OGH 9Ob20/00g

OGH9Ob20/00g6.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dipl. Ing. Maja J*****, Student, ***** 2. Prof. Igor St*****, beide vertreten durch Dr. Ludwig Druml, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagten Parteien

1. D*****-Vertriebsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Walter Derganz, Rechtsanwalt in Bregenz, 2. Georg F*****, ***** GesmbH, Gusserzeugungsunternehmen, ***** vertreten durch Dr. Gerald Mader und andere, Rechtsanwälte in Graz, wegen 1. S 1,338.847,68 sA (Erstkläger), 2. S 1,693.403,21 sA (Zweitkläger), über die Revisionen der erst- und zweitbeklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 23. September 1999, GZ 3 R 112/99m-72, womit über die Berufungen der beklagten Parteien das Zwischenurteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 8. März 1999, GZ 28 Cg 1/96z-59 (hiemit verbunden 28 Cg 2/96x), bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung 1. den

Beschluss

gefasst:

Die Revision der zweitbeklagten Partei wegen Nichtigkeit wird verworfen;

und 2. zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind schuldig, den Klägern zu Handen des Klagevertreters die Kosten der Revisionsbeantwortungen von insgesamt S 64.887,80 (darin je S 10.814,64 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Erstbeklagte errichtete im Jahr 1985 auf dem N***** im Auftrag der S***** Touristik GmbH & Co KG (kurz S*****G) den Vierer-Sessellift "T*****bahn". Im D*****-Konzern waren drei Gesellschaften vereint und zwar die Konrad D***** & Sohn ***** GesmbH & Co KG, die für die Konstruktion der Seilbahnanlagen und der Einzelteile und für Reklamationen und Ersatzteillieferungen zuständig war, die erstbeklagte Partei, der die Produktion und der Verkauf von Seilbahnanlagen obliegt und die aus Verkaufs- und Vertriebsabteilung besteht und die D***** GmbH, die die zur Errichtung eines Seilbahnprojektes erforderlichen Einzelteile zuzukaufen bzw selbst zu fertigen hatte. Diese war bei jedem Projekt, das der Erstbeklagten in Auftrag gegeben wurde, als Einkäufer oder Produzent zwischengeschaltet. Aufgrund der im Konzern bestehenden Organisation hat die vorher erstgenannte GmbH & Co KG der Drittgenannten den Auftrag erteilt, die zur Ausführung der von ihr konstruierten Seilbahnanlage T*****bahn erforderlichen Materialien einzukaufen bzw selbst zu produzieren. Zu diesen Teilen gehören die von Drittfirmen erzeugten Rollenbatterien, die im Wesentlichen aus den Seilrollen und den Bordscheiben bestehen.

Die zweitbeklagte Partei hat diese über Bestellung und auf Grund der zur Verfügung gestellten Werkstoffzeichnungen und Materialspezifikationen, aus denen die Dimensionen, die Stärke der Bordscheiben, die Werkstoffe und die Toleranzen, aber auch Kokillengussnummer hervorgegangen sind, einbaufertig produziert. In den Werkstoffzeichnungen waren keine Angaben über die Lastspielzahlen und die Leistungsanforderungen, denen die Bordscheiben ausgesetzt sind, enthalten. Beim Material handelt es sich um eine von der GesmbH & Co KG vorgegebene Aluminiumlegierung. Auf den Gießvorgang der Bordscheiben durch die Zweitbeklagte hatte das Unternehmen D***** keinen Einfluss, sowie die Zweitbeklagte die Planung und Berechnung der Seilbahnanlagen nicht beeinflussen konnte. Die Bordscheiben hatten aufgrund der Konstruktionsvorgaben eine Sicherungsfunktion in der Weise, dass gewährleistet werden sollte, dass das Förderseil in der Förderrinne verläuft, um zu verhindern, dass es über die Bordwand hinausgerät. Zu diesem Zweck wurde ein Bordwandüberstand von 13 mm bei der Konstruktion der Bordscheiben vorgesehen. Sie hatten Sicherungsfunktion gegen Seilentgleisungen bei Einwirkungen von Wind und anderen Kräften, nicht jedoch eine Sicherungsfunktion gegen Seilabwürfe. Der Zweitbeklagten war bekannt, dass die Bordscheiben wesentlicher Bestandteil der von D***** produzierten Rollenbatterien bildeten. Die von der Zweitbeklagten erzeugten Bordscheiben wurden von D***** auf einer eigenen Testanlage hinsichtlich der Lastbeanspruchungen getestet und dann entschieden, ob Material und Form der Konstruktion dem Anforderungsprofil entsprach.

Mit Rechnung vom 30. 12. 1985 stellte die erstbeklagte Partei der S*****G die Montage und Lieferkosten der T*****bahn in Rechnung und bezog sich auf einen Liefer- und Leistungszeitraum Ende Oktober 1985 bis Juli 1986. Die Garantie sollte drei Wintersaisonen ab Aufnahme des öffentlichen Betriebes nach der rechtskräftigen Betriebsbewilligung geleistet werden. Während es ursprünglich keine Probleme mit den von der zweitbeklagten Partei produzierten Bordscheiben gegeben hat, ist es ab 1979 bis 1985 zum Auftreten verschiedener Mängel gekommen. Auch 1985 und 1986 kam es wiederholt zu Rissbildungen und zu Bordscheibenbrüchen, die von D***** gerügt wurden. Im Jahr 1988/1989 kam es zu einer massiven Häufung von Bordscheibenbrüchen der Type 400 der zweitbeklagten Partei. Den Beklagten war es aufgrund der Werkstoff- und Rissuntersuchung des Österreichischen Gießereiinstitutes L***** vom 13. 4. 1988 bekannt, dass eine der Ursachen der Bordscheibenbrüche der Seilrollen Type 400 bei der T*****bahn die Bildung von sogenannten Schwindungshohlräumen (Lunker) war. Das Auftreten derartiger von außen nicht erkennbarer Binnenlunker war bereits aufgrund einer weiteren Untersuchung dieses Instituts vom 26. 5. 1987 bekannt. Es kann im Aluminiumgussverfahren nicht völlig ausgeschlossen werden. Die Lunker können nur zerstörungsfrei im Durchstrahlungsverfahren, insbesondere in Form der Röntgenstrahlung erkannt werden.

Die Zweitbeklagte hatte im Jahr 1988 ein derartiges Durchstrahlgerät zur Prüfung der von ihr erzeugten Bestandteile für die Autoindustrie. Die Durchleuchtungskosten je Bordscheibe hätten S 35 bis S 350 betragen. Bei den Gesprächen zwischen den Technikern von D***** und der Zweitbeklagten wurde die Tatsache des Auftretens von Lunker im Aluminiumgussverfahren, deren nicht völlige Ausschließbarkeit und deren Prüfung im Wege des Durchstrahlungsverfahrens erörtert. D***** hat jedoch in Kenntnis des Besitzes eines solchen Durchleuchtungsgerätes durch die zweitbeklagte Partei die Durchleuchtung der Bordscheiben nicht verlangt. Die Techniker von D***** waren der Meinung, dass Lunker in einem bruchgefährdeten Umfang als Innenlunker bei Bordscheiben nicht auftreten und zumindest nach außen erkennbar sein würden. Sie haben sich mit einer 100 %igen stichprobenweisen visuellen Prüfung der Bordscheiben hinsichtlich Rissfreiheit und fehlerfreie Oberfläche durch die zweitbeklagte Partei einverstanden erklärt. Die Zweitbeklagte hat nicht vorgeschlagen, derartige Durchleuchtungskontrollen bei den Bordscheiben durchzuführen. Da D***** aufgrund der seitens S*****G gegenüber der erstbeklagten Partei erfolgter Reklamationen auf den Austausch der gebrochenen Bordscheiben bei der T*****bahn bestanden hat, hat sich die zweitbeklagte Partei in Kenntnis der von ihr zu vertretenden gusstechnischen Fehler bei der Herstellung der Bordscheiben mit dem kostenlosen Austausch sämtlicher Bordscheiben der T*****bahn der Type 400 (insgesamt 560 Stück) bereit erklärt und führte sie für die erstbeklagte Partei mit Versandschein vom 7. 6. 1989 durch. Die Montage der ausgetauschten 560 Bordscheiben bei der T*****bahn erfolgte durch Angestellte der S*****G vom 29. 8. 1989 bis 20. 10. 1989. Nach dem erfolgten Austausch sämtlicher Bordscheiben kam es zu weiteren Bordscheibenbrüchen und auch zu Seilrollenfehlern.

Am 29. 1. 1992 brach die äußere Bordscheibe an der anlaufseitig ersten Seilrolle der 8er-Rollenbatterie der 9. Stütze der T*****bahn. Das Förderseil entgleiste von der Seilrolle und in der Folge auch von allen anderen Seilrollen in der Rollenbatterie, fiel in die ersten drei Seilfänger der Rollenbatterie, wobei es den vierten Seilfänger nur kurz auf dessen Oberkante traf. Es verfehlte den vierten Seilfänger und in der Folge auch die ersten bis dritten Seilfänger, weil die Hauptwiege der Rollenbatterie - jetzt unbalanciert - an der Talseite nach unten kippte. Dadurch fiel das Förderseil total von der Stütze. Darauf bremste die in der Bergstation liegende Antriebscheibe stark, wodurch das Seil mit allen Beförderungsmitteln und Personen aufgrund seiner Massenträgheit nachlief. Es entstand dadurch ein "Seilstau". Letztlich wurde ein Teil der Seilbahn mit den Sesseln mit einer Steiggeschwindigkeit von mehr als 10 m/sec um ca 10 m hochkatapultiert. Vier Todesopfer waren die Folge. Zur Zeit des Unfalls war der Lift zu etwa 80 % (ca 200 Personen) ausgelastet. Die Ursache für die Entgleisung des Förderseils bildete der Bruch der äußeren Bordscheibe der ersten Seilrolle der 8er-Rollenbatterie auf den 9. Stütze. Seilabwürfe wie im vorliegenden Fall sind vor dem gegenständlichen Unfall nicht bekannt geworden. Ein Seilabwurf wäre bei einer anderen oder besser konstruierten Seilfangvorrichtung wahrscheinlich vermeidbar gewesen. Die Bordscheibe selbst war nicht falsch dimensioniert. Bei einer Überprüfung des zur Herstellung der Bordscheiben verwendeten Werkstoffes in Form von Röntgen- oder anderen Durchstrahlungsverfahren, nicht jedoch durch die visuelle Kontrolle wäre der gegenständliche Innenlunker erkennbar gewesen. Die hergestellten Bordscheiben haben den baulichen Vorschriften, Betriebsanleitungen und dem Stand der Technik entsprochen. Das Zusammentreffen mehrerer Ursachen hat den Seilabfall auf der T*****bahn verursacht.

Die Gesamtwahrscheinlichkeit des Zusammentreffens dieser Ursachen bei einer Seilbahn ist mit 1 : 1.000,000.000 anzusehen. Einwandfrei gegossene Bordscheiben ohne Lunker vertragen im Allgemeinen mehr metallische Kontakte. Der Bruch der gegenständlichen Bordscheibe ist bei einem derart großen Lunker, wie er festgestellt wurde, auch ohne metallischen Kontakt allein aufgrund der Schwächung der Bordscheibe durch die Wechsellast im Laufe des langen Betriebes seit dem Einbau derselben im Jahr 1989 erklärbar.

Mit den zur Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen begehren die Kläger den Ersatz der Schäden, die ihnen aufgrund des Unfalles auf der T*****bahn am 29. 1. 1992 entstanden sind und die jene Schadensbeträge übersteigen, die nicht von der Haftpflichtversicherung des Seilbahnunternehmens S*****G und der Versicherungsanstalt gedeckt wurden. Der Erstkläger macht die ihm gegenüber den beim Unfall getöteten Eltern zustehenden Unterhaltsansprüche und eine monatliche Rente geltend, der Zweitkläger restliche Schadenersatzansprüche an Heilungskosten, Schmerzengeld und Verdienstentgang und Zahlung einer monatlichen Rente aus dem Titel des Verdienstentganges. Die Ansprüche wurden sowohl auf das Produkthaftpflichtgesetz als auch auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gestützt.

Die beklagten Parteien haben die Abweisung der Klagebegehren beantragt.

Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil, dass die Ansprüche der Kläger dem Grunde nach zu Recht bestünden.

Die Lieferung der Ersatzbordscheiben im Auftrag der erstbeklagten Partei sei dieser im Sinne des § 6 PHG zurechenbar. Sie seien von der erstbeklagten Partei nach dem 1. 1. 1988 in Verkehr gebracht worden, sodass gemäß § 19 PHG dieses Gesetz anzuwenden sei. Bei der Bordscheibe habe es sich um ein fehlerhaftes Produkt im Sinne des § 6 PHG gehandelt, das auch die Ursache für die Seilentgleisung und in weiterer Folge durch Hinzutreten weiterer Faktoren die Ursache des Seilabfalles gewesen sei. Die erstbeklagte Partei hafte nach § 1 Abs 1 Z 1 PHG, da sie diese Scheibe konstruktiv hergestellt und am 7. 6. 1989 in Verkehr gebracht habe. Sie treffe überdies durch die Unterlassung der Beauftragung der zweitbeklagten Partei mit der Durchleuchtung der Bordscheiben nach den massiven Bordscheibenbrüchen vorher ein Verschulden, weil sie nicht die Prüfung derselben durch ein Durchleuchtungsverfahren in Auftrag gab. Die Voraussetzungen für einen Entlastungsbeweis nach § 8 Z 3 PHG für die Zweitbeklagte lägen nicht vor, weil das von ihr erzeugte Teilprodukt nicht fehlerfrei und sie nicht unter Beweis gestellt habe, dass der Fehler an der Bordscheibe durch eine unrichtige Anleitung von D***** verursacht worden sei.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen der beklagten Parteien keine Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die Erstbeklagte sei im Sinne des § 3 PHG sowohl Herstellerin der Endprodukte Seilbahn und Rollenbatterien als auch gemeinsam mit der Zweitbeklagten Herstellerin der Teilprodukte Bordscheiben. Diese seien über Vorgaben der Erstbeklagten von der Zweitbeklagten angefertigt worden. Die Erstbeklagte treffe daher die Herstellerverantwortlichkeit für das von der Zweitbeklagten nicht als selbständige und weisungsungebundene Zulieferantin, sondern als Erfüllungsgehilfin produzierte Teilprodukt. Da die gegenständliche Bordscheibe erst nach Inkrafttreten des PHG hergestellt und in den Verkehr gebracht wurde, sei das PHG anwendbar. Die Erstbeklagte hafte verschuldensunabhängig für die Fehlerhaftigkeit des Teilproduktes als auch für jene des Endproduktes. Sie habe mit der Lieferung der Bordscheiben anteilig mit der Werkbestellerin ihre werkvertragliche Herstellungspflicht hinsichtlich der von ihr seinerzeit in Verkehr gebrachten Endprodukte Seilrolle, Rollenbatterie und Seilbahn erfüllt. Zufolge Einbindung in den Fertigungsprozess könne sie sich nicht darauf berufen, dass sie als Händlerin keine Produkthaftpflicht treffe. Im Übrigen sei der Erstbeklagten ein grob fahrlässiger Verstoß gegen ihre Verpflichtung zur Produktbeobachtung anzulasten. Sie habe die in Verkehr gebrachte Sache nicht weiter beobachtet und keine Konsequenzen gezogen. Auf diese Schutz- und Sorgfaltpflichten könnten sich auch die Kläger berufen. Dass der Austausch von Bordscheiben mit entscheidender Sicherungsfunktion, deren Anfälligkeit gegen Brüche wegen Vorhandensein von Lunkern bekannt war, durch eine auf gleiche Weise produzierte Bordscheibe ohne taugliche Materialprüfung vorgenommen wurde, sei der Erstbeklagten als grob schuldhaft anzulasten, zumal sie im Hinblick auf den Einsatz der Bordscheiben im Seilbahnbetrieb mit dem Eintritt gravierender Personen- und Sachschäden hätte rechnen müssen. Beide Beklagte treffe eine solidarische Haftpflicht.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision beider Beklagter wegen Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache, die der Zweitbeklagten auch gestützt auf Nichtigkeit, mit den Anträgen auf Abänderungen dahin, dass die Klagebegehren abgewiesen werden; die Erstbeklagte stellt weiters hilfsweise einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind nicht berechtigt.

Zur Revision der Zweitbeklagten:

Da das Berufungsgericht die Haftung der Zweitbeklagten damit begründete, dass sie Hersteller der Ersatzbordscheiben, sohin von nach Inkrafttreten des PHG in das Endprodukt Seilbahnanlage eingebauter Teile war, kommt das Produkthaftungsgesetz zur Anwendung. Das Berufungsgericht hat damit Gründe für die Haftung der Zweitbeklagten angegeben. Eine allenfalls mangelhafte Begründung vermag den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO nicht herzustellen (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 12 zu § 477 mit Judikaturnachweisen). Die weiters geltend gemachten Revisionsgründe der Aktenwidrigkeit und der Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegen mangels der bei Behandlung der Rechtsrüge darzustellenden Relevanz nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Rechtsrüge ist nicht begründet.

Jede Ersatzpflicht nach dem PHG setzt ein fehlerhaftes Produkt voraus. Das Schutz auslösende Moment ist das den Schaden umfassende Integritätsinteresse jeder durch das Produkt geschädigten Person. Dies erfasst auch Krankheits- und Todesfolgen (Fitz/Purtscheller/Reindl PHG Rz 13 zu § 1). Auschlaggebend sind die berechtigten Sicherheitserwartungen, ein objektiver Maßstab, dessen Konkretisierung im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmen ist. Bei den Produktfehlern unterscheidet man Konstruktions-, Produktions- und Instruktionsfehler (SZ 70/61). Im vorliegenden Fall ist ein Produktionsfehler anzunehmen, weil der Produktionsprozess durch den mit freiem Auge nicht sichtbaren großen Lunker, der letztlich zum Bruch der Bordscheibe führte, nicht normgerecht war. Hat diese Bordscheibe auch den baulichen Vorschriften, Betriebsanleitungen und dem Stand der Technik entsprochen (AS 275) und sind Gießfehler selten noch können sie gänzlich vermieden werden, so sind sie allerdings bei einer von der Erstbeklagten nicht beauftragten Durchstrahlprüfung erkennbar und war die Bildung von Lunkern als Ursache der Bordscheibenbrüche bei der T*****bahn seit 13. 4. 1988 bzw 26. 5. 1987 bekannt (AS 231). Die Zweitbeklagte war auch in Kenntnis des Gebrauchszweckes der Rollen beim Seilbahnbetrieb. Damit war die Fehlerhaftigkeit des Produktes gemäß § 5 Abs 1 PHG zur Zeit der Inverkehrsetzung durch Austausch der Rollen nach dem Stand der Technik erkennbar. In Kenntnis der Lunkerbildung hätte die Zweitbeklagte eine Warnpflicht dahingehend getroffen, die Erstbeklagte auf die Unzulänglichkeit der Sichtprobe hinzuweisen. Sie konnte sich ab Kenntnis der Ursache von Bordscheibenbrüchen durch Lunker nicht mehr auf die von der Erstbeklagten vorgegebene Sichtkontrolle verlassen (Fitz/Purtscheller/Reindl aaO Rz 52). Ihr kommt daher auch nicht der Haftungsausschluss des § 8 Z 2 PHG zugute. Sie konnte durch ihre Kenntnis der Bruchgefahr und damit der Gefährlichkeit der Lunkerbildung und ihrer Kenntnis der Durchstrahlprüfung entgegen ihren Ausführungen in der Revision die Lunkerbildung als Fehler erkennen, hat diese Durchstrahlprüfung aber mangels Auftrages der Erstbeklagten (offenbar aus Kostengründen) unterlassen. Ob der Bordrolle die Funktion als Sicherheitsteil zu diesem Zeitpunkt zukam, ist bei Erkennbarkeit des Fehlers nicht entscheidend. Sie hat aber auch die Erstbeklagte nicht gewarnt.

Nach dem Stand der Wissenschaft und Technik wäre die Fehlerhaftigkeit des zwar nach der baulichen Vorschrift den Konstruktions- und Belastungserfordernissen sowie der Betriebsanleitung dem Stand der Technik entsprechenden Produktes erkennbar gewesen. Da der Auftrag zur Sichtprüfung die Warnpflicht der Zweitbeklagten ab Kenntnis der Gefährlichkeit der Lunker und der Möglichkeit ihres Auftretens hätte auslösen müssen, kann sie sich vor der ausdrücklichen Ablehnung der Durchstrahlprüfung durch die erstbeklagte Partei nicht auf den Haftungsausschlusstatbestand des § 8 Z 3 PHG berufen. Dass die Möglichkeit der Durchstrahlprüfung erörtert wurde (AS 235), Vertreter von D***** ihre Durchführung aber nicht verlangt haben, zieht die Haftungsbefreiung nicht nach sich, weil die Zweitbeklagte eine solche Prüfung nicht einmal vorgeschlagen hat (AS 237). Es lag daher keine haftungsausschließende Anleitung im Sinne des § 8 Z 3 PHG vor, das Produkt dennoch nur durch Sichtkontrolle zu prüfen. In diesem Zusammenhang ist nicht von Bedeutung, ob die Erstbeklagte einen Ausfall von 1 bis 3 %o wegen der Sichtkontrolle in Kauf genommen hat. Kausal für das Entgleisen des Förderseils war der Bruch der Bordscheibe infolge des vorhandenen großen Lunkers. Nur das Zusammentreffen des Gießfehlers mit weiteren davon unabhängigen Ursachen bewirkte den Seilabsturz.

Da das Produkthaftpflichtgesetz eine verschuldensunabhängige Produkthaftung normiert, ist dem Hersteller der Einwand sorgfältiger Produktion und Kontrolle abgeschnitten. Es besteht demgemäß auch die Haftung, wenn wie hier ein sogenannter "Ausreißer" vorliegt, das heißt ein fehlerhaftes Produkt, dessen Fehler auch bei der den Fertigungsvorgang abschließenden Kontrolle nicht entdeckt wurde (Fitz/Purtscheller/Reindl aaO Rz 47 zu § 5; Westphalen, Produkthaftungshandbuch2 Band 2 Rz 5 zu § 74).

Das Berufungsgericht hat daher die Haftung der zweitbeklagten Partei zutreffend bejaht.

Zur Revision der erstbeklagten Partei:

Der Zeitpunkt der Aufnahme des öffentlichen Verkehrs auf der T*****bahn ist nicht entscheidend, sodass die Aktenwidrigkeit hinsichtlich der Feststellung des Fertigstellungstermins der Bahn "Juli 1986" nicht zu untersuchen ist und auch keinen Verfahrensmangel in diesem Zusammenhang bildet. Feststeht, dass aufgrund der massiven Bordscheibenbrüche 1987 (AS 197, 203), Anfang 1988 eine technische Untersuchung erfolgte und aufgrund einer Mängelrüge, deren Datum nicht feststeht, seitens des Werkbestellers am 8. 3. 1988 Prüfungen vorgenommen wurden. Daraus folgt jedoch, dass sowohl das Auftreten des Mangels als auch die Mängelrüge rechtzeitig innerhalb der von der Erstbeklagten behaupteten Garantiefrist einschließlich Wintersaison 1987/1988 erfolgte und auch der Austausch der ca 560 Bordscheiben am 6. 4. 1988 verlangt wurde (AS 223).

Da aufgrund der rechtzeitigen Reklamation gegenüber der Erstbeklagten D***** auf den Austausch der gebrochenen Bordscheiben bestanden hat, hat sich die Zweitbeklagte zum Austausch sämtlicher 560 Bordscheiben bereit erklärt (AS 249). Die von der Revisionswerberin bestrittene Ansicht der Vorinstanzen, dass aufgrund der vor Ablauf der vereinbarten Garantiezeit rechtzeitig erhobenen Mängelrüge der auch von D***** betriebene Austausch im Jahr 1989 der gewährleistungspflichtigen Zweitbeklagten zuzurechnen sei, ist daher richtig. Das Gewährleistungsrecht ist dispositiv. Daher ist das Begehren von D***** auf Austausch anlässlich der Mängelrüge und die Anerkennung durch die Zweitbeklagte als Anerkennung der Mangelhaftigkeit und Verzicht auf die Geltendmachung des Ablaufes der Garantiefrist zu werten. Ob dann der Austausch erst nach Ablauf der zwischen der Erstbeklagten und S*****G bestehenden Garantiefrist erfolgte, ändert nichts daran, dass die Zweitbeklagte erkennbar Gewährleistungspflichten der Erstbeklagten erfüllte und nicht Ersatzteile lieferte.

Produkt ist jede bewegliche Sache, auch dann, wenn sie ein Teil einer anderen beweglichen Sache oder mit einer unbeweglichen Sache verbunden worden ist (Fitz/Purtscheller/Reindl Rz 7 zu § 4; Westphalen aaO Rz 30 zu § 73). Der Austausch der Bordscheiben war daher nichts anderes als das Inverkehrbringen eines Produktes unabhängig davon, ob es in Erfüllung einer Garantieverpflichtung erfolgte.

Das Inverkehrbringen des schadhaften Produktes geschah daher mit dessen Übergabe durch die Zweitbeklagte und dem Einbau im Jahre 1989, sohin nach Inkrafttreten der PHG mit 1. 7. 1988. Die Zweitbeklagte ist daher haftender Hersteller eines Teilproduktes eines Endproduktes (Seilbahn) im Sinn des § 3 PHG. Aber auch die erstbeklagte Partei ist als (Mit)Hersteller im Sinne des § 3 PHG anzusehen. Der Herstellungsprozess umfasste auch die zur Verfügung gestellten in den Verantwortungsbereich der erstbeklagten Partei fallenden Werkstoffzeichnungen und Materialspezifikationen und die vorgegebene Aluminiumlegierung, die für die Produktion der Bordscheibe maßgeblich waren. Es handelte sich dabei um einen Teil des Produktionsprozesses, an dessen Ende das neue Produkt Bordscheibe stand (Westphalen aaO Rz 7 zu § 75) und nicht nur, um die Zurverfügungstellung von bloßem Know-how (Fitz/Purtscheller/Reindl aaO Rz 4 zu § 3).

Es wird nicht verkannt, dass die Vorgaben der erstbeklagten Partei für die Produktion der Bordscheiben, wie Werkstoffzeichnungen und Materialspezifikationen bereits vor Inkrafttreten des PHG in den Produktionsprozess Eingang fanden. Dies ändert nichts daran, dass die erstbeklagte Partei demnach an der Herstellung eines neuen Produktes (Bordscheibe) insofern mitgewirkt hat, als sie nicht nur die zur Produktion maßgeblichen Werkstoffzeichnungen und Materialspezifikationen nach wie vor vorgegeben hatte, sondern vor allem nach dem massiven Auftreten von Bordscheibenbrüchen 1987/1988 die Entscheidung traf, die zu deren Gebrauchbarmachung vor der Inverkehrsetzung notwendige Durchleuchtungskontrolle nicht vornehmen zu lassen. Ein die wesentliche Produkteigenschaft bestimmender Vorgang unterblieb daher durch die maßgebliche, den Produktionsprozess gestaltende Entscheidung der erstbeklagten Partei. Diese Entscheidung im Produktionsprozess betrifft aber die Herstellung eines neuen Produktes selbst, das nach dem Akteninhalt in der 51. Kalenderwoche des Jahres 1988 gegossen und 1989 geliefert wurde (AS 257, 435). Die erstbeklagte Partei war daher in eigener Verantwortung am Produktionsprozess beteiligt (Fitz/Purtscheller/Reindl aaO 43 ff). Ihr Verhalten wirkte auch über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des PHG auf den Herstellungsprozess eines Endproduktes ein.

Die erstbeklagte Partei repräsentierte daher eine nicht wegzudenkende Stufe im Fertigungsprozess, sodass auch sie Hersteller ist und sich nicht durch Nennung des Lieferanten von der Haftung befreien konnte. Das von beiden Beklagten hergestellte Teilprodukt war fehlerhaft und für den eingetretenen Schaden im Sinne der Ausführungen zur Revision der zweitbeklagten Partei ursächlich (Preslmayr, PHG 15; Fitz/Purtscheller/Reindl aaO Rz 13, 15 zu § 3).

Das Endprodukt Seilbahn ist bereits vor dem 1. 7. 1988 in Verkehr gebracht und dem Werkbesteller in dessen Verfügungsmacht und Gebrauch übergeben worden. Die Erstbeklagte hat daher die Möglichkeit verloren, die potentiell in eingebauten Teilprodukten steckende Gefahr zu beherrschen (JBl 1999, 471 [Riedler]). Auf Schäden durch Produkte, die vor Inkrafttreten des PHG erstmals durch den Hersteller in Verkehr gebracht worden sind, kommt das PHG nicht zur Anwendung. Entscheidend ist der Zeitpunkt des jeweiligen Inverkehrbringens durch das in Anspruch genommene Glied der Absatzkette (Posch in Schwimann aaO Band 8 Rz 4 zu § 19 PHG; EvBl 1999/126; bbl 1999, 200 [Egglmeier]). Das fehlerhafte schadensauslösende Teilprodukt Bordscheibe wurde nicht als reparierter Teil wieder eingebaut, sondern durch ein neues in einem von beiden Beklagten zu verantworteten Herstellungsprozess erzeugtes Teilprodukt im Rahmen der Gewährleistung ausgetauscht. Dieses Teilprodukt ist sohin erst mit diesem Zeitpunkt im Geltungsbereich des Produkthaftpflichtgesetzes in Verkehr gebracht worden, sodass es die nach diesem Gesetz vorgesehene Haftung auslöste. Die erstbeklagte Partei als Konzerngesellschaft ist für ihre bei der Herstellung von Seilbahnen in welcher Form immer im Rahmen der bestehenden Konzernorganisation mitwirkenden Konzerngesellschaften unmittelbar haftungsrechtlich verantwortlich (Fitz/Purtscheller/Reindl aaO Rz 2 zu § 1; Westphalen aaO Rz 6 zu § 75), sodass genaue Feststellungen über die Mitwirkungsintensität der einzelnen Gesellschaften bei der Produktion der Bordscheiben belanglos sind. Inwieweit vertragliche Haftungsausschlüsse mit der Werkbestellerin vereinbart wurden, ist im Rahmen der verschuldensunabhängigen Produkthaftung gegenüber einem vertragsfernen Geschädigten nicht zu prüfen.

Die Vorinstanzen haben daher zu Recht die Haftung beider Beklagter bejaht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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