OGH 1Ob88/00y

OGH1Ob88/00y21.6.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gilda ***** P***** vertreten durch Dr. Gunther Gahleitner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 157.234,88 sA, infolge der Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 10. Dezember 1999, GZ 14 R 228/99y-13, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 13. September 1999, GZ 32 Cg 4/99i-7, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Am 4. 12. 1997 wurde die Klägerin von einem Schöffengericht zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren verurteilt. Nach Verkündung des Urteils wurde über die Klägerin gemäß § 180 Abs 2 Z 1 und 3 StPO die Untersuchungshaft verhängt. Dieser Beschluss wurde schriftlich ausgefertigt; der Verteidiger der Klägerin erhob dagegen Beschwerde, die am 5. 12. 1997 beim Strafgericht einlangte. Am 10. 12. 1997 wurde das Hauptverhandlungsprotokoll übertragen, der Strafakt langte am 12. 12. 1997 bei der Vorsitzenden des Schöffengerichts ein. Erst am 17. 12. 1997 wurde der Strafakt samt dem bereits verfassten Urteil der Rechtsmittelinstanz zur Entscheidung über die Haftbeschwerde vorgelegt. Das Rechtsmittelgericht gab der Haftbeschwerde mit Beschluss vom 19. 12. 1997 Folge und hob die Untersuchungshaft mit der Begründung auf, dass die Haft gemäß § 180 Abs 1 StPO nur über Antrag eines Staatsanwalts verhängt werden könne; eine entsprechende Antragstellung liege aber nicht vor. Noch am 19. 12. 1997 wurde die Klägerin enthaftet. Am 6. 2. 1998 berichtigte die Schöffensenatsvorsitzende das Hauptverhandlungsprotokoll dahin, dass die Staatsanwältin die Verhängung der Untersuchungshaft wegen Flucht- und Tatbegehungsgefahr beantragt habe. Diese Einfügung in das Protokoll erachtete der Oberste Gerichtshof über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes als unzulässig, weil das Rechtsmittelgericht bereits über die Haftbeschwerde entschieden habe.

Die Klägerin begehrte die Zahlung von S 157.234,88 sA als Entschädigung für die gesetzwidrig über sie verhängte Haft. Sie sei ohne Antrag der Staatsanwaltschaft in Untersuchungshaft genommen und zu deren Voraussetzungen nicht vernommen worden. Die gegen den Haftbeschluss erhobene Beschwerde sei dem Rechtsmittelgericht verspätet vorgelegt worden. Nur auf Grund einer Vielzahl von Interventionen ihres Verteidigers sei der Strafakt dem Rechtsmittelgericht vorgelegt und von diesem schließlich über die Beschwerde entschieden worden. Die Klägerin sei zum Zeitpunkt der Inhaftnahme im 6. bzw 7. Monat schwanger gewesen, die Haft habe bei ihr eine geradezu katastrophale psychische und physische Situation heraufbeschworen. Der zur Erwirkung der Enthaftung der Klägerin erforderliche Vertretungsaufwand belaufe sich auf S 122.234,88, an Schadenersatz (für immaterielle Schäden) gebühre der Klägerin ein Betrag von S 35.000.

Die beklagte Partei wendete ein, die Klägerin sei über Antrag der Staatsanwaltschaft in Untersuchungshaft genommen worden; lediglich die Protokollierung dieses Antrags im Hauptverhandlungsprotokoll sei versehentlich unterblieben. Der Vorsitzenden des Schöffengerichts sei es sinnvoll erschienen, die Haftbeschwerde gemeinsam mit dem noch zu verfassenden Urteil dem Rechtsmittelgericht vorzulegen, um diesem eine bessere Entscheidungsgrundlage zur Prüfung der Haftgründe zu bieten. Eine Säumigkeit bei der Vorlage der Haftbeschwerde sei somit nicht unterlaufen. Die Untersuchungshaft sei schließlich auch auf die von der Klägerin verbüßte Strafhaft angerechnet worden, sodass keinerlei Anspruch auf Haftentschädigung bestehe. Für die Geltendmachung der Verteidigerkosten sei der Rechtsweg ausgeschlossen, weil kein strafgerichtlicher Beschluss über die Anspruchsvoraussetzungen nach § 6 StEG vorliege. Im Übrigen sei ein solcher Ersatzanspruch gemäß § 3 lit b StEG infolge Haftanrechnung ausgeschlossen.

Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung von S 26.428,28 sA und wies das Mehrbegehren von S 130.815,50 sA ab; die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs für die Geltendmachung der Verteidigerkosten verwarf es. Die Verhängung der Untersuchungshaft sei mangels eines protokollierten Antrags der Staatsanwaltschaft rechtswidrig gewesen, weshalb der Klägerin immaterieller Schadenersatz zustehe; für die konventionswidrige Untersuchungshaft von 15 Tagen sei gemäß Art 5 Abs 5 EMRK S 15.000 zuzusprechen. Die Verteidigungskosten könnten nicht nur nach § 1 StEG geltend gemacht werden. Die Haftbeschwerde des Verteidigers sei für die Entlassung aus der Haft durchaus nützlich gewesen, ebenso der Antrag auf Zustellung des Haftbeschlusses. Der weitere Verteidigungsaufwand sei zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands aber nicht nötig gewesen. Es habe keine Verzögerung des Verfahrens stattgefunden, der Akt sei "ohne Verzögerung" dem Rechtsmittelgericht vorgelegt worden.

Das Berufungsgericht bestätigte den Beschluss über die Verwerfung der Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs; das Ersturteil hob es dagegen auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Gericht erster Instanz zurück. Der Rekurs gegen diesen Aufhebungsbeschluss wurde als zulässig erklärt. Jedermann, der entgegen Art 5 EMRK von Festnahme oder Haft betroffen sei, habe Anspruch auf Schadenersatz. Dieser sei im Amtshaftungsverfahren geltend zu machen und umfasse auch den Ersatz immateriellen Schadens. Der in Haft Genommene könne jeden Schaden ersetzt verlangen, der ihm infolge konventionswidriger Ausdehnung der Haft entstanden sei, soweit er nicht auch durch spätere Strafhaft, die er infolge Anrechnung der Untersuchungshaft nicht mehr zu verbüßen hatte, entstanden wäre. Auf rechtmäßiges Alternativverhalten könne sich die beklagte Partei - soweit es die Verhängung der Haft betreffe - nicht berufen. Die unverzügliche Vorlage einer Haftbeschwerde stelle eine unbedingte Pflicht der in Untersuchungsrichterfunktion eingesetzten Organe dar; für das Zuwarten aus Zweckmäßigkeitsgründen bleibe kein Raum. Gehe man von diesen Grundsätzen aus, sei die Rechtssache noch nicht spruchreif:

Die Protokollberichtigung habe in dem durch die Haftbeschwerde angestrengten Verfahren über die Haftfrage nicht mehr berücksichtigt werden können, weshalb sie vom Obersten Gerichtshof für das Strafverfahren als verfehlt beurteilt worden sei. Die Untersuchungshaft sei vom Rechtsmittelgericht aufzuheben gewesen, weil nach der Aktenlage ein Haftantrag nicht gestellt worden sei. Im Falle eines Haftantrags der Staatsanwaltschaft und bei Vorliegen von Haftgründen könne aber in dem Umstand, dass die Klägerin in Untersuchungshaft genommen wurde, keine Konventionsverletzung erblickt werden. Es mangle an entsprechenden Feststellungen, sodass die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung unumgänglich sei. Die unverzügliche Vorlage der Haftbeschwerde hätte zu einer früheren Enthaftung der Klägerin geführt. Eindeutige Feststellungen, an welchem Tag der Akt frühestmöglich dem Rechtsmittelgericht hätte vorgelegt werden können, seien unterblieben. Die nach diesem Tag in Untersuchungshaft zugebrachte Zeit sei als konventionswidrige Haft zu beurteilen, weil die innerstaatlichen Bestimmungen zur Verkürzung der Haftdauer nicht eingehalten worden seien. Bei Ausmessung der Höhe der immateriellen Entschädigung sei zu berücksichtigen, dass die Vorhaft angerechnet worden sei, aber auch, dass die Klägerin die Haft infolge ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft besonders unangenehm empfunden haben müsse, weshalb gegen die Zuerkennung einer Entschädigung von S 1.000 je Tag keine Bedenken bestünden. Die Kosten der Verteidigung, die der Vorlage des Haftbeschlusses an das Rechtsmittelgericht und der Aufhebung der Untersuchungshaft gedient hätten, seien zu ersetzen, weil diese Aufwendungen einen weiteren nach Art 5 EMRK zu ersetzenden Schaden verhindern sollten. Demnach sei der Rechtsweg zulässig, doch sei zu prüfen, welche Maßnahmen des Verteidigers in der Tat notwendig oder zweckmäßig gewesen seien, weil nur für solche Ersatz zu leisten sei.

Die Rekurse der Streitteile sind zwar zulässig, aber - jener der Klägerin allerdings nur im Ergebnis - nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zum Rekurs der beklagten Partei:

Vorweg ist festzuhalten, dass der Ausspruch über die Verwerfung der Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs für die Verteidigerkosten - wie die beklagte Partei selbst erkennt - gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO nicht anfechtbar ist: Die Zulässigkeit des Rechtswegs wurde damit endgültig und bindend bejaht (Mayr in Rechberger, ZPO2 § 42 JN Rz 7).

Die Erwägungen des Gerichts zweiter Instanz, die Kosten des Verteidigers seien insoweit zu ersetzen, als sie der Vorlage des Haftbeschlusses sowie der Beschleunigung der Aufhebung der Untersuchungshaft gedient hätten, werden vom erkennenden Senat gebilligt. Gewiss ist ein in den Fällen des § 2 Abs 1 lit a und b StEG gebührender Ersatzanspruch ausgeschlossen, soweit die Anhaltung auf eine Strafe angerechnet worden ist. Gemäß § 11 Abs 1 StEG bleiben indessen über den Ersatzanspruch nach dem StEG hinausgehende Ansprüche auf Grund des Amtshaftungsgesetzes unberührt; es können also Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz wahl-, hilfs- oder ergänzungsweise auch neben den Ansprüchen nach dem StEG geltend gemacht werden (Mayerhofer, Nebenstrafrecht4 FN 4 und 5 zu § 11 StEG). Der von der Klägerin unter Berufung auf Art 5 Abs 5 EMRK geltend gemachte Schadenersatz ist im Amtshaftungsverfahren durchzusetzen (ZfRV 1999, 72; Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar2 Art 5 Rz 156); auf die Schadenersatzpflicht nach Art 5 Abs 5 EMRK sind die Verfahrensvorschriften des AHG und nicht jene des StEG anzuwenden (SZ 68/102; 1 Ob 4/94 ua). Die von der beklagten Partei angestrebte "analoge Anwendung des StEG" kommt deshalb nicht in Betracht, weil das AHG - ebenso wie die EMRK - eine dem § 3 lit b StEG vergleichbare Bestimmung nicht kennt. Die Kosten, die die Klägerin für ihre Verteidigung aufzuwenden hatte, um die Vorlage des Haftbeschlusses an das Rechtsmittelgericht sowie die Aufhebung der Untersuchungshaft zu erreichen, sind - wie schon das Gericht zweiter Instanz zutreffend dargestellt hat - Kosten, die einen weiteren nach Art 5 EMRK zu ersetzenden Schaden verhindern sollten, sodass der Anspruch auf deren Ersatz grundsätzlich berechtigt ist (RZ 1996/51).

Auch die Erörterungen des Berufungsgerichts über den Anspruch auf immaterielle Entschädigung sind stichhältig. In der Regel ist wohl eine solche Entschädigung dann nicht zuzusprechen, wenn es infolge der Anrechnung der Untersuchungshaft auf die Strafhaft bloß zu einer zeitlichen Verlagerung der Haftzeit kommt. Werden jedoch besondere Umstände festgestellt, die eine Verschärfung der mit jeder Haft verbundenen Unannehmlichkeiten mit sich bringen, so kann der Zuspruch einer immateriellen Entschädigung trotz Anrechnung der Untersuchungshaft auf die Strafhaft bei Verletzung des Art 5 EMRK geboten sein, um zusätzliche Beeinträchtigungen abzugelten. Bei der Ausmessung eines solchen Schadens infolge rechtswidriger Haft stehen Dauer und Intensität des ausgestandenen Ungemachs im Vordergrund. Sind die psychophysische Situation des Betroffenen, die Beschaffenheit seiner Gefühlswelt, seine Empfindsamkeit und die Schwankungsbreite seiner Psyche bestimmende Faktoren (SZ 63/223; SZ 62/176; JBl 1982, 263 ua), so erweist sich die Auffassung des Gerichts zweiter Instanz als zutreffend, dass eine hochschwangere Person eine Haft naturgemäß (noch) wesentlich unangenehmer empfindet als eine Frau, die einige Zeit nach der Entbindung einigermaßen vorbereitet die Haft antritt.

2. Zum Rekurs der Klägerin:

Die Verhängung der Untersuchungshaft durch die Vorsitzende des Schöffengerichts setzte einen entsprechenden Antrag des öffentlichen Anklägers voraus (§ 180 Abs 1 StPO). Die Verhängung der Untersuchungshaft über die Klägerin wäre aber selbst dann rechtswidrig gewesen, wenn sich erweisen ließe, dass ein solcher Antrag gestellt wurde, und auch ausreichende Haftgründe bestanden haben sollten, weil ein auf Verhängung der Untersuchungshaft über die Angeklagte (Klägerin) gerichteter Antrag der Staatsanwältin bei der Hauptverhandlung am 4. Dezember 1997 im Protokoll über diese nicht wiedergegeben ist. Art 5 Abs 1 EMRK, der die konventionsgemäßen Voraussetzungen für die Entziehung der persönlichen Freiheit regelt, ermächtigt die staatlichen Organe für sich noch nicht zur Anordnung von Freiheitsbeschränkungen; jede der EMRK entsprechende Freiheitsentziehung setzt vielmehr voraus, dass alle vom nationalen Recht angeordneten und im Einzelnen zu beachtenden Bedingungen erfüllt werden (RZ 1996/51 mwN). Wohl ist eine der Bedingungen für den durch die Verhängung der Untersuchungshaft angeordneten Freiheitsentzug ein darauf gerichteter Antrag des Staatsanwalts, ebenso ist eine solche Bedingung jedoch auch dessen Wiedergabe im Protokoll über die Hauptverhandlung, muss dieses doch neben den übrigen im § 271 StPO angeführten Angaben auch über alle wesentlichen Förmlichkeiten des Verfahrens Aufschluss geben, vor allem auch über die Anträge der Parteien sowie über alle Entscheidungen und Verfügungen des Gerichts. Insbesondere hat das Hauptverhandlungsprotokoll dem Rechtsmittelgericht die Überprüfung der Richtigkeit angefochtener Entscheidungen zu ermöglichen, muss also alle jene Vorgänge getreu wiedergeben, deren Kenntnis für das Rechtsmittelgericht unerlässlich ist. Dieses Gericht muss durch das Hauptverhandlungsprotokoll in die Lage versetzt werden, einwandfrei festzustellen, ob und inwieweit alle rechtlichen Voraussetzungen für freiheitsentziehende Maßnahmen des Erstgerichts erfüllt wurden (vgl nur das Urteil des OGH über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes im zugrunde liegenden Strafverfahren [14 Os 41/98-9]).

Demgemäß hat das Beschwerdegericht die Untersuchungshaft auch aufgehoben, weil es nach dem - allein maßgeblichen - Inhalt des Protokolls über die Hauptverhandlung schon an der formalen Voraussetzung eines entsprechenden Antrags der Staatsanwaltschaft gebrach. Der Oberste Gerichtshof sprach dazu in seinem weiter oben erwähnten Urteil aus, Ergänzungen und Richtigstellungen des Hauptverhandlungsprotokolls seien nur solange zulässig, als das Rechtsmittelgericht noch nicht unter Zugrundelegung des ursprünglichen Protokollinhalts entschieden habe. Eine spätere Berichtigung könne - wie im vorliegenden Fall - geeignet sein, der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts die Grundlage zu entziehen, und sei deshalb ausgeschlossen.

Auch wenn der öffentliche Ankläger - was gar nicht erwiesen ist - in der Hauptverhandlung einen Haftantrag gestellt haben sollte, änderte dies nichts an der Rechtswidrigkeit der freiheitsentziehenden Maßnahme: Dann wäre dem Schöffengericht bzw dessen Vorsitzenden mit der unterbliebenen Wiedergabe des Antrags im Protokoll ein nicht als bloßer Formalfehler zu beurteilender Verstoß gegen die Verpflichtung zur Wiedergabe aller Parteienanträge im Hauptverhandlungsprotokoll unterlaufen, sodass eine der im nationalen Recht für die Freiheitsentziehung angeordnete und zu beachtende Bedingung nicht erfüllt war. Bei Amtshaftungsansprüchen aus einer Verletzung des Rechts auf persönliche Freiheit bleibt dem beklagten Rechtsträger nach ständiger Rechtsprechung die Einwendung, derselbe Schaden wäre auch bei rechtmäßigem Organverhalten eingetreten, verwehrt (SZ 54/108; SZ 60/117; 1 Ob 4/94; RZ 1996/51 uva; aA - indes ohne stichhältige Argumente - Harrer in Schwimann, ABGB2 §§ 1301 f Rz 51). Soweit diese Erwägungen in der Entscheidung EvBl 1993/57 abgeschwächt wurden, kann die dieser zugrunde liegende Auffassung nicht aufrecht erhalten werden.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erübrigen sich daher Feststellungen darüber, ob die Sitzungsvertreterin der Anklagebehörde einen entsprechenden Haftantrag gestellt hätte. Da die Untersuchungshaft schon von Beginn an rechtswidrig war (vgl dazu auch 14 Os 41/98), ist es auch für den Streitausgang nicht bedeutsam, wann die Haftbeschwerde dem Rechtsmittelgericht frühestens hätte vorgelegt werden können. Der Ersatz des von der Klägerin durch die Verhängung der Untersuchungshaft erlittenen immateriellen Schadens gebührt dieser deshalb für den gesamten Zeitraum des dadurch ausgelösten Freiheitsentzugs. Soweit bedarf es keiner Ergänzung des erstinstanzlichen Verfahrens.

Dennoch hat das Gericht zweiter Instanz die erstgerichtliche Entscheidung im Ergebnis zutreffend aufgehoben: Die Klägerin führt selbst in ihrem Rekurs aus, der Anspruch umfasse nur die notwendigen und zweckentsprechenden Verteidigerkosten. Welche Schritte des Verteidigers demgemäß ersatzfähig sind, kann nach den kursorischen Feststellungen des Erstgerichts hiezu nicht verlässlich beurteilt werden. Allein in diesem Umfang wird das erstgerichtliche Verfahren zu ergänzen und werden danach ausreichende Feststellungen zu treffen sein.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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