OGH 14Os100/00

OGH14Os100/0017.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Oktober 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Holzweber, Dr. Ratz und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krauss als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Jürgen Georg H***** und Walter L***** wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Jürgen Georg H***** und die Berufung der Staatsanwaltschaft (betreffend beide Angeklagten) gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 9. Feber 2000, GZ 8 Vr 2.708/99-30, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, der Angeklagten und ihrer Verteidiger Dr. Scheimpflug und Dr. Bernhauser jun. zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Jürgen Georg H***** wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch hinsichtlich dieses Angeklagten über die Strafe, soweit diese nicht bedingt oder teilbedingt nachgesehen wurde, aufgehoben.

Den Berufungen der Staatsanwaltschaft gegen den Ausspruch über die Strafe hinsichtlich des Angeklagten Walter L***** zur Gänze und hinsichtlich des Angeklagten Jürgen Georg H*****, soweit bei diesem Angeklagten nicht das Unterbleiben einer teilbedingten Strafnachsicht bekämpft wird, und der Berufung des Angeklagten Jürgen Georg H*****, soweit er nicht das Unterbleiben einer teilbedingten oder bedingten Strafnachsicht bekämpft, wird nicht Folge gegeben.

Im Umfang der Aufhebung wird in der Sache selbst erkannt:

Die über Jürgen Georg H***** verhängte Freiheitsstrafe von sieben Monaten wird gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Der Angeklagte Jürgen Georg H***** und die Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten werden mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten Jürgen Georg H***** fallen auch die Kosten des Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Jürgen Georg H***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB und Walter L***** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4 und 129 Z 1, teilweise als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB, sowie beide Angeklagten des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Darnach haben in der Nacht zum 11. September 1999

A. fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung weggenommen, nämlich

1) Jürgen Georg H***** und Walter L***** als Mittäter in Gleisdorf dem Robert F***** 27 Stangen Zigaretten verschiedener Marken, zwei Zigarrenkisten samt Inhalt und 223 einzelne Packungen Zigaretten im Gesamtwerte von S 15.500 und zwei Dosen Cola unbekannten Wertes, Walter L***** darüber hinaus dem Erwin H***** Bargeld unbekannter Höhe, indem sie das Schließblech der Eingangstüre zum Lokal "P*****" des Robert F***** mit einer Rohrzange aufbrachen und sodann mit (anlässlich der zu B beschriebenen Tat) widerrechtlich erlangten Schlüsseln Spielautomaten öffneten bzw solche mit einem Schraubenzieher aufbrachen;

2) Walter L***** in Graz eine Rohrzange und einen Schraubenzieher unbekannten Gesamtwertes dem Erwin H***** durch Aufreissen der Tür zu dessen Kellerabteil;

B. Walter L***** mit dem Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung dazu beigetragen, dass der infolge Vorliegens eines Privatanklagedeliktes gemäß § 166 StGB nicht zu verfolgende Jürgen Georg H***** eine Banktasche unbekannten Wertes mit 2.000 S Bargeld, ein Mobiltelefon Nokia 8110 im Wert von ca 10.000 S, eine Armbanduhr Rolex im Wert von ca 50.000 S, eine Geldbörse unbekannten Wertes mit ca 5.000 S Bargeld, weiters 8.000 S Bargeld und einen Wechsel über 350.000 S sowie diverse Schlüssel unbekannten Wertes durch Einsteigen über die Feuerleiter, einen Balkon und eine offenstehende Balkontür aus der Wohnung des Erwin H***** diesem wegnahm, indem er auf der Feuerleiter vor dem Balkon wartend Aufpasserdienste leistete;

C. Walter L***** und Jürgen Georg H***** als Mittäter Urkunden, über die sie nicht verfügen durften, nämlich den Führerschein des Erwin H*****, den Zulassungsschein für dessen PKW Skoda Felicia G 44 UPD sowie eine (anlässlich der zu B beschriebenen Tat) erbeutete Wechselbestätigung durch Mitnahme mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass die Urkunden zum Beweis der sich daraus ergebenden Rechte, Rechtsverhältnisse oder Tatsachen gebraucht werden.

Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagten jeweils eine (unbedingte) Freiheitsstrafe, und zwar über Jürgen Georg H***** von sieben Monaten und über Walter L***** von achtzehn Monaten. Dabei wertete es als erschwerend bei beiden Angeklagten das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, bei Walter L***** zusätzlich die mehrfache Qualifikation, den äußerst raschen Rückfall und die einschlägigen Vorstrafen; mildernd berücksichtigte es jeweils das umfassende reumütige und der Wahrheitsfindung dienliche Geständnis und die Sicherstellung der Diebsbeute, bei Jürgen Georg H***** zusätzlich sein Lebensalter unter 21 Jahren (zur Tatzeit) und die Unbescholtenheit.

Die vom Angeklagten Jürgen Georg H***** aus § 281 Abs 1 Z 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt:

Rechtliche Beurteilung

Zwar wird mit der - zudem urteilswidrigen - Behauptung, Milderungsgründe seien gänzlich unbeachtet geblieben, nur ein Berufungsgrund geltend gemacht. Indem das Erstgericht aber die Verweigerung bedingter oder teilbedingter Strafnachsicht in offenem Verstoß gegen die verfassungsmäßig verankerte Unschuldsvermutung des Art 6 Abs 2 MRK auf die "Tatsache, dass sich der Angeklagte wegen dringenden Tatverdachtes nach § 75 StGB sogar in Untersuchungshaft befindet", gründete, hat es in unvertretbarer Weise gegen die Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen, welche, soweit im fünften Abschnitt des Allgemeinen Teiles des StGB enthalten, (allein) vom dritten Fall der Z 11 (mit-)erfasst werden (vgl JAB StRÄG 1987, 44). Daraus folgt die Aufhebung des im Übrigen unberührt bleibenden Ausspruchs über die Strafe, soweit diese nicht bedingt oder teilbedingt nachgesehen wurde.

In ihren den Strafausspruch bekämpfenden Berufungen streben Jürgen Georg H***** eine Herabsetzung des Strafmaßes und eine bedingte bzw teilbedingte Strafnachsicht sowie die Staatsanwaltschaft hinsichtlich beider Angeklagten eine Anhebung der Freiheitsstrafe, bei Jürgen Georg H***** unter gleichzeitiger teilweiser bedingter Nachsicht, an.

Sämtliche Berufungen sind, soweit sie die Strafbemessung im engeren Sinn, also nicht das Unterbleiben einer bedingten oder teilbedingten Nachsicht betreffen, nicht berechtigt.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten Jürgen Georg H***** ist zwar insofern beizupflichten, als der vom Erstgericht bei H***** angenommene Milderungsgrund der "Unbescholtenheit" im Blick auf die sich aus der vom Obersten Gerichtshof beigeschafften neuesten Strafregisterauskunft ergebende Vorverurteilung des Genannten zu entfallen hat. Auch mit ihren Berufungsausführungen hinsichtlich des Angeklagten Walter L***** ist die Staatsanwaltschaft insoferne im Recht, als diesen zusätzlich der Erschwerungsumstand eines (sich der nächsthöheren Qualifikationsgrenze nähernden) hohen Wertes des Diebsgutes belastet.

Auf der Basis der solcherart korrigierten Strafzumessungsgründe erachtete der Oberste Gerichtshof gleichwohl weder eine Anhebung einer der über die Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen noch eine Herabsetzung bei Jürgen Georg H***** erforderlich, sodass insoweit den Berufungen nicht Folge zu geben war.

In der im aufgehobenen Teil des Strafausspruchs durch den Obersten Gerichtshof vorzunehmenden reformatorischen Entscheidung war die über Jürgen Georg H***** verhängte Freiheitsstrafe von sieben Monaten gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachzusehen, weil aufgrund des Geständnisses dieses Angeklagten und seines Alters von unter 21 Jahren zur Tatzeit sowohl spezial- als auch generalpräventive Erwägungen nicht dagegen sprechen.

Soweit sich die Berufungen auf den von der Aufhebung betroffenen Teil des Strafausspruches beziehen, waren sie auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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