OGH 4Ob149/01t

OGH4Ob149/01t10.7.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagten Parteien 1. P*****gesellschaft mbH & Co KG,

2. Ernst K*****, 3. P*****gesellschaft mbH, *****, alle vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 800.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 7. Mai 2001, GZ 3 R 81/01d-17, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Beklagten machen geltend, dass die angefochtene Entscheidung nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO nichtig sei, weil das Rekursgericht über ihre Einwendungen nicht inhaltlich abgesprochen habe. Die Entscheidung sei auch deshalb nichtig, weil nicht eindeutig nachvollzogen werden könne, aufgrund welcher Feststellungen das Rekursgericht entschieden habe.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO ist eine Entscheidung nichtig, wenn Gründe völlig fehlen, die Entscheidung mit sich selbst in Widerspruch steht oder so mangelhaft abgefasst ist, dass sie nicht mit Sicherheit überprüft werden kann (Kodek in Rechberger, ZPO**2 § 477 Rz 12 mwN). Einen Nichtigkeitsgrund bildet daher weder das (behauptete) Fehlen einer Auseinandersetzung mit Einwendungen der Beklagten noch das (behauptete) Fehlen von Feststellungen. Das Rekursgericht hat im Übrigen ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Gesetzesverstoß den Beklagten auch dann subjektiv vorwerfbar ist, wenn der von diesen behauptete Sachverhalt zugrundegelegt wird. Es trifft daher nicht zu, dass nicht nachvollzogen werden könnte, welchen Sachverhalt das Rekursgericht seiner Entscheidung zugrundegelegt hat.

Die Beklagten bekämpfen die Entscheidung als aktenwidrig. Das Rekursgericht "behaupte", der Leiter der Gewerbeabteilung der Bezirkshauptmannschaft L***** habe seine ursprüngliche Rechtsauskunft "deutlich abgeschwächt und soweit zurückgenommen", während nach dem Vorbringen und den von den Beklagten vorgelegten eidesstättigen Erklärungen der Leiter der Gewerbeabteilung seine damalige Rechtsauskunft ausdrücklich bestätigt und nur angedeutet habe, dass "unter bestimmten Umständen" möglicherweise eine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich sein könnte.

Damit ist eine Aktenwidrigkeit nicht einmal schlüssig behauptet:

Aktenwidrig ist eine Entscheidung nur dann, wenn die Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen wurden (Kodek aaO § 503 Rz 4 mwN). Die Beklagten bekämpfen in Wahrheit nicht die vom Rekursgericht getroffenen Feststellungen, sondern sie wenden sich gegen die Auslegung der festgestellten Erklärung des Leiters der Gewerbeabteilung.

Die Beklagten machen weiters geltend, dass die angefochtene Entscheidung unschlüssig sei. Ihnen würden irreführende Behauptungen untersagt; der Unterlassungsanspruch werde aber auf § 1 UWG gestützt.

Richtig ist, dass die Klägerin begehrt, den Beklagten "irreführende Behauptungen" über die Parkmöglichkeiten in ihrem Einkaufszentrum zu verbieten, ihren Unterlassungsanspruch aber darauf stützt, dass die Beklagten nicht über die erforderliche Betriebsanlagengenehmigung für ihr neues Parkdeck verfügen. Sie macht damit einen Verstoß gegen § 1 UWG geltend. Dieser Verstoß besteht ihrem Vorbringen nach darin, dass die Beklagten mit den Parkmöglichkeiten in ihrer neuen Hochgarage werben, ohne über die für die Garage notwendige Betriebsanlagengenehmigung zu verfügen. Dem Vorbringen ist damit eindeutig zu entnehmen, dass die Klägerin keinen Anspruch nach § 2 UWG geltend macht. Ihr Begehren kann daher trotz des gegen "irreführende Behauptungen" gerichteten Unterlassungsgebots auch nicht in diesem Sinn verstanden werden. Das Rekursgericht hat dies durch den Zusatz "wenn eine rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung ... nicht vorliegt" klargestellt.

Keine erhebliche Rechtsfrage bildet das behauptete Fehlen einer Rechtsprechung zur Frage, ob eine Auffassung mit gutem Grund vertreten werden kann, wenn sie auf der Rechtsauskunft einer Behörde beruht. Mit dieser Frage hat sich der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung ÖBl 1983, 40 - Metro-Post I befasst. Danach ist zu prüfen, ob die Auffassung des Beklagten über die Bedeutung der von ihm verletzten Bestimmung durch das Gesetz so weit gedeckt ist, dass sie mit gutem Grund vertreten werden kann. Dabei kommt es allein darauf an, wie das Gesetz auszulegen ist, und nicht, wer es ausgelegt hat. Es ist daher ohne rechtliche Bedeutung, ob und von wem der Beklagte in seiner Rechtsauffassung bestärkt worden ist. Die Beklagten können sich demnach auch nicht darauf berufen, dass sie sich bei der Errichtung des Parkdecks auf eine ihnen erteilte Auskunft verlassen haben, keine Betriebsanlagengenehmigung zu benötigen.

Als weitere erhebliche Rechtsfrage machen die Beklagten das Fehlen einer Rechtsprechung zur Frage geltend, ob ein "öffentliches" Parkdeck eine Einrichtung ist, für die der Errichter auch dann gemäß § 74 GewO eine Betriebsanlagengenehmigung braucht, wenn sie auch von sämtlichen anderen Personen und nicht nur von seinen Kunden benützt werden kann. Auch diese Frage ist nicht im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO erheblich, weil die Entscheidung nicht von ihr abhängt:

Kann - wie in dieser Frage - das Gesetz verschieden ausgelegt werden, so kommt es für die Beurteilung nach § 1 UWG darauf an, ob die Auffassung des Beklagten über die Bedeutung dieser Bestimmung durch das Gesetz soweit gedeckt ist, dass sie mit gutem Grund vertreten werden kann. Entscheidend ist daher, ob eine Rechtsmeinung vertretbar ist, und nicht, ob sie richtig ist.

Als erhebliche Rechtsfrage machen die Beklagten schließlich noch geltend, dass eine Rechtsprechung zur Frage fehle, ob bei der Bestimmung einer Sicherheitsleistung nach § 390 EO auch die Verhältnisse der gefährdeten Partei zu berücksichtigen sind. Sie behaupten, dass die - vom Rekursgericht zitierte - Entscheidung 4 Ob 170/99z der bisherigen Rechtsprechung und Lehre widerspreche.

In der Entscheidung 4 Ob 170/99z hat der erkennende Senat ausgesprochen, dass eine Sicherheitsleistung nach § 390 Abs 2 EO nicht in einer solchen Höhe festgesetzt werden darf, dass die Durchsetzung eines an sich berechtigten Anspruchs vereitelt würde. Insoweit sind die Verhältnisse der gefährdeten Partei mitzuberücksichtigen, wie dies nach ständiger Rechtsprechung dann zulässig ist, wenn die gefährdete Partei durch die Handlungsweise ihres Gegners in Schwierigkeiten geraten ist (Kodek in Angst, EO § 390 Rz 11 mwN). Im vorliegenden Fall hat das Rekursgericht die Forderung der Beklagten nach einer Sicherheitsleistung von 50,000.000 S deshalb als weit überzogen abgelehnt, weil die einstweilige Verfügung nicht zu einer Schließung des Parkdecks zwingt, die Beklagten ihre Forderung nach einer Sicherheitsleistung in dieser Höhe aber mit dem Schaden begründet haben, den sie bei einer Schließung des Parkdecks befürchten.

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