Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass als Urteil die erstgerichtliche Entscheidung wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 32.943 S (darin 5.490,50 S USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 84.429,40 S (darin 4.349,40 S USt und 58.333 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei verkaufte Dritten Eigentumswohnungen und bestellte zur Abwicklung der Kaufverträge einen - bis Mai 1995 eingetragenen - Rechtsanwalt als Treuhänder (im Folgenden nur Kontoinhaber), der seit 1989 bei einer näher bezeichneten Zweigstelle der beklagten Bank das Geschäftsgirokonto Nr 427 028 600 (im Folgenden nur Girokonto) samt einem im März 1993 eingerichteten Subkonto unterhielt; nur er war insoweit verfügungsberechtigt. Dem Girovertrag lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingugen der österr. Kreditunternehmungen (AGBKr) idF vom 15. September 1997 zugrunde. Über dieses Girokonto wurden sämtliche geschäftlichen Transaktionen des Kontoinhabers geführt; Ander- oder Treuhandkonten bestanden nicht, obwohl der Kontoinhaber regelmäßig Treuhänder bei Liegenschaftskäufen war. Er erzielte von 1993 bis 1995 jährliche Umsätze von etwa 70 Mio S, davon entfielen nur 3,5 Mio S auf Honorareingänge. Da sämtliche Transaktionen über das Girokonto liefen, wechselte der Kontostand dauernd und wies manchmal auch ein Debet auf. Die beklagte Partei räumte dem Kontoinhaber einen ständigen Überziehungsrahmen von 1 Mio S ein, der bis zu weiteren 50.000 S ohne Genehmigung überschritten werden durfte. Vor jeder Verlängerung dieses Überziehungsrahmens erforschte die beklagte Partei jeweils im Abstand von zwei Jahren die Bonität des Kontoinhabers, der dazu auch entsprechende Bilanzen vorlegte.
Kontoauszüge wurden über die Zentrale der beklagten Partei verschickt; Belege über die das Girokonto betreffende Überweisungen erhielten der Leiter der kontoführenden Zweigstelle und seine Stellvertreterin nie zu Gesicht. Die einzelnen Belege und Widmungen bei den Zahlungsflüssen wurden weder in der Zweigstelle noch in der Zentrale der beklagten Partei nachgeprüft oder überprüft. Nachforschungen über die Herkunft und den künftigen Weg der Gelder und über deren Verwendungszweck nahm die beklagte Partei nicht vor. 1994 und 1995 kam es öfters zu einer wesentlichen Überschreitung des Überziehungsrahmens. Dazu benötigte der Kontoinhaber die Genehmigung durch den Zweigstellenleiter, die ihm stets - auch bei wesentlichen Überschreitungen - erteilt wurde, weil er regelmäßig und bis zuletzt die ihm gesetzten Termine für die Rückzahlung und Abdeckung des überschrittenen Überziehungsrahmens einhielt. Durch Führung von Überziehungslisten, in denen nur Beträge, aber keine Widmungen aufschienen, kontrollierte der Zweigstellenleiter nur die termingerechte Rückführung des Kontos auf einen Debetsaldo innerhalb des Überziehungsrahmens. Der Kontoinhaber legte bei den Gesprächen mit dem Zweigstellenleiter und seiner Stellvertreterin über die Genehmigung einer wesentlichen Überschreitung des Überziehungsrahmens "nicht ausführlich dar", dass zur Abdeckung der jeweiligen Saldi Treuhandgelder verwendet wurden. Dem Zweigstellenleiter und seiner Stellvertreterin war allerdings bekannt, dass auch treuhänderisch gebundene Beträge auf das Girokonto eingingen. Es ist aber nicht feststellbar, dass ihnen dies auch in den beiden streitverfangenen Treuhandfällen (näher genannte Überweisungen im November 1994, Dezember 1994 und im April 1995 für zwei Kaufgeschäfte unter Beiziehung des Kontoinhabers als Treuhänder) bekannt gewesen sei. Die Stellvertreterin des Zweigstellenleiters wusste nichts Konkretes über die Währungsgeschäfte des Kontoinhabers im März 1995 in Wien und Nizza oder von seinen anderen Geschäften; sie war darin auch nicht involviert oder daran beteiligt.
Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei die Zahlung von 1,061.735,81 S sA sowie die Feststellung, die beklagte Partei hafte für alle Schäden, die dadurch verursacht würden, dass sich die beklagte Partei weigere, auf das Girokonto eingegangene, näher bezeichnete Treuhandgelder in den beiden Treuhandfällen an die Treugeber aus- bzw zurückzuzahlen. Sie brachte dazu im Wesentlichen vor, sie bzw Zedenten, die der klagenden Partei ihre Schadenersatzansprüche aus gleichgelagerten Fällen abgetreten hätten, seien durch strafbare Handlungen des Kontoinhabers geschädigt worden. Auf das Girokonto seien nicht nur Eigengelder des Kontoinhabers, sondern auch Treuhandgelder eingezahlt worden; insbesonders seien in vier Geschäftsfällen von Liegenschaftstransaktionen Treuhandgelder des Kontoinhabers in verabredungswidriger Weise nicht für eine vereinbarte Lastenfreistellung oder zur Weiterleitung an die Verkäufer verwendet worden. Durch die widmungswidrige Verwendung seien die klagende Partei und die Zedenten geschädigt worden. Die beklagte Partei hafte, weil sie gewusst habe oder doch hätte wissen müssen, dass auch Treuhandgelder regelmäßig auf das Geschäftsgirokonto des Kontoinhabers eingegangen seien. Da dieses Konto 1994 und 1995 in der Regel einen Debetsaldo aufgewiesen habe, habe die beklagte Partei unzulässigerweise von ihrem Aufrechnungsrecht auch bei Einzahlung von Treuhandgeldern Gebrauch gemacht, indem sie den Debetsaldo um die Erläge vermindert und ihrer Erkundigungs- und Nachforschungspflicht nicht nachgekommen sei. Die Stellvertreterin des Leiters der kontoführenden Zweigstelle habe engen Kontakt mit dem Kontoinhaber gehabt und sei über die Gestion des Girokontos voll informiert gewesen. Dieses Wissen sei der beklagten Partei zuzurechnen. Der Kontoinhaber habe nach widmungswidriger Verwendung der Treuhandgelder letztlich Österreich fluchtartig verlassen; am 21. Juni 1995 sei über sein Vermögen der Konkurs eröffnet worden. Die zu erwartende Quote von höchstens 5 % befriedige die Forderungen der klagenden Partei nicht. Die beklagte Partei hätte aufgrund ihrer Kenntnis oder trotz fahrlässigen Unkenntnis die aus Liegenschaftstransaktionen herrührenden Gelder als Treuhandgelder keinesfalls in die quartalsmäßige Kontoabrechnung und Verrechnung aufnehmen und auch nicht in die laufende Rechnung einstellen dürfen. Die dann durch die beklagte Partei vorgenommene Aufrechnung sei in allen Fällen unzulässig. Die finanzierenden Banken und Käufer hätten Anspruch auf Rückzahlung der auf das Girokonto des Kontoinhabers bei der beklagten Partei überwiesenen Summen bzw entsprechende Schadenersatzansprüche. Der Kontoinhaber habe durch Kontokorrentverrechnung Treuhandgelder zur (teilweisen) Abdeckung seines Obligos herangezogen und seine Pflichten aus den Treuhandverträgen schuldhaft verletzt. Dies sei für die beklagte Partei zumindest erkennbar gewesen, weil sie von der Treuhandbindung gewusst habe oder doch hätte wissen müssen. Die beklagte Partei habe rechtswidrig und schuldhaft in das Befriedigungsrecht der Verkäufer eingegriffen und deshalb alle dadurch verursachten Schäden zu ersetzen. Der beklagten Partei sei auch deshalb eine Sorgfaltsverletzung vorzuwerfen, weil sie es unterlassen habe, geeignete Kontrollen und "Mitteilungsverfahren" in ihrem Betrieb einzuführen, die ihr eine Überprüfung ermöglicht hätten, ob Kunden der Verpflichtung zur Offenlegung von Treuhandbeziehungen zuwider gehandelt haben oder nicht. Nur deshalb sei dem Kontoinhaber die missbräuchliche Verwendung von Treuhandgeldern möglich gewesen.
Die beklagte Partei wendete ein, dass es sich beim Girokonto des Kontoinhabers um ein normales Geschäftskonto und nicht um ein offenes Treuhandkonto gehandelt habe. Für sie sei auch nicht erkennbar gewesen, dass es sich um ein verdecktes Treuhandkonto gehandelt haben könnte. Der Schaden der klagenden Partei und auch der Zedenten sei ein bloßer, nicht ersatzfähiger Vermögensschaden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Unstrittiger Weise sei das Kanzleikonto des Kontoinhabers kein offenes Treuhandkonto gewesen. Der beklagten Partei seien daher vereinbarungsgemäß gegenüber dem Kontoinhaber sämtliche Aufrechnungs- und Pfandrechte nach den AGBKr zugestanden. Das Girokonto sei ein Eigenkonto, weil dies nach dem erkennbaren und unbestrittenen Willen des Errichters im Zeitpunkt der Kontoerrichtung so gewollt gewesen sei. Eine bloß nachträglich erlangte Kenntnis der Bank, dass der Kontoinhaber die eingehenden Geldbeträge für einen Treugeber verwalte, reiche mit Rücksicht darauf, dass die Rechte der Bank beim offenen Treuhandkonto in interessengerechter Auslegung eingeschränkt würden, nicht aus. Beide Vertragsparteien (Kontoinhaber und beklagte Bank) hätten erkennbar den Willen haben müssen, ein solches Konto zu errichten oder das Girokonto entsprechend abzuändern. Das Girokonto sei nicht ausschließlich für treuhänderisch gebundene Gelder verwendet worden, die gesamte "Kanzleigebarung" sei über das Girokonto "gelaufen". Zu prüfen sei daher zunächst, ob die Bank bei Kenntnis davon, dass - wenn auch durchaus häufig - Treuhandgelder auf einem normalen Geschäftskonto eingelangt seien, von einer Nachforschungspflicht getroffen sei, die sich auf die Gesamtgebarung des Kontos erstrecken könne. Der deutsche BGH habe dies verneint. Auch nach Canaris bestehe jedenfalls keine allgemeine Pflicht zur Überwachung des Treuhänders durch die Bank und demgemäß grundsätzlich keine Schadenersatzpflicht bei missbräuchlichen Akten des Treuhänders. Es sei das Risiko des Treugebers, der den Treuhänder ausgewählt und diese rechtliche Konstruktion gewählt habe. Anderes gelte nur, wenn zwischen Bank und Treugeber ein direktes vertragliches Verhältnis bestehe; ein solches sei aber nicht behauptet worden. Der BGH habe in einem weiteren Fall der späteren Offenlegung eines verdeckten Treuhandkontos ausgesprochen, dass die nachfolgende Kenntnis nicht ausreiche, etwa das Pfandrecht der Bank zu beseitigen. Zu Gunsten der Bank entstandene Rechte könnten nicht einseitig durch Kunden entzogen werden, sondern es bedürfe hiezu einer Vereinbarung der Parteien.
Im vorliegenden Fall seien nicht nur Treuhandgelder auf dem Girokonto eingelangt; es habe nicht festgestellt werden können, dass die beklagte Partei dies bei den streitverfangenen Überweisungen gewusst habe. Eine Änderung des Giro- in ein Treuhandkonto sei weder ausdrücklich noch schlüssig vereinbart worden. Die bloße Kenntnis davon, dass auch schon bisher Treuhandgelder eingelangt seien, reiche für ein gänzliche Abänderung und Beschneidung der Rechte der beklagten Bank nicht aus. Die bloße Kenntnis, dass in anderen Fällen auch Treuhandgelder auf das Girokonto eingezahlt worden seien, vermöge "nicht ganz allgemein die Wirkungen eines Treuhandkontos" auszulösen. Es gehe auch zu weit, den Banken bei Girokonten eine Nachforschungspflicht aufzuerlegen, selbst wenn ihnen bekannt sei, dass bei gewissen Transaktionen auch Treuhandgelder überwiesen worden seien. Nur bei ihr bekannten Treuhandgeldern sei die Aufrechnung untersagt. Selbst wenn die Bank in anderen Fällen von ihrem Aufrechnungsrecht angesichts der Kenntnis oder fahrlässigen Unkenntnis der Treuhandbindung der bei ihr eingelangten Gelder unzulässiger Weise Gebrauch mache, könne dies hier nicht "zum Ziel führen", weil "durch das strafbare Verhalten" des Kontoinhabers schon nach dem Klagevorbringen keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Kontoinhaber gerade diese eingehalten habe oder habe einhalten wollen. Auch das Vorbringen, der Verwendungszweck sei bei den Überweisungsbelegen angegeben, sei nicht zielführend, weil die Zweigstellenmitarbeiter der klagenden Partei von den Belegen und Widmungen keine Kenntnis gehabt hätten, laufe doch Alles "über die Zentrale". Eine ständige Kontrolle im Einzelfall "würde das Bankwesen lahmlegen". Da sich der beklagten Partei auch keine Anhaltspunkte dafür geboten hätten, an der Bonität des Kontoinhabers zu zweifeln, seien auch konkrete Nachforschungen nicht erforderlich gewesen. Überdies richteten sich Sperrvermerke oder die Angabe unter der Rubrik "Verwendungszweck" nicht an die Bank. Auch aus dem Gesetzeszweck des §§ 39 f BWG ergebe sich nicht, dass Banken "sämtliche Transaktionen ihrer Kunden bei Girokonti zum Schutz der Vertragspartner ihrer Kunden, insbesondere die widmungswidrige Verwendung von Treuhandgeldern, hintanzuhalten hätten".
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Im Überweisungsverkehr seien die Verträge zwischen Überweisungs- und Empfängerbank als Verträge mit Schutzwirkung zu Gunsten des Auftraggebers anzusehen; in diesem Fall seien auch bloße Vermögensschäden in den Schutzbereich einbezogen. Auch beim verdeckten Treuhandkonto dürfe die Bank Verfügungen des Treuhänders bei verlässlicher Kenntnis von der treuhänderischen Bindung nicht zulassen, wolle sie nicht deren Unwirksamkeit (§ 879 ABGB) bzw Schadenersatzansprüche nach § 1295 Abs 2 ABGB riskieren.
Im vorliegenden Fall seien Treuhandgelder über das Girokonto geflossen; dies sei der beklagten Partei bekannt gewesen sei. Bei den "Größenordnungen" (Jahresumsatz 70 Mio S, Honorareingänge 3,5 Mio S) und "Kenntnis der beklagten Partei zufolge der Bonitätsprüfung" sei von der beklagten Partei "fast zwingend eine widmungswidrige Verwendung von Treugeldern" in Kauf genommen worden, wenn die eingehenden Gelder zur Abdeckung des Debets von 1 Mio S Verwendung gefunden hätten. Die beklagte Bank müsse nachweisen, dass zur Abdeckung des Debets nicht treuhänderisch gebundene Gelder verwendet worden seien, und sich daher im konkreten Fall hierüber Gewissheit verschaffen. Es komme nicht nur auf die Kenntnis des Zweigstellenleiters und seiner Stellvertreterin an, weil sich die beklagte Partei nicht darauf berufen könne, dass "Alles über die Zentrale abläuft". Die vom Erstgericht geäußerten Bedenken, eine ständige Kontrolle würde im Einzelfall "das Bankwesen lahmlegen", könne nicht geteilt werden, weil üblicherweise Treuhandgelder über eigene Treuhandkonten "transferiert" würden. Da hier der überwiegende Teil der Kontobewegungen Fremdgeldcharakter gehabt habe, erscheine "eine Nachforschungspflicht angezeigt", weil sonst der Bank "der Vorwurf eines Eventualvorsatzes der Schädigung Dritter zu machen" sei. Das Erstgericht werde daher detaillierte Feststellungen über die Kontoentwicklung zu treffen haben, wobei das Vorbringen der klagenden Partei in ihrem Schriftsatz ON 4 zugrunde zu legen sein werde.
Der von der zweiten Instanz zugelassene Rekurs der beklagten Partei ist zulässig und iSd Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteils berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
a) Der Girovertrag ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag, mit dem sich die Bank verpflichtet, Verfügungen des Kunden (zB Überweisungsaufträge, Scheckeinlösungen und Barzahlungen zu Lasten des Kontos) im Rahmen seines Guthabens für seine Rechnung, in aller Regel bis zur Beendigung der Geschäftsverbindung, auszuführen (SZ 47/9, SZ 54/2, SZ 62/153; RIS-Justiz RS0032986). Je nachdem, ob die Position des Treuhänders nach außen hin aufgedeckt wird oder nicht, spricht man von offener bzw verdeckter Treuhand. Als (Vollrechts-)Treuhandkonto wurde etwa das von einem Liegenschaftsverwalter mit der Bezeichnung "Hausgemeinschaft ..." im eigenen Namen eröffnete Konto in Verbindung mit der Mitteilung, dass das Konto für die Veranlagung von Instandhaltungsbeiträgen, einem zweckgebundenen Sondervermögen der jeweiligen Wohnungseigentümer, bestimmt sei, beurteilt (5 Ob 28/93 = ÖBA 1993, 726 [Iro]). Von einem solchen offenen Treuhandkonto kann hier keine Rede sein. Ein verdecktes Treuhandkonto liegt dann vor, wenn der Treuhandcharakter des Kontos, also das Treuhandverhältnis zwischen dem Kontoinhaber und dem Treugeber, der Bank bei dessen Einrichtung unbekannt blieb, weil der Kontoinhaber der Bank seine Rechtsstellung als Treuhänder bei der Errichtung nicht mitgeteilt hat. An der Qualifizierung als nur verdecktes Treuhandkonto ändert auch die Tatsache nichts, dass die eingezahlten Beträge aus dem Vermögen eines Dritten stammen und der Kontoinhaber daher das Konto gegenüber dem Dritten pflichtwidrig als Eigenkonto einrichtet, weil er seine treuhänderische Stellung der Bank gegenüber nicht offenlegt (Hadding/Häuser in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch I § 37 Rz 44; Canaris, Bankvertragsrecht3 Rz 237). Für die Frage, ob ein Eigen- oder Treuhandkonto vorliegt, spielt es im Allgemeinen auch keine Rolle, aus wessen Vermögen die darauf einlangenden Gelder stammen (1 Ob 515/92 = EvBl 1992/89 = ÖBA 1992, 940; Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht I Rz 4/153 mwN in FN 214). Im vorliegenden Fall wurde das Geschäftsgirokonto des Kontoinhabers nicht als offenes Treuhandkonto eröffnet. Die bloß nachträglich erlangte Kenntnis der Bank, dass der Kontoinhaber die eingehenden Geldbeträge für einen oder mehrere Treugeber verwaltet, reicht mit Rücksicht darauf, dass die Rechte der Bank beim offenen Treuhandkonto in interessengerechter Auslegung eingeschränkt werden, für die Annahme eines solchen Treuhandkontos nicht aus; beide Parteien müssen vielmehr erkennbar den Willen haben, ein solches Konto zu errichten (Hadding/Häuser aaO § 37 Rz 45 mwN in FN 6). Im vorliegenden Fall wurde weder behauptet noch unter Beweis gestellt, dass die Girovertragsteile nachträglich den (übereinstimmenden) Willen dahin geäußert hätten, das als Eigenkonto eingerichtete Geschäftsgirokonto in ein offenes Treuhandkonto umzuwandeln.
Beim Girovertrag besteht ein sich aus dessen Zweck ergebendes Aufrechnungsverbot für die auf dem Konto erliegenden und nicht der Rückzahlung des Darlehens gewidmeten Beträge. Daher ist die Bank nicht berechtigt, Zahlungen - auch durch Dritte - entgegenzunehmen und mit ihrer Forderung aus einem fälligen Darlehen gegen die übernommenen Geldbeträge sodann sofort laufend aufzurechnen (QuHGZ 1974, 121; EvBl 1976/79; SZ 50/127; 6 Ob 605/94 mwN = HS 25.286, 25.706; RIS-Justiz RS0032996). Auch bei einem offenen Treuhandkonto darf die Bank mit persönlichen Forderungen gegen den Treuhänder nicht gegen Forderungen aus dem Konto aufrechnen: Die Offenlegung hat nämlich gerade den Sinn, die Bank darauf aufmerksam zu machen, dass es sich in Wahrheit um fremdes Vermögen handelt und dieses auch im Verhältnis zwischen beiden insofern respektiert werden soll, als nicht die Stellung als Treuhänder über dieses Vermögen betroffen ist (Avancini/Iro/Koziol aaO Rz 4/158; Canaris aaO Rz 284). Treuhandeingänge auf ein Girokonto sind somit für die Bank Treugut eines Dritten, das ihr für eine dem Widmungszweck widersprechende Aufrechnung zur Abdeckung von Verbindlichkeiten des Kontoinhabers nicht zur Verfügung steht. Auch ein verdecktes Treuhandkonto kann der Bank gegenüber die Wirkungen eines Treuhandschaft äußern (Avancini/Iro/Koziol aaO Rz 4/151 und 4/153). Verwendet die das Girokonto führende Bank die auf dem Konto eingegangenen, vom Kontoinhaber gleichsam treuhänderisch zu haltenden Gelder zur Befriedigung einer eigenen Kreditforderung gegen den Kontoinhaber, obwohl sie weiß, dass es sich dabei um Treuhanderläge handelt, so macht sie sich gegenüber dem Treugeber, der die Gelder auf das Girokonto überweist, schadenersatzpflichtig (vgl 4 Ob 2259/96a = SZ 69/224 = ecolex 1997, 340; vgl auch Canaris aaO Rz 237 f).
Nach der Rspr des BGH (Hadding/Häuser aaO § 37 Rz 42 mwN in FN 1) ist die Bank ebensowenig verpflichtet, von sich aus Nachforschungen über den Treuhandcharakter eines Girokontos anzustellen, wie sie verhalten ist, einen Treuhänder zu überwachen (Canaris aaO Rz 276). Dieser Auffassung ist beizutreten, Sie muss demgemäß eine Einschränkung ihrer Rechte aus der Geschäftsverbindung mit dem Kontoinhaber (wie bei einem offenen Treuhandkonto) nicht hinnehmen (Schimansky/Bunte/Lwowski aaO § 37 Rz 43 mwN in FN 4). Eine allgemeine Pflicht der Bank zu solchen Nachforschungen zu bejahen, hieße deren Schutz und Sorgfaltspflichten zugunsten dritter nicht in den Girovertrag einbezogenen Personen überspannen. Bei sachgerechter Abwägung zwischen den Rechten der Bank aus dem Girokontovertrag und den Rechten der Treugeber des Kontoinhabers ist somit die Pflicht der Bank zu Nachforschungen darüber, ob das Girokonto in Wahrheit ein verdecktes Treuhandkonto ist, aber auch - und zwar selbst dann, wenn der Bank bekannt ist, dass über das Girokonto auch Treuhandgelder fließen, - dahin, ob ein konkreter Geldfluss in Wahrheit Treuhandgelder betraf, zu verneinen. Nur wenn die Bank konkret weiß, dass die auf einem Geschäftsgirokonto des Kontoinhabers eingehenden Beträge Treuhandgelder sind, darf sie weder von ihren Rechten nach P.23 der AGBKr Gebrauch machen, noch diese Beträge debetsenkend zu Gunsten des Kontoinhabers (Treuhänders) verbuchen; in einem solchen Fall handelt sie insoweit rechtswidrig und schuldhaft (BGHZ 61, 72; vgl auch Canaris aaO Rz 238). Ist die Bank nur deshalb in Unkenntnis davon, dass eingegangene Beträge Treuhanderläge sind, weil sie geeignete Nachforschungen darüber unterließ, so ist eine solche Unkenntnis dem positiven Wissen davon nicht gleichzuhalten; die Kenntnisse der Bank müssen sich vielmehr darauf erstrecken, dass der konkrete Erlag ein Treuhanderlag ist. Das Wissen der Bank allein darum, dass über das (als Eigenkonto eingerichtete) Girokonto auch Treuhanderläge fließen, reicht zur Begründung von Schadenersatzansprüchen des Treuhänders gegen die Bank für sich noch nicht aus.
b) Allgemein ist anerkannt, dass Schutz- und Sorgfaltspflichten aus einem Schuldverhältnis nicht nur zwischen den Vertragsparteien (in casu: des Girokontovertrags), sondern auch gegenüber bestimmten dritten Personen bestehen können, wenn diese der Interessenssphäre des Vertragspartners zuzurechnenden Personen in erhöhtem Maße durch die Vertragserfüllung gefährdet werden und sie der Vertragspartner durch die Zuwendung der Hauptleistung erkennbar begünstigen will oder er an deren Schutz selbst ein unmittelbares eigenes Interesse hat (SZ 59/51 = JBl 1986, 381 = ÖBA 1986, 301 [zustimmend Koziol] mwN aus Lehre und Rspr; SZ 69/229 uva, zuletzt 7 Ob 188/99v; Reischauer in Rummel2, § 1295 ABGB Rz 30). Dabei wird zwar regelmäßig nicht das bloße Vermögen, sondern werden nur die absoluten Schutz genießenden Güter in den Schutzbereich einbezogen (SZ 51/169, SZ 61/64 ua, zuletzt 7 Ob 188/99v; Harrer in Schwimann2, § 1295 ABGB Rz 103); von diesem Grundsatz werden jedoch jene Fälle ausgenommen, bei denen die Hauptleistung gerade einem Dritten zukommen soll (SZ 69/229), die Pflichtverletzung aber nur vermögensmäßige Auswirkungen haben kann (vgl etwa zu Aufträgen bei Bankgeschäften SZ 60/91, SZ 69/229 ua, zuletzt 7 Ob 188/99v; RIS-Justiz RS0017127; Avancini/Iro/Koziol aaO Rz 6/24 ua). So wird auch bei deliktischer Schädigung eine Haftung für Vermögensschäden Dritter dann bejaht, wenn bei der zu erbringenden Leistung erkennbar auch die Interessen des Dritten mitverfolgt und dessen Entschlüsse beeinflusst wurden. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist dennoch zusammenzufassen:
Hat die Bank vom Treuhandcharakter der auf einem Giro- bzw verdeckten Treuhandkonto eingehenden Zahlungen Kenntnis, so kann der Treuhänder auch gegen die Bank bloße Vermögensschäden geltend machen, sofern diese von ihren vertraglich durch P 23 der AGBKr eingeräumten Sicherheiten Gebrauch macht bzw Debetminderungen auf dem Girokonto mit den eingehenden Treuhandgeldern zu Gunsten des Kontoinhabers vornimmt.
Im vorliegenden Fall steht jedoch nicht fest, die beklagte Bank bzw ihre für sie handelnden Repräsentanten (Zweigstellenleiter und seine Stellvertreterin) hätten bei den hier maßgeblichen Überweisungen der klagenden Partei und ihrer Zedenten auf das Girokonto des Kontoinhabers (und Treuhänders) gewusst, dass es sich in Wahrheit um Treuhandgelder handelte. Mangels einer entsprechenden Nachforschungspflicht war die Bank aber berechtigt, mit ihren Kreditforderungen gegen die Forderungen aus den eingegangenen Erlägen aufzurechnen, sodass der Anspruch der klagenden Partei (und deren Zedenten) auf Ersatz der daraus entstandenen Vermögensnachteile scheitern muss. Demnach ist in Abänderung des zweitinstanzlichen Aufhebungsbeschlusses mit Urteil das klageabweisende Ersturteil wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.
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