OGH 10Nd503/01

OGH10Nd503/0123.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hoch als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Patrick S*****, geboren am 5. Dezember 1989, mj Nadine S*****, geboren am 26. Februar 1991 und mj Lena S*****, geboren am 2. Oktober 1999, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die mit Beschluss des Bezirksgerichtes Wels vom 5. Februar 2001, GZ 25 P 186/00s-21, verfügte Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Meidling wird hinsichtlich der Minderjährigen Lena S***** und Nadine S***** genehmigt, hinsichtlich des Minderjährigen Patrick S***** jedoch nicht genehmigt.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der Minderjährigen wurde mit Beschluss des BG Wels vom 11. 9. 2000 im Einvernehmen (gemäß § 55a EheG) geschieden. In dem zuvor abgeschlossenen Scheidungsvergleich hatten die Eltern ua vereinbart, dass die Obsorge hinsichtlich des mj Patrick, geboren am 5. 12. 1989 dem Vater, während jene hinsichtlich der mj Nadine, geboren am 25. 2. 1991 und der mj Lena, geboren am 2. 10. 1999 der Mutter zukomme. Die Mutter verpflichtete sich die Ehewohnung in Wels, in der der Vater und der Sohn verblieben, bis zum 1. 1. 2001 zu räumen und übergab ihren Hälfteanteil an dieser Eigentumswohnung an den Vater.

Nach dem Bericht des Magistrates der Stadt Wels, Jugendwohlfahrt, vom 28. 11. 2000 lebte die Mutter zu diesem Zeitpunkt bereits seit ca zwei Monaten mit den Kindern Nadine und Lena in 1120 Wien, ***** während der mj Patrick das Internat in Steyr besucht und die Wochenenden zu Hause bei seinem Vater verbringt.

Der zwischen den Eltern geschlossene Vergleich wurde betreffend die mj Kinder vom Bezirksgericht Wels pflegschaftsbehördlich genehmigt.

Mit Beschluss vom 29. 12. 2000 übertrug das Bezirksgericht Wels die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache betreffend die mj Nadine und mj Lena, die sich jetzt ständig in 1120 Wien aufhielten, an das Bezirksgericht Meidling. Dieses lehnte die Übernahme der Zuständigkeit mit der Begründung ab, dass es nicht zweckmäßig sei eine bezüglich "zweier Kinder" (?) geführte Pflegschaftssache aufzuteilen.

Daraufhin übertrug das Bezirksgericht Wels die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache hinsichtlich sämtlicher Kinder an das BG Meidling. Diese sei zweckmäßiger durch das BG Meidling zu führen, weil sich die Kinder jetzt ständig in Wels (Patrick) bzw 1120 Wien (Nadine und Lena) aufhielten.

Das Bezirksgericht Meidling verweigerte neuerlich die Übernahme der Zuständigkeit. Da sich der mj Patrick in Wels aufhalte und das Bezirksgericht Wels bereits mit der Sache "betraut" sei, scheine es zweckmäßig, wenn die Führung der Pflegschaftssache weiterhin beim Bezirksgericht Wels verbleibe.

Das Bezirksgericht Wels legt nunmehr den Akt dem Obersten Gerichtshof mit dem Ersuchen um Genehmigung der Zuständigkeitsübertragung gemäß § 111 Abs 2 JN vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Zuständigkeitsübertragung ist hinsichtlich der mj Nadine und der mj Lena zu genehmigen, hinsichtlich des mj Patrick jedoch nicht zu genehmigen.

Ausschlaggebendes Kriterium für die Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache für Minderjährige ist immer das Kindeswohl (RIS-Justiz RS0047074). Dabei wird der pflegschaftsgerichtliche Schutz in der Regel am Besten durch das Gericht gewährleistet, in dessen Sprengel sich das Kind aufhält (10 Nd 509/00 mwN). Eine Zuständigkeitsübertragung ist daher grundsätzlich zu genehmigen, wenn der Lebensmittelpunkt des Kindes in den Sprengel eines anderen als des bisher zuständigen Bezirksgerichtes verlagert wird (EFSlg 82.110, 85.185, 90.773 uva).

Wenngleich dem Bezirksgericht Meidling darin zuzustimmen ist, dass eine Aufsplitterung des Pflegschaftsverfahrens für mehrere Kinder aus einer Ehe nach Tunlichkeit vermieden werden sollte, weil es in der Regel zweckmäßig ist, wenn die Pflegschaft bei einem Gericht geführt wird (vgl 4 Nd 507/95), kann dies im konkreten Fall weder dazu führen, dass die beiden in Wien lebenden Kinder - entgegen dem dargestellten Zweck des § 111 JN - hinsichtlich des ihnen zustehenden pflegschaftsbehördlichen Schutzes an das Bezirksgericht Wels verwiesen werden, noch dazu, dass der in Wels lebende Minderjährige an das Bezirksgericht Meidling verwiesen wird.

Die Übertragung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht des Aufenthaltsortes der mj Nadine und mj Lena war daher zu genehmigen, während die Pflegschaftssache hinsichtlich des mj Patrick beim Bezirksgericht Wels zu verbleiben hat.

Stichworte