OGH 9ObA59/01v

OGH9ObA59/01v25.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Franz Zörner und Dr. Andreas Linhart als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden und wiederaufnahmebeklagten Partei Wohnungseigentumsgemeinschaft der Liegenschaft A*****, vertreten durch Biel & Partner KEG, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte und wiederaufnahmeklagende Partei Stefanie R*****, vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in Maria Enzersdorf, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens (Übergabe einer Hausbesorgerdienstwohnung), infolge Rekurses der Wiederaufnahmsklägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. November 1999, GZ 9 Ra 230/99f-30, womit der Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 1. Juli 1999, GZ 5 Cga 74/97x-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte und wiederaufnahmeklagende Partei ist schuldig, der klagenden und wiederaufnahmebeklagten Partei die mit S 3.248,64 (darin S 541,44 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Vorweg ist entgegen der Rechtsauffassung des Rekursgerichtes festzuhalten, dass der Revisionsrekurs der Wiederaufnahmeklägerin gemäß § 47 Abs 2 iVm § 46 Abs 3 Z 1 ASGG jedenfalls zulässig ist:

schon im aufzunehmenden Verfahren hat die Beklagte und Wiederaufnahmeklägerin eingewendet, dass ihr Hausbesorgerdienstverhältnis entgegen einer nach ihrer Auffassung unerheblichen Beendigungserklärung des Hausverwalters stillschweigend fortgesetzt worden und daher in ein solches von unbestimmter Dauer übergegangen sei, welches nach wie vor aufrecht sei. Daher mangle es auch dem von der klagenden und wiederaufnahmebeklagten Wohnungseigentümergemeinschaft eingebrachten Übergabeauftrag betreffend die Hausbesorgerwohnung an einer gesetzlichen Grundlage. In ihrer Wiederaufnahmeklage behauptet die Wiederaufnahmeklägerin, in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt zu sein, welche eben diesen Umstand, nämlich die stillschweigende Fortsetzung des Hausbesorgerdienstverhältnisses, stützen sollen. Bleibt in einem Wiederaufnahmeverfahren die Beendigung oder der Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses als Haupt- oder Vorfrage strittig, gelten die Zulassungsvorschriften des § 47 Abs 2 ASGG auch im Rekursverfahren über eine Wiederaufnahmeklage (vgl zu einer Wiederaufnahme, bei der die Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses maßgeblich blieb: 9 ObA 351/98b). Der vom Gericht zweiter Instanz in seine Entscheidung aufgenommene Ausspruch über die Nichtzulässigkeit eines Revisionsrekurses gilt daher als nicht beigesetzt (9 ObA 249/91; Kuderna ASGG2 270).

Es kann dem Rekursgericht auch darin nicht gefolgt werden, dass das Verfahren über die Wiederaufnahmeklage noch nicht streitanhängig sei, weil das Erstgericht die Zustellung der Wiederaufnahmeklage nur "einfach", nicht jedoch zu eigenen Handen der klagenden Partei (§ 106 ZPO) verfügt habe. Richtet sich ein rechtzeitig erhobener Rekurs gegen einen Beschluss, mit dem die Klage nach Eintritt der Streitanhängigkeit zurückgewiesen worden ist, so ist gemäß § 521a Abs 1 Z 3 ZPO das Rechtsmittel zweiseitig. Gemäß § 232 Abs 1 ZPO wird die Rechtsanhängigkeit der Streitsache (Streitanhängigkeit) durch die Zustellung der Klageschrift an den Beklagten begründet. Selbst wenn gemäß § 106 ZPO die (wirksame) Zustellung von Klagen eigenhändig zu erfolgen hat, ist im vorliegenden Fall ein Zustellungsmangel gemäß § 7 ZustG geheilt, weil die Klage der wiederaufnahmebeklagten Partei - entsprechend der Zustellverfügung des Erstgerichtes - unstrittig zugekommen ist. Der klagenden Partei war daher Gelegenheit zur Erstattung einer Revisionsrekursbeantwortung zu geben. Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht hat die Frage, ob die von der Wiederaufnahmeklägerin als neu hervorgekommen behaupteten Tatsachen in abstracto geeignet gewesen wären, im Vorprozess eine andere Entscheidung herbeizuführen, zutreffend verneint. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO. Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionsrekurswerberin entgegenzuhalten:

Bei der Prüfung, ob neue Tatsachen in abstracto geeignet gewesen wären, im Vorprozess eine andere Entscheidung herbeizuführen, ist von der vom Wiederaufnahmekläger unbekämpft gebliebenen rechtlichen Beurteilung im Vorprozess über die Relevanz solcher Tatsachen auszugehen (vgl zum vergleichbaren Fall des Auffindens neuer Beweismittel: 8 ObA 292/94 mwN). Im hier vorliegenden Fall hat die beklagte und wiederaufnahmeklagende Partei das Berufungsurteil unbekämpft gelassen. Darin vertrat das Berufungsgericht wie schon das Erstgericht die Rechtsauffassung, dass die Verwaltervollmacht nach § 17 WEG keinen Beschränkungen durch die WEG nach außen hin unterliegen könne und daher die von der Beklagten ins Treffen geführte mangelhafte Beschlussfassung der Wohnungseigentumsgemeinschaft über das Weiterbehalten der Hausbesorgerstelle unerheblich sei. Damit kommt aber dem Umstand, dass der von einigen Wohnungseigentümern angefochtene Beschluss vor Gericht erfolgreich bekämpft wurde, keine Bedeutung zu, weil der Umstand der Beschlussfassung eben als rechtlich bedeutungslos erachtet wurde (vgl 8 ObA 292/94). Hat aber das Gericht eine Rechtsfrage selbst beurteilt, welche auch Gegenstand eines anderen Verfahrens war, dann stellt selbst eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung im wiederaufzunehmenden Verfahren ergangene anderslautende Entscheidung der anderen Behörde (des anderen Gerichts) keinen Wiederaufnahmsgrund dar (Fasching IV 515). Soweit sich die Wiederaufnahmeklägerin darauf beruft, dass mit dem (später erfolgreich angefochtenen) Beschluss der Wohnungseigentumsgemeinschaft auch über das konkrete Dienstverhältnis zur Wiederaufnahmeklägerin befunden worden sei, ist die Klage überdies verfristet, was ebenfalls im Vorprüfungsverfahren nach § 538 ZPO wahrzunehmen ist: Gemäß § 534 Abs 2 Z 4 ZPO ist im Falle des § 530 Z 7 ZPO die vierwöchige Notfrist zur Einbringung der Wiederaufnahmeklage von dem Tage weg zu rechnen, an welchem die Partei imstande war, die ihr bekanntgewordenen Tatsachen bei Gericht vorzubringen. Die Beklagte und Wiederaufnahmeklägerin selbst verweist bereits in ihrem am 28. 5. 1998 zur Post gegebenen Berufungsschriftsatz auf eine entsprechende Beschlussfassung. Da sich für diesen Bereich aus der Entscheidung über die Anfechtung des Beschlusses nichts Neues gewinnen lässt, muss die am 12. 5. 1999 bei Gericht eingelangte Wiederaufnahmeklage in diesem Punkt als jedenfalls verspätet erachtet werden.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO begründet.

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