OGH 5Ob29/01b

OGH5Ob29/01b13.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Brigitte K*****, vertreten durch DDr. Ren‚ Laurer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts ob der EZ ***** Grundbuch *****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. November 2000, AZ 47 R 894/00v, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin wird Folge gegeben und die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abgeändert, dass die Entscheidung über den Verbücherungsantrag vom 13. September 2000 wie folgt zu lauten hat:

"Ob der EZ ***** Grundbuch ***** wird aufgrund der Vorlage des Kaufvertrages vom 22. Dezember 1999, des Staatsbürgerschaftsnachweises vom 21. November 1967 und der Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 30. Juli 2000 zum Kaufvertrag vom 22. Dezember 1999 zur Rechtfertigung der Eigentumsrechtsvormerkung und unter Zusammenziehung der Anteile die Einverleibung des Alleineigentumsrechtes der Brigitte K*****, geboren 1943-09-25, ***** sowie die Löschung der Eintragungen B-LNr 3, 4 und 6 durch Übertragung in das Verzeichnis der gelöschten Eintragungen bewilligt.

Hievon werden verständigt:

  1. 1. Dr. Doris F*****
  2. 2. Lotte S*****
  3. 3. Claudia K*****
  4. 4. Brigitte K***** zu Handen DDr. Rene‚ Laurer, Rechtsanwalt in Wien, unter Rückschluss der Urschriften der Urkunden
  5. 5. Finanzamt Wien 3, Erdbergstraße 192-196, 1034 Wien
  6. 6. Magistrat der Stadt Wien ZLE"

Text

Begründung

Die Vorinstanzen hatten Bedenken im Sinn des § 94 Abs 1 Z 3 GBG gegen die begehrte Einverleibung des Eigentumsrechts der Antragstellerin, weil ihr Begehren durch den Inhalt der vorgelegten Urkunden nicht begründet erschien. Konkret sei die in der vorgelegten Unbedenklichkeitsbescheinigung gelegene Mitteilung an das Grundbuchsgericht, dass der Eintragung eines bestimmten Erwerbsvorganges Bedenken der Abgabenbehörde nicht entgegenstünden, im vorliegenden Fall nicht geeignet, den bestimmten Erwerbsvorgang so weit zu individualisieren, dass wegen der Bestimmung des § 94 Abs 1 Z 3 GBG die Identität mit dem zu verbüchernden Rechtsgeschäft und der Erklärung der Abgabenbehörde unzweifelhaft sei.

Dem lag der Umstand zugrunde, dass in der vorgelegten Unbedenklichkeitsbescheinigung weder alle Vertragspartner noch das Grundstück selbst genannt wurden, noch der dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern vorgelegte Kaufvertrag einen Hinweis auf eine Bearbeitung durch das zuständige Finanzamt enthielt, noch die Geschäftszahl der notariellen Beurkundung in der Unbedenklichkeitsbescheinigung angeführt wurde.

In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs hält die Antragstellerin dem im Wesentlichen entgegen, dass die möglicherweise gegebenen Unvollständigkeit der Unbedenklichkeitsbescheinigung eine Folge der Verwaltungsvereinfachung durch Einsatz von EDV sei und nicht zu Lasten der Antragstellerin gehen dürfe, der insbesondere auch keine Möglichkeit zur Verfügung stehe, eine Vervollständigung der Erklärung zu erzwingen.

Die Revisionsrekurswerberin beantragt, in Stattgebung ihres Rechtsmittels die begehrte Eintragung zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes, dass ein Rechtsfrage im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG nicht vorliege, ist der Revisionsrekurs der Antragstellerin zulässig und auch berechtigt. Gemäß § 160 Abs 1 BAO dürfen Eintragungen in das Grundbuch, denen Rechtsvorgänge über den Erwerb von Grundstücken zugrundeliegen, mit hier nicht wesentlichen Ausnahmen erst dann vorgenommen werden, wenn eine Bescheinigung des Finanzamtes vorliegt, dass der Eintragung hinsichtlich der Grunderwerbssteuer und der Erbschafts- und Schenkungssteuer Bedenken nicht entgegenstehen (Unbedenklichkeitsbescheinigung). Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist eine solche Unbedenklichkeitsbescheinigung zwar eine öffentliche Urkunde, jedoch kein Bescheid, sondern eine bloße, der Rechtskraft nicht fähige Mitteilung an das Grundbuchsgericht, dass der Eintragung des Erwerbsvorganges Bedenken der Abgabenbehörde nicht entgegenstehen. Um den Zweck der in § 160 Abs 4 BAO vorgesehenen Bescheinigung zu erfüllen, muss sie geeignet sein, die "Grundbuchssperre" (vgl Stoll, BAO Bd 2, 1711; Ritz, Kommentar zur BAO Rz 1 zu § 160) hinsichtlich einer bestimmten Eintragung (§ 160 Abs 1 BAO) zu beseitigen. Das bedeutet, dass sie den bestimmten Erwerbsvorgang so weit zu individualisieren hat, dass die Identität mit dem zu verbüchernden Rechtsgeschäft und der Erklärung der Abgabenbehörde nicht ernsthaft zu bezweifeln ist. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung ist nämlich keine Grundbuchsurkunde im Sinn der §§ 26 und 27 GBG. Ob sie ausreicht, die "Grundbuchssperre" zu überwinden, kann sich daher nur aus ihrem fiskalischen Zweck ergeben, den Steuerbehörden eine lückenlose Erfassung der nach dem Grunderwerbssteuergesetz bzw Erbschaftssteuergesetz und anderen zu versteuernden Grundstückserwerben zu ermöglichen (§ 160 Abs 1 BAO). Ergeben sich aus der von der Finanzbehörde ausgestellten Unbedenklichkeitsbescheinigung daher keine ernsthaften Zweifel, dass sie die konkret begehrte Eintragung betrifft, ist daher das sich aus § 160 Abs 1 BAO ergebende Eintragungshindernis beseitigt. Das verbleibende Risiko eines Steuerausfalls durch eine ungenügende Identifizierung der steuerlich unbedenklichen Grundbuchseintragung hat die Finanzbehörde zu tragen.

Daraus ergibt sich, dass aufgrund der vom Rekursgericht selbst angenommenen Wahrscheinlichkeit, dass sich die Unbedenklichkeitsbescheinigung im vorliegenden Fall auf das zu verbüchernde Rechtsgeschäft bezieht, die begehrte Eintragung zu bewilligen ist.

Der Revisionsrekurs erweist sich somit als berechtigt.

Stichworte