Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 13.144,50 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 2.190,75, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Gemäß § 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei der Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
Am 22. 4. 1997 ereignete sich in Graz auf einer Straßenkreuzung ein Verkehrsunfall, an dem eine von der Firma P***** GmbH gehaltene, selbstfahrende Arbeitsmaschine und der vom Erstbeklagten gelenkte und von der zweitbeklagten Partei gehaltene Sattelzug, der in Großbritannien zum Verkehr zugelassen war, beteiligt waren und durch den der Kläger, der auf der Arbeitsbühne der Arbeitsmaschine arbeitete, verletzt wurde.
Der Kläger begehrte aus dem Titel des Schadenersatzes die Zahlung von S 532.500 sA sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien.
Die beklagten Parteien wendeten ua ein, den Erstbeklagten treffe kein Verschulden. Der Kläger müsse sich auch anrechnen lassen, dass er von seinem Arbeitgeber nicht erfolgreich einen Sicherheitsgurt angefordert habe. Hätte er einen solchen gehabt, wäre er nur leicht verletzt worden.
Das Erstgericht verurteilte die beklagten Parteien zur Zahlung von S
422.500 sA und gab dem Feststellungsbegehren statt; das Leistungsmehrbegehren wurde abgewiesen.
Das von den beklagten Parteien angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig. Es begründete diesen Ausspruch damit, dass zu den hier wesentlichen Fragen, insbesondere ob unter derartigen Umständen (die im Wesentlichen immer wieder vorkommen könnten) eine weitergehende Verpflichtung des Klägers zur Sicherung der späteren Unfallstelle (etwa durch Sperre auch des zweiten geradeaus führenden Fahrstreifens) bestanden habe und ob dem Kläger wegen der Nichtverwendung eines Schutzhelmes und/oder eines Sicherheitsgurtes ein Mitverschulden vorgeworfen werden könne, fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von den beklagten Parteien erhobene Revision ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend - nicht zulässig.
Zur Frage einer weitergehenden Verpflichtung zur Sicherung der späteren Unfallsstelle hat nämlich der Oberste Gerichtshof erst jüngst in der zu demselben Unfall ergangenen Entscheidung 2 Ob 184/00y Stellung genommen und ausgeführt, dass das Einschalten des gelbroten Drehlichtes ausreichend war und dass keine weitergehende Verpflichtung bestand, ein Gefahrenzeichen aufzustellen.
Was nun die Frage einer Sorglosigkeit des Klägers in eigenen Angelegenheiten wegen Nichtverwendung eines Schutzhelmes und Nichtanforderung eines Sicherheitsgurtes betrifft, so hat das Erstgericht festgestellt, dass ein Schutzhelm dem Kläger schon durch die Querbeschleunigung beim Anstoß vom Kopf geschleudert worden wäre und selbst dann, wenn er auf dem Kopf geblieben wäre, der Kläger voraussichtlich genauso einen Schädeldachbruch mit den entsprechenden Folgen erlitten hätte. Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof ebenfalls erst jüngst in der Entscheidung 1 Ob 9/00f ausgeführt, der Geschädigte verletze seine Schadensminderungspflicht, wenn er schuldhaft Handlungen unterlasse, die von einem verständigen Durchschnittsmenschen gesetzt worden und geeignet wären, den Schaden abzuwehren oder zu verringern. Was zugemutet werden könne, bestimme sich nach den Interessen beider Teile im Einzelfall und nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs (SZ 62/185; SZ 70/108). Maßgebend sei, ob der Geschädigte jene Sorgfalt außer Acht gelassen habe, die ein verständiger Teilnehmer in seiner Lage angewandt hätte, um eine Schädigung nach Möglichkeit abzuwenden. Bei der Aufteilung seien entscheidend vor allem die Größe und Wahrscheinlichkeit der schuldhaft herbeigeführten Gefahr, die Bedeutung der verletzten Vorschrift und der Grad der Fahrlässigkeit (SZ 70/108). Es hängt daher immer von den Umständen des Einzelfalles ab, ob dem Geschädigten eine Verletzung seiner Schadensminderungspflicht anzulasten ist, weshalb grundsätzlich die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht gegeben sind. Eine grobe Fehlbeurteilung, die aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit wahrgenommen werden müsste, kann in der Ansicht der Vorinstanzen, es könne dem Kläger nicht vorgeworfen werden, dass er nicht an Ort und Stelle die Beistellung eines Sicherheitsgurtes verlangte, nicht erblickt werden. Schließlich konnte er ja davon ausgehen, dass sein Arbeitgeber die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten und einen allenfalls erforderlichen Sicherheitsgurt beistellen werde (RIS-Justiz RS0111032).
Daraus folgt, dass die vom Berufungsgericht aufgezeigten Gründe für die Zulässigkeit der Revision nicht zutreffend sind.
Aber auch in der Revision der beklagten Parteien werden keine weiteren erheblichen Rechtsfragen dargetan. Die beklagten Parteien erblicken eine weitere erhebliche Rechtsfrage darin, dass der Kläger auf den herannahenden LKW durch Wegschwenken des Fahrkorbes reagieren hätte müssen. Es stelle sich die erhebliche Rechtsfrage, ob bereits das Herannahen eines LKW auf einem nicht abgesicherten Fahrstreifen eine Gefahrensituation darstelle, auf die ein Monteur, dessen Arbeitskorb in diesen ungesicherten Fahrstreifen rage, reagieren müsse. Auch mit diesen Ausführungen wird aber keine Rechtsfrage dargetan, der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen würde. Im Übrigen konnte der Kläger darauf vertrauen, dass der LKW-Lenker wegen der Erkennbarkeit des Drehlichtes der Warnleuchte besonders vorsichtig sein werde (ZVR 1976/99; 8 Ob 143/81).
Die Revision der beklagten Parteien war daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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