OGH 7Ob197/00x

OGH7Ob197/00x28.2.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Kuras und Dr. Hoch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** AG, ***** vertreten durch Dr. Christian Preschitz und Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei P***** Transportgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Georg Pammesberger, Rechtsanwalt in Gmunden und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei R***** Handelsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Werner Walch, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 155.866,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 4. April 2000, GZ 12 R 80/00x-46, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 22. November 1999, GZ 3 Cg 106/98t-39, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei je die mit S 8.370,-- (darin enthalten S 1.395,-- an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Transportgesellschaft wurde von der Versicherungsnehmerin der klagenden Versicherung am 3. 4. 1997 mit dem Transport von schwarzem Polyethylen-Granulat von Mannswörth nach Pioltello in Italien beauftragt. Sie gab diesen Auftrag an den als Nebenintervenienten beigetretenen Frachtführer weiter, der dazu einen LKW-Zug verwendete, mit dem zuvor weißes PVC transportiert worden war. Vor dem Transport hatte dieser Frachtführer nach den Vorgaben der Versicherungsnehmerin der Klägerin, der Versenderin, bei einer der von ihr dafür vorgesehenen Firmen eine Reinigung des Silos vorzunehmen gehabt. Nach Durchführung dieser Reinigung und Vorliegen des Reinigungsattestes holte der Fahrer des Frachtführers das Polyethylen ab, das vom Erzeuger mittels eines Schlauches in den Silo des Fahrzeuges gefüllt und dieser dann verplombt wurde.

Die Empfängerin nahm die Lieferung am 8. 4. 1997 ab und füllte das Material mit einem Schlauch in einen ihrer, bereits mit rund 20.000 kg schwarzem Polyethylen-Granulat gefüllten Lagersilos. Tage später reklamierte sie eine Verunreinigung des gelieferten Materials und ein Sachverständiger stellte fest, dass das schwarze Granulat im Silo durch kleines weißes Granulat im geringen Umfang verunreinigt war. Aus dem dadurch notwendigen Verkauf ergaben sich eine Warenabwertung von 18,944.000,-- Lire sowie Bearbeitungskosten für das Entleeren des Silos in Höhe von 1,016.400,-- Lire und Transportkosten von 21,528.400,-- Lire. Die klagende Versicherung leistete aus diesem Schadensfall S 155.866,--. Nicht feststellbar ist jedoch die genaue Ursache der Verunreinigung, die entweder durch das Beladen mit dem verunreinigten Material, eine Verunreinigung im LKW-Silo durch ungenügende Reinigung oder eine Verunreinigung des Materials im Transportsystem der Empfängerin erfolgt sein kann. Eine Verunreinigung während des Transports ist auszuschließen.

Die Klägerin stützt ihr Begehren auf Zahlung von S 155.866,-- sA zusammengefasst auf die an sie abgetretenen Schadenersatzansprüche ihrer Versicherungsnehmerin. Diese sei mit dem Schaden des italienischen Kunden belastet worden und als Absenderin anspruchsberechtigt.

Die Klägerin stützte sich auch auf den Anspruchsübergang nach § 67 VersG.

Die beklagte Transportgesellschaft und die als Nebenintervenientin beigetretene Frachtführerin beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten im Wesentlichen ein, dass überhaupt keine Verunreinigung und auch kein Schaden eingetreten seien. Ebensowenig liege eine Abtretung der Ansprüche vor. Die Reinigung sei entsprechend den Weisungen der Auftraggeberin bei dem von ihr vorgeschriebenen Reinigungsunternehmen durchgeführt worden. Auch die Aktivlegitimation der Klägerin wurde bestritten, da Eigentümerin bereits die Empfängerin gewesen sei. Erst bei dieser seien die Verunreinigungen eingetreten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und beurteilte den einleitend festgestellten Sachverhalt rechtlich dahin, dass unter Beachtung von Art 18 Abs 1 CMR dem Frachtführer der Nachweis gelungen sei, dass der eingetretene Schaden auf Grund von Umständen entstanden sei, die der Frachtführer weder vermeiden noch deren Folge verhindern konnte.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge. Es unterließ eine Behandlung der Mängel- und Beweisrügen, weil es rechtlich davon ausging, dass die unbestritten von der verfügungsberechtigten Versenderin erteilte Weisung für die Verunreinigung ursächlich gewesen sei. Der Beklagten komme der Haftungsbefreiungsgrund des Art 17 Abs 2 CMR zugute. Dieser gehe auch der Regelung des Art 17 Abs 3 CMR, wonach für Fahrzeugmängel prinzipiell keine Haftungsbefreiung des Frachtführers in Betracht komme, vor. Letztere Regelung könne nur Fragen erfassen, die in die Dispositionsmöglichkeit des Frachtführers fielen. Hier sei aber der Reinigungsvorgang von der Versenderin vorgeschrieben gewesen. Ausgehend davon ließ das Berufungsgericht die Beweis- und Mängelrügen der Klägerin mit dem Ziel der Feststellung, dass die Verunreinigung des Granulats durch den verschmutzen Transportsilo verursacht wurde, unbehandelt.

Rechtliche Beurteilung

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht schließlich über Antrag der Klägerin nach § 508 ZPO als zulässig, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob die Weisung des Verfügungsberechtigten im Sinne des Art 17 Abs 2 CMR auch im Falle eines Fahrzeugmangels nach Art 17 Abs 3 CMR zu einer Haftungsbefreiung führe, nicht ersichtlich sei.

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Klägerin ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt. Das Berufungsgericht hat zwar die Tatsachenrügen betreffend die Ursachen der Verunreinigung unbehandelt gelassen. Aber auch ausgehend von der von der Klägerin begehrten für sie günstigsten Feststellung, dass die Verunreinigung auf die ungenügende Reinigung des Fahrzeugsilos zurückzuführen ist, kann die Klägerin mit ihrem Begehren nicht durchdringen. Bei Annahme der ersten bzw der letzten Entstehungsvariante schiede ein Regressanspruch nach § 67 VersVG von vornherein aus, weil derartige Ursachen nicht vom Deckungsschutz erfasst wären.

Nach Art 17 Abs 1 CMR haftet der Frachtführer grundsätzlich ua für die Beschädigung des Frachtgutes zwischen dem Zeitpunkt der Übernahme und seiner Ablieferung. Auch eine Verunreinigung, die zu einer Substanzverschlechterung führt, ist als eine solche Beschädigung anzusehen (vgl dazu Herber/Piper CMR Internationales Straßentransportrecht Art 17 Rz 9; Thume/Seltmann in Thume Komm z CMR, Art 17 Rz 74 ua).

Gemäß Art 17 Abs 2 CMR ist die Haftung des Frachtführers jedoch ua dann ausgeschlossen, wenn die Beschädigung auf eine nicht vom Frachtführer verschuldete Weisung des Verfügungsberechtigten zurückzuführen ist. Art 17 Abs 3 CMR sieht dann vor, dass sich der Frachtführer nicht auf Mängel des zur Beförderung verwendeten Fahrzeuges berufen kann, um sich von seiner Haftung zu befreien. Während allgemein die Haftung nach Art 17 Abs 1 CMR als vermutete Verschuldenshaftung mit verschärftem Sorgfaltsmaßstab angesehen wird (vgl RIS-Justiz RS0073792; SZ 69/34 unter Hinweis auf SZ 64/95, SZ 60/64, SZ 56/113 ua, Schütz in Straube HGB Komm2 § 429 Rz 5 mwN), stellt die Haftung für die Mängel des für die Beförderung verwendeten Fahrzeuges nach Art 17 Abs 3 CMR eine Gefährdungshaftung dar (vgl SZ 69/34; Schütz aaO, Rz 7).

Der Oberste Gerichtshof hat nun bereits in seiner Entscheidung vom 21. 2. 1996 zu 3 Ob 2006/96p (= SZ 69/34, RdW 1997, 16) ausgeführt, dass der Begriff des Fahrzeugmangels im Sinne des Art 17 Abs 3 CMR weit auszulegen ist und auch Verschmutzungen eines Fahrzeuges, die dieses zur Beförderung des Gutes ungeeignet machen, umfasst. Grundsätzlich wäre also davon auszugehen, dass die Beklagte für einen Schaden aus der Verunreinigung während des Transportes in dem verschmutzten Transportsilo nach Art 17 Abs 3 CMR einzustehen hat.

Entscheidend wird damit die Frage, inwieweit diese Haftung durch den Umstand eingeschränkt wird, dass Ursache des "Fahrzeugmangels" die auf Anordnung des Versenders bei bestimmten Unternehmen in bestimmter Form vorzunehmende Reinigung war.

Dabei wird ganz allgemein der Umfang des Haftungsausschlusses wegen vom Verfügungsberechtigten erteilten schadensauslösenden Weisungen nach Art 17 Abs 2 CMR nicht nur auf die reine Güterbeförderung im Straßenverkehr beschränkt angesehen, sondern umfasst alle verbindlichen Anordnungen im Rahmen eines wirksam geschlossenen Vertrages, jedenfalls soweit diese nicht gesetzwidrig sind (vgl Herber/Piper aaO Art 17 Rz 72; ausschließlich zu bindenden Weisungen Thume in Thume aaO Art 7 Rz 88; Thume in Fremuth/Thume Frachtrecht Art 17 Rz 28; Thume in Fremuth/Thume Komm z Transportrecht Art 17 Rz 23; Jesser Frachtführerhaftung nach der CMR, 100 f; Groth Übersicht über die internationale Rechtsprechung zum CMR, 40, unter Hinweis auf BGH VersR 1979, 417). Die vorliegende Weisung hielt sich jedenfalls im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben über die Güterbeförderung und hat ihre Grundlage im Beförderungsvertrag; war doch die Liste der "zertifizierten Waschstraßen" nach den Ausführungen der Vertreter der Versenderin unmittelbarer Bestandteil der Vereinbarung mit der Beklagten (AS 121).

Es kann nun dahingestellt bleiben, inwieweit im Allgemeinen die Anwendung der Haftungsbefreiungstatbestände des Art 17 Abs 2 und 4 bei der Haftung für Fahrzeugmängel nach Art 17 Abs 3 CMR ausgeschlossen ist (vgl so Thume in Thume Komm z CMR Art 17 Rz 112; ebenso allgemein SZ 69/34 = RdW 1997, 16; aA Herber/Piper aaO Art 17 Rz 79). Hat sich der Verfügungsberechtigte nicht nur die Art der Reinigung, sondern auch die Bestimmung dessen, der sie durchzuführen hat, vorbehalten, muss er sich auch einen daraus resultierenden Mangel des Fahrzeuges zurechnen lassen. Insoweit handelt es sich dann um ein Fahrzeug des Verfügungsberechtigten, für das eine Haftung des Frachtführers nach Art 17 Abs 3 CMR nach einhelliger Ansicht nicht eintritt (vgl so Thume Komm z CMR Art 17 Rz 112; eben dieser in Fremuth/Thume, Frachtrecht Art 17 CMR Rz 56; Herber/Piper aaO Art 17 Rz 80 mwN; vgl im Zusammenhang auch EvBl 1984/13); kommt doch dem Frächter insoweit dann keine Dispositionsbefugnis zu. Eine Gefährdungshaftung ist zu verneinen.

Der Revision der Klägerin war dementsprechend nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50 und 41 ZPO.

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