OGH 8ObA239/99a

OGH8ObA239/99a8.6.2000

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer und die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Bukovec und Dr. Anton Wladar als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Wolfgang S*****, vertreten durch Dr. Andreas Mirecki, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Herbert Hochegger, Rechtsanwalt in Wien, als Masseverwalter im Konkurs der T***** GmbH, *****, wegen Feststellung (Streitwert S 120.567,52 netto) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. Juli 1999, GZ 8 Ra 185/99f-9, mit dem infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 2. Juni 1999, GZ 29 Cga 74/99k-5, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Feststellung einer Konkursforderung von S 120.567,52 netto bestehend aus Kündigungsentschädigung, aliquoten Sonderzahlungen und Urlaubszuschuss im Konkurs seiner ehemaligen Dienstgeberin. Der Masseverwalter habe anlässlich der Prüfungstagsatzung die gesamte angemeldete Forderung in Höhe von S 231.058,02 netto bestritten. Im vorangegangenen Verfahren 28 Cga 119/97 sei seine Forderung hinsichtlich S 101.490,50 netto als zu Recht bestehend angesehen und zwischenzeitig im Wege des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds liquidiert, ein Betrag von S 129.567,51 netto jedoch (großteils) wegen Präklusion als nicht zu Recht bestehend angesehen worden. In diesem vorangegangenen Verfahren habe er nicht vorgebracht, dass er am 16. 10. 1996 einen Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld gestellt habe. Die seinerzeitige Klage sei sohin unschlüssig gewesen. Wäre dies vorgebracht worden, hätte das Gericht erkannt, dass nach § 7 Abs 1 letzter Satz IESG die Verjährungs- und Verfallsfristen unterbrochen worden seien und im Sinn der Judikatur des Obersten Gerichtshofes (9 ObA 10/94 = EvBl 1994/166) entschieden, dass diese fristgerechte Antragstellung nach § 6 Abs 1 IESG auch gegenüber dem Masseverwalter die Verjährungs- und Verfallsfristen unterbrochen hätte. Das Verfahren 28 Cga 119/97t sei beendet, da seiner vorsichtshalber angestrebten Berufung nicht Folge gegeben worden sei. Es bestehe nicht die Absicht, Revision gegen dieses Urteil anzustrengen. Dies ist tatsächlich nicht geschehen, sodass dieses Urteil inzwischen in Rechtskraft erwachsen ist.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Streitanhängigkeit zurück. Es schloss sich der Ansicht des Klägers nicht an, dass sein Vorbringen im neuen Prozess, er habe bereits am 16. 10. 1996 einen Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld gestellt, sodass gemäß § 7 Abs 1 IESG die Verjährungs- und Verfallsfristen unterbrochen worden seien, stelle eine neue rechtserzeugende Tatsache dar. Es handle sich hiebei vielmehr um eine Gegeneinrede auf die Einrede der beklagten Partei, die Forderung sei verfallen bzw verjährt. Sowohl die auf Vernichtung des Anspruchs gerichtete Einrede der beklagten Partei, sowie die Gegeneinrede, dass dies wegen bestimmter Umstände nicht der Fall sei, würden zwar zum Erfordernis erweiteter Feststellungen und deren rechtlichen Beurteilung führen, änderten aber nichts an der Identität des Klagegrundes. Es würde dem Prinzip der Rechtskraft zuwiderlaufen, wenn der Kläger ein aus Versehen unterlassenes Vorbringen im Zuge eines neuerlichen Verfahrens über den identen Anspruch nachholen könnte.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss, ließ aber den Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil dieser nach seiner Ansicht die Frage, ob "neue Einwendungen gegen rechtsvernichtende Tatsachen als neue rechtserzeugende Tatsachen" anzusehen seien, noch nicht eindeutig entschieden habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 47 Abs 1 iVm § 46 Abs 1 ASGG zurückzuweisen, weil der Oberste Gerichtshof die vorliegende Frage bereits explizit und ausführlich im Sinn der Vorinstanzen entschieden hat (Entscheidung vom 14. 3. 1990, 9 ObA 366/89 = SZ 63/43).

In dem der genannten Entscheidung zugrundeliegenden Verfahren begehrte der Kläger ident mit dem Vorprozess die Feststellung des Fortbestehens seines Dienstverhältnisses über einen bestimmten Zeitpunkt hinaus; die Sachanträge waren deshalb wie hier ident. Auch der Sachverhalt ist in beiden Fällen ident, weil nur die zur Begründung des Urteilsbegehrens (dort Feststellung des aufrechten Bestandes des Arbeitsrechtsverhältnisses; hier Feststellung bestimmter Entgeltansprüche aus dem Arbeitsverhältnis) notwendigen Tatsachenbehauptungen den für die Beurteilung von Streitanhängigkeit und Rechtskraft maßgeblichen Streitgegenstand bestimmen. Unterlassene Repliken (dort Verfristung, mangelnde Zustimmung des Betriebsrats, Sittenwidrigkeit; hier rechtzeitige Stellung eines Antrages auf Insolvenz-Ausfallgeld) auf Einwendungen des Beklagten (dort wirksame Beendigung des Dienstverhältnisses durch Kündigung; hier Verjährung bzw Verfall der Entgeltansprüche) können nicht zur Begründung einer neuen Klage herangezogen werden. Eine Replik des Klägers gegen vom Beklagten gegen den Klagsanspruch eingewendete rechtsvernichtende Tatsachen stellen auch keine Änderung des Klagegrundes im Sinn des § 235 Abs 4 ZPO dar und sind daher auch nicht als Klagsänderung zu werten; auch dies spricht dafür, dass (weitere) Repliken des Klägers auf Einwendungen des Beklagten ohne Einfluss auf den für die materielle Rechtskraftwirkung des Urteils maßgeblichen Streitgegenstand sind.

Da im vorliegenden Verfahren der Vorprozess noch nicht rechtskräftig beendet war, hat das Erstgericht die Klage zu Recht wegen Streitanhängigkeit zurückgewiesen und darauf hingewiesen, dass, sollte das Urteil im Vorprozess rechtskräftig werden, der vorliegenden Klage das Prozesshindernis der entschiedenen Streitsache entgegenstehen würde.

Die Revisionsrekursausführungen des Klägers, dass diese Grundsätze in einem Prüfungsprozess betreffend Entgeltansprüche eines Dienstnehmers nicht gelten sollten, weil dieser ja nur dazu diene, dass er seine Ansprüche voll vom Insolvenz-Ausfallgeld-Fond erstattet erhalte, entbehren jeder Schlüssigkeit.

Stichworte