OGH 9ObA279/00w

OGH9ObA279/00w6.12.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter MR Mag. Norbert Riedl und Univ. Prof. Dr. Walter Schrammel als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Manfred H*****, Arbeiter, ***** vertreten durch Dr. Reschitz - Dr. Stögerer, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Friedrich N*****, Elektroinstallationen, ***** vertreten durch Dr. Gerfried Höfferer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 288.240,13 brutto abzüglich S 25.258 netto sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. Juni 2000, GZ 8 Ra 146/00z-11, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 14. Dezember 1999, GZ 20 Cga 130/99d-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

12.960 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.160 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat das Vorliegen der Entlassungsgründe des § 82 lit d und f GewO 1859 zu Recht verneint. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Den Revisionsausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:

Da der Kläger das ihm als Elektromonteur für dienstliche Zwecke überlassene Kfz, anstelle es im Betrieb abzugeben, für private Übersiedlungsfahrten über das Wochenende ohne ausdrückliche Einwilligung des Arbeitgebers benützte, konnte die Strafbarkeit nach § 136 StGB nur unterbleiben, wenn eine mutmaßliche Einwilligung des Arbeitgebers als ein den Vorsatz ausschließender Irrtum über ein Tatbestandsmerkmal vorlag oder ihm das Kraftfahrzeug zur Tatzeit anvertraut war.

Eine mutmaßliche Einwilligung liegt vor, wenn man nach den Umständen annehmen kann, der Berechtigte hätte dem Täter die Fahrt gewiss erlaubt, wenn dieser ihn gefragt hätte (Bertel im Wiener Kommentar zum StGB2 3. Lfg Rz 11 zu § 136). Dabei kommt es nicht allein darauf an, dass der Beklagte im Nachhinein angab, dass er eine Zustimmung erteilt hätte, wenn er gefragt worden wäre, sondern ob objektiv Rückschlüsse gezogen werden können, dass zum Tatzeitpunkt von einer solchen mutmaßlichen Zustimmung ausgegangen werden konnte. Hiezu steht fest, dass Arbeitnehmern der Gebrauch von Dienstfahrzeugen zum privaten Gebrauch zwar nur nach vorheriger Genehmigung durch den Arbeitgeber gestattet war, dass dem Kläger aber schon einmal für rund 14 Tage die Verwendung des Kraftfahrzeuges für den Weg zur Arbeit und den Heimweg erlaubt war und der Kläger damals nicht um Erlaubnis gefragt hatte, weil der Beklagte zu dieser Zeit auf Urlaub war. Unter diesen Umständen ist die Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung des Arbeitgebers keine Fehlbeurteilung, zumal für diese noch spricht, dass der Beklagte selbst, wenn auch im Nachhinein erklärte, dass er bei Befragen eine solche Zustimmung erteilt hätte.

Dass das Berufungsgericht den Einwand des Beklagten, dass durch die vom Kläger gefahrenen 212 km ein Schaden von S 1.038,80 entstanden sei, damit abtat, dass dieser Betrag nicht als Gegenforderung geltend gemacht wurde, hat mit der vom Beklagten relevierten Frage, ob der Kläger damit eine strafbare Handlung gesetzt habe, nichts zu tun. Das Verschulden bei den behaupteten Tatbeständen der Täuschung nach § 108 StGB oder des Betruges nach § 146 StGB ist vom Arbeitgeber zu beweisen (Kuderna Entlassungsrecht2 133). Da der Kläger aber auf eine mutmaßliche Zustimmung des Arbeitgebers zum Kraftfahrzeuggebrauch vertrauen durfte (8 ObA 92/99h = twvö WBl 2000, 37), kann von der Tatbildmäßigkeit der genannten Straftatbestände keine Rede sein.

Mangels Vorliegens einer strafbaren Handlung ist die Frage der Vertrauensunwürdigkeit beim Kläger, der Arbeiter war, nicht mehr entscheidungswesentlich. Der Entlassungsgrund des § 82 lit d GewO 1859 liegt nicht vor.

Zur Beurteilung der Beharrlichkeit sind sämtliche wiederholt abgemahnten Pflichtverletzungen heranzuziehen, auch wenn sie mit jener, die den Anlass für die Entlassung bildete, nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Nach den Feststellungen datierten die zwei schriftlichen Verwarnungen mit Entlassungsandrohung aus dem Jahr 1997. Dennoch ist der Kläger danach immer wieder unpünktlich zur Arbeit erschienen, auch noch vom 8. 3. 1999 bis 2. 4. 1999 fünfzehnmal. Der Kläger konnte daher mit Recht an der Ernsthaftigkeit der im Jahr 1997 erteilten Verwarnungen zweifeln, sodass er wegen Zuspätkommens nur nach einer neuerlichen dem Ernst der Lage angepassten Aufforderung zur Einhaltung der arbeitsvertraglichen Pflichten hätte entlassen werden können (9 ObA 268/99y). Mangels Ernstlichkeit der vorangegangenen fruchtlosen Ermahnungen, musste der Kläger wegen des Zuspätkommens am Entlassungstag nicht mit einer Entlassung rechnen, sodass auch die weitere Pflichtverletzung, die noch zu keiner Ermahnung geführt hatte, nämlich des unbefugten Gebrauches des Dienstfahrzeuges für sich allein nicht das Merkmal der Beharrlichkeit begründen konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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