundlage des deutsch-italienischen Ursprungsabkommens, sohin auf einer anderen als der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Rechtsgrundlage (Abkommen von Stresa) erfolgt, weshalb auch die im Widerspruch zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes stehende Meinung des Oberlandesgerichtes Frankfurt/Main, wonach "Cambozola" nicht gemäß Art 13 Abs 1 lit b der Verordnung Nr 2081/92 als Anspielung auf "Gorgonzola" beurteilt werden könne, nicht berücksichtigt werden könne.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Das Gericht zweiter Instanz befand das erstinstanzliche Verfahren als mangelfrei, übernahm die Feststellungen des Erstrichters zur Gänze und äußerte auf dieser Sachverhaltsgrundlage folgende Rechtsansicht: Die in der Entscheidung 4 Ob 16/93 - Österzola angestellten Überlegungen seien vollinhaltlich auf den gegenständlichen Fall anzuwenden. Danach sei aber die Bezeichnung "Gorgonzola" durch das Abkommen von Stresa zum Zeitpunkt der Eintragung der Marke "Cambozola" zugunsten der Erstbeklagten (1983) auch für den österreichischen Rechtsbereich geschützt.

In der Österzola-Entscheidung habe der Oberste Gerichtshof ausgeführt, dieser Schutz beschränke sich nicht auf Bezeichnungen, die mit der geschützten Bezeichnung identisch sind, er erfasse auch verwechselbar ähnliche Bezeichnungen (vgl BGH GRUR 1969, 615 - Champi). Das zeige nicht zuletzt auch Art 3 des Abkommens, wonach auch von einem qualifizierenden oder korrigierenden Ausdruck wie "Type", "Art", "Form" oa begleitete Bezeichnungen in den Schutzbereich des Abkommens fallen. "Österzola" enthalte mit "zola" einen Bestandteil des Wortes "Gorgonzola". Für diese Bezeichnung sei sowohl "Gorgon" als auch "zola" prägend; auch mit "Österzola" werde daher eine Assoziation zu "Gorgonzola" ausgelöst. Dass diese Assoziation (nur) die Gattung Schimmelkäse und - wegen der durch "Öster" hergestellten Beziehung zu Österreich - nicht auch die italienische Herkunft des Käses betreffen möge, ändere nichts an der verwechselbaren Ähnlichkeit dieser Bezeichnungen. Auch wenn die angesprochenen Verkehrskreise annähmen, mit "Österzola" einen "österreichischen Gorgonzola" zu erhalten, werde durch "Österzola" eine Beziehung zu "Gorgonzola" hergestellt, welche diese beiden Bezeichnungen verwechselbar ähnlich mache. Daraus folge, dass die Bezeichnung eines österreichischen Käses als "Österzola" gegen das Abkommen von Stresa verstoße. Da dieses Abkommen in Österreich Gesetzesrang habe, liege somit ein Gesetzesverstoß vor. Ein Gesetzesverstoß sei sittenwidrig im Sinn des § 1 UWG, wenn er dem Handelnden subjektiv vorwerfbar und geeignet sei, ihm einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen. Auch das müsse für Österzola bejaht werden: Den Beklagten habe bekannt sein müssen, dass "Gorgonzola" als Bezeichnung für einen Schimmelkäse italienischen Ursprungs geschützt sei. Mit der Bezeichnung ihres Schimmelkäses als "Österzola" hätten sie eine Assoziation zur Güte und Beschaffenheit des seit langer Zeit bekannten "Gorgonzola" ausgelöst und damit nicht nur einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor ihren gesetzestreuen Mitbewerbern erlangt, sondern auch den "Werbewert der geschützten Bezeichnung" beeinträchtigt.

Aus dieser Entscheidung des Obersten Gerichtshofs folge für den gegenständlichen Fall, dass durch "Cambozola" eine Beziehung zu "Gorgonzola" hergestellt werde, die die beiden Bezeichnungen verwechselbar ähnlich mache. Soweit die Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht hätten, dass der Wortteil "Cambo" von "Cambodonum" für Kempten abgeleitet sei, sei auch hiedurch für ihren Standpunkt nichts gewonnen, weil dies im Sinne der genannten "Österzola"-Entscheidung des Obersten Gerichtshofs die angesprochenen Verkehrskreise dazu veranlassen würde, durch den Hinweis auf "Cambo" (Kempten) anzunehmen, dass es sich beim "Cambozola" um einen "Gorgonzola" aus Kempten "handle. Die Rüge, es fehlten Feststellungen zur Irreführungseignung der Bezeichnung "Cambozola", eine Prüfung der Irreführungseignung sei unterblieben, sei nicht stichhältig. Im Sinne der Ausführungen im Europäischen Gerichtshof-Urteil Randnr. 41 und 42 könne kein Zweifel daran bestehen, dass die Irreführungseignung für die Frage der Weiterverwendung einer gegen die Verordnung Nr 2081/92 verstoßenden Marke nur dann zum Tragen komme, wenn diese Marke in gutem Glauben eingetragen worden sei, was hier "festgestelltermaßen" nicht der Fall sei. Die zitierten Überlegungen des Europäischen Gerichtshofes beträfen ausschließlich die Weiterverwendbarkeit der Marke im Sinn des Art 14 Abs 2 der Verordnung Nr 2081/92, wobei sich diese Ausführungen des Europäischen Gerichtshofes zur Irreführungs-/Täuschungseignung ausschließlich auf die derzeit geltende Rechtslage, also die Auslegung von Art 14 Abs 2 der Verordnung bezögen. Der Europäische Gerichtshof überlasse es aber ausschließlich dem nationalen Gericht, die Irreführungseignung aufgrund der im Zeitpunkt der Markenregistrierung geltenden nationalen Rechtsvorschriften zu beurteilen. Sofern der Europäische Gerichtshof in Rn 43 davon spreche, dass eine Bezeichnung wie "Cambozola" nicht als solche als eine Irreführung des Verbrauchers zu qualifizieren sei, beziehe er sich offensichtlich nur auf den Fall, dass der gute Glaube bei der Markenanmeldung bejaht würde und dann gemäß Art 14 Abs 2 der Verordnung Nr 2081/92 zu prüfen sei, ob aufgrund der aktuellen Rechtslage Verfalls- oder Ungültigkeitsgründe der Weiterverwendung der Marke entgegenstünden. Die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs zur Gutgläubigkeit und zur Irreführungseignung bezögen sich daher auf unterschiedliche Zeitpunkte. Die von den Beklagten gewünschte Auslegung des Europäischen Gerichtshofs im Sinne ihres Prozessstandpunktes sei daher unrichtig, weil der Europäische Gerichtshof die Beurteilung der Gutgläubigkeit und einer allfälligen Irreführungseignung von "Cambozola" im Zeitpunkt der Markenanmeldung dem nationalen Gericht aufgrund der in diesem Zeitpunkt geltenden nationalen Vorschriften vorbehalten und insofern dem nationalen Gericht aber keine Richtlinien zur Auslegung im Sinne der zum Eintragungszeitpunkt geltenden Rechtslage gegeben habe. Die damals geltende Rechtslage sei aber vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung "Österzola" detailliert dargelegt worden. Auch der Argumentation der Beklagten, Gutgläubigkeit des Markenanmelders sei anzunehmen, wenn die Marke nicht bösgläubig angemeldet worden sei, könne nicht überzeugen. Der Begriff des guten Glaubens sei als autonomer Begriff der Verordnung Nr 2081/92 im Sinn dieser Verordnung auszulegen. Da es sich bei Art 14 Abs 2 dieser Verordnung um einen Befreiungstatbestand handle, der die Weiterverwendung einer rechtswidrigen Bezeichnung ermögliche, wenn die im Sinn dieser Verordnung rechtswidrige Marke seinerzeit im guten Glauben eingetragen worden sei, liege die Beweislast für diesen guten Glauben nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen bei demjenigen, der den Eintragungsantrag gestellt habe. Der gute Glaube sei daher allein aufgrund der Bestimmungen der Verordnung Nr 2081/92 iVm dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (ON 50) auszulegen. In Art 14 Abs 2 der Verordnung werde ausdrücklich darauf abgestellt, dass die Marke in gutem Glauben eingetragen wurde, wogegen davon, dass die Eintragung nicht bösgläubig erfolgt sein dürfe, keine Rede sei. Zur Beurteilung der Gutgläubigkeit komme es allein darauf an, ob der Antragsteller im Zeitpunkt der Antragstellung auf Registrierung der Marke in gutem Glauben gehandelt habe. Nur dann könne die Marke auch im guten Glauben eingetragen werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten könne daraus, dass die Marke geprüft und eingetragen worden sei, nicht zwingend darauf geschlossen werden, dass der Eintragungsantrag in gutem Glauben gestellt worden wäre. Erfahrungsgemäß würde auch einem bösgläubig gestellten Antrag auf Markenregistrierung Folge gegeben werden, sofern die formalen Voraussetzungen für die Eintragung der Marke erfüllt wären. Auch unter Bedachtnahme auf das Werbeblatt (Beilage ./J = Beilage ./63) habe das Erstgericht ohne Rechtsirrtum im Einklang mit den Intentionen des Europäischen Gerichtshofes angenommen, dass zum Zeitpunkt der Eintragung der Marke "Cambozola" jedenfalls begründete Zweifel gegen die Annahme des guten Glaubens der Erstbeklagten bei Stellung des Antrags auf Registrierung der Marke vorhanden gewesen seien. Schon das Bestehen von objektiven Zweifeln an der Gutgläubigkeit des Eintragungswerbers reiche aber aus, die Anwendung des Befreiungstatbestands des Art 14 Abs 2 der Verordnung Nr 2081/92 auszuschließen. Soweit sich die Beklagten auch in der Rechtsrüge der Berufung neuerlich zu ihren Gunsten auf das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main (Beilage ./58) beriefen, sei nochmals darauf hingewiesen, dass dieses Gericht keine Prüfung der im Art 14 der Verordnung Nr 2081/92 normierten Befreiungstatbestände, insbesondere des guten Glaubens bei Markenregistrierung vorgenommen habe, sondern ohne nähere Begründung zum Ergebnis gelangt sei, dass die Marke "Cambozola" in gutem Glauben eingetragen worden sei. Im Übrigen stehe dieses Urteil auch im klaren Widerspruch zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes (ON 50), indem es das Vorliegen eines Verletzungstatbestands im Sinn des Art 13 Abs 1 lit b der Verordnung Nr 2081/92 ("Anspielung auf Gorgonzola") verneine.

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil den hier zu lösenden Rechtsfragen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme und das Berufungsgericht nicht von der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (4 Ob 16/93 - Österzola) abgewichen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichts erhobene außerordentliche Revision der Beklagten ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch der Vorinstanz schon deshalb zulässig, weil zur Frage der "Markeneintragung in gutem Glauben" gemäß Art 14 Abs 2 der Verordnung (EWG) Nr 2081/92 des Rates unter Beachtung der seinerzeitigen österreichischen Rechtslage keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vorliegt. Die Revision ist auch berechtigt:

Voranzustellen ist, dass - entgegen der Auffassung der Vorinstanzen und des Klägers - die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 4 Ob 16/93 ("Österzola") auf den vorliegenden Rechtsfall schon deshalb nicht - gleichsam - "anzuwenden" ist, weil sich durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union mit Wirkung ab 1. 1. 1995 die Rechtslage (auch im vorliegenden Zusamenhang mit dem Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für "Gorgonzola") geändert hat (Art 2 des im BGBl 1995/45 kundgemachten Beitrittsvertrags) und die genannte Entscheidung (noch) ohne Berücksichtigung der Gemeinschaftsrechtslage, insbesondere auch ohne Bedachtnahme auf eine Entscheidung (oder Entscheidungen) des Europäischen Gerichtshofs zu vergleichbaren Rechtsfragen erging. Die Entscheidung im vorliegenden Fall ist indessen im Einklang mit der bereits dargestellten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 4. 3. 1999 zu treffen. Dies haben die Vorinstanzen nach ihren ausführlichen Entscheidungsbegründungen auch versucht, dem Ergebnis ihrer - ausführlich dargelegten - Erwägungen ist allerdings aus folgenden Gründen nicht beizupflichten:

Nach dem - für die österreichischen Gerichte bindenden - Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist bei der - dem nationalen Gericht obliegenden - Auslegung des Art 14 Abs 2 der mehrfach genannten Verordnung Nr 2081/92 (ua) zu prüfen, ob die bei Markenanmeldung geltenden Vorschriften dem Eintragungsgesuch eindeutig entgegenstanden, kann doch in diesem Fall bei dem Markeninhaber grundsätzlich kein guter Glaube vermutet werden.

In der Entscheidung vom 18. 5. 1993 4 Ob 16/93 = SZ 66/64 = ÖBl 1993, 78 - Österzola) hat der Oberste Gerichtshof nach Darlegung eines in der österreichischen staatsrechtlichen Literatur unterschiedlichen Meinungsstands über die Genehmigungspflichtigkeit bzw -freiheit von gesetzesändernden bzw gesetzesergänzenden Staatsverträgen durch den Nationalrat das internationale Abkommen von Stresa vom 1. 6. 1951 mit seiner Kundmachung im BGBl 1955/135 am 11. 6. 1955 als Bestandteil der österreichischen Rechtsordnung im Gesetzesrang beurteilt und sodann den Gebrauch der für die dortige Erstbeklagte für Käse eingetragenen Wortmarke "Österzola" (mit Beginn der Schutzdauer 17. 7. 1957) und den Vertrieb eines derart bezeichneten Schimmelkäses (ab 1960 durch die dortige Zweitbeklagte) als Gesetzesverstoß und damit als Sittenverstoß nach § 1 UWG (gegen das Stresa-Abkommen) beurteilt. Dabei hat der Oberste Gerichtshof den Schutz des Abkommens von Stresa auch gegen die als verwechselbar ähnlich qualifizierte, weil Assoziationen zu "Gorgonzola" auslösende Bezeichnung "Österzola" gewährt. In der Literatur ist (ua auch) diese staatsrechtliche Beurteilung des Obersten Gerichtshofs auf teils heftige Kritik gestoßen (siehe nur Heinz Mayer, Das Abkommen von Stresa - ein Nichtakt, in ecolex 1995, 139 mit zahlreichen Hinweisen auf - von ihm als überwiegend bezeichnete - gegenteilige Lehrmeinungen). Daraus ergibt sich für die im vorliegenden Fall zunächst zu prüfende "Eintragung der Marke Cambozola (im Jahr 1983) in gutem Glauben" dass die Erstbeklagte 1983 bei Stellung des Eintragungsgesuchs mit guten Gründen den Rechtsstandpunkt vertreten konnte, dass das Abkommen von Stresa dem österreichischen Rechtsbestand nicht im Range eines Gesetzes angehört, sondern ein rechtliches Nichts, also nicht einmal bloß ein wegen Verfassungswidrigkeit aufzuhebendes "Gesetz" oder ähnliches sei. Der Oberste Gerichtshof schloß sich zwar in der Österzola-Entscheidung (ohne nähere Begründung) jenen Lehrmeinungen an, die für die Zeit vor der B-VGNov 1964 BGBl 59 für gesetzesergänzende Staatsverträge keine Genehmigung durch den Nationalrat für erforderlich hielten. Demgegenüber war es aber überwiegende Auffassung der Staatsrechtslehre, dass der Abschluss gesetzergänzender Staatsverträge sehr wohl einer Genehmigung iSd Art 50 Abs 1 B-VG bedurften (Pfeifer, ZÖR 12, 1962, 1 ff mwN). In diesem Sinne äußern sich auch die Erläuternden Bemerkungen zur RV der B-VGNov 1964 (287 BlgNR 10. GP 6). Namhafte Staatsrechtler vertraten weiters die Meinung, dass ein ohne die erforderliche Genehmigung des Nationalrats abgeschlossener Staatsvertrag rechtlich ein Nichtakt sei (Pfeifer aaO 29 ff, ins 36 f; Ermacora, Der Verfassungsgerichtshof 246 f ua).

Im Jahr 1983 konnte also die Anmeldung der Marke "Cambozola" für einen Schimmelkäse auch angesichts des Umstands, dass praktisch jedem Käseerzeuger seit langer Zeit die Bezeichnung "Gorgonzola" für einen Schimmelkäse aus dem Raum Mailand mit den ihm eigenen Qualitäten bekannt ist, durchaus in gutem Glauben, damit nicht in eine geschützte Ursprungsbezeichnung einzugreifen, erfolgen, weil das Abkommen von Stresa nach diesen Lehrmeinungen, in Österreich nicht anwendbar war. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen konnte daher die Eintragung der Marke "Cambozola" nach dem Gesagten in gutem Glauben geschehen. Ob auch eine andere als die vom Obersten Gerichtshof gefundene Auslegung des Art 3 des Abkommens von Stresa vertretbar war (s nur Schanda, "Gorgonzola" gegen "Cambozola", ecolex 1999, 334 ff; aM Knaak, GRUR Int 1997, 755) bedarf daher keiner Untersuchung.

Damit sind aber die von den Vorinstanzen aus dem dargestellten Europäischen Gerichtshof-Urteil entnommenen weiteren Voraussetzungen für die Weiterverwendung der Marke "Cambozola" unter Wahrung des Gemeinschaftsrechtes (Art 14 Abs 2 der Verordnung Nr 2081/92) nach Art 3 Abs 1 lit g und Art 12 Abs 2 lit b der Marken-RL 98/104 zu prüfen. Die in der erstgenannten Bestimmung für die Ungültigerklärung einer Marke maßgebende Eignung, das Publikum über die geographische Herkunft der Ware zu täuschen, ist nach Ansicht des erkennenden Senats im Zusammenhang mit der vom Europäischen Gerichtshof in der Fragebeantwortung hervorgehobenen Aussage, eine Bezeichnung wie "Cambozola" sei als solche nicht als eine Irreführung des Verbrauchers (gegenüber "Gorgonzola") zu qualifizieren, von den Beklagten im maßgebenden Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz (20. 12. 1999) nicht verwirklicht worden. Auch aus der Benutzung dieser Marke durch den Inhaber oder mit seiner Zustimmung ist im maßgeblichen Zeitpunkt eine Irreführungseignung, die gemäß Art 12 Abs 2 der Marken-RL 89/104 zur Verfall-Erklärung der Marke führen könnte, nicht zu erkennen, zumal nach den Feststellungen der Tatsacheninstanzen das Werbeblatt (Beilage ./G = Beilage ./63) zwar im Jahr 1985 verwendet wurde, eine derartige Werbung aber im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz in Österreich nicht im Gebrauch stand.

Da somit die Verbraucher durch die Verwendung der Marke "Cambozola", die nach den oben Gesagten in gutem Glauben eingetragen wurde (Gegenteiliges steht jedenfalls auch nicht fest, wurde vielmehr nur von den Klägern und den Vorinstanzen rechtlich aus einem Verstoß gegen das Abkommen von Stresa gefolgert), nicht über die Herkunft des damit bezeichneten Schimmelkäses der erstbeklagten Partei getäuscht werden können und solches auch nicht infolge der Benutzung dieser Marke durch die Beklagten erfolgt, liegen nach Auffassung des erkennenden Senats die Voraussetzungen für die Weiterverwendung dieser Marke gemäß Art 14 Abs 2 der Verordnung Nr 2081/92 vor. Das unberechtigte Klagebegehren ist daher in Abänderung der vorinstanzlichen Urteile abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren iVm § 50 ZPO.

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