OGH 1Ob115/01w

OGH1Ob115/01w29.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Dr. Walter S*****, 2) Stefan W*****, und 3) Mag. Michael W*****, vertreten durch Ploil Krepp & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Isabell W*****, vertreten durch Dr. Madeleine Zingher, Rechtsanwältin in Wien, wegen Räumung und Feststellung (Streitwert 306.000 S) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien (Revisionsinteresse 300.000 S) gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 19. Jänner 2001, GZ 39 R 367/00k-58, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Akten werden dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, die angefochtene Entscheidung durch einen Ausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO über die Bewertung des von den klagenden Parteien erhobenen Räumungsbegehrens und durch einen weiteren Ausspruch über die Bewertung der von den klagenden Parteien erhobenen Feststellungsbegehren zu ergänzen sowie den Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision - je nach der Höhe der vorzunehmenden Bewertungen - allenfalls zu berichtigen.

Text

Begründung

Die Kläger stützten das auf einen Vorraum bezogene Räumungsbegehren auf titellose Benützung durch die Beklagte nach dem Widerruf eines Prekariums. Überdies begehrten sie, die Haftung der Beklagten für ihren aus der Verzögerung der Räumung "über den 24. 9. 1994 hinaus" entstehenden Schaden festzustellen. Das Feststellungsbegehren. erhoben zunächst alle drei Kläger. In der mündlichen Verhandlung vom 15. 4. 1999 zog der Erstkläger seine Feststellungsklage zurück (ON 32 S 2 f). Im Verhandlungstermin vom 30. 6. 2000 widerrief er diese Prozesshandlung (ON 52 S. 1). Alle drei Kläger erhoben daraufhin folgendes Eventualbegehren:

"Die beklagte Partei sei schuldig, dem Zweit- und Drittkläger jeglichen Schaden zu ersetzen, der ihnen aus der Verzögerung der Räumung des Vorraums über den 24. 9. 1994 hinaus erwachse, und den Klägern die Kosten des Verfahrens zu ersetzen."

Das Erstgericht gab dem Räumungsbegehren und dem Feststellungseventualbegehren statt. Eine ausdrückliche Entscheidung über das Feststellungshauptbegehren unterblieb.

Das Berufungsgericht bestätigte das Räumungsurteil, wies jedoch das Feststellungseventualbegehren ab. Es sprach ferner aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Eine Bewertung der Entscheidungsgegenstände unterblieb.

Rechtliche Beurteilung

Der Senat hat erwogen:

1. Nach den Klagebehauptungen, von denen bei Beurteilung der Frage nach dem Vorliegen einer Bestandstreitigkeit gemäß § 49 Abs 2 Z 5 JN auszugehen ist (7 Ob 76/00b; 9 Ob 107/99x), wird das auf einen Vorraum bezogene Räumungsbegehren auf titellose Benützung nach dem Widerruf eines Prekariums gestützt. Es handelt sich dabei nicht um eine unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallende Streitigkeit über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags im Sinne des § 502 Abs 5 Z 2 ZPO (7 Ob 76/00b [titellose Benützung durch einen Mitbewohner nach dem Auszug des Prekaristen]; 2 Ob 360/99a [offenkundig titellose Benützung nach dem Widerruf eines Prekariums]; siehe ferner 1 Ob 138/99x; MietSlg 51.514; 9 Ob 107/99x; 1 Ob 155/98w; MietSlg 38.788 - je zu Räumungsbegehren, die auf titellose Benützung gestützt waren). Es geht hier aber auch nicht um den Sonderfall eines Begehrens, bei dem der Räumungsanspruch wegen titelloser Benützung schon nach dem Klagevorbringen auf die Rechtsunwirksamkeit von Mietverträgen über die vom Räumungsbegehren erfassten Objekte gestützt wurde (siehe dazu MietSlg 51.514). Somit ist aber das Räumungsbegehren gemäß § 500 Abs 2 Z 1 ZPO zu bewerten. Erst nach einer solchen Bewertung wird sich beurteilen lassen, ob die "außerordentliche Revision" der Beklagten gegen das in zweiter Instanz bestätigte erstgerichtliche Räumungsurteil in den Kognitionsbereich des Obersten Gerichtshofs fällt.

2. In objektiver Klagenhäufung mit dem Räumungsbegehren machen die Kläger überdies Feststellungsansprüche geltend, denen keine Schadenersatzansprüche nach § 49 Abs 2 Z 5 JN zugrunde liegen, werden doch diese Ansprüche auf die Behauptung gestützt, die Beklagte habe einen ihr bloß prekaristisch überlassenen Vorraum nach dem Widerruf des Prekariums nicht zurückgestellt, sondern titellos weiterbenützt. Es geht also nicht um Schadenersatzansprüche aus einem Bestandvertrag, die nach dessen Auflösung geltend gemacht wurden; nur solche würden aber zu den Streitigkeiten nach § 49 Abs 2 Z 5 JN zählen (Mayr in Rechberger, ZPO2 § 49 JN Rz 11).

Somit ist § 502 Abs 5 Z 2 ZPO auf die Feststellungsansprüche der Kläger gleichfalls nicht anwendbar, weshalb die auch in subjektiver Klagenhäufung geltend gemachten Ansprüche, bei denen die Kläger überdies nur eine formelle Streitgenossenschaft bilden, nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO zu bewerten sind. Erst nach einer solchen Bewertung wird die prozessuale Zulässigkeit der von den Klägern erhobenen "außerordentlichen Revision" beurteilbar sein.

3. Nach allen bisherigen Erwägungen ist dem Berufungsgericht die Nachholung der unterbliebenen Bewertungsaussprüche aufzutragen. Je nach deren Ergebnis ist, falls etwa der Wert des Entscheidungsgegenstands des nur auf die Räumung eines Vorraums bezogenen Klagebegehrens 52.000 S nicht übersteigen sollte, allenfalls auch eine Berichtigung des Ausspruchs über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision erforderlich (siehe 1 Ob 138/99x). Vor einer allfälligen Wiedervorlage der Akten ist überdies eine Klärung des Datums der Postaufgabe der außerordentlichen Revision der Beklagten zu veranlassen. Dieses Rechtsmittel wurde dem Obersten Gerichtshof - nach einer verfrühten Vorlage der Akten vor Ablauf aller Rechtsmittelfristen - "im Nachhang" übermittelt. Es langte am 25. 4. 2001 beim Erstgericht ein. Ein Briefumschlag über die Postaufgabe ist nicht angeschlossen. Der Rechtsmittelschrift ist aber auch kein Kanzleivermerk über das Datum einer Postaufgabe zu entnehmen. Die Revisionsfrist endete am 24. 4. 2001 (Zustellung des zweitinstanzlichen Urteils am 27. 3. 2001).

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