OGH 8Ob55/01y

OGH8Ob55/01y26.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Bettina H*****, Angestellte, *****, vertreten durch Dr. Helene Klaar und Mag. Norbert Marschall, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Gegner der gefährdeten Partei Herbert H*****, Geschäftsmann, *****, vertreten durch Dr. Wolf Heistinger, Rechtsanwalt in Mödling, wegen einstweiliger Verfügung (Verbot der Veräußerung und Belastung einer Liegenschaft), über den Revisionsrekurs der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wr. Neustadt als Rekursgericht vom 28. November 2000, GZ 16 R 162/00p-38, womit über Rekurs der gefährdeten Partei der Beschluss des Bezirksgerichtes Baden vom 4. Mai 2000, GZ 2 F 14/99i-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die gefährdete Partei ist schuldig, ihrem Gegner die mit S 8.112,-

bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 1.352,- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Ehe der Parteien wurde mit rechtskräftigem Urteil des Erstgerichtes vom 19. 3. 1999 aus dem Alleinverschulden des Gegners der gefährdeten Partei (Antragsgegner) geschieden.

Im vorliegenden, von ihr am 7. 5. 1999 eingeleiteten Verfahren nach §§ 81 EheG begehrt die gefährdete Partei (Antragstellerin) ua die Realteilung der im Eigentum des Antragsgegners stehenden Liegenschaft EZ 126 GB 04023 Pfaffstätten, auf der sich ein als Ehewohnung verwendeter und von der Antragstellerin nach wie vor bewohnter Neubau befinde, sowie die Übertragung dieses Grundstücksteils in ihr Alleineigentum.

Am 30. 8. 1999 beantragte die Antragstellerin erstmals zur Sicherung ihrer Rechte an der vormaligen Ehewohnung die Erlassung einer einstweiligen Verfügung durch das an den Antragsgegner gerichtete Verbot, die Liegenschaft zu veräußern oder zu belasten. Dieser Antrag wurde rechtskräftig mit der Begründung abgewiesen, dass der Antragstellerin die Bescheinigung der konkreten Gefährdung ihres Anspruchs nicht gelungen sei (vgl die Beschlüsse des Erst- und des Rekursgerichtes ON 12 und ON 19).

Nunmehr begehrt die Antragstellerin abermals, im Wege einer einstweiligen Verfügung ein an den Antragsgegner gerichtetes Veräußerungs- und Belastungsverbot betreffend die genannte Liegenschaft zu erlassen. Dazu brachte sie vor, dass ein während aufrechter Ehe bestandenes Veräußerungs- und Belastungsverbot gelöscht worden sei und dass sie nunmehr befürchte, dass der Antragsgegner, der eine in Ungarn ansässige Zahnärztin geheiratet habe, die Liegenschaft veräußere und den Erlös ins Ausland verbringe. Der Antragsgegner, dessen Unternehmen sich im Ausgleich befinde, habe bereits eine zum ehelichen Gebrauchsvermögen gehörige Liegenschaft ohne Einwilligung der Antragstellerin verkauft.

Die Antragstellerin stützte ihren nunmehrigen Antrag auf § 382e EO. Seit dem Inkrafttreten dieser Gesetzesbestimmung sei die Bescheinigung einer konkreten Gefährdung für die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung nicht mehr erforderlich. Die Voraussetzung des dringenden Wohnbedürfnisses der Antragstellerin sei erfüllt.

Der vom Erstgericht zur Äußerung zu diesem Antrag aufgeforderte Antragsgegner sprach sich gegen die beantragte einstweilige Verfügung aus.

Nach Einvernahme der Parteien wies das Erstgericht auch den nunmehrigen Sicherungsantrag der Antragstellerin ab. Es erachtete als bescheinigt, dass der Antragsgegner nicht beabsichtige, die Liegenschaft zu verkaufen oder weiter zu belasten, er habe bislang auch keine Aktivitäten in diese Richtung gesetzt.

In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Erstgericht auf die Bestimmung des § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO, nach der einstweilige Verfügungen zur Sicherung künftiger Leistungsansprüche im Zusammenhang mit einem nachehelichen Aufteilungsverfahren nur unter der Voraussetzung einer konkreten Anspruchsgefährdung bewilligt werden könnten. Auch § 382e Abs 2 EO, der nunmehr vorsehe, dass eine einstweilige Verfügung zur Sicherung des Wohnungserhaltungsanspruchs ohne Gefahrenbescheinigung erlassen werden könne, wenn zwischen den Parteien ein Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe anhängig sei, verlange, dass die Gefährdung zumindest behauptet werde. Im Vorbringen der Antragstellerin sei aber die Behauptung einer konkreten Gefährdung nicht zu erblicken.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000,-, nicht aber S 260.000,- übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Richtig sei, dass gemäß § 382e Abs 2 EO eine einstweilige Verfügung zur Sicherung des Anspruchs eines Ehegatten auf Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses auch dann erlassen werden könne, wenn die in § 381 EO bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen, solange zwischen den Parteien ein Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe anhängig sei. Die im Rekurs der Antragstellerin vertretene Auffassung, diese Bestimmung komme auch zur Anwendung, wenn zwar kein Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe, wohl aber ein Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff EheG anhängig sei, werde vom Rekursgericht nicht geteilt. Sie stehe mit dem Wortlaut des Gesetzes in Widerspruch und sei auch aus den Gesetzesmaterialien nicht ableitbar. Die einstweilige Sicherung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Aufteilung dieses Vermögens sei damit weiterhin nur nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO möglich und setze damit eine entsprechende Gefahrenbescheinigung voraus.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung abzuändern.

Mit diesem Rechtsmittel verband die Revisionsrekurswerberin den Antrag auf Abänderung des rekursgerichtlichen Zulassungsausspruchs im Sinne der Zulassung des Revisionsrekurses. Diesem Antrag gab das Rekursgericht mit der Begründung statt, dass zur zu beurteilenden Frage des Anwendungsbereichs des § 382e EO höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur hier zu beurteilenden Rechtsfrage - abgesehen von der noch nicht veröffentlichten, den in Rede stehenden Problemkreis berührenden Entscheidung 3 Ob 21/01m - höchstgerichtliche Rechtsprechung fehlt. Er ist aber nicht berechtigt.

Nach dem unmissverständlichen Wortlaut des durch das Eherechts-Änderungsgesetz 1999 geschaffenen § 382e Abs 2 EO kann eine einstweilige Verfügung zur Sicherung des Anspruchs eines Ehegatten auf Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses nur dann ohne Vorliegen der in § 381 EO bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden, wenn zwischen den Parteien ein Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung anhängig ist. Die Meinung der Revisionswerberin, schon der Wortlaut der in Rede stehenden Bestimmung stütze ihren Standpunkt, diese komme auch während der Anhängigkeit eines Aufteilungsverfahrens nach den §§ 81 ff EheG zum Tragen, ist daher unhaltbar. Auch auf § 382e Abs 4 EO kann sich die Revisionsrekurswerberin mit der von ihr vorgenommenen Wortinterpretation nicht berufen. Diese Bestimmung, die die Geltungsdauer der einstweiligen Verfügung beschränkt, ordnet an, dass die Zeit, für die die einstweilige Verfügung getroffen wird, über den Zeitpunkt nicht hinausgehen darf, ab dem ein die Ehewohnung betreffender Anspruch im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe nicht mehr geltend gemacht werden kann oder ein Verfahren darüber rechtskräftig beendet ist. Für den Standpunkt der Revisionsrekurswerberin ist daher auch aus dem Wortlaut dieser Bestimmung nichts zu gewinnen. Auch die Gesetzesmaterialien (RV 1653 BlgNR 20. GP 33 ff) lassen - wie schon die zweite Instanz zutreffend ausgeführt hat - in keiner Weise erkennen, dass der Gesetzgeber die Bestimmung des § 382e Abs 2 EO trotz ihres gegenteiligen Wortlautes auch auf das Aufteilungsverfahren beziehen wollte.

Der Revisionsrekurswerberin ist zuzugestehen, dass damit noch nicht ausgeschlossen wäre, die in Rede stehende Bestimmung wegen Rechtsähnlichkeit auf den Fall der Anhängigkeit eines Aufteilungsverfahrens nach den §§ 81 ff EheG analog anzuwenden. Eine derartige Analogie hätte allerdings das Bestehen einer planwidrigen Gesetzeslücke zur Voraussetzung, die hier nicht zu erkennen ist, zumal dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, den Umstand nicht bedacht zu haben, dass dem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe ein Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff EheG folgen kann.

Richtig ist, dass der durch § 97 ABGB begründete Anspruch auf Wohnungsbenützung nach der Ehescheidung im Falle einer rechtzeitigen Antragstellung im Aufteilungsanspruch gemäß §§ 81 ff EheG fortbesteht (JBl 1987, 518; SZ 68/157; zuletzt 3 Ob 21/01m). Nach der aus den in Rede stehenden Bestimmungen ersichtlichen Entscheidung des Gesetzgebers ist dieser Aufteilungsanspruch aber - wie schon nach der bisherigen Rechtslage - nur gemäß § 382 Z 8 lit c EO sicherungsfähig (3 Ob 21/01m; ebenso Zechner, Sicherungsexekution und Einstweilige Verfügung, Rz 6 zu § 382e; König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren**2 Rz 2/180).

Für die Sicherungsverfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO ist aber die Bescheinigung einer konkreten Gefährdung erforderlich (EvBl 1981/95; WBl 1987, 192; Kodek in Angst, Kommentar zur EO, Rz 59 zu § 382). Diese Bescheinigung ist der Antragstellerin nicht geglückt, zumal nach dem als bescheinigt erachteten Sachverhalt der Antragsgegner keine Absicht hat, die Liegenschaft zu veräußern oder (weiter) zu belasten und weil er auch keine Vorbereitungen für eine solche Maßnahme gesetzt hat.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf die §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 ZPO. Zur Kostenbemessungsgrundlage (Einheitswert der betroffenen Liegenschaft) kann auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes verwiesen werden (RIS-Justiz RS0010733; zuletzt 9 Ob 193/99).

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