Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird ersatzlos aufgehoben. Dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Nichtigkeitsgrund aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Das Erstgericht erließ antragsgemäß einen Wechselzahlungsauftrag, welcher der Beklagten am 22. 2. 2000 durch Hinterlegung zugestellt wurde. Sie erhob dagegen mit Postaufgabedatum 25. 2. 2000 Einwendungen, wobei sie an erster Stelle die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts wegen Vorliegens der Eigenzuständigkeit des Handelsgerichts erhob. Auf diesem Schriftsatz findet sich der handschriftliche Zusatz "Einwendungen am 2. 3. 2000 zurückgezogen" und die offenkundig vom Beklagtenvertreter stammende Unterschrift. Am selben Tag überreichte der Beklagtenvertreter neuerlich Einwendungen mit identem Vorbringen in der Sache, welche jedoch nunmehr den Antrag auf Entscheidung durch den Senat mit dem erklärenden Vorbringen, im Senatsprozess sei die Einrede der sachlich kausalen Unzuständigkeit möglich, enthielten.
Auf Grund Überweisungsantrages gemäß § 261 Abs 6 ZPO sprach das Erstgericht seine sachliche Unzuständigkeit aus und überwies die Rechtssache an das offenbar nicht unzuständige Landesgericht Wiener Neustadt als Handelsgericht.
Aus Anlass des dagegen von der Beklagten wegen Unterbleibens eines Kostenzuspruchs erhobenen Rekurses erklärte das Gericht zweiter Instanz das gegen die Beklagte geführte Verfahren, soweit es nicht die Exekution zur Sicherstellung betrifft, infolge der am 2. 3. 2000 erfolgten Zurückziehung der Einwendungen der Beklagten für nichtig. Es wies die Rekurse der Beklagten zurück und sprach aus, dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Gemäß § 552 ZPO finden auf die Zurücknahme von Einwendungen die Vorschriften über die Zurücknahme der Berufung entsprechende Anwendung. Gemäß § 484 Abs 2 ZPO habe die Zurücknahme den Verlust des Rechtsmittels zur Folge. Mit Rücknahme der Berufung werde das Urteil rechtskräftig. Nehme demnach der Beklagte die Einwendungen zurück, dann erwachse der Zahlungsauftrag in Rechtskraft. Ein "Austausch" von Einwendungen sei nicht zulässig. Der Wechselzahlungsauftrag sei daher mit Rückziehung der Einwendungen am 2. 3. 2000 in Rechtskraft erwachsen, sodass ein weiteres Verfahren nicht stattzufinden habe und im dennoch durchgeführten Umfang für nichtig zu erklären sei.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene Revisionsrekurs ist berechtigt.
Richtet sich der Rekurs gegen einen Beschluss, mit dem über einen Sachantrag einer Partei oder über ein von ihr gestelltes Rechtsschutzbegehren entschieden wurde, entspricht er in seiner Funktion einem Rechtsmittel in der Hauptsache, sodass ergänzend auch die Vorschriften über Berufung und Revision heranzuziehen sind. Es ist daher etwa ein Beschluss, mit dem ein als Rekursgericht angerufenes Gericht zweiter Instanz das Verfahren für nichtig erklärt und die Klage zurückgewiesen hat, wie ein gleichartiger berufungsgerichtlicher Beschluss anfechtbar, somit ohne dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 528 ZPO vorliegen müssen (RIS-Justiz RS0043774; EvBl 2000/214; Kodek in Rechberger ZPO § 519 Rz 3). Wenngleich das Rekursgericht dies nicht ausdrücklich ausgesprochen hat, hat es im Ergebnis mit seiner Entscheidung nicht nur das Verfahren als nichtig erklärt, sondern auch die gegen den Wechselzahlungsauftrag erhobenen Einwendungen zurückgewiesen und damit dem Verfahren ein Ende gesetzt. Durch dieses Vorgehen wurde der Beklagten abschließend der Rechtsschutz verweigert, sodass in Analogie zu § 519 Abs 1 Z 1 ZPO die Zulässigkeit des Revisionsrekurses zu bejahen ist (9 ObA 85/88; 7 Ob 226/79; EvBl 1997/142; Kodek in Rechberger aaO). Wegen Rechtsähnlichkeit gelangt auch § 521a Abs 1 Z 3 ZPO zur Anwendung, sodass das Rechtsmittelverfahren zweiseitig ist und die Rekursfrist gemäß § 521 Abs 1 ZPO vier Wochen beträgt (EvBl 1989/60; EvBl 1997/142). Da die Klägerin eine Beantwortung des Revisionsrekurses erstattet hat, kann sofort in der Sache selbst entschieden werden.
Nach ständiger Rechtsprechung sind Parteiprozesshandlungen ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Von Bedeutung ist daher nur, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung des Prozesszweckes und der dem Gericht und Gegner bekannten Prozess- und Aktenlage objektiv verstanden werden muss (EvBl 1993/44; 10 Ob 2319/96v; 1 Ob 2054/96g; 3 Ob 45/00i ua; Fasching LB2 Rz 757). Aus der Aktenlage ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Beklagtenvertreter in zeitlichem Zusammenhang mit der Erklärung der "Zurückziehung" der Einwendungen ON 4 den Einwendungsschriftsatz ON 7 noch innerhalb der Einwendungsfrist bei Gericht überreicht hat, der im sachlichen Vorbringen ident und nur um den Antrag auf Entscheidung in Senatsbesetzung und die diesbezüglichen Erläuterungen erweitert war. Damit ergibt sich aber klar, dass der Beklagtenvertreter keinesfalls den Wechselzahlungsauftrag nicht weiter bekämpfen wollte, sondern er vielmehr nur seiner Einrede der kausalen Unzuständigkeit durch den Antrag auf Senatsbesetzung zum Erfolg verhelfen wollte (vgl hiezu Mayr in Rechberger ZPO2 § 43 JN Rz 8). Eine Zurücknahme der Einwendungen im Sinn der §§ 552 Abs 5, 484 Abs 2 ZPO ist bei dieser Sachlage dem Akteninhalt nicht zu entnehmen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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