OGH 10Ob134/00d

OGH10Ob134/00d11.7.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer, Dr. Hopf und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gabriele W*****, vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Dr. Martin M*****, Facharzt für Orthopädie, ***** vertreten durch Dr. Hans-Peter Ullmann und Dr. Stefan Geiler, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 396.314,92 sA und Feststellung (Gesamtstreitwert 496.314,92 S sA), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 29. März 2000, GZ 4 R 282/99y-31, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revision wäre nur zulässig, wenn ursprünglichen Geltungsbereich des hier maßgeblichen deutschen materiellen Rechts eine in Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht von den Vorinstanzen hintangesetzt worden wäre (ÖBA 1999, 656).

Dies ist aber nicht der Fall.

Richtig ist, dass über allgemeine Risken, mit denen ein Patient im Allgemeinen rechnet, nicht aufgeklärt werden muss. Die Abgrenzung zwischen nicht aufklärungsbedürftigen Allgemeinrisken und Risken, über die der Patient aufzuklären ist, nicht immer klar zu ziehen. Es lässt sich keine starre Regel bilden, die Judikatur kann hiezu nur allgemeine Grundsätze entwickeln. Die Frage, ob ein, mit einer Behandlung verbundenes bestimmtes Risiko den Arzt verpflichtet, den Patienten hierüber aufzuklären, ist innerhalb des durch diese Grundsätze gezogenen Rahmens für jeden Einzelfall zu lösen.

Die deutsche Rechtsprechung vertritt den Standpunkt, dass Patienten auch über extrem seltene Risken eines Eingriffes aufzuklären sind, deren Auftreten für den Patienten auch bei Kenntnis des allgemeinen Risikos überraschend wäre, sofern es sich um schwerwiegende, aber wesenstypische Risken des Eingriffes handelt (Steffen/Dressler, Arzthaftungsrecht8 Rz 333; NJW 1980, 633; 1994, 3012; 1999, 3418 ua).

Nach den Feststellungen ist ein Spritzenabzess auch unter Beachtung aller denkbaren Sorgfalt nicht immer vermeidbar. Wenn die Vorinstanzen zum Ergebnis gelangten, dass der Beklagte verpflichtet gewesen wäre, die Klägerin über das darin gelegene Risiko aufzuklären, haben sie nicht gegen die von der deutschen Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht entwickelten Grundsätze verstoßen.

Soweit der Revisionswerber auf eine uneinheitliche Rechtsprechung der deutschen Gerichte verweist, ist dem entgegenzuhalten, dass der Oberste Gerichtshof nicht berufen ist, für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder die Rechtsfortbildung im Bereich ausländischen Rechts Sorge zu tragen.

Stichworte