OGH 9Ob169/00v

OGH9Ob169/00v6.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Franz M*****, Technischer Verkäufer, *****, vertreten durch Dr. Thomas Willeit, Rechtsanwalt in Götzis, gegen die beklagte Partei Thomas K*****, Kraftfahrzeugmechaniker, *****, vertreten durch Dr. Adolf Concin und Dr. Heinrich Concin, Rechtsanwälte in Bludenz, wegen Feststellung (S 135.000,-) und Zwischenantrag auf Feststellung der beklagten Partei (S 300.000,-), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 13. April 2000, GZ 2 R 46/00g-20, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zu Recht verweist das Berufungsgericht auf die Besonderheit des hier zu beurteilenden Einzelfalls, die darin liegt, dass die Parteien die in Rede stehende Vereinbarung nicht geschlossen haben, um Unsicherheiten der Rechtslage zu bereinigen; vielmehr haben sie die Rechtsauffassung des Verhandlungsleiters, dass die Erteilung der begehrten Bewilligungen nach der damals neuen Rechtslage nicht möglich sei, akzeptiert und mit der getroffenen Vereinbarung einen Ausweg gesucht (und gefunden) mit denen der dadurch gegebenen existenziellen Bedrohung des Beklagten Rechnung getragen und ihm eine Weiterführung seines Betriebs für drei Jahre ermöglicht werden sollte. Die Annahme, die Erteilung der für die Weiterführung des Betriebs erforderlichen Bewilligungen sei nicht möglich, stellt daher die (für Geschäfte derartigen Inhalts typische) Geschäftsgrundlage dar, deren Wegfall dem Beklagten - weil sie sich nicht auf seine eigene persönliche Sphäre bezieht - die Anfechtung des Vertrages mit Wirkung ex tunc ermöglicht (RIS-Justiz RS0044463 und RS0017530; Apathy in Schwimann, ABGB**2, Rz 6 ff zu § 901). Der vom Berufungsgericht vorgenommene Rückgriff auf den umstrittenen Begriff des "gemeinsamen Irrtums" (vgl etwa Rummel in Rummel, ABGB**2, Rz 18 zu § 871) ist daher gar nicht erforderlich, sodass auch nicht auf die Überlegungen des Revisionswerbers zum Verhältnis zwischen der Anfechtung wegen gemeinsamen Irrtums und § 875 ABGB einzugehen ist.

Der in der Revision geltend gemachte Umstand, dass der Kläger ohne Abschluss der Vereinbarung eine ihm nicht genehme Entscheidung der Verwaltungsbehörde hätte anfechten können, ändert an diesem Ergebnis nichts. Wie ausgeführt, war Geschäftsgrundlage der Vereinbarung die Annahme, die Erteilung der in Rede stehenden Bewilligungen sei nicht möglich. Diese Annahme hat sich aber als unrichtig erwiesen: Während dem Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren trotz der Rückziehung der Einwendungen der Anrainer die Baubewilligung versagt wurde, wurde sie ihm aufgrund eines von ihm erhobenen Rechtsmittels von der Vorarlberger Landesregierung erteilt, wobei im Bewilligungsbescheid die Rechtslage ausführlich erörtert und auf eingeholte Gutachten Bezug genommen wird. Die zunächst erhobenen Einwendungen der Anrainer wurden mit der Begründung, sie seien explizit nur hinsichtlich der gewerberechtlichen Bewilligung zurückgezogen worden, ohnedies erörtert (S 11 des zweitinstanzlichen Baubewilligungsbescheides). Dass dieser Bescheid nicht der maßgebenden Rechtslage entspreche, hat der Kläger in erster Instanz nicht geltend gemacht. Die unbefristete gewerberechtliche Genehmigung wurde in einem neuerlichen Verwaltungsverfahren erteilt, in dem dem Kläger alle rechtlichen Möglichkeiten offenstanden. Die von den Parteien der Vereinbarung zugrunde gelegte Geschäftsgrundlage ist somit - wie schon dargelegt - weggefallen.

Überlegungen über die vom Berufungsgericht überdies angenommene Sittenwidrigkeit der Durchsetzung der von den Parteien abgeschlossenen Vereinbarung sind daher gar nicht mehr erforderlich, sodass es auch nicht notwendig ist, näher darauf einzugehen, dass der Kläger - von seinen überholten Ausführungen zur Flüssiggasanlage abgesehen - keine konkreten Prozessbehauptungen aufgestellt hat, inwiefern er durch den Betrieb des Beklagten beeinträchtigt wird.

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