OGH 1Ob49/00p

OGH1Ob49/00p25.7.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Paul Kreuzberger und Mag. Markus Stranimaier, Rechtsanwälte in Bischofshofen, wider die beklagte Partei Markus S*****, vertreten durch Dr. Josef Dengg und Dr. Milan Vavrousek, Rechtsanwälte in St. Johann im Pongau, wegen 274.545 S sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 22. November 1999, GZ 3 R 197/99g-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 12. August 1999, GZ 7 Cg 13/99v-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 12.960 S (darin 2.160 S USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte war Eigentümer einer - mit einem verbücherten vertraglichen Vorkaufsrecht belasteten - Liegenschaft und verkaufte von dieser zwei Grundstücke am 12. Juni 1998 in grundbuchsfähiger Form an die klagende Drittkäuferin. Nach Punkt VII. dieses Drittvertrags trägt die mit der Errichtung des Vertrages und dessen grundbücherlichen Durchführung verbundenen Kosten, Abgaben, Gebühren und die Grunderwerbssteuer die Käuferin. Im Punkt IX. ist festgehalten, dass die Liegenschaft mit einem Vorkaufsrecht belastet ist und dass der Vertrag daher "durch die Zustimmung des Vorkaufsberechtigten bzw durch die unterlassene Einlösung binnen 30 Tagen gemäß § 1075 ABGB" bedingt ist.

Der Vorkaufsberechtigte erklärte mit Schreiben vom 13. Juli 1998 die Einlösung. Punkt X. des daraufhin zwischen dem Beklagten und dem Verkaufsberechtigten am 21. Juli 1998 geschlossenen Kaufvertrags lautet: Sämtliche mit der Errichtung, finanzamtlichen und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages sowie mit der Übernahme der Kaufpreistreuhandschaft verbundenen Kosten, Gebühren und Abgaben aller Art gehen, unbeschadet der hiefür auch den Verkäufer nach außen treffenden gesetzlichen Solidarhaftung, im Innenverhältnis der Vertragsparteien ausschließlich zu Lasten des Käufers, welcher auch den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt hat. Die Kosten einer allfälligen eigenen rechtsfreundlichen Vertretung und Beratung im Zusammenhang mit diesem Kaufvertrag trägt jede Vertragspartei selbst. Eine Vereinbarung, wonach der Vorkaufsberechtigte auch die Kosten des Drittvertrags - der der klagenden Partei entstanden in diesem Zusammenhang Kosten von 274.575 S (Honorar der Klagevertreter und Beglaubigungskosten des Notars) - übernimmt, wurde nicht getroffen.

Das Erstgericht gab dem auf Ersatz dieser Kosten gerichteten und auf schuldhafte Vertragsverletzung bzw "jeglichen sonst denkbaren" Rechtsgrund gestützten Klagenegehren statt. Der Beklagte hätte dafür sorgen müssen, dass die wirkliche Einlösung stattfinde, der Vorkaufsberechtigte somit auch die Kosten des Drittvertrags übernehme. Da der Beklagte dieser Verpflichtung nicht entsprochen und auch nicht bewiesen habe, dass er ohne sein Verschulden dazu nicht in der Lage gewesen sein, habe er rechtswidrig und schuldhaft gehandelt und daher der klagenden Partei den daraus entstandenen Schaden in Höhe der Vertragserrichtungskosten zu ersetzen.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren mit eingehender Begründung ab; es hielt insbesondere die zur vergleichbaren Bestimmung des § 505 zweiter Satz BGB ergangenen Rspr (OLG Celle NJW 1957, 1802) nicht als tragfähig, nach der zu den Lasten, die dem ursprünglichen Käufer nach dem Drittgeschäft oblegen seien und die nach Ausübung des Vorkaufsrechts der Vorkaufsberechtigte zu tragen habe, häufig die Kosten der Vertragserrichtung und -ausführung zählten, und die im Anschluss daran - ohne nähere Begründung - die Auffassung vertrete, sei im Drittgeschäft tatsächlich vereinbart worden, dass die Vertragskosten auf den Käufer fielen, so trage sie letztlich der Vorkaufsberechtigte (vgl zum Meinungsstand in der deutschen Lehre auch Westermann in Münchener Kommentar zum BGB3 § 505 Rz 7; Mader in Staudinger, BGB13 § 505 Rz 19; Huber in Soergel, BGB12 § 505 14; B. Grunewald in Erman, Handkommentar zum BGB9, § 505 Rz 9; Putzo in Palandt, BGB59 § 505 Rz 6, je mwN).

Die von der zweiten Instanz zugelassene Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand des Rechtstreits ist die Frage, ob der Beklagte als Eigentümer des mit dem Vorkaufsrecht belasteten Grundstücks gehalten sei, die dem Drittkäufer entstandenen, infolge Einlösung durch den Vorkaufsberechtigten (§ 1072 ABGB) frustierten Kosten der Errichtung des Drittvertrags zu ersetzen.

a) Gemäß § 1077 ABGB muss der zur Einlösung Berechtigte, "außer dem Falle einer anderen Verabredung, den vollständigen Preis, welcher von einem Dritten angeboten worden ist, entrichten. Kann er die außer dem gewöhnlichen Kaufpreise angebotenen Nebenbedingungen nicht erfüllen und lassen sie sich auch durch den Schätzungswert nicht ausgleichen, so kann das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden." Unter "Nebenbedingungen" sind außer den vom Drittkäufer zugesicherten Nebenleistungen auch die übrigen Vertragsbestimmungen wie etwa die Zahlungskonditionen, die Gefahrtragung, die Gewährleistung und die mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung des Kaufvertrags verbundenen Kosten, Gebühren und Abgaben aller Art zu verstehen (1 Ob 516/91 = SZ 64/24 = EvBl 1991/122 = ecolex 1991, 454; 5 Ob 39/95 = MietSlg 47.077; RIS-Justiz RS0020216). Auch Bedingungen, Auflagen, verbundene Rechte und Pflichten fallen darunter (MietSlg 47.077 mwN). Dagegen muss der Vorkaufsberechtigte solche Klauseln des Drittvertrags nicht übernehmen, die außerhalb des drittvertraglichen Synallagmas stehen und dem Verpflichteten keinen Vorteil bringen, die Ausübung des Vorkaufsrechts jedoch unbillig erschweren (SZ 64/24; Aicher in Rummel2, § 1077 ABGB Rz 5; Binder in Schwimann2, § 1077 ABGB Rz 4).

Übt der Berechtigte sein Vorkaufsrecht aus, entsteht zwischen ihm und dem Eigentümer des mit dem Vorkaufsrecht belasteten Grundstücks ein Kaufvertrag, der inhaltlich mit jenem übereinstimmt, den der Verpflichtete mit dem Dritten abgeschlossen hat (SZ 64/24; Aicher aaO § 1077 ABGB Rz 1). Es tritt aber weder der Vorkaufsberechtigte in den Drittvertrag ein (SZ 64/24; Aicher aaO § 1075 ABGB Rz 9; Mader aaO § 505 BGB Rz 12), noch ist der Eigentümer des mit dem Vorkaufsrecht belasteten Grundstücks gehalten, mit dem Berechtigten einen Kaufvertrag in jener Form abzuschließen, in welcher er mit dem Dritten kontrahierte (Aicher aaO § 1977 ABGB Rz 1). Infolge der spiegelbildlichen Übereinstimmung der Leistungen, die der Drittkäufer und der Vorkaufsberechtigte zu tragen haben, geht es nicht an, den Vorkaufsberechtigten mit Leistungen zu belasten, die der Drittkäufer nicht zu tragen hatte. Muss daher der Drittkäufer nach der Gestaltung des Drittvertrags die Kosten der Errichtung und Verbücherung dieses Vertrags tragen, so hat auch der Vorkaufsberechtigte nur die entsprechenden Kosten (der Errichtung und Verbücherung "seines" Kaufvertrags) auf sich zu nehmen und kann nicht zusätzlich mit den dem Drittkäufer entstandenen Kosten der Errichtung des Drittvertrags belastet werden.

Da einander nach dem Regelungszweck des § 1077 ABGB die Bestimmungen über die Kostentragung durch die Käufer (Drittkäufer und Vorkaufsberechtiger) in beiden Verträgen (Drittvertrag und Vertrag mit dem Vorkaufsberechtigten) entsprechen müssen, fallen demnach die "Kosten" (hier: der Vertragserrichtung und der Beglaubigung) des Drittvertrags nicht unter die "Nebenbedingungen" nach § 1077 zweiter Satz ABGB.

Nach dem Eintritt des Vorkaufsfalls musste der Vorkaufsberechtigte daher dem Beklagten als Eigentümer des mit dem Vorkaufsrecht belasteten Grundstücks die Übernahme der bisherigen Vertragserrichtungskosten des Drittkäufers als "Nebenleistungen" bei sonstigem Erlöschen des Vorkaufsrechts nicht anbieten, und der Verpflichtete konnte daher auf der Übernahme dieser Kosten des Drittkäufers durch den Vorkaufsberechtigten nicht bestehen: Das Einlösungsanbot des Vorkaufsberechtigten entsprach den gesetzlichen Anforderungen.

In der Entscheidung SZ 64/24, auf die sich die klagende Partei beruft, ging es nicht um die Tragung der "Kosten" des Drittvertrags, sondern darum, wer - als "Nebenbedingung" - mit der Vertragserrichtung zu beauftragen war. Das Klagevorbringen, der Beklagte habe trotz Nichteintritts des Vorkaufsfalls mit dem Vorkaufsberechtigten einen neuerlichen Vertrag über denselben Kaufgegenstand geschlossen und dadurch vertragswidrig gehandelt, erweist sich somit nicht als stichhältig.

Zu Schätzungskosten für die Liegenschaft und anderen Kosten, die dem Drittkäufer entstehen und nicht als zusätzliche Belastung des Vorkaufsberechtigten angesehen werden (können), muss hier nicht Stellung genommen werden (vgl dazu etwa BGH LM Nr 2 zu § 505 BGB).

b) Zu prüfen bleibt noch die Frage, ob im vorliegenden Fall angesichts der konkreten Vertragsgestaltung eine ausdrückliche oder zumindest konkludent zustande gekommene vertragliche Verpflichtung des Beklagten als Eigentümer des mit dem Vorkaufsrecht belasteten Grundstücks bestand, für die Übernahme der Kosten des Drittvertrags durch den Vorkaufsberechtigten Sorge zu tragen. Abgesehen davon, dass der Verkaufsverpflichtete ein solches Verlangen - wie erwähnt - diesem gegenüber gar nicht durchsetzen hätte können, ist dies auch sonst zu verneinen. Im Drittvertrag fehlt eine ausdrückliche Verpflichtung des Beklagten, die Kosten des Drittkäufers zu tragen oder im Fall der Einlösung durch den Vorkaufsberechtigten diesem zu überbinden. Auch eine Vertragsauslegung (vgl dazu B. Grunewald aaO § 505 BGB Rz 9) kann zu keinem anderen Ergebnis führen: Da der klagenden Partei die Existenz des Vorkaufsrechts bekannt war (zumal auf dieses im Vertrag ausdrücklich hingewiesen wurde), musste sie schon bei Errichtung des durch die unterlassene Einlösung bedingten Drittvertrags damit rechnen, dass der Vorkaufsberechtigte von seinem Recht Gebrauch machen werde und sie daher mit frustrierten Kosten belastet sein konnte. Das Risiko, dass die Errichtung des Drittvertrags frustriert sein könnte, kann aber nach Regelung im Drittvertrag, nach der die klagende Drittkäuferin die mit der Errichtung des Vertrags und dessen grundbücherlichen Durchführung verbundenen Kosten zu tragen hat, nur diese selbst und nicht den beklagten Verkäufer treffen, der ausdrücklich von den Kosten der Errichtung und Durchführung des Kaufvertrags freigestellt sein sollte. Die aus der Nichterfüllung des Drittvertrags wegen Einlösung resultierenden vertraglichen Rechte des Drittkäufers müssen als schlüssig abbedungen beurteilt werden, wenn der Dritte - wie hier - vom Vorkaufsrecht wusste (vgl Westermann aaO § 505 BGB Rz 10). Da der Beklagte für die Aufklärung der klagenden Partei schon im vorvertraglichen Raum (im Vertragsentwurf) Sorge getragen hatte, können ihm auch Folgen der Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht treffen.

Dass der Beklagte den Bedingungseintritt treuwidrig herbeigeführt habe, wurde nicht behauptet nach Mayer-Maly (in FS Wagner 284 ff) genügt im Übrigen für die Haftungsfreiheit des Vorkaufsverpflichteten dem Drittkäufer gegenüber schon der bloße Hinweis auf die Existenz des Vorkaufsrechts im Drittvertrag (so auch Aicher aaO § 1072 ABGB Rz 14). Somit erweist sich auch das Klagevorbringen, der Beklagte habe vertragswidrigerweise auf die Übernahme der dem Drittkäufer entstandenen Kosten durch den Vorkaufsberechtigten durch "Vertragsnovation" verzichtet, als nicht berechtigt.

Der Revision kann kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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