OGH 3Ob2/01t

OGH3Ob2/01t25.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei V***** GmbH, ***** vertreten durch Schönherr, Barfuss, Torggler & Partner Rechtsanwälte in Wien, gegen die verpflichtete Partei V***** GmbH & Co KG als Gesamtrechtsnachfolgerin der t***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Gerald Ganzger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erwirkung von Unterlassungen (Streitwert 500.000 S), über den Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. Oktober 2000, GZ 46 R 990/00d bis 46 R 1047/00m-274, mit dem die Beschlüsse des Bezirksgerichts Donaustadt vom 16. Juni 2000, GZ 15 E 5145/98h-145 bis 164, 166 bis 197 und 199 bis 202, abgeändert wurden, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die t***** GmbH hatte sich in einem Vergleich vor dem Handelsgericht Wien vom 24. 3. 1998 verpflichtet, es ab sofort zu unterlassen, Zugaben zur Zeitschrift "t*****", insbesondere Gratis-Videokassetten, anzukündigen und/oder zu gewähren.

Nach dem - insoweit von der verpflichteten Partei nicht bestrittenen - Vorbringen der betreibenden Partei (ab ON 144 ff) ist die verpflichtete Partei auf Grund folgender Vorgänge Gesamtrechtsnachfolgerin der in diesem Titel genannten t***** GmbH:

Mit Generalversammlungsbeschluss vom 16. 2. 1999 wurde die Umwandlung der t***** GmbH unter gleichzeitiger Errichtung der Personengesellschaft t***** GmbH & Co KG beschlossen; diese Umwandlung wurde am 27. 7. 1999 im Firmenbuch eingetragen, gleichzeitig wurde die t***** GmbH aufgelöst und gelöscht. Am selben Tag wurde bei der t***** GmbH & Co KG die Vermögensübernahme gemäß § 142 HGB durch die V***** GmbH & Co KG (die verpflichtete Partei) eingetragen und gleichzeitig die t***** GmbH & Co KG aufgelöst und gelöscht. Bei beiden Vorgängen (Umwandlung gemäß § 5 UmwG und Vermögensübernahme gemäß § 142 HGB) handelt es sich um Fälle der Gesamtrechtsnachfolge. Die verpflichtete Partei ist Alleingesellschafterin der am 30. 6. 1999 neu eingetragenen V***** GmbH, die auf Grund des Zusammenschlussvertrages vom 27. 7. 1999 unter anderem den Betrieb der Zeitschrift t***** übernahm; sie ist Eigentümerin, Verlegerin und Produzentin dieser Zeitschrift.

Mit der Behauptung, die verpflichtete Partei mache ihren Einfluss auf die Eigentümerin/Verlegerin der Zeitschrift t***** zur Einhaltung des genannten Vergleichs vom 24. 3. 1998 schuldhaft nicht geltend oder habe sich ihrer Einflussmöglichkeit schuldhaft begeben, beantragte die betreibende Partei, wegen der im Folgenden dargestellten Titelverstöße in der Zeitschrift t***** (Ankündigung und/oder Gewährung von Zugaben ...) gegen die verpflichtete Partei Geldstrafen von täglich 80.000 S zu verhängen: Die Titelverstöße werden in den Strafanträgen ON 145 bis 164, 166 bis 197 und 199 bis 202 wegen täglichen Zuwiderhandelns im Zeitraum vom 13. 4. 2000 bis 3. 6. 2000 und vom 5. 6. bis 8. 6. 2000 geltend gemacht.

Das Erstgericht verwies mit seinen (die selben Ordnungsnummern wie die Strafanträge aufweisenden) Beschlüssen vom 16. 6. 2000 die betreibende Partei mit ihren Strafanträgen auf im Verfahren 25 E 5225/98x (zwischen denselben Parteien) gefasste Strafbeschlüsse, die sich auf gleichartige Titelverstöße in der Zeitschrift N***** am jeweils selben Tag bezogen.

Das Rekursgericht änderte mit dem angefochtenen Beschluss die erstinstanzliche Entscheidung dahin ab, dass es über die verpflichtete Partei für jeden der insgesamt 56 Titelverstöße eine Geldstrafe von je 80.000 S, insgesamt daher von 4,480.000 S, verhängte, und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands hinsichtlich jedes Strafantrags 52.000 S, nicht aber 260.000 S übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Als Gesamtrechtsnachfolgerin der Titelschuldnerin sei die verpflichtete Partei verhalten, ein bestimmtes wettbewerbswidriges Verhalten zu unterlassen. Sie habe daher alles zu unternehmen, dass ein Zuwiderhandeln gegen den Titel vermieden werde. Daraus ergebe sich auch ihre Verpflichtung, keine Handlungen vorzunehmen, die dazu führen, dass sie Zuwiderhandlungen gegen den Exekutionstitel nicht mehr verhindern kann. Begebe sie sich freiwillig der Möglichkeit, Zuwiderhandlungen zu verhindern, dann müsse sie sich solche auch dann zurechnen lassen, wenn sie sie danach nicht mehr verhindern hätte können. Ihr Verschulden liege in der freiwilligen Aufgabe ihrer Einflussmöglichkeiten. Im Übrigen sei in jedem der zu beurteilenden Strafanträge zumindest ein Titelverstoß (Ankündigung und/oder Gewährung von Zugaben) schlüssig behauptet (oder auch gar nicht bestritten). Allerdings handle es sich bei Verstößen gegen (einen oder mehrere) Unterlassungstitel in zwei Zeitschriften (hier t***** und - im Parallelverfahren - N*****), auch wenn sie am selben Tag erfolgten, nicht nur um einen Verstoß, sondern um verschiedenartige Verstöße gegen zwei unterschiedliche Unterlassungsgebote. Die bertreibene Partei sei daher berechtigt gewesen, in beiden Exekutionsverfahren für jeden Tag des Zuwiderhandelns jeweils die Verhängung einer gesonderten Geldstrafe über die verpflichtete Partei zu beantragen.

Zur Frage, ob gegen eine verpflichtete Partei, die am selben Tag in verschiedenen Printmedien gegen Exekutionstitel verstoße, nur eine Geldstrafe zu verhängen oder mit Mehrfachbestrafung vorzugehen sei, liege noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die zweitinstanzliche Entscheidung erhobene Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist nicht zulässig, weil in dem für die Zulässigkeit maßgebenden Zeitpunkt der hier zu treffenden Entscheidung zur Zulassungsfrage bereits eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ergangen war. Der erkennende Senat hat nämlich in der Entscheidung vom 20. 12. 2000, AZ 3 Ob 211/00a, ausgesprochen, dass in Fällen, in denen am selben Tag (wenn auch gleichartige) Verstöße in verschiedenen Medien gegen die jeweils auf diese Medien bezogenen Exekutionstitel vorliegen, auch zwei (oder mehrere) Verstöße vorliegen, die letztlich darin zu erblicken sind, dass diese Medien "mit den titelwidrigen Ankündigungen ..." pflichtwidrig auf dem Markt belassen (= nicht vom Markt genommen) wurden. Der zu dieser Frage vom Rekursgericht eingenommene Rechtsstandpunkt ist daher zutreffend.

Da die verpflichtete Partei im Revisionsrekursverfahren die in den Strafanträgen jeweils behaupteten Titelverstöße als solche nicht bekämpft, ist darauf nicht weiter einzugehen. Auch finden sich im Revisionsrekurs keine konkreten Ausführungen zur Höhe der vom Rekursgericht verhängten Geldstrafen.

Auch die Annahme der Vorinstanz, dass die Verletzung der Titelverpflichtung durch die verpflichtete Partei zu bejahen sei, wenn sie sich durch die von der betreibenden Partei vorgebrachten und im Wesentlichen unbestritten gebliebenen gesellschaftsrechtlichen Vorgänge der Möglichkeit begeben hat, gegenüber der derzeitigen Eigentümerin/Verlegerin der verfahrensbetroffenen Zeitschrift t***** titelgemäßes Verhalten rechtlich bewirken zu können, entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (s SZ 68/11 mwN).

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