Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss, der im Ausspruch über die Kosten der Äußerung der betreibenden Partei vom 14. August 1998 als unangefochten aufrecht bleibt, wird im Übrigen dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die betreibende Partei D***** GmbH hat der Widerspruchsklägerin Ingrid W***** die mit S 3.429,60 (darin enthalten S 571,60 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Das Erstgericht hatte einer Bank die Zwangsversteigerung einer Liegenschaft in Wien mit einer Villa bewilligt. Im Zuge dieses Zwangsversteigerungsverfahrens stellte die nunmehr betreibende Partei einen Übernahmsantrag, welchen das Erstgericht zu einem Übernahmepreis von S 11,375.000 genehmigte. Ein dagegen erhobener Rekurs der geschiedenen Ehefrau des Verpflichteten, der nunmehrigen Revisionsrekurswerberin, blieb erfolglos. Nach Berichtigung des Übernahmspreises, Durchführung der Meistbotsverteilungstagsatzung und Fassung des Meistbotsverteilungsbeschlusses stellte die nunmehr betreibende Partei den Antrag auf zwangsweise Räumung der Liegenschaft, welche ihr mit Beschluss des Erstgerichtes vom 9.4.1998 (ON 145) bewilligt wurde. Abgesehen von der nach dem Verteilungsbeschluss weiter zu verwahrenden Hyperocha wurde laut Bericht der Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Wien vom 21.8.1998 der Verteilungsbeschluss auch durch Anweisung der entsprechenden Beträge durchgeführt.
Mit Schriftsatz vom 22.1.1999 brachte die frühere Ehefrau des Verpflichteten beim Erstgericht eine Exszindierungsklage gegen die nunmehr betreibende Ersteherin ein. Dem damit verbundenen Aufschiebungsantrag gab das Erstgericht statt. Es schob die Exekution durch zwangsweise Räumung der nunmehr im Eigentum der betreibenden Partei stehenden Liegenschaft bis zur rechtskräftigen Erledigung des Rechtsstreits über die Exszindierungsklage unter der Bedingung auf, dass binnen vierzehn Tagen eine Sicherheitsleistung in der Höhe von S 210.000 bei Gericht erlegt werde.
Diese Sicherheitsleistung wurde fristgerecht erlegt.
Das Erstgericht nahm in der Begründung seiner Entscheidung das Vorliegen des Aufschiebungsgrundes des § 42 Abs 1 Z 5 EO an. Die Räumungsexekution könne nicht ohne Gefahr eines unersetzlichen Nachteils für die Verpflichtete im Sinne des § 44 Abs 1 EO fortgesetzt werden. Bei Räumungsexekutionen sei dieser Nachteil immer gegeben und offenkundig; die Aufschiebung sei daher ohne weitere Behauptung und Bescheinigung grundsätzlich zu bewilligen. Sie erweise sich unter Abwägung der der Aufschiebungswerberin drohenden Nachteile und der durch die Aufschiebung verursachten weiteren Verzögerung der Verfügungsmöglichkeit der betreibenden Partei als Übernehmerin als gerechtfertigt. Der dadurch mögliche Vermögensnachteil für die betreibende Partei solle jedoch durch eine Sicherheitsleistung in angemessener Höhe nach § 44 Abs 2 Z 3 EO möglichst vermieden werden. Im vorliegenden Fall bestehe der Vermögensnachteil darin, dass es der betreibenden Partei bis zur rechtskräftigen Beendigung des anhängigen Rechtsstreits nicht möglich sein werde, die erworbene Liegenschaft zu verwerten und somit Erträge zu erzielen. Daher sei der Entgang jenes Entgeltes zu berücksichtigen, das bei einer Vermietung des geräumten Objektes erzielt werden könnte. Dabei sei auch auf die voraussichtliche Dauer der Aufschiebung Bedacht zu nehmen. Nach dem vorliegenden Gutachten im Zwangsversteigerungsverfahren betrage der Mietwert der Liegenschaft S 420.000 pro Jahr. Dagegen bestünden weiterhin keine Bedenken. Da das Widerspruchsverfahren in erster Instanz bereits geschlossen worden sei und nach dem bisherigen Verfahrensverlauf eine Bekämpfung der Entscheidung zu erwarten sei, sei die Dauer der Aufschiebung mit zumindest weiteren sechs Monaten zu bemessen und damit eine Sicherheitsleistung in Höhe von S 210.000 angemessen.
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs der betreibenden Partei dahin Folge, dass es den Aufschiebungsantrag abwies und zusätzlich aussprach, dass die betreibende Partei die Kosten ihrer Äußerung vom 14.8.1998 selbst zu tragen habe.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
In seiner rechtlichen Beurteilung legte das Rekursgericht unter Bezugnahme auf die entsprechende Judikatur die Voraussetzungen einer Aufschiebung der Exekution dar. Demnach habe unter anderem das Gericht, das über die Aufschiebung zu entscheiden habe, zu prüfen, ob die Widerspruchsklage mit hoher Wahrscheinlichkeit als aussichtslos anzusehen sei oder nicht, dürfe dabei dem Prozessergebnis jedoch nicht vorgreifen. Im vorliegenden Fall seien Erfolgsaussichten der Exszindierungsklage aber zu verneinen, da eine rechtskräftige Übernahme der Liegenschaft vorliege. Überdies sei davon auszugehen, dass eine Exszindierungsklage nur bis zur Einstellung oder Beendigung der Exekution zulässig sei. Sie sei abzuweisen, wenn vor Schluss der Verhandlung in erster Instanz die Anlassexekution gänzlich eingestellt oder beendet wurde (SZ 53/112, RPflE 1981/70; RPflE 1988/129; RPflE 1990/101). Ein Zwangsversteigerungsverfahren sei mit der Ausfolgung des Meistbotes als beendet anzusehen. Werde die Zulässigkeit der Widerspruchsklage nach der Erlassung des Verteilungsbeschlusses, jedoch vor Ausfolgung des Meistbotes bejaht, so folge daraus auch nach § 42 Abs 1 Z 5 die Zulässigkeit der Aufschiebung der Exekution, wenn die übrigen Voraussetzungen hiefür gegeben seien (SZ 24/102). Im vorliegenden Fall sei der Übernahmspreis bereits verteilt und den Berechtigten laut Beschluss über die Verteilung des Übernahmspreises ausgefolgt worden. Daraus ergebe sich aber, dass die gegenständliche Zwangsversteigerung - unabhängig davon, dass das im Zuge der Zwangsversteigerung erfolgte Räumungsverfahren noch anhängig sei - bereits beendet und eine Exszindierungsklage daher abzuweisen sei (SZ 11/211). Da somit der gegenständlichen Exszindierungsklage ein Erfolg von vornherein nicht beschieden sein könne, fehle eine Voraussetzung, um die Aufschiebung zu bewilligen.
Einer der im § 528 Abs 1 ZPO aufgezählten Tatbestände liege im Hinblick auf die klare Sach- und Rechtslage nicht vor.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der darin (offenbar irrig) als verpflichtete Partei bezeichneten Widerspruchsklägerin, mit der sie in erster Linie die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin begehrt, dass der Rekurs der betreibenden Partei abgewiesen werde.
Der Revisionsrekurs sei entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes zulässig, weil die von ihm zitierte Rechtsprechung auf den vorliegenden Exszindierungsfall nicht anwendbar und die Aufschiebung im Sinne der nunmehr ständigen Rechtsprechung (EvBl 1988/57; RdW 1994/42) geboten sei. Weiters liege eine Aktenwidrigkeit darin, dass das Rekursgericht angenommen habe, dass das Meistbot (der Übernahmspreis) verteilt sei.
In der Sache wird geltend gemacht, dass das Rekursgericht übersehen habe, dass sich eine nach § 37 EO eingebrachte Klage grundsätzlich gegen die betreibende Partei als Forderungsinhaber richte, wogegen die vorliegende Klage und die nach § 97 ABGB gegebenen Rechtsbehelfe auch gegen den Ersteher in Anwendung zu bringen seien. Im vorliegenden Fall gehe es darum, dass die Ersteherin im böswilligen Zusammenwirken mit der verpflichteten Partei und mit der betreibenden Partei [gemeint offenbar: im Zwangsversteigerungsverfahren] die Revisionsrekurswerberin aus der ehelichen Wohnung zu vertreiben suche. Selbst wenn man der unvertretbaren Ansicht des Rekursgerichtes wäre, dass es auf die völlige Verteilung des Übernahmspreises ankäme, liege insoweit eine Aktenwidrigkeit vor, weil nach dem Verteilungsbeschluss ein Gutteil des Übernahmspreises in gerichtlicher Verwahrung zu halten sei, weshalb der Übernahmspreis nicht verteilt sei.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht in unvertretbarer Weise verkannt hat, dass sich die vorliegende Klage, die Grundlage des Aufschiebungsantrages ist, gar nicht gegen die - allenfalls schon beendete - Zwangsversteigerung, sondern gegen die gemäß § 156 Abs 2 EO der Übernehmerin bewilligte Räumungsexekution richtet. Diese Räumung ist, wie sich aus der Absetzung des Räumungstermins im erstgerichtlichen Beschluss ergibt, im maßgeblichen Zeitpunkt noch keinesfalls beendet gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.
Entgegen älteren Entscheidungen (2 Ob 130/29 = SZ 11/46 = ZBl 1929/283 [abl Petschek]) ist es nunmehr herrschende Rechtsprechung und Lehre, dass sich gegen die Exekution auf Übergabe einer zwangsversteigerten Liegenschaft nach § 156 Abs 2 der Verpflichtete oder ein Dritter auch mit einer exekutionsrechtlichen Klage (EvBl 1976/70; MietSlg 44.890 ua zu RIS-Justiz = 002827) oder aber mit einer den Klagen nach §§ 35, 36, 37 EO nachgebildeten Klage zur Wehr setzen kann (so EvBl 1968/47 = JBl 1968/208 = MietSlg 19.583; MietSlg 22.697; MietSlg 39.852 ua zu RIS-Justiz RS 0001550; ebenso Karollus,
Zur Rechtsstellung des Liegenschaftserstehers, JBl 1989, 27;
Holzhammer, Zwangsversteigerungsrecht4, 218; Heller/Berger/Stix, EO4, 1254). Demgemäß ist auch gemäß § 42 Abs 1 Z 5 EO (zumindest analog) die Aufschiebung dieser Räumungsexekution zulässig (EvBl 1976/70;
ebenso offenbar auch 3 Ob 112, 113/92 [insoweit nicht veröffentlicht in MietSlg 44.890]).
Es sind daher die Voraussetzungen der Aufschiebung zu prüfen. Wie bereits ausgeführt, scheitert die Aufschiebung keinesfalls daran, dass die Anlassexekution bereits beendet ist, weil es nicht um das Zwangsversteigerungsverfahren, sondern um die Räumungsexekution geht. Ob das Zwangsversteigerungsverfahren beendet ist, muss daher nicht erörtert werden. Zu prüfen ist aber, ob, wie das Rekursgericht richtig ausgeführt hat, eine Aufschiebung deshalb nicht erfolgen kann, weil die Verfahrenshandlung, auf die der Aufschiebungsantrag gestützt wird, mit hoher Wahrscheinlichkeit aussichtslos ist (zuletzt SZ 70/77 mwN). Solches kann aber entgegen der Auffassung der betreibenden Partei nicht gesagt werden.
Wie sich aus dem Vorbringen in der Widerspruchsklage der Revisionsrekurswerberin ergibt, macht diese geltend, dass sowohl ihr geschiedener Ehemann als auch die seinerzeit betreibende Partei und die - nach ihren Behauptungen - lediglich zum Erwerb der Liegenschaft mit der Ehewohnung gegründete nunmehr betreibende Partei mit der Absicht zusammengespielt hätten, um ihren im § 97 ABGB wurzelnden Anspruch zu vereiteln. Dass diese Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit aussichtslos wäre, kann keineswegs gesagt werden, wurde doch etwa bereits in JBl 1994, 613 = MietSlg 45/32 der Räumungsklage eines Erstehers, der um die Belastung der früheren Ehewohnung mit Ansprüchen der geschiedenen Ehegattin nach § 97 ABGB wusste, der Erfolg versagt. In dieser Entscheidung wurde ausgesprochen, dass es nicht darauf ankommen könne, ob die Wohnbedürftige ihren obligatorischen Wohnanspruch gegen den dolos handelnden betreibenden Gläubiger bereits im Versteigerungsverfahren oder später gegen den die Räumung betreibenden dolosen Ersteher geltend mache. Gegen das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der Aufschiebung hat die betreibende Partei in ihrem Rekurs (zu Recht) nichts vorgebracht.
Ein Anlass, die aufgetragene Sicherheitsleistung zu erhöhen, besteht nicht, hat doch die betreibende Partei in ihrer Äußerung zum Aufschiebungsantrag keine konkreten Behauptungen über den ihr drohenden Schaden aus der Aufschiebung gemacht. Auch im Rekurs wird nicht schlüssig dargelegt, inwiefern dieser Schaden den angenommenen Mietentgang von monatlich S 35.000 übersteigen würde.
Daraus folgt, dass dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der erstgerichtliche Beschluss mit Ausnahme der unanfechtbaren und auch vom Revisionsrekurs nicht betroffenen Entscheidung des Rekursgerichtes über die Kosten der Äußerung der betreibenden Partei dahin abzuändern war, dass die erstgerichtliche Entscheidung wiederhergestellt wird.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 50, 41 ZPO. Nach § 10 Z 2 lit b RATG wäre bei einer Räumungsklage von einem Streitwert von S 24.000 auszugehen. Demnach kann auch der Streitwert der Exekution nach § 156 Abs 2 EO nicht anders bemessen werden.
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