OGH 4Ob314/00f

OGH4Ob314/00f19.12.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karina R*****, vertreten durch Dr. Klaus Gstrein und Dr. Ulrich Gstrein, Rechtsanwälte in Imst, gegen die beklagten Parteien 1. Hildegard T*****, 2. Gertraud T*****, 3. Margit T*****, 4. Maria A*****, 5. Dagmar M*****, erst- bis drittbeklagte Partei vertreten durch Dr. Andreas Fink und Dr. Peter Kolb, Rechtsanwälte in Imst, viert- und fünftbeklagte Partei vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Zivilteilung einer Liegenschaft (Streitwert 480.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 6. September 2000, GZ 3 R 181/00t-37, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 13. April 2000, GZ 15 Cg 215/98i-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der erst-, zweit- und drittbeklagten Partei die mit 23.701,50 S (darin 3.950,25 S USt) und der viert- und fünftbeklagten Partei die mit 22.671 S (darin 3.778,50 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung jeweils binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war bei Klageeinbringung - ebenso wie die Zweit-, Dritt-, Viert- und Fünftbeklagte - zu 2/15 Miteigentümerin, die Erstbeklagte ist zu 1/3 Miteigentümerin der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch K*****. Zum Gutsbestand dieser Liegenschaft gehört unter anderem das Grundstück Nr 426 mit einer Fläche von 3.100 m**2. Dieses Grundstück ist derzeit im Flächenwidmungsplan als landwirtschaftliche Fläche ausgewiesen und wird auch als solche genutzt. Bereits der am 1. 6. 1996 verstorbene Großvater der Klägerin hat sich zu Lebzeiten bemüht, eine Umwidmung des Grundstücks Nr 426 in Bauland zu erreichen. Nach seinem Tod wurden diese Bemühungen von den Beklagten fortgesetzt, wobei insbesondere beim damaligen Bürgermeister der Gemeinde K***** intensiv wegen einer Umwidmung interveniert wurde. Die Gemeinde K***** ist seit mehreren Jahren damit befasst, einen neuen Flächenwidmungsplan zu erstellen. In der Gemeinderatssitzung vom 25. 5. 1999 wurde mehrheitlich beschlossen, das Grundstück Nr 426 in Bauland umzuwidmen. In der Folge wurde dieses Raumordnungskonzept zur Vorbegutachtung dem Amt der Tiroler Landesregierung als zuständige Aufsichtsbehörde übermittelt. Eine Entscheidung des Amtes der Tiroler Landesregierung über die Genehmigung dieses Raumordnungskonzeptes steht nach wie vor aus, ist aber in nächster Zukunft zu erwarten. Anlässlich einer Vorbesichtigung an Ort und Stelle teilte der zuständige Beamte des Amtes der Tiroler Landesregierung HR Dr. S***** dem Bürgermeister der Gemeinde K***** mit, dass seines Erachtens eine Umwidmung nicht in Betracht komme, da es sich beim Grundstück Nr 426 um wertvollen landwirtschaftlichen Grund handle und überdies unmittelbar bei der Hofstelle Bauparzellen zur Verfügung stünden, mit deren Hilfe das Wohnbedürfnis aller Beklagten befriedigt werden könne. Sollte das Amt der Tiroler Landesregierung den von der Gemeinde K***** als Vorkonzept eingereichten Flächenwidmungsplan nicht genehmigen, steht es dem Gemeinderat der Gemeinde K***** frei, einen Beharrungsbeschluss zu fassen und jenen Flächenwidmungsplan, in dem das Grundstück Nr 426 als Bauland ausgewiesen ist, neuerlich zur endgültigen Genehmigung beim Amt der Tiroler Landesregierung einzureichen. Die endgültige Entscheidung über die Bewilligung liegt beim Land Tirol. Das Umwidmungsverfahren ist nach wie vor anhängig; in absehbarer Zeit ist mit seinem Abschluss zu rechnen, wobei das Ergebnis noch nicht feststeht.

Die Klägerin begehrt die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft an der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch K***** durch Zivilteilung wegen Unstimmigkeiten innerhalb der Miteigentumsgemeinschaft. Eine Übertragung ihrer Miteigentumsanteile gegen eine Abfindung auf Grundlage eines im Verlassenschaftsverfahren des Voreigentümers eingeholten Schätzungsgutachtens hätten die Beklagten abgelehnt. Eine Vereinbarung zwischen den Streitteilen, mit der Einleitung und Fortsetzung des Zivilteilungsverfahrens bis zum Abschluss eines Umwidmungsverfahrens zuzuwarten, bestehe nicht. Der Gemeinderat habe zwar beschlossen, die Liegenschaft im Raumordnungskonzept als Bauland aufzunehmen, doch sei mit einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung der beabsichtigten Umwidmung nach einer Auskunft des zuständigen Beamten der Aufsichtsbehörde nicht zu rechnen.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Schon im Verlassenschaftsverfahren sei zwischen der Mutter der damals noch minderjährigen Klägerin und Vertretern der Gemeinde vereinbart worden, man wolle vorerst versuchen, die Umwidmung einzelner Teilflächen der Liegenschaft in Bauland zu erreichen, um diese dann verkaufen und die Ansprüche der Klägerin abfinden zu können; mit Verwertungsschritten, insbesondere mit der Einbringung einer Teilungsklage, solle solange zugewartet werden, bis das Umwidmungsverfahren abgeschlossen oder absehbar sei, ob und in welchem Umfang Umwidmungen in Bauland stattfinden könnten. Die Klägerin habe bis zur erfolgten Umwidmung einer Teilfläche in ein Baugrundstück auf eine Teilung der Liegenschaft verzichtet. Der Bürgermeister habe sich dafür verwendet, eine so große Fläche umzuwidmen, dass vier Bauplätze geschaffen werden könnten. Das Umwidmungsverfahren sei anhängig, bis dato aber noch nicht abgeschlossen. Die Einbringung der Teilungsklage erfolge zur Unzeit, weil die Liegenschaft nach erfolgter Umwidmung eine erhebliche Wertsteigerung erfahren würde.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der dem Teilhaber einer Gemeinschaft nach § 830 ABGB zustehende Anspruch auf Aufhebung sei ein unbedingter, weil sich der Teilhaber grundsätzlich nur einen angemessenen Aufschub gefallen lassen müsse. Die Teilung dürfe aber nicht zur Unzeit oder zum Nachteil der übrigen begehrt werden. "Unzeit" sei ein objektiver, außerhalb der Beteiligten bestehender und für alle in gleicher Weise wirkender Umstand, der die Teilung zwar nicht hindere, sie aber zur gegebenen Zeit unzweckmäßig und für beide Teile schädigend mache. Es müsse sich um einen vorübergehenden, absehbaren Ausnahmezustand handeln. Der Umstand, dass vom Gemeinderat der Gemeinde Karrösten die Änderung der Flächenwidmung von Grünland in Bauland hinsichtlich eines 3.100 m**2 großen, zum Gutsbestand der streitverfangenen Liegenschaft gehörenden Grundstücks beschlossen worden und das Verfahren über die Genehmigung dieser Änderung des Flächenwidmungsplans noch anhängig sei, begründe das Teilungshindernis der "Unzeit". Die Äußerung des damit befassten Beamten des Amtes der Tiroler Landesregierung HR Dr. S*****, der Umwidmung nicht zuzustimmen, sei noch keine Behördenentscheidung.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob das Teilungshindernis der Unzeit auch dann vorliege, wenn noch keine formelle Einleitung eines Umwidmungsverfahrens nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz (TirROG) vorliege. Es könne nicht bezweifelt werden, dass eine Umwidmung des Grundstücks Nr 426 von landwirtschaftlicher Fläche in Bauland zu einer erheblichen Wertsteigerung der Liegenschaft führen würde. Die Beklagten hätten darüber hinaus unter Beweis gestellt, dass nach jahrelangen Bemühungen der Gemeinderat der Gemeinde K***** nunmehr den Beschluss gefasst hat, das zum Gutsbestand der Liegenschaft EZ ***** gehörige Grundstück Nr 426 in Bauland umzuwidmen, und dass sich das durchzuführende Verfahren derzeit im Stadium der Vorbegutachtung durch die Aufsichtsbehörde befinde. Wenngleich die Stellungnahme des Amtes der Tiroler Landesregierung zur beabsichtigten Flächenwidmungsänderung noch ausstehe und ein förmliches Verfahren nach dem TirROG noch nicht eingeleitet sei, liege mit der vom Gemeinderat beschlossenen Umwidmung dennoch ein hinreichender Grund vor, der eine Zivilteilung zum gegenwärtigen Zeitpunkt unzweckmäßig und für beide Tele schädigend erscheinen lasse.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehlt, ob ein Teilungshindernis auch dann vorliegt, wenn zur Widmungsänderung einer Liegenschaft in Baugrund zwar bereits ein Gemeinderatsbeschluss gefasst, ein formelles Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplanes aber noch nicht eingeleitet worden ist; das Rechtsmittel ist nicht berechtigt.

Den von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensmangel erster Instanz hat das Berufungsgericht behandelt und verneint; daran ist der Oberste Gerichtshof gebunden (SZ 62/157 uva). Eine Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

In rechtlicher Hinsicht vertritt die Klägerin den Standpunkt, die Beklagten hätten zu beweisen gehabt, dass Aussicht auf Umwidmung der Liegenschaft in Baugrund bestehe; dieser Beweis sei nicht gelungen. Ein der Aufsichtsbehörde formlos zur Vorbegutachtung vorgelegter Entwurf eines geänderten Flächenwidmungsplans, der von Entscheidungsträgern der Aufsichtsbehörde bereits abgelehnt worden sei, könne nicht als Teilungshindernis beurteilt werden.

Der dem Teilhaber einer Gemeinschaft nach § 830 ABGB zustehende Anspruch auf deren Aufhebung ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ein unbedingter, weil der Teilhaber sich grundsätzlich nur einen angemessenen Aufschub gefallen lassen muß (SZ 57/45 mwN; MietSlg 40.043). Er kann mit seinem Begehren nur dann nicht durchdringen, wenn die Teilung zur Unzeit oder zum Nachteil der übrigen begehrt wird. "Unzeit" ist ein objektiver, außerhalb der Beteiligten bestehender und für alle Beteiligten in gleicher Weise wirkender Umstand, der die Teilung zwar nicht hindert, sie aber zur gegebenen Zeit unzweckmäßig und für beide Teile schädigend macht. Es muss sich also um einen vorübergehenden Ausnahmezustand handeln, der in absehbarer Zeit beendet ist (MietSlg 40.043 mwN; MietSlg 50.052; Gamerith in Rummel, ABGB3, Rdz 6 zu § 830). Für das Vorliegen eines Teilungshindernisses trifft den im Teilungsverfahren Beklagten die Behauptungs- und Beweispflicht (MietSlg 40.043 mwN).

Änderungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes können Unzeit begründen (Hofmeister/Egglmeier in Schwimann, ABGB**2 Rz 89 zu § 830); bei Naturalteilung etwa wegen einer Verbesserung der Zufahrtsmöglichkeiten eines Grundstücksteils nach der Errichtung einer geplanten öffentlichen Straße (MietSlg 34.074), bei Zivilteilung wegen zu erwartender werterhöhender Umwidmungen in absehbarer Zeit (ImmZ 1973, 302). Ist hingegen die Abänderung eines erst kürzlich in Rechtskraft erwachsenen Flächenwidmungsplans nicht zu erwarten, liegt ein bloß vorübergehender Ausnahmezustand, dessen Ende absehbar ist, nicht vor (6 Ob 712/87, mit diesem Rechtssatz nicht abgedruckt in MietSlg 40.043).

Festgestellt wurde, dass die Gemeinde, in der das zu teilende Grundstück liegt, seit Jahren mit der Erstellung eines neuen Flächenwidmungsplans befasst ist und im Mai 1999 im Gemeinderat beschlossen hat, das betroffene Grundstück in einem Vorentwurf zum Raumordnungskonzept als Bauland auszuweisen; in der Folge wurde dieser Vorentwurf - außerhalb eines Verfahrens nach dem TirROG - der Aufsichtsbehörde zur Begutachtung übermittelt; deren Entscheidung darüber ist in nächster Zukunft zu erwarten. Mit einem Abschluss des Umwidmungsverfahrens ist in absehbarer Zeit zu rechnen; ein Ergebnis steht noch nicht fest.

Bei dieser Sachlage kommt es allein darauf an, dass die Gemeinde mit Fassung des Gemeinderatsbeschlusses und Übermittlung eines Vorentwurfs an die Aufsichtsbehörde konkrete Schritte zur Änderung ihres Raumordnungskonzepts in Gang gesetzt hat, dass in absehbarer Zeit - also innerhalb eines Zeitraumes, welcher der auf Teilung drängenden Miteigentümerin einen Aufschub der Teilung zumutbar erscheinen lässt - mit einem Beschluss über die beabsichtigte Änderung des Flächenwidmungsplans zu rechnen ist, und dass ein solcher Beschluss geeignet ist, den Verkehrswert der betroffenen Liegenschaft wesentlich zu beeinflussen. Die formelle Einleitung eines Änderungsverfahrens nach den Vorschriften des TirROG ist somit in der Frage des Vorliegens von Unzeit ebensowenig von Bedeutung wie etwa die Angabe eines genauen Zeitpunktes der Beschlussfassung über einen geänderten Flächenwidmungsplan oder die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit, mit der die Gemeinde eine Entscheidung in dem von ihr angestrebten Sinn erreichen kann. Unerheblich ist letztlich auch, welche persönliche Meinung Organwalter der Aufsichtsbehörde in der Frage der Erfolgsaussichten der angestrebten Änderungen der Flächenwidmung vertreten, weil für das Ergebnis allein die Beschlussfassung der dafür zuständigen Gremien maßgeblich ist.

Die Vorinstanzen haben deshalb zu Recht das Bestehen eines von den Beklagten eingewendeten Teilungshindernisses bejaht. Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Der Einheitssatz im Revisionsverfahren beträgt beim gegebenen Streitwert 50%.

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