OGH 3Ob177/00a

OGH3Ob177/00a21.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R*****, vertreten durch Dr. Anton Schiessling und Dr. Othmar Knödl, Rechtsanwälte in Rattenberg, gegen die verpflichtete Partei Dr. Christian Girardi, Rechtsanwalt, 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 4, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Dietmar S*****, wegen S 7,853.748,09 sA, über den Revisionsrekurs der Wohnungseigentümergemeinschaft *****, vertreten durch Renate B*****, diese vertreten durch Dr. Bernhard Waldhof, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 10. Mai 2000, GZ 2 R 186/00t-53, womit der Meistbotsverteilungsbeschluss des Bezirksgerichtes Telfs vom 26. März 2000, GZ 6 E 3945/98h-50, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Gegenstand des Verfahrens ist die mit Beschluss vom 19. 10. 1998 bewilligte Zwangsversteigerung von zwei Anteilen des Verpflichteten an einer Liegenschaft, mit denen Wohnungseigentum verbunden ist und die mit Beschluss vom 24. 9. 1999 dem Meistbietenden um das Meistbot von S 720.000 zugeschlagen wurden.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft dieser Liegenschaft meldete zur Meistbotsverteilung im Vorzugsrang nach § 216 Abs 1 Z 1 EO anteilige Kosten der notwendigen Sanierung des Daches, der Fassade und der Balkone in Höhe von S 107.958,24 an.

Das Erstgericht wies der Wohnungseigentümergemeinschaft diesen Betrag im Vorzugsrang zur vollständigen Berichtigung der anteiligen Auslagen für die Verwaltung im Zeitraum von der Bewilligung der Zwangsversteigerung bis zum Zuschlag zu. Aus den vorgelegten Originalrechnungen und Belegen ergebe sich, dass es sich hiebei zum Erhaltungsarbeiten im Sinn des WEG und damit um Verwaltungskosten im Sinn des § 216 Abs 1 Z 1 EO handle; entsprechend seinem Miteigentumsanteil entfalle auf den Verpflichteten diese Summe; diese Verwaltungskosten seien auch nicht aus einer vorhandenen Rücklage der Wohnungseigentümergemeinschaft getragen worden.

Das Rekursgericht wies der Wohnungseigentümergemeinschaft in teilweiser Stattgebung des Rekurses der betreibenden Gläubigerin nur S 37.173,24 im Vorzugsrang zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung zu; es sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine ausdrückliche Judikatur des Höchstgerichtes zur Frage fehle, ob die Schuld während des Versteigerungsverfahren entstanden sein muss, um als Vorzugspost im Sinn des § 216 Abs 1 Z 1 EO qualifiziert zu werden, oder ob hiefür bereits die Bezahlung von Schulden während anhängiger Zwangsversteigerung hinreicht, auch wenn diese Schulden vor der Bewilligung der Realexekution entstanden sind.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, die Bewilligung der Zwangsversteigerung und die Erteilung des Zuschlags begrenzten jenen Zeitraum, in dem die gemäß § 216 Abs 1 Z 1 EO einen Vorzugsrang genießenden Auslagen getätigt worden sein müssen. § 216 Abs 1 Z 1 EO könne entnommen werden, dass auf eine Verwaltungstätigkeit während des anhängigen Versteigerungsverfahrens abgestellt werde. Der Verweis auf § 120 Abs 2 Z 4 EO lege nahe, dass die Grundsätze des Zwangsverwaltungsverfahrens analoge Anwendung finden sollen. Aus den Erträgnissen der Zwangsverwaltung seien aber nur jene Kosten der Erhaltung und notwendigen Verbesserung der Liegenschaft zu bestreiten, die während der Tätigkeit des Zwangsverwalters entstanden sind, sodass der Zeitpunkt des Entstehens der Schuld und nicht der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit maßgeblich sei. Auch Billigkeitserwägungen würden nicht eine begünstigte Behandlung der in der Zeit vor der Bewilligung der Zwangsversteigerung entstandenen Auslagen rechtfertigen. Zum Schutz der Wohnungseigentümergemeinschaft bzw des einzelnen Wohnungseigentümers sei mit der WRN 1999 ohnehin eine Regelung geschaffen worden, die es unter den in § 13c Abs 3 bis 5 WEG iVm § 216 Abs 1 Z 3 EO genannten Voraussetzungen der Wohnungseigentümergemeinschaft bzw dem einzelnen Wohnungseigentümer ermögliche, sich hinsichtlich dieser Ansprüche, soweit sie nicht mehr als drei Jahre, gerechnet vom Tag der Erteilung des Zuschlags, rückständig sind, durch ein Vorzugspfandrecht abzusichern.

Es könnten daher nur die während des anhängigen Zwangsversteigerungsverfahrens entstandenen Schulden bzw die zu deren Begleichung geleisteten Zahlungen berücksichtigt werden. Die Kaufpreis- und Werklohnschuld sei aber nicht erst mit der Fälligkeit, sondern mit der Erbringung der Leistung des Vertragspartners entstanden, sodass die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht nur die Zahlung, sondern auch die Erbringung der Leistung während des Versteigerungsverfahrens zu beweisen habe. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ergäben sich im konkreten Fall bevorrangte Sanierungskosten von S 1,789.039,86 bzw auf die 94/4524stel Anteile (B-LNr 13) entfallend von S 37.173,24.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Wohnungseigentumsgemeinschaft, die sich gegen diese Reduzierung des ihr zugewiesenen Betrags wendet, ist nicht berechtigt.

Gemäß § 216 Abs 1 Z 1 EO sind aus der Verteilungsmasse vorzugsweise, nämlich insbesondere vor den auf der Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellten Forderungen, die in § 120 Abs 2 Z 4 EO bezeichneten Auslagen und Vorschüsse zu berichtigen, falls während des Versteigerungsverfahrens zugunsten der auf das Meistbot gewiesenen Personen eine Verwaltung stattgefunden hat. Auslagen und Vorschüsse gemäß § 120 Abs 2 Z 4 EO sind die Kosten der Verwaltung, die Kosten der Erhaltung und notwendigen Verbesserung der Liegenschaft und die zur einstweiligen Bestreitung dieser Kosten geleisteten Vorschüsse. Dabei muss es sich nicht gerade um eine Verwaltung im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens handeln. Auch wer im Zuge einer privatrechtlichen Verwaltung oder auch nur einer Quasiverwaltung, zB im Rahmen einer Geschäftsführung ohne Auftrag, der Verwendung der Sache zum Nutzen eines anderen udgl, tätig wird, kann Ansprüche gemäß § 216 Abs 1 Z 1 EO erheben (SZ 58/160 mwN).

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die von der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 216 Abs 1 Z 1 EO angemeldeten Ansprüche von ihr getätigte Auslagen betreffen, die der Erhaltung oder Verbesserung der Liegenschaft dienten. Strittig ist hier allein die Rechtsfrage, ob auch solche Auslagen den Vorzugsrang des § 216 Abs 1 Z 1 EO genießen, die Leistungen betreffen, die bereits vor der Bewilligung der Zwangsversteigerung am 19. 10. 1998 erbracht wurden, für die jedoch erst während des Zwangsversteigerungsverfahrens (bis zur Erteilung des Zuschlags) Rechnung gelegt wurde.

Schon allgemeine sprachliche Erwägungen führen zu dem Ergebnis, dass als Auslagen einer während des Versteigerungsverfahrens geführten Verwaltung nur Auslagen angesehen werden können, die mit dieser Verwaltung in sachlichem Zusammenhang stehen. Ein solcher Zusammenhang fehlt aber, wenn sie bloß während der Verwaltung gezahlt oder wenn bloß die entsprechenden Forderungen während der Verwaltung fällig wurden. Er ist jedenfalls gegeben, wenn die Auslagen auf während des Versteigerungsverfahrens vorgenommene Verwaltungshandlungen zurückgehen (vgl Angst in Angst, EO Rz 1 zu § 120), allenfalls auch, wenn die Leistungen, durch die sie entstanden, während des Versteigerungsverfahrens erbracht wurden. Ob auch dies ausreicht, muss hier nicht erörtert werden, weil diese Voraussetzung bezüglich der noch strittigen Auslagen ebenfalls nicht erfüllt ist. Zu weit und undifferenziert ist nach dem Gesagten die in SZ 58/160 enthaltene Aussage, dass es sich um Auslagen handeln müsse, die während des Versteigerungsverfahrens "getätigt" wurden.

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den beiden anderen nach § 216 Abs 1 EO bevorrechteten Forderungen. Schon das Rekursgericht hat auf § 216 Abs 1 Z 3 EO idF WRN 1999 hingewiesen, wonach die aus den letzten drei Jahren vor dem Tage der Erteilung des Zuschlages rückständigen Forderungen, für die gemäß § 13c Abs 3 WEG ein Vorzugspfandrecht begründet wurde, bevorzugt sind. Bei diesen Forderungen kommt es ebenfalls auf die Fälligkeit allein nicht an (Angst in Angst, EO Rz 10 zu § 216).

Dies steht auch im Gleichklang zu der Rechtsprechung zu den Steuern und öffentlichen Abgaben, die nach § 216 Abs 1 Z 2 EO bevorzugt zuzuteilen sind. Auch bei diesen Forderungen ist maßgeblich, dass der Sachverhalt, der die Steuer- oder Abgabenpflicht auslöste, innerhalb des betreffenden Zeitraums, hier innerhalb der letzten drei Jahre vor der Erteilung des Zuschlags, liegt; auf den Zeitpunkt der Fälligkeit kommt es nicht an (Angst in Angst Rz 7 zu § 216 mwN).

Ein Grund dafür, die hier zu beurteilenden Forderungen im Sinn des § 216 Abs 1 Z 1 EO anders zu beurteilen, ist nicht zu erkennen.

Dem Revisionsrekurs der Wohnungseigentümergemeinschaft, in dem zwar der dargestellte Grundsatz, nicht jedoch die konkrete Zuordnung der angemeldeten Forderung durch das Rekursgericht bekämpft wird, war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO, § 78 EO.

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