OGH 4Ob175/00i

OGH4Ob175/00i18.7.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Walter M*****, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei W*****, vertreten durch Schönherr, Barfuss, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 24. Februar 2000, GZ 5 R 236/99h-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 6. August 1999, GZ 39 Cg 57/98w-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 21.375 S (darin 3.562,50 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts liegen die Voraussetzungen des § 502a Abs 1 ZPO nicht vor:

Bei der Beurteilung des Bildnisschutzes nach § 78 UrhG liegt dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn eine ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu Sachverhalten besteht, die mit dem nun zu beurteilenden vergleichbar sind, das Gericht zweiter Instanz dieser Rechtsprechung gefolgt ist und in seiner Auffassung eine die Rechtssicherheit gefährdende Fehlbeurteilung nicht erblickt werden kann (MR 1997, 148 - Abkassierer). Dies ist hier der Fall:

Jedermann soll durch § 78 UrhG gegen einen Missbrauch seiner Abbildung in der Öffentlichkeit geschützt werden, also namentlich dagegen, dass er durch die Verbreitung seines Bildnisses bloßgestellt, dass dadurch sein Privatleben in der Öffentlichkeit preisgegeben oder sein Bildnis auf eine Art benützt wird, die zu Missdeutungen Anlass geben kann und entwürdigend oder herabsetzend wirkt. Das Gesetz legt den Begriff der "berechtigten Interessen" nicht näher fest, weil es bewusst einen weiten Spielraum offenlassen wolle, um den Verhältnissen des Einzelfalls gerecht zu werden. Bei Beurteilung, ob berechtigte Interessen verletzt wurden, ist darauf abzustellen, ob Interessen des Abgebildeten bei objektiver Prüfung als schutzwürdig anzusehen sind. Ist ein schutzwürdiges Interesse zu bejahen, so ist in einem zweiten Schritt die Interessenlage auf beiden Seiten zu beurteilen, aus deren Abwägung sich ergibt, ob die Geheimhaltungsinteressen des Abgebildeten den Vorrang haben und damit zu "berechtigten Interessen" werden (stRsp ua JBl 1988, 55 = MR 1997, 302 = ÖBl 1998, 88 - Ernestine K.; MR 1999, 150 <Korn> - Ermittlungspannen; MR 2000, 84 <Korn> - Bonnie & Clyde jeweils mwN). Das Berufungsgericht hat nicht in Frage gestellt, dass das in Rede stehenden Gemälde unter den Grundrechtsschutz des Art 17a StGG fällt, sondern in Abwägung der in dieser Bestimmung normierten Kunstfreiheitsgarantie gegenüber den durch § 78 UrhG geschützten Persönlichkeitsrechten des Klägers letztere - nicht generell, wie die Revisionswerberin unzutreffend argumentiert, sondern im hier zu beurteilenden Einzelfall - infolge einer entwürdigenden und ehrverletzenden Verwendung des Bildnisses des Klägers als vorrangig erachtet. Das Berufungsgericht hält sich damit auch im Rahmen der Rechtsprechung, wonach die Freiheit der Kunst als allgemeines Persönlichkeitsrecht im Falle eines Interessenkonfliktes mit anderen Persönlichkeitsrechten abzuwägen ist (SZ 61/210 = MR 1989, 15 - Der Aufstand; MR 1989, 219 = ÖBl 1990, 18 - Mafiaprint; EvBl 1992/50 = MR 1992, 19 = ÖBl 1992, 49 - Schweinchen-Karikatur). Berücksichtigt man, dass die auf dem Gemälde dargestellten Körper (denen als Köpfe aus Zeitungen herausgeschnittene Fotos verschiedener Personen, darunter auch ein Bild des Klägers, hinzugefügt sind) in sexuellen Handlungen miteinander verbunden sind, ist eine die Rechtssicherheit gefährdende Fehlbeurteilung der Frage der Interessenabwägung durch das Berufungsgericht unter den vorliegenden Umständen zu verneinen. Das Gericht zweiter Instanz hat sich aber auch in der Frage, ob der Kläger trotz der Beschüttung des Bildes auf diesem noch erkennbar ist, nicht in einen korrekturbedürftigen Widerspruch zu den im Akt erliegenden Urkunden gesetzt. Die Revision war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente sein Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

Stichworte