OGH 3Ob274/00s

OGH3Ob274/00s15.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei*****, vertreten durch Dr. Helmut Binder, Rechtsanwalt in Villach, gegen die verpflichtete Partei*****, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Räumung (hier: Ausfolgung einer Sicherheitsleistung), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom 21. August 2000, GZ 2 R 261/00k-19, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Villach vom 14. Juni 2000, GZ 6 E 10/00h-12, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die betreibende Partei hat die Kosten des Rekurses gegen den erstgerichtlichen Beschluss selbst zu tragen und ist schuldig, der verpflichteten Partei die mit S 21.645 (darin enthalten S 3.607,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 16. 2. 2000 wurde der betreibenden Partei gegen die verpflichtete Partei die Räumung verschiedener Grundstücke bewilligt. Der Räumungstermin wurde vom Gerichtsvollzieher mit 8. 5. 2000 festgesetzt. Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 7. 3. 2000 wurde die Räumungsexekution bis zur rechtskräftigen Beendigung des Titelverfahrens aufgeschoben, wenn zur Sicherstellung des Anspruchs der betreibenden Partei eine Sicherheitsleistung in der Höhe von S 600.000 erlegt wird. Die Aufschiebung erfolgte gemäß § 42 Abs 1 Z 2a EO, weil gegen das der Exekution zugrundeliegende Berufungsurteil ao Revision (§ 505 Abs 3 ZPO) erhoben worden war. Nach Vorliegen des Beschlusses des Obersten Gerichtshofes, mit dem die ao Revision zurückgewiesen wurde, beantragte die verpflichtete Partei die Ausfolgung der Sicherheitsleistung. Die betreibende Partei sprach sich dagegen aus, weil Schäden erst abzurechnen seien. Die betreibende Partei beantragte in der Folge die Einstellung der Räumungsexekution gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO, weil das Bestandobjekt bereits am 30. 4. 2000 geräumt übergeben worden sei. Diese Einstellung wurde bewilligt.

Das Erstgericht verfügte die Ausfolgung der Sicherheitsleistung, weil der betreibenden Partei durch die Aufschiebung der Räumungsexekution kein Schaden entstanden sei. Ohne Aufschiebung wäre die zwangsweise Räumung ohnedies erst am 8. 5. 2000 erfolgt, es könne daher ausnahmsweise über die Ausfolgung der Sicherheitsleistung im Exekutionsverfahren entschieden werden.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss infolge Rekurses der betreibenden Partei dahin ab, dass der Antrag der verpflichteten Partei auf Ausfolgung der Sicherheitsleistung abgewiesen und die verpflichtete Partei mit dem Ausfolgungsantrag auf den Rechtsweg verwiesen wurde; das Rekursgericht sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil es sich bei der hier zu lösenden Frage an die Judikatur des Obersten Gerichtshofes gehalten habe. In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, aus der EO gehe nicht hervor, was mit einer bei Exekutionsaufschiebung aufgetragenen und auferlegten Sicherheitsleistung weiter zu geschehen habe und auf welche Weise über den dem betreibenden Gläubiger entstandenen Schaden zu entscheiden sei. Die Judikatur gehe allerdings davon aus, dass der Schaden nicht vom Exekutionsgericht bestimmt werden könne, sondern im Rechtsweg geltend gemacht werden müsse. Dieser Rechtsstreit könne nur bei übereinstimmenden Anträgen vom Aufschiebungswerber und betreibenden Gläubiger vermieden werden. Bei Fehlen solcher Anträge sei der Ausfolgungsanspruch im Rechtsweg geltend zu machen. Dann sei der Betrag weiterhin gerichtlich zu verwahren und könne erst dann ausgefolgt werden, wenn eine zwischen den Parteien diesbezüglich ergangene gerichtliche Entscheidung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der ao Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist zulässig, weil zur Frage, ob die Ausfolgung einer vom Verpflichteten in einer Räumungsexekution gemäß § 44 Abs 2 EO geleisteten Sicherheit dann, wenn die Räumung tatsächlich vor dem vom Gericht ursprünglich festgesetzten Räumungstemin erfolgt ist, der betreibende Gläubiger jedoch mit der Ausfolgung der Sicherheit nicht einverstanden ist, mit Beschluss des Exekutionsgerichtes angeordnet werden kann, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliegt; er ist auch berechtigt.

Das Erstgericht hat mit Beschluss vom 7. 3. 2000 die Aufschiebung der Räumungsexekution auf Antrag der verpflichteten Partei gemäß § 42 Abs 1 Z 2a EO gegen Erlag einer Sicherheitsleistung von S 600.000 angeordnet, weil gegen das der Exekution zugrundeliegende Berufungsurteil außerordentliche Revision (§ 505 Abs 3 ZPO) erhoben worden war. Diese Sicherheit wurde am 16. 3. 200 erlegt, worauf der Erstrichter dem Gerichtsvollzieher mitteilte, der bereits für 8. 5. 2000 anberaumte Räumungstermin sei gegenstandslos.

Da die verpflichtete Partei laut Mitteilung der betreibenden Partei im Antrag auf Einstellung der Räumungsexekution gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO das Bestandobjekt bereits am 30. 4. 2000 geräumt übergeben hat, kann durch die bewilligte Aufschiebung, die sich faktisch überhaupt nicht ausgewirkt hat, kein Schaden entstanden sein. Die Sicherheit wird jedoch zu dem Zweck auferlegt, um den Gläubiger vor allen Nachteilen zu schützen, die mit einer Aufschiebung verbunden sein können. Sie soll den Schaden decken, der dem betreibenden Gläubiger infolge der Verzögerung seiner Befriedigung entstehen könnte (MietSlg 40.838). Aus der Zweckgebundenheit der Sicherheit folgt daher, dass sie für andere Schäden des betreibenden Gläubigers - nur solche werden im Übrigen im Rekurs der betreibenden Partei angeführt - nicht haftet (MietSlg 47.723; Deixler-Hübner in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO Rz 18 zu § 44).

Ist aber die Entstehung eines Schadens, für den die erlegte Sicherheit haften würde, nicht denkbar, so ist die Ausfolgung der Sicherheit an den Erleger vom Exekutionsgericht anzuordnen, auch wenn kein Einverständnis der betreibenden Partei vorliegt.

Es war daher der zutreffende Beschluss des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 40, 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte