Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrekursverfahrens vorläufig selbst zu tragen; der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrekursverfahrens endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Beklagte ist Inhaber der Domains "rechnungshof.com", "rechnungshof.net" und "rechnungshof.org". Unter der Domain "rechnungshof.com" unterhält er eine Website mit folgendem Inhalt:
"Rechnungshof - Insider
Hier lesen und hören Sie demnächst alle Insider-Informationen des Österreichischen Rechnungshofes - von einer Person, die vieles weiß und alles sagt, außer ihren Namen.
Sollten Sie weitere Informationen zum Thema Rechnungshof hier einbringen wollen, senden Sie uns eine E-Mail
RH Insider 1999"
Die Domains "rechnungshof.net" und "rechnungshof.org" führen zu Websites, auf denen darauf hingewiesen wird, dass sie gegenwärtig "under construction" seien. Die Homepage des Rechnungshofs ist unter den Domains "rechnungshof.at" und "rechnungshof.gv.at" zu erreichen.
Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, die Domain-Namen "rechnungshof.com", "rechnungshof.net" und "rechnungshof.org" zur Kennzeichnung einer Internet-Homepage zu verwenden oder jemand anderem die Verwendung der Domain-Namen "rechnungshof.com", "rechnungshof.net" und "rechnungshof.org" zur Kennzeichnung einer Internet-Homepage einzuräumen oder diese Domain-Namen zu veräußern oder sonst weiterzugeben. Der Beklagte greife mit diesen Domains unbefugt in die Rechte der Klägerin ein. Nur der Rechnungshof könne unter dem Namen "Rechnungshof" auftreten. Der Internetnutzer erwarte, unter einer Domain mit dem Namen "Rechnungshof" offizielle Informationen zu erhalten. Es bestehe die konkrete Gefahr, dass der Verkehr durch diese Domains vom Informationsangebot des Rechnungshofs ferngehalten oder falsch informiert werde.
Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung, ohne den Beklagten gehört zu haben. § 43 ABGB schütze auch den Namen juristischer Personen und sogar Firmenschlagworte und Hofnamen. Der Rechnungshof habe die in der Verfassung und im Rechnungshofgesetz festgelegten Aufgaben zu erfüllen. Der entsprechende Namensschutz sei daher nicht zweifelhaft. Der Beklagte habe mit der unbefugten Verwendung der Domains "rechnungshof.com", "rechnungshof.net" und "rechnungshof.org" in das Namensrecht der Klägerin eingegriffen. Schutzwürdige Interessen der Klägerin würden beeinträchtigt, weil mögliche (weitere) Interessenten in ihrer Erwartung offizieller, authentischer amtlicher Information fehlgeleitet und getäuscht würden. Die damit verbundene Gefahr, mangels rascher Auffindbarkeit im Internet einen Ausfall an Interessenten zu erleiden, sei als Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens im Sinne des § 381 Z 2 EO zu beurteilen.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Als Rechtsträgerin ihres Organs "Rechnungshof" sei die Klägerin zur Abwehr unberechtigter Eingriffe legitimiert. Die Verwendung der Domains "rechnungshof.com", "rechnungshof.net" und "rechnungshof.org" durch den Beklagten begründe Verwechslungsgefahr und erwecke den Anschein, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten ein ideeller oder wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe. Das schutzwürdige Interesse der Klägerin, dem Beklagten die Verwendung dieser Domains zu untersagen, werde nicht dadurch beseitigt, dass die Klägerin über die Domains "rechnungshof.at" und "rechnungshof.gv.at" verfüge. Ein unwiederbringlicher Schaden drohe, weil die Gefahr bestehe, dass Interessenten in ihrer Erwartung offizieller, authentischer amtlicher Informationen fehlgeleitet und/oder enttäuscht würden. Das gelte auch für die Websites "under construction", weil der Beklagte die Möglichkeit habe, diese Websites auch tatsächlich zu verwenden und mit ähnlichen Inhalten wie die Websites "rechnungshof.com" zu versehen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs des Beklagten ist zulässig, weil eine Abgrenzung zur Entscheidung bundesheer.at notwendig erscheint; der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.
Der Beklagte weist darauf hin, dass die Top-Level-Domains ".com", ".net" und ".org" im Ausland registriert werden. Schon aus diesem Grund sei jedem Internetnutzer klar, dass es sich dabei nicht um die offiziellen Websites des österreichischen Rechnungshofs handle. Damit sei es ausgeschlossen, dass der Klägerin ein unwiederbringlicher Schaden drohe.
Der Beklagte verweist auf die Entscheidung 4 Ob 198/00x (= MR 2000, 325 = ÖBl 2001, 35 [Kurz] = wbl 2001, 43 - bundesheer.at), mit welcher der gegen die Verwendung der Internet Domain "bundesheer.at" gerichtete Sicherungsantrag der Klägerin mangels Gefährdung abgewiesen wurde. Gegenstand dieser Entscheidung war eine private Internet Domain, auf deren Startseite eine "freie und unabhängige Plattform zum Thema 'Neutralität und Bundesheer'" angekündigt wurde. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass es sich nicht um die offizielle Homepage des Bundesministeriums für Landesverteidigung handle und es wurde deren Internetadresse genannt.
Im vorliegenden Fall fehlt ein derartiger Hinweis. Die Klägerin erblickt darin einen wesentlichen Unterschied zu dem der Entscheidung bundesheer.at zugrunde liegenden Sachverhalt und macht geltend, dass der Beklagte gerade nicht auf den mangelnden offiziellen Charakter der Website hinweise, sondern Insider-Informationen des österreichischen Rechnungshofs verspreche.
Dazu hat der erkennende Senat erwogen:
In beiden Fällen geht es um die Frage, ob die Republik Österreich einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmen kann, wenn die Bezeichnung einer ihrer Institutionen ohne ihre Zustimmung als Internet Domain verwendet wird. Einstweiliger Rechtsschutz setzt gemäß § 381 Abs 1 Z 2 EO voraus, dass die Verfügung zur Verhütung drohender Gewalt oder zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig erscheint. Ein Schaden ist nach ständiger Rechtsprechung dann unwiederbringlich, wenn ein Nachteil am Vermögen, an Rechten oder Personen eingetreten ist und die Zurückversetzung in den vorigen Stand nicht tunlich ist oder Geldersatz entweder nicht geleistet werden kann oder die Leistung des Geldersatzes dem angerichteten Schaden nicht völlig adäquat ist (SZ 64/153 = EvBl 1992/5 = GesRZ 1992, 41 = RdW 1992, 141; Kodek in Angst, EO § 381 Rz 11 mwN).
Der Kläger muss konkrete Umstände behaupten und bescheinigen, die die Annahme eines unwiederbringlichen Schadens rechtfertigen (Kodek aaO § 389/276); die abstrakte oder theoretische Möglichkeit eines Schadens genügt nicht (JBl 2000, 246 uva). Bei Eingriffen in die Ehre oder in den wirtschaftlichen Ruf einer Person wird die Gefahr eines unwiederbringlichen Schadens auch ohne Behauptung und Bescheinigung besonderer Umstände bejaht, weil die Auswirkungen einer Ehrverletzung oder Rufschädigung kaum zu überblicken sind und sich durch Geldersatz nicht völlig ausgleichen lassen (SZ 61/193 = MR 1988, 158 - Lucona; Kodek aaO Rz 11 mwN).
Die Klägerin macht geltend, dass dies auch bei der Gefährdung einer raschen Auffindbarkeit im Internet zu gelten habe. Einerseits bestehe die Gefahr eines Imageschadens, der schwer auszugleichen sei, andererseits würden die möglichen Interessenten und Internetnutzer in ihrer Erwartung offizieller, authentischer amtlicher Information fehlgeleitet und enttäuscht. Mangels rascher Auffindbarkeit im Internet drohe der Ausfall von Interessenten.
Diese Ausführungen sind nicht stichhaltig, soweit sie sich auf die Gefährdung einer raschen Auffindbarkeit im Internet und enttäuschte Erwartungen der Internetnutzer beziehen:
Die Homepage des österreichischen Rechnungshofs kann unter der Internet Domain "rechnungshof.at" und der - offiziellen Stellen vorbehaltenen - Domain "rechnungshof.gv.at" aufgerufen werden. Die amtlichen Informationen über den Rechnungshof sind damit unabhängig davon "rasch auffindbar", ob der Internetnutzer aufgrund der naheliegenden Vermutung, dass für den Rechnungshof die Internet Domain "rechnungshof.gv.at" registriert sein werde, diese Domain oder die ebenfalls in Österreich registrierte Domain "rechnungshof.at" anwählt oder ob er sich einer Suchmaschine bedient.
Nur im letzteren Fall kann es überhaupt dazu kommen, dass der Internetnutzer auf die Domains "rechnungshof.com", "rechnungshof.net" und "rechnungshof.org" stößt. Es ist nämlich nicht anzunehmen, dass ein Internetnutzer auf der Suche nach der offiziellen Homepage des österreichischen Rechnungshofs eine Domain anwählt, die in den USA registriert ist, und nicht eine in Österreich registrierte Domain.
Bedient sich der Internetnutzer einer Suchmaschine, so erhält er eine Fülle von Domains genannt, die nicht nur den österreichischen Rechnungshof, sondern auch die für die Gebarungskontrolle zuständigen Institutionen anderer Staaten betreffen. Als Domain des österreichischen Rechnungshofs ist für ihn die Domain "rechnungshof.gv.at" eindeutig identifizierbar; er wird daher diese Domain anwählen, wenn er die offizielle Homepage des Rechnungshofs erreichen will.
Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Internetnutzer auf der Suche nach der offiziellen Homepage des österreichischen Rechnungshofs oder auch einfach nur aus Neugierde auf die Websites des Beklagten gelangt. In diesem Fall wird ihm zwar auf der Startseite der Domain "rechnungshof.com" mitgeteilt, dass er keine offiziellen Informationen des österreichischen Rechnungshofs erhält; dies geschieht aber auf eine Weise, die ihn annehmen lässt, er erhalte Informationen, die - ein entsprechendes Interesse vorausgesetzt - offiziellen Informationen sogar vorzuziehen sein könnten. Die Ankündigung, "alle Insider-Informationen des österreichischen Rechnungshofs - von einer Person, die vieles weiß und alles sagt, außer ihren Namen" zu hören zu bekommen, lässt brisante und unter Bruch der Amtsverschwiegenheit weitergegebene Nachrichten erwarten. Dass diese Informationen auf einer Website geboten werden, deren Internet Domain die Bezeichnung "rechnungshof" enthält, schädigt Ruf und Ansehen der Klägerin.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich demnach nicht nur durch das Fehlen eines Hinweises auf die offizielle Homepage des österreichischen Rechnungshofs von dem der Entscheidung "bundesheer.at" zugrunde liegenden Sachverhalt; der wesentliche Unterschied liegt darin, dass die vom Beklagten beabsichtigte und auf der zur Internet Domain "rechnungshof.com" gehörigen Website bereits dokumentierte Nutzung der für ihn registrierten Internet Domains "rechnungshof.com", "rechnungshof.org" und "rechnungshof.net" einen Imageschaden für die Klägerin und damit einen unwiederbringlichen Schaden im Sinne des § 381 Abs 1 Z 2 EO befürchten lässt.
Damit steht aber nicht nur die Gefährdung des Unterlassungsanspruchs der Klägerin fest, sondern auch die Verletzung ihres Namensrechts:
Wie schon in der Entscheidung bundesheer.at ausgesprochen, sind auch Bezeichnungen mit Namensfunktion Objekt des Namensschutzes; eine Bezeichnung hat Namensfunktion, wenn sie auf einen Namensträger als solchen oder auf ein Unternehmen hinweist (Schwerdtner in Münchener Komm3, § 12 BGB Rz 37 mwN). Das muss - ebenso wie für "Bundesheer" auch - für "Rechnungshof" bejaht werden: Das ist die Bezeichnung der in Österreich für die Gebarungskontrolle zuständigen Institution (Art 121 Abs 1 B-VG).
Der unbefugte Gebrauch eines Namens verstößt gegen § 43 ABGB, wenn und soweit er den Namensträger beeinträchtigt. Der erkennende Senat hat wiederholt ausgesprochen, dass Internet Domains, die einen Namen enthalten oder namensmäßig anmuten, Kennzeichnungs- und Namensfunktion haben (ecolex 2000/98 [Schanda] = EvBl 2000/113 = MR
2000, 8 = ÖBl 2000, 134 [Kurz] = RdW 2000/296 = WBl 2000, 142 -
ortig.at; MR 2000, 325 = ÖBl 2001, 35 [Kurz] = wbl 2001, 43 -
bundesheer.at). In der Verwendung eines Begriffs als Teil einer Internet Domain kann daher ein Namensgebrauch liegen. Das gilt unabhängig davon, unter welcher Top-Level-Domain die Domain registriert ist. Jede auch im Ausland registrierte Domain kann - naturgemäß - von einem inländischen Internetzugang aus angewählt werden und wird damit (auch) im Inland gebraucht.
Der Beklagte verwendet "rechnungshof" zur Bezeichnung seiner Internet Domains, ohne von der Klägerin dazu ermächtigt zu sein. Dieser Gebrauch ist demnach unbefugt und er beeinträchtigt aus den schon zur Gefährdung angeführten Gründen die berechtigten Interessen der Klägerin: Die vom Beklagten eingerichtete Website erweckt den Anschein, ein "Rechnungshof-Insider" und damit in einem gewissen Sinn der Rechnungshof selbst biete unter Missachtung der Amtsverschwiegenheit Informationen über interne Vorgänge an, die - nachdem der Informant seinen Namen verschweigt - wohl nur bisher nicht aufgedeckte Missstände betreffen können. Der Klägerin muss ein berechtigtes Interesse zuerkannt werden, dass derartige Informationen nicht unter dem Namen der davon betroffenen Institution verbreitet werden.
Der Revisionsrekurs musste erfolglos bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten des Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.
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