OGH 6Ob267/00h

OGH6Ob267/00h23.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Firmenbuchsache der G***** GmbH mit dem Sitz in S***** über den Revisionsrekurs der Gesellschaft, vertreten durch den Geschäftsführer Claus W. G*****, dieser vertreten durch Dr. Wolfgang E*****, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 3. August 2000, GZ 6 R 230/00m-18, mit dem der Rekurs "des Geschäftsführers" (richtig: der Gesellschaft) gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Handelsgericht vom 4. April 2000, GZ 24 Fr 4120/00i-14, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung über den Rekurs unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Im Firmenbuch des Landesgerichtes Salzburg war zu FN 34218x die G***** GmbH mit dem Sitz in S***** (im Folgenden nur Gesellschaft) eingetragen. Alleiniger Gesellschafter und selbstständig vertretungsbefugter Geschäftsführer war Dr. Claus W. G*****.

Das Erstgericht verfügte die amtswegige Löschung der Gesellschaft gemäß § 40 FBG.

Dagegen erhob "Claus W. G***** ... als Geschäftsführer der ... GmbH ..." (Gesellschaft; die Firma der Gesellschaft ist im Kopf des Rekurses durch ein größeres Schriftbild besonders hervorgehoben) Rekurs mit der Behauptung, dass die Gesellschaft nicht vermögenslos sei, sondern ein Geschäftskonto mit einem Guthabensstand führe.

Das Rekursgericht wies den Rekurs zurück, weil der Geschäftsführer einer GmbH in Firmenbuchsachen keine Parteistellung habe und auch eine eigene Rekurslegitimation des Geschäftsführers gegen Amtslöschungsbeschlüsse zu verneinen. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu dieser Frage seit Geltung des Firmenbuchgesetzes fehle.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Beschluss wurde dem Vertreter des Rekurswerbers am 21. 8. 2000 zugestellt. Am 5. 9. 2000 wurde ein mit diesem Datum versehener, an das Rekursgericht adressierter "Revisionsrekurs" zur Post gegeben, der dort am 6. 9. 2000 einlangte und vom Rekursgericht an das Erstgericht weitergeleitet wurde, wo er am 11. 9. 2000 einlangte. Da der letzte Tag der 14-tägigen Rekursfrist des gemäß § 15 Abs 1 FBG anzuwendenden § 11 AußStrG der 4. 9. 2000 war, ist das Rechtsmittel - ungeachtet dessen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Zeit der Übersendung eines Rechtsmittels vom unzuständigen Gericht, an das es adressiert war, an das zuständige Gericht in die Rechtsmittelfrist einzurechnen ist (RIS-Justiz RS0041584) - jedenfalls verspätet.

Gemäß § 15 Abs 1 FBG iVm § 11 Abs 2 AußStrG, der auch für Revisionsrekurse gilt (RIS-Justiz RS0007078), steht es jedoch im Ermessen des Gerichtes, auch auf verspätete Rechtsmittel Bedacht zu nehmen, wo sich die Entscheidung noch ohne Nachteil eines Dritten abändern lässt. Nach ständiger Rechtsprechung sind unter "Dritten" im Sinn des § 11 Abs 2 AußStrG nur Privatrechtssubjekte zu verstehen (RIS-Justiz RS0007098; 9 Ob 278/98t). Aus der amtswegigen Löschung der Gesellschaft lässt sich ein Eingriff in Rechte derartiger außenstehender Dritter nicht ableiten. Auf die Frage, ob die gesetzliche Interessenvertretung, der der Beschluss über die amtswegige Löschung zugestellt wurde, in ihrer verfahrensrechtlichen Position im Fall der Rekursstattgebung benachteiligt wäre, ist daher nicht weiter einzugehen.

Zu den Kriterien der Ermessensentscheidung, ob in außerstreitigen Angelegenheiten ein verspätetes Rechtsmittel berücksichtigt, also inhaltlich erledigt wird, gehören die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung (RIS-Justiz RS0111098). Da die mit dem verspäteten Rechtsmittel angefochtene Entscheidung des Rekursgerichtes verfehlt ist, wie noch ausgeführt wird, und das Vorhaben des Rechtsmittelwerbers, eine Beseitigung der Löschung der Gesellschaft zu erreichen, nicht als gänzlich aussichtslos beurteilt werden kann, ist von einer Zurückweisung des verspätet an den Obersten Gerichtshof erhobenen Rekurses Abstand zu nehmen.

Der "Revisionsrekurs" (richtig: Rekurs) der Gesellschaft ist zulässig und berechtigt.

Aus der Form des Kopfes des Rekurses und dessen Inhalt geht im Gegensatz zur Ansicht des Rekursgerichtes hervor, dass der Geschäftsführer den Rekurs in seiner Eigenschaft als solcher und namens der Gesellschaft und nicht im eigenen Namen erhob, wie dies auch in den Ausführungen des Rekurses gegen den Zurückweisungsbeschluss des Rekursgerichtes nochmals klargestellt wird.

Der Entscheidung 6 Ob 15/83 = NZ 1985, 152, in der der Rekurs eines GmbH-Geschäftsführers als im eigenen Namen erhoben angesehen wurde, lag ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Abgesehen davon ist im vorliegenden Fall - im Gegensatz zur zitierten Entscheidung, auf die sich das Rekursgericht berief - Claus W. G***** der alleinige Geschäftsführer der Gesellschaft. Sein ausdrücklicher Hinweis im Rekurs an die zweite Instanz auf seine Funktion als Geschäftsführer ist nicht anders als dahin zu verstehen, dass er den Rekurs als Vertreter der Gesellschaft erhob. Auf die Frage, ob (auch) der Geschäftsführer im eigenen Namen gegen einen von Amts wegen gefassten Löschungsbeschluss rechtsmittellegitimiert ist, kommt es hier nicht an.

Das Rekursgericht wird daher den Rekurs als solchen der Gesellschaft zu behandeln haben.

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