OGH 1Ob260/00t

OGH1Ob260/00t28.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** Gesellschaft m. b. H., *****, vertreten durch Dr. Elisabeth Steiner und Dr. Daniela Witt-Dörring Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die beklagte Partei Christiane H*****, vertreten durch Dr. Josef Kaiblinger, Rechtsanwalt in Gunskirchen, wegen 52.146 S sA infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 5. Juli 2000, GZ 22 R 255/00g-21, womit infolge der Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Wels vom 17. April 2000, GZ 9 C 1399/99d-16, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Ein Wohn- und Büroobjekt in Wien besteht aus zwei Gebäuden, wovon eines "Ökonomiegebäude" heißt. Letzteres liegt einer bestimmten U-Bahnstation näher. Die Beklagte war auf der Suche nach mietbaren Büroräumen von 90 bis 120 m2 in zentraler Lage nahe der U-Bahn. Sie wendete sich unter anderem auch an die klagende Partei zwecks Vermittlung einer solchen Mietgelegenheit. Daraufhin bot ihr die klagende Partei auch ein bestimmtes Büro im Ökonomiegebäude an. Die Beklagte zeigte Interesse und wollte die angebotenen Räume des "einzigen noch freien Büros im Ökonomiegebäude" umgehend besichtigen. Ein Mitarbeiter der klagenden Partei verwies sie deshalb an eine andere Immobilienmaklerin, mit der die klagende Partei zusammenarbeitete. Deren Mitarbeiterin begleitete die Beklagte zum Ökonomiegebäude. Sie bemerkte jedoch vor dem Büroeingang, dass sie den Türschlüssel nicht bei sich hatte. Sodann äußerte sie sich dahin, dass im anderen Gebäude noch Büros frei seien. Daran hatte die Beklagte kein Interesse, weil sie wegen der Nähe zur U-Bahn "unbedingt ein Büro im Ökonomiegebäude haben wollte". Auf Ersuchen der Beklagten teilte ihr die Vermittlerin wegen des noch freien Büros den Namen und die Telefonnummer der Vermieterin mit. Diese besorgte die Vermietung für die Liegenschaftseigentümerin. Wenige Tage später - am 29. 6. 1999 - erfuhr diese Vermittlerin von der Vermieterin, das Büro im Ökonomiegebäude, dessen Anmietung die Beklagte interessiert hätte, sei schon vermietet. Noch am selben Tag rief die Beklagte bei der Vermieterin an und bekundete ihr Interesse, das bezeichnete Büro im Ökonomiegebäude zu mieten. Anlässlich dieses Telefonats musste sie zwar zur Kenntnis nehmen, dass das Objekt bereits vergeben sei, ihre Gesprächspartnerin machte sie jedoch darauf aufmerksam, dass im Ökonomiegebäude noch eine Dachgeschoßwohnung frei sei, die in eine Bürofläche umgewidmet werden könnte. Die Beklagte besichtigte daraufhin diese Wohnung noch am 29. 6. 1999 mit einer Mitarbeiterin der Vermieterin. Diese erklärte ihr, dass diese Wohnung "provisionsfrei vermietet werde". Die Beklagte zeigte ihr Interesse daran und erhielt von der Vermieterin die Unterlagen für dieses Bestandobjekt auf dem Postweg. Alle weiteren "Verhandlungen bzw Arbeiten hinsichtlich Umwidmung Büro etc" besorgte die Vermieterin selbst. Etwa 14 Tage nach dem Besichtigungstermin schloss die Beklagte mit der Vermieterin einen Mietvertrag über die ehemalige Dachgeschoßwohnung im Ökonomiegebäude. Das veranlasste die klagende Partei, der Beklagten eine Vermittlungsprovision zu verrechnen. Die Beklagte verweigerte jede Zahlung. Das von ihr gemietete Büro war keine der von der klagenden Partei oder von der mit ihr zusammenarbeitenden Immobilienmaklerin aufgezeigten Mietgelegenheiten. Die Vermieterin zahlte dagegen wegen der bisher guten Zusammenarbeit mit der Immobilienmaklerin, deren Partner in einer "Immobilienbörse" auch die klagende Partei war, "auf Grund einer sogenannten Good-Will-Aktion das Abgeberhonorar".

Die klagende Partei begehrte den Zuspruch von 52.146 S sA an Vermittlungsprovision, weil die Beklagte nur durch die Maklertätigkeit von der schließlich in Anspruch genommenen Vertragsgelegenheit erfahren habe.

Die Beklagte wendete ein, die klagende Partei habe für das von ihr gemietete Büro keine Vermittlungstätigkeit entfaltet und die Vertragsgelegenheit nicht aufgezeigt. Daher fehle es an einem adäquaten Kausalzusammenhang des Vertragsabschlusses mit der Vermittlungstätigkeit. Ihr sei von der Vermieterin überdies die Provisionsfreiheit ausdrücklich zugesichert worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht wies hingegen das Klagebegehren ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es bejahte einen natürlichen Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit der klagenden Partei und dem von der Beklagten geschlossenen Mietvertrag. Diese Tätigkeit sei jedoch für den Vertragsabschluss bei Wertung aller maßgebenden Umstände weder adäquat kausal noch verdienstlich gewesen. Die bloße Nennung des Namens und der Telefonnummer der Vermieterin wegen eines vom Makler namhaft gemachten Mietobjekts sei nicht gleichzeitig auch schon als Nachweis der von der Beklagten schließlich in Anspruch genommenen und vom Makler gar nicht aufgezeigten Vertragsgelegenheit anzusehen. Bei "mangelnder Identität der vom Makler nachgewiesenen, in Wahrheit aber nicht bestehenden und der vom Kunden tatsächlich wahrgenommenen Vertragsgelegenheit" entstehe kein Provisionsanspruch des Maklers nach § 6 Abs 3 MaklerG, setze doch auch der Provisionsanspruch für den "Abschluss eines wirtschaftlich zweckgleichwertigen Geschäftes" voraus, dass "die Tätigkeit des Vermittlers für diesen Geschäftsabschluss adäquat kausal und verdienstlich" gewesen sei. Der Makler solle "nicht für reine Zufallserfolge" mit einem Provisionsanspruch belohnt werden. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil es an einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt mangle.

Die Revision ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Der erkennende Senat legte in der Entscheidung 1 Ob 102/00g dar, zum Schadenersatzrecht entspreche es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass etwa auch die Frage, ob ein Schaden noch adäquate Folge des schädigenden Verhaltens ist, im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufwerfe, weil dabei die Umstände des Einzelfalls maßgebend seien und der Lösung der Rechtsfrage keine über den Anlassfall hinausgehende Bedeutung zukomme. Adäquitätsfragen seien daher nur dann revisibel, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer gravierenden Fehlbeurteilung beruhe. Daher könne auch für die Frage nach der adäquaten Verursachung eines bestimmten Vermittlungserfolgs durch die Tätigkeit eines Immobilienmaklers nichts anderes gelten, hänge doch auch diese Beurteilung zur Gänze von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab.

Vom Obersten Gerichtshof wurde ferner ausgesprochen, dass ein Anspruch auf Vermittlungsprovision dann nicht bestehe, wenn das angestrebte Rechtsgeschäft erst nach dem endgültigen Scheitern der Bemühungen des Vermittlers ausschließlich aufgrund anderer Umstände - wie etwa durch die spätere Tätigkeit einer dritten Person - zustande komme (JBl 1988, 180; MietSlg 33.552). Es wurde überdies bereits klargestellt, dass die bloß als natürliche Kausalität zu wertende Tatsache eines ohne das Einschreiten des Vermittlers unterbliebenen Kontakts der späteren Vertragspartner einem Anspruch auf Vermittlungsprovision wegen des Erfordernisses der Verdienstlichkeit nicht als taugliche Grundlage dienen könne (SZ 48/122).

2. Im angefochtenen Urteil wird der nach der Grundsatzrechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, an der festzuhalten ist, bestehende Spielraum bei der Beurteilung von Adäquitätsfragen (siehe etwa 1 Ob 313/98f [mit Ausführungen zu den Grundsätzen adäquater Kausalität im Schadenersatzrecht]) vor dem Hintergrund der voranstehend dargestellten Rechtsprechung zum Provisionsanspruch eines Immobilienmaklers nicht überschritten. Demnach ist zumindest eine gravierende Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht zu verneinen. Der vom Gericht zweiter Instanz als Zulassungsgrund ins Treffen geführte Umstand, es mangle an einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt, ist in Anbetracht der Entscheidung SZ 48/122 unzutreffend. Aber auch der Mangel einer Vorentscheidung des OGH zu einem, mit dem nunmehrigen Anlassfall vergleichbaren - also in den für die Beurteilung relevanten Punkten im Großen und Ganzen gleichen - Sachverhalt würfe für sich noch keine Rechtsfrage des materiellen Rechts von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf, hätte der Oberste Gerichtshof doch andernfalls in jedem, in den Zulassungsbereich fallenden Einzelfall in letzter Instanz die Sachentscheidung zu treffen, wenn zu der zu lösenden Adäquitätsfrage nach den gerade für den jeweiligen Einzelfall maßgebenden Tatsachen noch keine höchstgerichtliche Entscheidung ergangen ist. Daher wurde im Grundsätzlichen auch schon ausgesprochen, dass die Frage nach der Vertretbarkeit einer anderen Lösung mangels Vorliegens einer gravierenden Fehlbeurteilung keine erhebliche Rechtsfrage darstellt (1 Ob 102/00g; 1 Ob 256/97x).

2. 1. Unzutreffend ist die in der Revision aufgestellte Behauptung, das im Anlassfall bedeutsame Rechtsgeschäft wäre "niemals zustande gekommen, wenn die klagende Partei nicht auf einen weiteren Makler verwiesen hätte, welcher letztendlich das Freistehen der Dachgeschoßwohnung der beklagten Partei zur Kenntnis gebracht hatte". Das "Freistehen der Dachgeschoßwohnung" erfuhr die Beklagte gerade nicht von einem Makler, sondern aufgrund eines unmittelbaren Anbots der Vermieterin, also ohne dass diesem Anbot ein Hinweis auf die Vertragsgelegenheit durch einen Vermittler vorangegangen wäre. Es war auch nicht die Beklagte, die in einem Gespräch mit einer Mitarbeiterin der Vermieterin "eigeninitiativ" wurde. Zufolge deren Mitteilung an die Beklagte, das von der Vermittlerin namhaft gemachte Bestandobjekt sei schon vermietet, war der Vermittlungsversuch der klagenden Partei als gescheitert anzusehen. Daraufhin ergriff die Mitarbeiterin der Vermieterin die Initiative, um die Beklagte auf eine andere, nicht schon von einem Makler aufgezeigte Mietgelegenheit im gleichen Gebäude hinzuweisen.

3. Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden. Im Lichte der voranstehenden Erwägungen ist die Revision der klagenden Partei in Ermangelung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, von deren Lösung die Entscheidung abhinge, zurückzuweisen. Der Oberste Gerichtshof kann sich dabei gemäß § 510 Abs 3 ZPO auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

4. Die Beklagte unterließ einen Hinweis auf die Unzulässigkeit der Revision. Deren Revisionsbeantwortung war daher einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht dienlich. Somit hat die Beklagte die Kosten dieses Schriftsatzes gemäß §§ 40, 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO selbst zu tragen.

Stichworte