OGH 9ObA218/00z

OGH9ObA218/00z8.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter RR Gerhard Kriegl und Werner Bayer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei V***** Versicherungs-AG, ***** vertreten durch Dr. Gottfried Zandl und Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Sabine H*****, Angestellte, ***** vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Zustimmung zur Entlassung (Streitwert S 300.000,--), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. Mai 2000, GZ 8 Ra 47/00v-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 23. November 1999, GZ 38 Cga 63/99y-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

"Das Klagebegehren des Inhalts, es werde der Beendigung des Dienstverhältnisses zwischen Sabine H***** und V***** Versicherungs-AG durch Entlassung zugestimmt, wird abgewiesen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 13.725,-- (darin S 2.287,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit ihrer am 30. März 1999 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin die Zustimmung des Gerichtes zur Entlassung der Beklagten. Diese sei seit 29. 3. 1996 als Angestellte bei der Klägerin beschäftigt. Im Dienstvertrag sei ausdrücklich festgehalten, dass jedwede Nebenbeschäftigung verboten sei; es sei denn, es werde die ausdrückliche Zustimmung der beklagten Partei gegeben. Trotz dieses Verbotes betreibe die Beklagte einen Esoterikladen in Graz und sei trotz Aufforderung nicht bereit, diese Tätigkeit aufzugeben, obwohl die Klägerin hiefür mit Schreiben vom 1. 2. 1999 eine Frist bis 28. 2. 1999 eingeräumt habe. Da die Beklagte gewerberechtliche Geschäftsführerin ihres Unternehmens sei, müsse davon ausgegangen werden, dass sie zumindest 20 Wochenstunden dafür aufwenden müsse. Es widerspreche ihrer Verpflichtung, ihre gesamte Arbeitskraft der klagenden Partei zur Verfügung zu stellen. Auf Grund der Weigerung der Beklagten, ihre Nebentätigkeit aufzugeben, sei eine Entlassung gemäß § 12 Abs 2 Z 3 MSchG gerechtfertigt.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe die Landesdirektion Steiermark der klagenden Partei bereits Ende November 1998 über die geplante Geschäftstätigkeit informiert und sei lediglich aufgefordert worden, eine Bestätigung darüber zu erstellen, dass ihre Geschäftstätigkeit sich nicht negativ auf ihre Arbeitsleistung auswirke. Tatsächlich sei die Arbeitsleistung der Beklagten für die Klägerin durch ihre Geschäftstätigkeit nicht beeinträchtigt worden, weil sie zwar formell gewerberechtliche Geschäftsführerin sei, die operativen Tätigkeiten aber von einer Bekannten sowie Angehörigen ausgeübt würden. Das Leistungsvermögen der Beklagten sei in keiner Weise herabgesetzt worden, weshalb auch kein Einfluss auf den Betrieb oder eine Schädigung der Interessen des Dienstgebers eingetreten seien. Überdies bestehe auf Grund eines Schreibens des Sanitätsreferats der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung seit 12. 4. 1999 ein individuelles Beschäftigungsverbot der Beklagten im Sinn des § 3 Abs 3 MSchG.

Eine Entlassung sei im Übrigen auch verfristet. Bereits die - mangels gerichtlicher Zustimmung unwirksame - am 3. 3. 1999 ausgesprochene Entlassung sei verspätet gewesen. Die Geschäftsleitung der Beklagten habe bereits seit Ende November über die Geschäftstätigkeit der Beklagten Bescheid gewusst. Um der vorerst unwirksam ausgesprochenen Entlassung zu begegnen, habe die Beklagte zu 31 Cga 49/99p des Landesgerichtes für ZRS Graz eine Klage auf Feststellung des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses über den 4. 3. 1999 hinaus eingebracht. Darüber sei am 12. 4. 1999 ein mittlerweile rechtskräftiges Versäumungsurteil gegen die hier klagende Partei ergangen. Die vorliegende, erst am 30. 3. 1999 eingebrachte Klage auf Zustimmung zur Entlassung sei jedenfalls nicht ehestens nach Bekanntwerden eines Entlassungsgrundes eingebracht worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt; es sprach aus, dass der Beendigung des Dienstverhältnisses zwischen den Streitteilen durch Entlassung zugestimmt werde. Es traf im Wesentlichen folgende Feststellungen:

Die Beklagte ist seit 1. 4. 1996 bei der klagenden Partei hauptberuflich im Ausmaß einer Vollbeschäftigung im Außendienst beschäftigt; ihr Tätigkeitsbereich besteht in der Vermittlung von Versicherungsverträgen. Ihre Entlohnung setzt sich aus fixen Entgeltsbestandteilen sowie Provisionen zusammen, deren Höhe sich nach der Art und Anzahl der abgeschlossenen Versicherungsverträge richtet. Die Beklagte erhält dadurch durchschnittlich ein monatliches Nettoentgelt in der Höhe von ca S 20.000. Die Klägerin fordert von ihren Außendienstmitarbeitern eine Mindestleistung von 28 vermittelten Verträgen pro Monat. Beginnend mit den Sommermonaten 1998 verschlechterte sich die Leistung der Beklagten stark. Im Juli vermittelte sie 11, im August 7, im September 4 und im Oktober 8 Risiken. Dies war insofern außergewöhnlich, als der Erfolg der Beklagten in den Jahren zuvor um rund 2/3 höher gewesen war und sie in den Anfangsmonaten des Jahres 1998 noch durchschnittlich 16 Risiken, im April sogar 25 vermittelt hatte.

Der Umsatzrückgang in den Sommermonaten war vor allem auf private Probleme und auf eine Salmonellenerkrankung (im September) zurückzuführen. Am 23. November konnte die Beklagte hingegen wieder auf 29 in diesem Monat vermittelte Risiken hinweisen und verpasste dadurch nur knapp eine für besondere Leistungen ausgesetzte Bonifikation.

Seit Mitte Oktober 1998 plante die Beklagte, gemeinsam mit ihrer Freundin ein Geschäftslokal zu eröffnen. Zu diesem Zweck beantragte sie im November 1998 eine Gewerbeberechtigung für Handel mit Waren aller Art, welche sie auch per 1. 12. 1998 erhielt. Am 8. 12. 1998 wurde das Geschäft eröffnet, welches von der Beklagten als Einzelunternehmen geführt wird. Gegenstand dieses Unternehmens ist der Handel mit Duftlampen und -ölen, Vasen, Büchern über Ernährung und Esoterik sowie CDs. Die Verkaufstätigkeit wird zwar vorwiegend von einer Freundin der Beklagten durchgeführt, doch ist auch die Beklagte mit derartigen Tätigkeiten beschäftigt. Gemeinsam mit ihrer Freundin stellt sie auch das Sortiment zusammen, wählt die Lieferanten aus und nimmt die entsprechenden Bestellungen vor. Die Familie der Beklagten unterstützte sie insbesondere bei der Einrichtung des Lokals. Die buchhalterischen Tätigkeiten erledigt die Beklagte unter Mithilfe einer weiteren Freundin, lediglich die Abschlussarbeiten werden einem Steuerberater übergeben. Die Beklagte ist auch erheblich mit Koordinierungsaufgaben beschäftigt, um einen ordentlichen Geschäftsbetrieb zu gewährleisten, weil sie keine angestellte Verkaufskraft beschäftigt. Es obliegt der Beklagten dafür zu sorgen, dass während der Geschäftsöffnungszeiten immer jemand im Geschäft anwesend ist, dass Lieferanten bezahlt werden usf. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Umfang der wöchentlich von der Beklagten aufgewendeten Arbeitszeit für das Geschäft zumindest 20 Stunden beträgt.

Im November 1998 informierte der direkte Vorgesetzte der Beklagten den zuständigen Landesdirektor über Gerüchte hinsichtlich einer von der Beklagten ausgeübten Nebenbeschäftigung. Zu diesem Zeitpunkt gab es jedoch noch keine konkreten Anhaltspunkte, sondern nur Vermutungen. Es kam daraufhin am 25. 11. 1998 zu einem Gespräch zwischen dem Landesdirektor und der Beklagten, wobei diese jedoch keine genauen Angaben über ihre Nebentätigkeit machte und nur allgemein über eine beabsichtigte Geschäftseröffnung sprach. Der Beklagten wurde das im Dienstvertrag enthaltene Verbot von Nebentätigkeiten zur Kenntnis gebracht, weiters wurde sie auf ihre der klagenden Partei gegenüber bestehende Informationspflicht hingewiesen. Eine allfällige Lösung des Dienstverhältnisses wurde damals noch nicht besprochen. Auf Grund des Dienstvertrages sind Nebenbeschäftigungen, welcher Art auch immer, ausdrücklich verboten, es sei denn, die klagende Partei erteilt hiezu eine schriftliche Genehmigung. Derartige, an die Landesdirektion zu richtende Genehmigungsanträge wurden bisher grundsätzlich nicht positiv erledigt.

Im Zuge des vorerwähnten Gespräches forderte der Landesdirektor die Beklagte auf, eine schriftliche Stellungnahme darüber abzugeben, ob eine Nebentätigkeit vorliege bzw in welcher Art und Weise diese ausgeübt werde, um so entscheiden zu können, ob die Gerüchte der Wahrheit entsprechen. Anfang Jänner 1999 teilte die Beklagte der Klägerin ihre Schwangerschaft mit, ab 12. 4. 1999 bestand ein individuelles Beschäftigungsverbot im Sinne des § 3 Abs 3 MSchG. Obwohl der Landesdirektor eine Stellungnahme bei der Beklagten mehrfach urgierte bzw urgieren ließ, gab diese eine solche nicht ab, weshalb der Landesdirektor am 26. 11. 1999 eine Sachverhaltsdarstellung an den Personalchef der Klägerin schickte und um weitere Verfolgung der Angelegenheit bat. Zu diesem Zeitpunkt herrschte noch immer keine Klarheit darüber, ob die Beklagte eine verbotene Nebentätigkeit ausübe. Vor Verfassung dieser Mitteilung verständigte der Landesdirektor auch den direkten Vorgesetzten der Beklagten. Daraufhin erstellte dieser gemeinsam mit der Beklagten eine Faxmitteilung, in welcher darauf hingewiesen wurde, dass die Beklagte im Dezember 1998 ein Geschäft gegründet habe, aber nur "offiziell" als Geschäftsinhaberin fungiere. Sie selbst sei dort nicht wirklich tätig und habe diese Gelegenheit nur als Form einer Geldanlage genutzt. Diese Stellungnahme ging dem Landesdirektor erst nach dem 26. 1. 1999 zu, welcher sie umgehend an den Personalchef weiterleitete. Dieser forderte die Beklagte am 1. 2. 1999 schriftlich auf, längstens bis 28. 2. 1999 die Gewerbeberechtigung zurück- und die Geschäftsführung niederzulegen bzw als Geschäftsführerin auszuscheiden. Weiters solle die Beklagte darüber eine schriftliche Bestätigung ausstellen. Mitte Februar 1999 kam es zwischen den letztgenannten Personen auch zu einem Telefongespräch, anlässlich dessen die Beklagte nochmals aufgefordert wurde, Unterlagen über die genaue Art ihrer Tätigkeit beizubringen. Ausdrücklich wurde ihr auch die Entlassung für den Fall des Untätigbleibens in dieser Angelegenheit angedroht.

Die Beklagte, welche sich zumindest seit Ende Februar 1999 im Krankenstand befand, reagierte nicht auf diese Aufforderung, worauf die klagende Partei am 3. 3. 1999 schriftlich die Entlassung aussprach und als Entlassungsgrund die verbotene Nebenbeschäftigung angab. Trotz der ihr bekannten Schwangerschaft der Beklagten holte die Klägerin zunächst keine gerichtliche Zustimmung zur Entlassung ein. Mit (bereits rechtskräftigem) Versäumungsurteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 12. 4. 1999, 31 Cga 49/99p, wurde die Rechtsunwirksamkeit dieser Entlassung festgestellt.

Am 30. 3. 1999 brachte die Klägerin die vorliegende Klage ein, weil die Beklagte ihre gewerbliche Tätigkeit nicht aufgegeben habe. Derzeit befindet sich die Beklagte in Karenz, nachdem sie am 1. 8. 1999 ihr Kind zur Welt gebracht hatte.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass die Beklagte mit ihrem Verhalten den Entlassungsgrund nach § 12 Abs 2 Z 3 MSchG erfüllt habe. Trotz der Mithilfe anderer Personen stelle die Beklagte durch ihre unternehmerische Tätigkeit der klagenden Partei nicht mehr ihre gesamte Arbeitskraft zur Verfügung. Im Zusammenhang mit der besonderen Problematik bei Außendienstmitarbeitern, welche eine genaue Kontrolle der Tätigkeit durch den Dienstgeber verhindere, sei die Nebentätigkeit der Beklagten für die Klägerin unzumutbar und kollidiere mit deren Interessen. Schon auf Grund der zeitlichen Beanspruchung von zumindest 20 Wochenstunden durch ihre Nebentätigkeit könne die Beklagte die Belange der Klägerin nicht mehr mit derselben Intensität vertreten, wie sie von der klagenden Partei von ihren hauptberuflichen Außendienstmitarbeitern gefordert werde. Eine Entlassung sei daher gerechtfertigt, zumal sich die Beklagte geweigert habe, ihre Geschäftstätigkeit aufzugeben. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin bis zuletzt über den genauen Umfang der Tätigkeit der Beklagten nicht informiert gewesen sei, sei die Klage auch nicht verspätet eingebracht worden. Darüber hinaus handle es sich bei dem von der Beklagten gesetzten Entlassungsgrund um einen Dauertatbestand, welcher es dem Dienstgeber ermögliche, die Entlassung während der gesamten Dauer des betreffenden Zustandes jederzeit auszusprechen. Von einer Verwirkung des Entlassungsrechtes könne schon deshalb nicht die Rede sein, weil die Beklagte wiederholt zur Stellungnahme und zur Beibringung von Unterlagen aufgefordert worden sei, weshalb sie keineswegs davon ausgehen habe können, die Klägerin sei mit ihrer Nebentätigkeit einverstanden und werde diesen Entlassungsgrund nicht mehr geltend machen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass die Klägerin mit Recht davon habe ausgehen dürfen, dass die Beklagte durch die Ausübung eines Handelswerbes als Einzelfirma ein abträgliches Nebengeschäft betreibe. Da die Beklagte offiziell um eine Gewerbeberechtigung angesucht habe, habe die Klägerin annehmen können, dass der Umfang der Geschäftstätigkeit der Beklagten ein Ausmaß erreiche, welches die Interessen der Klägerin wesentlich beinträchtige. Soweit diese der Beklagten nach Mitteilung des Sachverhalts eine Frist von einem Monat zur Beendigung der Nebenbeschäftigung gewährt habe, könne ihr dies hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Entlassung nicht zum Nachteil gereichen. Die Klägerin habe auch durch die - rechtlich unwirksame - Entlassung vom 3. 3. 1999 unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass sie das Verhalten der Beklagten nicht billige, sodass selbst zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage am 30. 3. 1999 das Entlassungsrecht der Klägerin noch nicht als verwirkt anzusehen sei. Unerheblich sei, dass die Beklagte ab 12. 4. 1999 in den vorzeitigen Mutterschutz getreten sei. Andernfalls hätte es jede Arbeitnehmerin, deren Entlassung aus dem Grund des § 12 Abs 2 Z 3 MSchG begehrt werde, in der Hand, kurz vor Schluss der Verhandlung erster Instanz diese Nebenbeschäftigung aufzugeben, um dann den Entlassungsprozess zu gewinnen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 12 Abs 1 MSchG dürfen Dienstnehmerinnen während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung rechtswirksam nur nach vorheriger Zustimmung des Gerichtes entlassen werden. Gemäß Abs 2 Z 3 leg cit darf das Gericht die Zustimmung zur Entlassung nur erteilen, wenn die Dienstnehmerin ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis verrät oder ohne Einwilligung des Dienstgebers ein der Verwendung im Betrieb (Haushalt) abträgliches Nebengeschäft betreibt. Diese Bestimmung entspricht § 82 lit e GewO und § 122 Abs 1 Z 4 ArbVG (Knöfler, Mutterschutzgesetz und Eltern-Karenzurlaubsgesetz13 255), sodass zur Beurteilung auch Literatur und Rechtsprechung, welche zu den letztgenannten Bestimmungen ergangen ist, beachtlich ist. Unter einem Nebengeschäft im Sinne der vorgenannten Bestimmungen ist die tatsächliche Besorgung von Arbeiten durch einen Arbeitnehmer außerhalb des Geschäftsbetriebes eines Arbeitgebers in der Absicht zu verstehen, sie wiederholt oder in der Art zu verrichten, dass darauf Zeit und Mühe verwendet wird. Gleichgültig ist es, ob diese Arbeiten ständig oder nur zeitweise, als Beruf oder nur während einer bestimmten Zeitspanne verrichtet werden und ob sie dem Arbeitnehmer eine Einnahmequelle erschließen soll (Kuderna, Entlassungsrecht2 136). Für die Verwirklichung des Tatbestandes muss eine weitere Voraussetzung, nämlich diejenige erfüllt sein, dass das vom Arbeitnehmer betriebene Nebengeschäft "der Verwendung beim Gewerbe abträglich" sein muss. Darunter ist zu verstehen, dass sich das Betreiben des Nebengeschäftes nachteilig auf die Verwendung des Arbeitnehmers im Gewerbe seines Arbeitgebers und damit auch in dessen Betrieb auswirkt (Kuderna aaO; RIS-Justiz RS0060540, insbesondere Arb 9517, DRdA 1998/1 [Holzer]).

Der Nachteil für den Dienstgeber kann, abgesehen von einer hier nicht vorliegenden Konkurrenzierung, zunächst darin liegen, dass die Nebenbeschäftigung die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in unzumutbarer Weise beeinträchtigt, sodass er seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen kann (DRdA 1988/1 [Holzer]). Die Beweislast für das Vorliegen des Entlassungsgrundes trifft grundsätzlich den Arbeitgeber (Kuderna aaO 49). Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen indiziert im vorliegenden Fall weder das Ausmaß der Nebenbeschäftigung der Beklagten von 20 Wochenstunden noch deren Außendiensttätigkeit die Abträglichkeit des Nebengeschäftes im vorgenannten Sinn, sodass das völlig allgemein gehaltene Vorbringen der Klägerin, die Tätigkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer sei jedenfalls abträglich, ohne das Hinzutreten konkreter Feststellungen über die Beeinträchtigung der Beklagten in ihrer Tätigkeit für die Klägerin nicht überzeugen kann. Insbesondere kann nicht übersehen werden, dass gerade die Tätigkeit als Außendienstmitarbeiterin die Möglichkeit einer flexibleren Gestaltung der Arbeitszeit einräumt, ohne dass es zu Kollisionen zwischen der Angestelltentätigkeit und der selbstständigen Tätigkeit kommen muss.

Die Klägerin hat weder behauptet noch bewiesen, dass durch die Nebenbeschäftigung der Beklagten deren Abschlusserfolge zurückgegangen seien, was zutreffendenfalls ein Indiz für die Abträglichkeit der Nebenbeschäftigung hätte sein können. Infolge Fehlens des Tatbestandmerkmals der Abträglichkeit bedarf es daher auch keiner Erörterung betreffend die Unverzüglichkeit der Klageeinbringung durch die Arbeitgeberin. Unbeachtlich ist auch der Umstand, dass die Beklagte durch ihre Tätigkeit gegen das ausdrücklich im Dienstvertrag festgehaltene Nebenbeschäftigungsverbot verstoßen haben könnte, weil die Berechtigung der Entlassung nur auf § 12 Abs 2 Z 3 MSchG, nicht jedoch auf einen anderen Entlassungsgrund, allenfalls auf § 12 Abs 2 Z 1 MSchG, gestützt wurde.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 58 Abs 1 ASGG iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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