OGH 5Ob112/01h

OGH5Ob112/01h29.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Flossmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Rechtsanwälte Neudorfer Griensteidl Hahnkamper Stapf & Partner, 1010 Wien, Esslinggasse 9, gegen die beklagte Partei V*****, vertreten durch Mag. Alexander Stolitzka, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Laurenzerberg 2, wegen USD 1,709.445,89 (ATS 23,117.861,--) s. A., infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 30. Jänner 2001, GZ 5 R 5/01v-22, mit dem der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 5. Oktober 2000, GZ 11 Cg 55/99x-18, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 57.984,12 (darin enthalten S 9.664,02 USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Im gegenständlichen Streit um eine die Parteien bindende Vereinbarung des Gerichtsstandes Wien war zu klären,

ob die Klägerin durch § 41 Abs 2 JN gehindert war, ihr zunächst auf die Behauptung einer solchen Gerichtsstandsvereinbarung beschränktes Vorbringen nach einer Unzuständigkeitseinrede der Beklagten durch die Behauptung und den urkundlichen Nachweis zu ergänzen, als Zessionarin in den (gesamten) Vertrag eingetreten zu sein, und

ob der Einwand der Beklagten, der Hauptvertrag sei mangels devisenrechtlicher Genehmigung der slowakischen Nationalbank nichtig, die Rechtswirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung berührt.

Beide Fragen verneinte das Rekursgericht und gelangte so zur Verwerfung der Unzuständigkeitseinrede der Beklagten, erklärte allerdings den Revisionsrekurs für zulässig, weil vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden sei, ob die Gerichtsstandsvereinbarung auch dann vom Schicksal der (materiellrechtlichen) Hauptvereinbarung unabhängig ist, wenn sie die internationale Zuständigkeit betrifft.

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs hält die Beklagte an ihrer Rechtsansicht fest, dass über ihre Unzuständigkeitseinrede allein auf Grund der Klagsbehauptungen hätte entschieden werden müssen und dass die behauptete Nichtigkeit des Hauptvertrages sehr wohl auch die Gerichtsstandsvereinbarung erfasse. Sie hat daher beantragt, den rekursgerichtlichen Beschluss entweder sofort im Sinne einer Zurückweisung der Klage abzuändern oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung (des Zuständigkeitsstreits) an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen.

Die Klägerin hat sich dazu in einer Revisionsrekursbeantwortung geäußert und primär die Zurückweisung des Rechtsmittels der Beklagten wegen Fehlens der in § 528 Abs 1 ZPO normierten Voraussetzungen für die Anrufung des Obersten Gerichtshofes, hilfsweise die Bestätigung des rekursgerichtlichen Beschlusses beantragt.

Der Revisionsrekurs ist, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer iSd § 528 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage abhängt, unzulässig, was gemäß § 528a iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kurz wie folgt zu begründen ist:

Rechtliche Beurteilung

Es entspricht der Judikatur, dass sich der Kläger im Rahmen einer über Einrede des Beklagten eingeleiteten (zweiten) Zuständigkeitsprüfung auch noch auf weitere, in der Klage noch nicht geltend gemachte Zuständigkeitsgründe stützen kann (JBl 1955, 363; EvBl 1965/330; 8 Ob 147/74; EvBl 1979/138; idS auch Mayr in Rechberger**2, Rz 4 zu § 41 JN; Ballon in Fasching I**2, Rz 14 zu § 41 JN). Die Vorschrift des § 41 Abs 2 JN, wonach das Gericht in bürgerlichen Streitsachen seine Zuständigkeit (allein) auf Grund der Angaben des Klägers (in der Klage) zu prüfen hat, sofern diese nicht bereits als unrichtig bekannt sind, bezieht sich, wie schon das Rekursgericht ausführte, auf die erste amtswegige Prüfung der Prozessvoraussetzungen vor Einbeziehung des Beklagten in das Verfahren (RIS-Justiz RS0046200; vgl 5 Ob 41/73), und stand somit der Berücksichtigung des in der Replik der Klägerin auf die Unzuständigkeitseinrede der Beklagten enthaltenen Vorbringens nicht entgegen. Auf die Klagsbehauptungen zu beschränken ist die über eine Einrede des Beklagten eingeleitete Überprüfung der Zuständigkeit im Übrigen nur dann, wenn die die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts begründeten Tatsachen auch Anspruchsvoraussetzungen sind. Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor.

Dass eine vom Beklagten geltend gemachte Nichtigkeit des Hauptvertrages den Rechtsbestand einer darin eingebetteten Gerichtsstandsvereinbarung unberührt lässt, ist ebenfalls durch die Judikatur gedeckt (ecolex 1995, 887; weitere Nachweise bei Simotta in Fasching I**2, Rz 6 zu § 104 JN; Mayr in Rechberger**2, Rz 1 zu § 104 JN). Die in diesem Zusammenhang vom Rekursgericht aufgeworfene Frage, ob das auch dann gilt, wenn durch eine Gerichtsstandsvereinbarung die internationale Zuständigkeit begründet werden soll (ob also die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung nach materiellem Recht zu beurteilen ist), harrt zwar tatsächlich einer Lösung (vgl Simotta in Fasching I**2, Rz 5 zu § 104 JN), ist aber für die Entscheidung des gegenständlichen Zuständigkeitsstreites nicht relevant. Eine materiellrechtliche Überprüfung des Zustandekommens und der Wirksamkeit der gegenständlichen Gerichtsstandsvereinbarung würde nämlich ihre Rechtswirksamkeit ergeben. Da sich die Beklagte in der vorgelegten Vereinbarung vom 20. 1. 1998 ausdrücklich dem österreichischen Recht unterworfen hat und sich die materielle Beurteilung dieser Rechtswahlvereinbarung nach österreichischem Sachrecht richtet (Schwimann in Rummel**2, Rz 7 zu § 11 IPRG mwN; vgl jetzt Art 8 Abs 1 des gemäß § 50 Abs 2 IPRG den konkreten Fall noch nicht erfassenden EVÜ), das wiederum keine Zweifel über die Gültigkeit der Rechtswahl aufkommen lässt, wäre auch die Rechtswirksamkeit der Hauptvereinbarung (und mit ihr der Gerichtsstandsvereinbarung) nach österreichischem Recht zu beurteilen. Die von der Beklagten behauptete Verletzung devisenrechtlicher Vorschriften der Slowakei (auf deren Einhaltung sie sich in der fraglichen Vereinbarung im Übrigen sogar ausdrücklich berufen hat) unterliegt jedoch nach § 879 Abs 1 ABGB per se keiner Nichtigkeitssanktion (vgl Apathy in Schwimann**2, Rz 3 zu § 879 ABGB; Krejci in Rummel3, Rz 24 zu § 879 ABGB).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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