OGH 5Ob215/00d

OGH5Ob215/00d15.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Christian J*****, vertreten durch Dr. Rainer Beck, Rechtsanwalt in Graz, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts in der EZ 832 Grundbuch *****, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 20. April 2000, AZ 4 R 87/00v, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 10. Dezember 1999, TZ 26053/99, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Elisabeth M***** ist Eigentümerin eines Hälfteanteils an der Liegenschaft EZ 832 Grundbuch *****. Sie schenkte und übergab diese Liegenschaftshälfte am 17. 3. 1999 an ihre Tochter Mag. Brigitte J*****. Mit weiterem Schenkungsvertrag vom gleichen Tag schenkte und übergab Mag. J***** diese Liegenschaftshälfte an den Antragsteller.

Unter Vorlage der beiden genannten Schenkungsverträge, zweier Unbedenklichkeitsbescheinigungen des Finanzamts für Gebühren und Verkehrssteuern Graz, der Zustimmungserklärung des Landes Steiermark hinsichtlich des zu C-LNr 3a einverleibten Veräußerungsverbots gemäß WBFG 1968 sowie einer "Baulandbestätigung" der Markgemeinde L***** vom 30. 9. 1999, GZ 740/031-2304-1999, begehrt der Antragsteller, ob der bezeichneten Liegenschaftshälfte sein Eigentumsrecht einzuverleiben.

Beide Vorinstanzen wiesen dieses Gesuch ab.

Im Rahmen der Prüfungspflicht nach § 94 GBG hätten die Grundbuchsgerichte die Einhaltung der Bestimmungen des Stmk GVG zu beachten. Anzuwenden sei das Gesetz in der Fassung des LGBl 1993/134.

Zentrale Bedeutung komme verfahrensrechtlich § 30 Stmk GVG zu, der die Zulässigkeit der Grundbuchseintragung regle und auf die Besonderheiten des Grundbuchs- als reinem Urkundenverfahren Bedacht nehme. Für die Prüfung, ob und gegebenenfalls welche Gesuchsbeilagen aus grundverkehrsrechtlicher Sicht beigeschlossen werden müssten, sei zu beurteilen, ob ein "land- und forstwirtschaftliches Grundstück" oder ein "Baugrundstück" vorliege. Definiert seien diese Begriffe in § 2 Abs 2 bzw § 13 Abs 2 und 3 Stmk GVG. Überschneidungen kämen dort in Betracht, wo außerhalb des Baulandes bebaute Grundstücke vorhanden seien, die land- und forstwirtschaftlich genutzt würden. Liege ein Rechtsgeschäft im Sinn des § 5 Stmk GVG hinsichtlich einer bebauten Liegenschaft außerhalb des Baulandes im Sinn des Raumordnungsgesetzes vor, so unterliege es den Bestimmungen über den land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehr. Ansonsten den Bestimmungen über den Baugrundverkehr. Das gelte selbst dann, wenn das Grundstück nur teilweise land- und forstwirtschaftlich genutzt werde. Blieben oder bestünden Zweifel, ob es sich um ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück in diesem Sinn handle, so habe nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 2 Abs 3 Stmk GVG die Grundverkehrsbehörde auf Antrag darüber mit Bescheid zu entscheiden. Ein solcher Bescheid diene der Klärung von Zweifeln, ob ein Rechtserwerb in den Geltungsbereich der Bestimmungen über den land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehr falle oder nicht (vgl Schneider, Österr. Grundverkehrsrecht, Kommentar Anm 6 zu § 2 Stmk GVG).

Die vom Antragsteller vorgelegte Bestätigung der Markgemeinde L***** vom 30. 9. 1999 stelle keinen solchen Bescheid dar. In dieser Urkunde werde nur bestätigt, "dass das Grundstück Nr 785/8 einkommend in EZ 832 KG *****, Liegenschaft ***** im rechtskräftigen Flächenwidmungsplan Nr 2.0 der Marktgemeinde L***** als gewidmeter Bauplatz im Freiland gelegen sei". Gerade durch die Widmung als "Freiland" werde aber der Vorrang der Widmung als land- und forstwirtschaftliches Grundstück gegenüber einem Baugrundstück bewirkt.

Allein die Tatsache der Bebauung mache noch nicht zweifelsfrei klar, dass das betroffene Grundstück nicht unter die Beurteilung als land- und forstwirtschaftliches Grundstück falle.

Dies habe zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs zu führen, weil durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden das Begehren nicht ausreichend begründet erscheine (§ 94 Abs 1 Z 3 GBG).

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage des Erfordernisses der Einholung eines Bescheides nach § 2 Abs 3 Stmk GVG vorliege, wenn Zweifel bestünden, ob es sich bei einem bebauten Grundstück im Freiland um ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück handle.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers, der aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig ist. Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Zunächst ist klarzustellen, dass Gegenstand der Entscheidung des erkennenden Senats 5 Ob 72/99w die Frage eines Rechtserwerbs an einem Baugrundstück im Sinn des § 16 Stmk GVG außerhalb einer Vorbehaltsgemeinde war und dort der Nachweis der Voraussetzungen des § 22 Abs 3 Stmk GVG (Ausländergrunderwerb) fehlte. In diesem Zusammenhang wurde ausgesprochen, dass Rechtserwerbe an Baugrundstücken im Sinn des § 16 Stmk GVG, welche außerhalb einer Vorbehaltsgemeinde gelegen sind, ohne vorherige Befassung der Grundverkehrsbehörde zu verbüchern sind, es sei denn, der Rechtserwerber wäre ein Ausländer.

Der Revisionsrekurswerber übersieht, dass im vorliegenden Fall keineswegs feststeht, dass es sich um einen Rechtserwerb an einem Baugrundstück handelt. Neuerlich sei darauf hingewiesen, dass gemäß § 2 Abs 2 Stmk GVG die Bezeichnung eines Grundstücks im Grundsteuer- oder Grenzkataster nicht maßgeblich ist. Vielmehr kommt es auf die Ausweisung eines Grundstücks im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan nach dem steiermärkischen Raumordnungsgesetz an. § 2 Abs 2 Stmk GVG definiert als land- und forstwirtschaftliche Grundstücke solche, die in einem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan nach dem Stmk ROG ua als Freiland ausgewiesen sind, sofern sie im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs in einer für die Land- und Forstwirtschaft typischen Weise genutzt werden. Für das Vorliegen eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks im Sinn des Stmk GVG müssen demnach kumulativ zwei Voraussetzungen gegeben sein. Zum einen muss das Grundstück eine der im Gesetz aufgezählten Flächenwidmungen, etwa die als Freiland gemäß § 25 Stmk ROG 1974 aufweisen, zum Weiteren muss es tatsächlich land- und forstwirtschaftlich genutzt werden. Bestehen Zweifel, ob es sich demnach um ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück handelt, hat die Grundverkehrsbehörde auf Antrag der Vertragspartei, die Rechte nach § 5 erwerben soll, darüber mit Bescheid zu entscheiden (§ 2 Abs 3 Stmk GVG). Dieser Bescheid dient zur Klärung von Zweifeln, weil das Grundbuchsgericht in dem von ihm durchzuführenden Urkundenverfahren vielfach nicht klären kann, dass kein land- und forstwirtschaftliches Grundstück vorliegt (vgl Schneider, Österr. Grundverkehrsrecht Anm 6 zu § 2 Stmk GVG).

Der Antragsteller hat in seinem Grundbuchsgesuch zwar angegeben, dass nach dem Grundbuchsstand das Grundstück Nr 785/8 Baufläche landwirtschaftlich genutzt sei, jedoch nicht einmal die Behauptung aufgestellt, dass tatsächlich eine solche Nutzung nicht vorliege. Vielmehr hat er eine Bestätigung der betreffenden Marktgemeinde vorgelegt, dass das Grundstück nach dem Flächenwidmungsplan als Freiland gewidmet sei. Damit hat er eine Aufklärungsbedürftigkeit geliefert, die im Sinn des § 2 Abs 3 Stmk GVG durch einen Feststellungsbescheid leicht hätte beseitigt werden können. Durch diese Möglichkeit steht nämlich ausdrücklich ein Instrument zur Klärung des Anwendungsbereiches des GVG zur Verfügung (Schneider, Handbuch des österr. Grundverkehrsrechts, 105 f). Der Unterschied zu Negativbestätigungen besteht bei Feststellungsbescheiden dieser Art darin, dass zur Erlassung der Feststellungsbescheide immer die Grundverkehrsbehörde als solche und nie andere Organe wie der Vorsitzende der Behörde zuständig sind. VfGH und der VwGH erachten die Erlassung eines Feststellungsbescheids über die land- und forstwirtschaftliche Grundstückseigenschaft als notwendiges Mittel der Rechtsverteidigung in einer verfassungskonformen Interpretation darüber hinaus auch dann für geboten, wenn im Gesetz kein anderes Instrumentarium zur Klärung dieser Frage, etwa durch eine Negativbestätigung vorgesehen ist, der Wille der Vertragsparteien auf Abschluss eines entsprechenden Rechtsgeschäfts jedoch dargetan wird (vgl Schneider aaO 106; VfSlg 13.417; VwSlg NF 6269 [A]; VwGH 5. 4. 1962, 765/61). Sieht aber das entsprechende Landesgesetz als Mittel zur Beseitigung von Zweifeln über den Anwendungsbereich des betreffenden GVG das Instrument des der Grundverkehrsbehörde vorbehaltenen Feststellungsbescheids vor, so kann eine gesetzlich nicht vorgesehene Baulandbestätigung der Gemeinde (vgl dazu Schneider, aaO, der diese Praxis als bedenklich bezeichnet) nicht denselben Zweck erfüllen.

Soweit in Grundverkehrsgesetzen die Grundverkehrsbehörde auf Antrag einer Vertragspartei mit Bescheid festzustellen hat, ob ein Rechtserwerb der Genehmigungspflicht unterliegt oder nicht und bei Ausnahmen von der Genehmigungspflicht eine Negativbestätigung auszustellen hat, wurde damit die Frage, ob ein Grundstück den Verkehrsbeschränkungen unterliegt, allein der Grundverkehrsbehörde vorbehalten und der Entscheidungskompetenz des Grundbuchsgerichts entzogen. Das Grundbuchsgericht hat diesfalls lediglich zu prüfen, ob ein entsprechender Genehmigungsbescheid oder eine Negativbestätigung vorliegt und darf ohne diese Urkunden die Eintragung des genehmigungspflichtigen Rechtserwerbs nicht bewilligen (vgl NZ 1997, 65, 132 und 196; Feil, Grundbuchsgesetz3 Rz 18 zu § 94 GBG). Dasselbe trifft auch auf einen Bescheid nach § 2 Abs 3 Stmk GVG zu. Wird ausdrücklich der Grundverkehrsbehörde die Entscheidung darüber, ob es sich um ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück handelt, zugewiesen, wenn Zweifel bestehen, ist auch diesfalls die Entscheidungskompetenz dem Grundbuchsgericht entzogen.

Der Revisionsrekurswerber argumentiert weiters damit, dass gemäß § 13 Abs 3 Z 2 Stmk GVG die Baugrundstückseigenschaft schon dann gegeben sei, wenn es sich um bebaute Grundstücke außerhalb des Baulandes handle. Dieses Argument übersieht aber, dass bebaute Grundstücke außerhalb des Baulandes, die land- und forstwirtschaftlich genutzt werden, den Bestimmungen über den land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehr unterliegen. Das gilt selbst dann, wenn das Grundstück nur teilweise land- und forstwirtschaftlich genutzt wird (vgl Schneider, Österr. Grundverkehrsrecht Kommentar Anm 2 zu § 13 Stmk GVG). Im Stmk GVG sind nämlich die Ausnahmen von der Baugrundstückseigenschaft vom Vorrang der Widmung als land- und forstwirtschaftliches Grundstück gegenüber der als Baugrundstück geprägt: Die Merkmale von Baugrundstücken erfüllende Grundstücke gelten dennoch nicht als Baugrundstücke und unterliegen statt dessen dem land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehr, wenn sie die Merkmale von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken erfüllen. Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Bestimmungen des Stmk GVG über den land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehr ist nämlich die Widmung als Freiland (vgl Schneider, Handbuch des österr. Grundverkehrsrechts, 199).

Zusammengefasst bedeutet dies, dass dann, wenn ein rechtsgeschäftlicher Erwerb im Sinn des § 5 Stmk GVG ein im Freiland liegendes Grundstück betrifft, und Bedenken dahin bestehen ob dieses nicht wenigstens teilweise zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken verwendet wird, selbst wenn es bebaut ist, zunächst durch einen dem Grundbuchsgericht vorzulegenden Bescheid nach § 2 Abs 3 Stmk GVG geklärt werden muss, dass nicht die Bestimmungen über den Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken zum Tragen kommen (§§ 1 bis 11 Stmk GVG), sondern jene über den Verkehr mit Baugrundstücken, in welchem Fall dann der Rechtserwerb (außerhalb einer Vorbehaltsgemeinde) ohne vorherige Befassung der Grundverkehrsbehörde zu verbüchern ist.

Zu Recht haben daher die Vorinstanzen die begehrte Verbücherung gemäß der Bestimmung des § 94 Abs 1 Z 3 GBG abgelehnt, weil ein Feststellungsbescheid gemäß § 2 Abs 3 Stmk GVG fehlte.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

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