OGH 9ObA144/00t

OGH9ObA144/00t28.6.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Michael Manhard und Anton Liedlbauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Arbeiterbetriebsrat der Vereinigten F*****verlags GmbH und der F*****vertriebs GmbH, *****, vertreten durch Dr. Georg Grießer und Dr. Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Vereinigte F*****verlags GmbH, 2. F*****vertriebs GmbH, beide *****, beide vertreten durch Dr. Peter Kisler und DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG (Streitwert S 300.000,--) über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Februar 2000, GZ 10 Ra 306/99i-41, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 27. Mai 1999, GZ 9 Cga 49/96g-34a, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, dass dem Spruch ein weiterer Absatz folgenden Inhalts anzuschließen ist:

"Das Mehrbegehren, es werde festgestellt, dass auch die im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz (27. 5. 1999) nicht mehr im Betrieb der beklagten Parteien tätigen Arbeiter einen Anspruch auf Zurückzahlung eines anlässlich der Entgeltabrechnung im November 1995 unter dem Titel eines im April 1992 gewährten Vorschusses der Schichtzulage gegenüber den beklagten Parteien hätten, wird abgewiesen."

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 13.725,-- (darin S 2.287,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der von den Revisionswerbern zitierten Lehre stellt ein Verstoß gegen § 405 ZPO keinen Nichtigkeitsgrund (RIS-Justiz RS0037713, zuletzt 4 Ob 285/97h), sondern einen Verfahrensmangel dar (RIS-Justiz RS0041089, insbesondere SZ 68/157). Ein solcher Verfahrensmangel liegt jedoch nicht vor. Wie sich der Begründung des angefochtenen Urteils (AS 235) entnehmen lässt, wollte das Berufungsgericht dem Klagebegehren mit seinem Ausspruch nicht nur eine klarere und deutlichere Fassung geben, sondern - ausgehend von seiner Rechtsauffassung - der Klage nur teilweise, nämlich insoweit stattgeben, als sich das Feststellungsbegehren auf Arbeiter bezieht, denen gegenüber ein ungerechtfertigter Abzug erfolgt ist, welche sich aber in dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz noch in einem aufrechten Dienstverhältnis zu den beklagten Parteien befanden. Dieser Einschränkung hat das Berufungsgericht durch die Wendung "... sofern sie im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung (27. 5. 1999) noch dort beschäftigt waren ..."

Ausdruck verliehen. Ein Minuszuspruch ist auch hinsichtlich einer Feststellungsklage möglich (RIS-Justiz RS0037485, Rechberger ZPO2 Rz 3 zu § 405 mwN). Eine solche - auch bei Klagen nach § 54 Abs 1 ASGG - zulässige Einschränkung kann durch entsprechende Formulierung des Spruches erfolgen, ohne den Charakter der Zuerkennung eines Minus zu verlieren (Burgstaller, DRdA 1995, 147 f). Soweit das Berufungsgericht die Berechtigung des Feststellungsbegehrens auf zu einem bestimmten Zeitpunkt noch bei den beklagten Parteien beschäftige Arbeiter eingeschränkt hat, liegt darin die Zuerkennung eines quantitativ geringeren als des begehrten Anspruches, somit eines Minus. Offensichtlich aufgrund eines Versehens ist dabei die ausdrückliche Abweisung des Mehrbegehrens unterblieben, was im Rahmen einer Berichtigung durch das Revisionsgericht nachgeholt werden konnte.

Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Frage, ob ein Rückforderungsanspruch derjenigen Arbeitnehmer, welche noch bei den beklagten Parteien beschäftigt sind, auf Rückzahlung der zunächst gewährten und dann wieder einbehaltenen Akontozahlung besteht, zutreffend bejaht. Es reicht daher insoweit aus, auf die zutreffende und eingehende Begründung des Berufungsgerichtes hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerber entgegenzuhalten:

Wenn neben den fixen auch variable Gehaltsbestandteile durch Jahre hinaus immer in dem Monat abgerechnet und ausgezahlt wurden, in welchem sie auch angefallen sind, ist dadurch eine Betriebsübung entstanden, die Bestandteil der Einzelverträge geworden ist und einem einseitigen Abgehen davon durch den Arbeitgeber entgegensteht (9 ObA 222/98g = RdW 1999, 541 = ARD 5071/5/99). Da den Arbeitnehmern nicht unterstellt werden kann, dass sie mit einer einseitigen Verschiebung der Fälligkeit durch die Arbeitgeberin einverstanden waren, kommt der "Vorschusszahlung" vom April 1992 der Charakter einer Akontozahlung auf schon fällige, jedoch ihrer Höhe nach noch nicht ermittelte Entgeltbestandteile zu. Dass die Folgezahlungen aufgrund einer Abrechnung für den Vormonat erfolgten, nimmt ihnen nicht den Charakter als für den jeweils laufenden Monat. Der Arbeitgeber hat somit ein Verhalten gesetzt, welches von den betroffenen Arbeitnehmern so zu deuten war, das eine Endabrechnung erst bei Beendigung des Dienstverhältnisses, sei es auch durch Abzug von dann fällig werdenden Entgelten, erfolgen werde. Es war somit den beklagten Parteien auch nicht anheim gestellt, die Akontozahlung früher einzubehalten, als es der schlüssig zustandegekommenen Vereinbarung entsprach. Es mag hier dahingestellt bleiben, ob Differenzbeträge, welche sich aus dem ausgezahlten Betrag und dem tatsächlich im jeweiligen Monat fällig gewordenen Entgelt ergeben könnten, als "Vorschüsse" zu werten sind, weil auch solche mangels einer besonderen Vereinbarung ebenfalls erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig werden (EvBl 1992/28 = ÖBA 1992, 493 = ecolex 1991, 872).

Unberechtigt ist letztlich auch der Vorwurf, die Parteien seien durch die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes überrascht worden: Das Problem ausgeschiedener Arbeiter wurde vielmehr ausdrücklich erörtert (Tagsatzung vom 27. 5. 1999, AS 154). Die Behauptung, dass die Arbeitnehmer auch variable Entgeltbestandteile nunmehr rechtzeitig, nämlich im Anfallsmonat erhielten, ist eine unzulässige Neuerung.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO begründet.

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