OGH 6Ob104/01i

OGH6Ob104/01i6.6.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Günther S*****, vertreten durch Dr. Robert Mahr, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei C***** AG, ***** vertreten durch Dr. Hans Oberndorfer ua Rechtsanwälte in Linz, wegen 93.467,50 S, über die ordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 14. Dezember 2000, GZ 11 R 352/00m-12, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 15. September 2000, GZ 12 C 1252/00m-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 6.086,40 S (darin 1.014,40 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger schloss mit der Beklagten am 10. 10. 1994 einen Beherbergungsvertrag über einen Zeitraum von 30 Jahren. Er bezahlte die vereinbarten 114.450 S und erwarb damit "Urlaubspunkte", die ihn nach einem Punktesystem berechtigen, in den Clubhotels der Beklagten Zimmer, Studios und Suiten gegen Voranmeldung zu Urlaubszwecken zu nutzen. Der Gesamtpreis für Urlaubspunkte beinhaltet nur den Mietpreis des Zimmers, nicht aber die Betriebskosten, die Kurtaxe und die Konsumation. Die Betriebskosten wurden auf der Preisbasis Juli 1994 pauschal in einer nach Zimmerkategorien verschiedenen Höhe festgesetzt. In den Betriebskosten sind Reparaturkosten und Ersatzinvestitionskosten enthalten. Der Clubpartner hat ferner jährlich einen Jahresbeitrag von 6 %o des Gesamtpreises für Urlaubspunkte zu bezahlen. Der Vertrag enthält ein vorzeitiges Auflösungsrecht des Clubpartners nur für den Fall von Vertragsverletzungen der Beklagten. Der Partner ist aber zur Weitergabe an Dritte und nach Ablauf von fünf Jahren zum Rückverkauf des Nutzungsrechts berechtigt.

Der Kläger übermittelte der Beklagten am 10. 2. 1999 ein Kündigungsschreiben zum nächstmöglichen Termin. Die Beklagte fasste dies als Rückverkaufsantrag auf, der allerdings nicht akzeptiert wurde. Der Kläger teilte mit, dass sein Schreiben als Kündigung aufzufassen sei.

Der Kläger begehrt die Zahlung von 93.467,50 S. Die Kündigung sei wegen unangemessen langer Bindung an den Vertrag und wegen des Kündigungsrechts nach § 15 Abs 1 KSchG wirksam. Der Kläger habe Anspruch auf Ersatz des auf die Restlaufzeit entfallenden Teils der Vorauszahlung. Es liege ein Werkvertrag vor. Die wiederholten Werkleistungen bestünden darin, dass die Beklagte dem Verbraucher gegen Abbuchung von Urlaubspunkten bestimmte Hotelanlagen mit Infrastruktur und Serviceleistungen zur Verfügung stelle. Der Verbraucher sei zum Nachkauf von Urlaubspunkten gezwungen. Zusätzlich werde ein Jahresbeitrag vorgeschrieben. Die Kündigung sei zum Ablauf des 31. 5. 1999 wirksam geworden.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und brachte im Wesentlichen vor, dass § 15 KSchG auf den abgeschlossenen Beherbergungsvertrag, der keine Werkleistung beinhalte, nicht anwendbar sei. Eine Kündigung nach § 6 KSchG komme nicht in Frage, weil die erlaubte Dauer der Verbraucherbindung von 10 bis 15 Jahren noch nicht überschritten sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Von einer überlangen Vertragsbindung im Sinne des § 6 KSchG könne zumindest derzeit noch nicht ausgegangen werden. § 15 Abs 1 KSchG komme nicht zur Anwendung, weil der Inhalt des Vertrages weder auf die Lieferung beweglicher körperlicher Sachen noch auf wiederholte Werkleistungen gerichtet sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht statt. Es erachtete die Berufung als rechtzeitig, aber nicht berechtigt. Vor Ablauf der nach der Entscheidung 1 Ob 176/98h = SZ 71/141 zulässigen Bindungsfrist komme eine Kündigung nach § 6 Abs 1 Z 1 KSchG nicht in Frage. Ein Kündigungsrecht nach § 15 Abs 1 KSchG bestünde nur dann, wenn sich die Beklagte zu wiederholten Werkleistungen verpflichtet hätte. Beherbergungsverträge seien gemischte Verträge, die Elemente von Miet-, Dienst-, Werk- und Verwahrungsverträgen enthielten. Auf den vorliegenden Fall sei das Teilzeitnutzungsgesetz noch nicht anwendbar. Die Beklagte sei nach dem Beherbergungsvertrag verpflichtet, dem Partner Beherbergungsrechte einzuräumen und deren Ausübung zu sichern. Der Vertrag habe zum Inhalt, einzelne Beherbergungsverträge abzuschließen. Wenn mit dem Rahmenvertrag und dem Erwerb von Urlaubspunkten die Berechtigung zum Abschluss von künftigen Einzelverträgen entstehe, lägen keine wiederholten Werkleistungen im Sinne der Bereitstellung einer touristischen Leistung vor. Der Beherbergungsvertrag unterscheide sich grundlegend von einem Reiseveranstaltungsvertrag, bei dem sich auf Grund der einheitlichen Buchung die Bestellung des Kunden nicht in einzelne Reiseleistungen zerlegen lasse. Die Beklagte sei auf Grund des gegebenen Vertrages noch nicht unmittelbar zur Bereitstellung einer Ferienwohnung und auch nicht zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs verpflichtet. § 15 KSchG könne auf solche Verträge angewendet werden, bei denen das werk- bzw kaufvertragliche Element nicht bloß eine untergeordnete Rolle spiele, wie etwa bei Fernlehrverträgen, Schönheits- und Sportstudios oder bei den sogenannten freien Dienstverträgen. Gegen die Anwendbarkeit des § 15 Abs 1 KSchG spreche, dass mit der Zahlung des Gesamtentgelts die Rechtseinräumung abgegolten werde. Dass neben dem Gesamtentgelt noch Zahlungen für Betriebskosten zu leisten seien, könne an der Qualifikation eines Vorauszahlungsgeschäfts nichts ändern. Für Vorauszahlungsgeschäfte würden die Kündigungsregeln des § 15 KSchG nicht gelten. Auch das hier noch nicht anwendbare Teilzeitnutzungsgesetz (TNG) kenne nur ein Rücktrittsrecht, nicht aber ein vorzeitiges Lösungsrecht im Sinne des § 15 KSchG.

Im Hinblick auf das Fehlen einer oberstgerichtlichen Judikatur zur Anwendbarkeit des § 15 KSchG auf Timesharingverträge sei die ordentliche Revision zulässig.

Mit seiner ordentlichen Revision beantragt der Kläger die Abänderung dahin, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde, hilfsweise die Aufhebung zur Verfahrensergänzung.

Die Beklagte beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die im Einklang mit der oberstgerichtlichen Judikatur (SZ 71/141; 2 Ob 199/00d) zum derzeitigen Zeitpunkt vom Berufungsgericht verneinte Aufgreifbarkeit einer Teilnichtigkeit des Beherbergungsvertrages wegen überlanger Vertragsdauer (§ 6 Abs 1 Z 1 KSchG) ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Der Kläger releviert ausschließlich das Kündigungsrecht nach § 15 KSchG und verweist dazu auf die nach seiner Meinung einem Beherbergungsvertrag "qualitativ" gleichzuhaltenden Energiebezugsverträge, Fitnessstudioverträge, Pauschalreiseverträge und Wartungsverträge, ohne allerdings die in solchen Verträgen üblicherweise enthaltenen Leistungsverpflichtungen näher zu beschreiben. Keinesfalls reicht schon der bloße Umstand, dass alle angeführten Dauerschuldverhältnisse wiederkehrende Leistungen zum Gegenstand haben, aus, ein Kündigungsrecht nach § 15 KSchG zu bejahen. Nach dieser Gesetzesstelle können nur Verträge, durch die sich der Unternehmer zur wiederholten Lieferung beweglicher körperlicher Sachen einschließlich Energie oder zu wiederholten Werkleistungen und der Verbraucher zu wiederholten Geldzahlungen verpflichtet haben und die für eine unbestimmte oder eine ein Jahr übersteigende Zeit geschlossen worden sind, unter Einhaltung einer zweimonatigen Frist zum Ablauf des ersten Jahres vom Verbraucher gekündigt werden, danach zum Ablauf jeweils eines halben Jahres (Abs 1). Das Gesetz will den Verbraucher vor schwer auflösbaren, überlangen Vertragsbindungen schützen und räumt neben dem zum Schutz vor Überrumpelung beim Vertragsabschluss normierten Rücktrittsrecht (§ 3 KSchG) dem Verbraucher eine gesetzliche Kündigungsmöglichkeit ein. Dies setzt die Verpflichtung des Unternehmers zur wiederholten Lieferung von beweglichen Sachen oder zu wiederholten Werkleistungen voraus. Für die Bejahung eines Kündigungsrechts des Klägers ist daher die Qualifikation der Leistungen der Beklagten entscheidend.

Das in Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 1994 zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien (RL 94/47/EG) erlassene, hier noch nicht anwendbare Teilzeitnutzungsgesetz (BGBl I 1997/32) definiert das Teilzeitnutzungsrecht als ein für mindestens drei Jahre eingeräumtes dingliches oder obligatorisches Recht, ein Nutzungsobjekt wiederkehrend während eines begrenzten Zeitraums zu benützen. Die Richtlinie und das TNG enthalten zwingende Bestimmungen über die Informationspflicht des Unternehmers und das Rücktrittsrecht des Verbrauchers, nicht aber ein gesetzliches Kündigungsrecht, wie es § 15 KSchG vorsieht. Die Vertragsfreiheit ist grundsätzlich sehr weit, wie sie auch nach der hier zu beurteilenden Rechtslage vor der Erlassung des TNG bestand. Timesharingverträge werden häufig auf gesellschaftsrechtlicher Basis abgeschlossen. Der Verbraucher wird Mitglied des Unternehmens, beispielsweise eines Vereins (SZ 71/141). Das eingeräumte Nutzungsrecht kann "verdinglicht" werden, etwa durch ein Fruchtgenussrecht, das dem Verbraucher zur Ausübung überlassen wird (2 Ob 99/97s mwN). Das den Verbraucher in erster Linie interessierende Nutzungsrecht an der Ferienwohnung, dem Hotelzimmer uä ist nach seinem Inhalt ein befristetes Gebrauchsrecht an fremder Sache, also Miete. In Übereinstimmung mit diesem Hauptgegenstand des Vertrages bezeichneten die Parteien ihren Vertrag als Beherbergungsvertrag und den Preis für die Urlaubspunkte als "Mietpreis" (P 7.1 des Beherbergungsvertrages). Dass der Unternehmer eines Timesharingvertrages neben der Einräumung des Nutzungsrechts noch zu anderen Nebenleistungen verpflichtet ist, schadet der Beurteilung des Vertrages nach der Hauptsache (als Mietvertrag) genausowenig wie der Umstand, dass neben dem bei Vertragsbeginn zu leistenden Preis (vgl das Gesamtentgelt nach § 2 Abs 2 TNG) zusätzliche Zahlungen für die Betriebskosten vereinbart wurden. Derartige Zusatzkosten stehen der Qualifikation eines Teilzeitnutzungsvertrages nicht entgegen (Stabentheiner, Das Teilzeitnutzungsgesetz, Anm 13 zu § 2 unter Hinweis auf die RV), sie sind auch nach der Rechtslage vor dem TNG für die Qualifikation des Beherbergungsvertrages nach seiner Hauptsache nicht maßgeblich. Dieser wird nach ständiger oberstgerichtlicher Judikatur als gemischter Vertrag aufgefasst, der nicht nur miet-, sondern auch werk-, kauf- und dienstvertragliche Elemente aufweist (SZ 52/189; SZ 66/179; SZ 69/8). Bei Mischverträgen ist die sachlich am meisten befriedigende Vorschrift heranzuziehen, das ist nach der herrschenden Kombinationstheorie die Vorschrift jenes Vertragstyps, dem die einzelne Pflicht entstammt (JBl 1986, 648; 2 Ob 99/97s). Für das Kündigungsrecht eines als Einheit aufzufassenden Vertrages sui generis muss es auf die Hauptleistung, also den vorrangigen Vertragstyp, ankommen.

Der auf 30 Jahre abgeschlossene Beherbergungsvertrag normiert ein Dauerschuldverhältnis mit dem wesentlichen Vertragsinhalt der wiederkehrenden Vermietung von Hotelzimmern und ähnlichen Objekten in den Häusern der Beklagten. Diese ist zwar zur Verschaffung der Nutzungsmöglichkeiten verpflichtet, damit wird die Leistungsverpflichtung des Unternehmers aber noch nicht zu einem Werkvertrag oder Kaufvertrag im Sinne des § 15 KSchG. Nur diese Vertragstypen berechtigen nach dem klaren Gesetzeswortlaut (wiederholte Lieferung von Sachen; wiederholte Werkleistungen) zur Kündigung, andernfalls im Gesetz nur von wiederholten Leistungen die Rede sein müsste. Dass Energielieferungsverträge (als Kaufverträge) und Wartungsverträge (als Werkverträge) unter § 15 KSchG fallen (Krejci in Rummel ABGB2 Rz 10 zu § 15 KSchG), ist kein Argument dafür, einen Nutzungsvertrag, bei dem die Miete von Objekten als wesentlicher Vertragsinhalt im Vordergrund steht, ebenfalls darunter zu subsumieren. Dass der Verbraucher neben dem vorweg zu zahlenden Preis hier auch Betriebskosten und einen Jahresbeitrag (ua für die Verwaltung) zu bezahlen hat, ändert an dieser Beurteilung nichts, sind doch Betriebskosten und Verwaltungskosten typische Bestandteile des Mietzinses. Es ist daher der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Auffassung zuzustimmen, dass der wesentliche Vertragsinhalt hier in der Miete des Ferienobjekts und nicht in Werkleistungen des Unternehmers - die die Revision konkret nicht benennt - besteht und damit das Kündigungsrecht nach § 15 KSchG ausgeschlossen ist.

Bei Mischverträgen ist es für die Anwendbarkeit des § 15 KSchG entscheidend, dass die werk- oder kaufvertraglichen Elemente nicht bloß eine untergeordnete Rolle spielen (Kosesnik-Wehrle/Lehofer/Mayer, KSchG, Rz 5 zu § 15). Ein Reiseveranstaltungsvertrag über die Bereitstellung einer Ferienwohnung wurde als Werkvertrag qualifiziert (JBl 1988, 375), ebenso ein ähnlicher, mit einem Reisebüro (als Veranstalter oder Vermittler) abgeschlossener Vertrag (2 Ob 701/86). Daraus kann der Revisionswerber für seinen Beherbergungsvertrag aber nichts ableiten. Der Unterschied liegt darin, dass der Unternehmer eines Reiseveranstaltungsvertrages einen bestimmten Erfolg schuldet (der Vermittler die Vermittlung) und nicht selbst ein eigenes Objekt zur Benützung zur Verfügung stellt. Letzteres ist aber bei dem hier zu beurteilenden Beherbergungsvertrag (Timesharingvertrag; Teilzeitnutzungsvertrag) die Hauptleistung des Unternehmers.

Das dargelegte Ergebnis steht im Einklang mit der Rechtslage nach dem TNG, das eine Mindestvertragsdauer von drei Jahren vorsieht, mit der ein Kündigungsrecht im Sinne des § 15 Abs 1 KSchG schon zum Ablauf des ersten Jahres in unlösbarem Widerspruch stünde. Der Gesetzgeber hat mit dem TNG keine Verschlechterung des Verbraucherschutzes normiert, sondern auf der Grundlage der bestehenden Rechtslage, nach der Beherbergungsverträge und Timesharingverträge nicht als (reine) Kauf- oder Werkverträge zu qualifizieren sind, die zitierte Richtlinie umgesetzt (siehe auch Koziol/Welser, Bürg. Recht11 II 224).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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