OGH 13Os48/00

OGH13Os48/007.6.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Juni 2000 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lackner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Josef P***** wegen des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Wiener Neustadt vom 25. Februar 2000, GZ 36 Vr 1231/99-52, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Raunig, und der Verteidigerin Dr. Halmer für Dr. Gahleithner, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Josef P***** wurde mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil, das auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch "gemäß § 259 Z 3 StPO" (richtig: § 336 StPO) enthält, des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (II) sowie der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (I und IV) und nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (III) schuldig erkannt. Gemäß § 26 Abs 1 StGB wurden die unter Punkt III des Schuldspruchs angeführten Waffen eingezogen.

Soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde relevant hat Josef P***** in Tribuswinkel

zu II: im Juli 1999 Claudia H***** durch die Drohung, sie werde sich selbst nicht wiedererkennen, wenn sie ihn verlässt, sohin mit einer auffallenden Verunstaltung, zu einer Handlung, nämlich zur Aufrechterhaltung ihrer Beziehung genötigt;

zu III: mindestens seit Juli 1999 bis 31. August 1999 Waffen, nämlich eine Schrotflinte der Marke Beikal, ein Luftdruckgewehr der Marke Diana sowie einen Gasrevolver der Marke Olympic besessen, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten war.

Die vom Angeklagten erhobene, zu Schuldspruch II auf Z 8 und 12 sowie hinsichtlich des Ausspruchs über die Einziehung (§ 26 Abs 1 StGB) auf Z 13 des § 345 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Der Instruktionsrüge (Z 8) zuwider bedurfte der hier unter dem Gesichtspunkt der Qualifikation nach § 106 Abs 1 Z 1 dritter Fall StGB aktuelle Begriff der "auffallenden Verunstaltung" (Schuldspruchfaktum II iVm Hauptfrage VI) keiner besonderen Erklärung, weil es sich dabei um eine Umschreibung handelt, deren gesetzliche Bezeichnung sich mit dem durch allgemeinen Sprachgebrauch vermittelten Begriffsverständnis deckt (12 Os 31/93 mwN sowie Mayerhofer StPO4 § 345 Abs 1 Z 8 E 27). Der Schwurgerichtshof konnte sich daher mit dem Hinweis auf die entsprechenden, die qualifikationsbegründende "auffällige Verunstaltung" ohnedies ausreichend umschreibenden Worte im Gesetz begnügen (S 373/II). Hieran vermag auch die in der Rechtsmittelschrift angestellte Spekulation über Mehrdeutigkeit der verbalen Drohungen nichts zu ändern, weil es sich bei der Beurteilung des Sinn- und Aussagegehaltes einer Äußerung um eine der rechtlichen Beurteilung vorgelagerte - und daher von den Geschworenen in freier Beweiswürdigung zu lösende - Tatfrage handelt.

Die gleichfalls gegen die Annahme dieser Qualifikation gerichtete Subsumtionsrüge (Z 12), in deren Ausführung der Angeklagte die Drohung mit einer auffallenden Verunstaltung bloß als verbale Übertreibung verstanden wissen will und demnach eine Tatbeurteilung lediglich in Richtung des Grunddelikts der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB reklamiert, ist nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Entsprechend dem Wesen der materiellen Nichtigkeitsgründe im geschworenengerichtlichen Verfahren kann die Behauptung einer Rechtsfehlerhaftigkeit nur aus dem Wahrspruch selbst abgeleitet werden. Vorliegend haben die Geschworenen bei der Lösung der Tatfrage den Sinn- und Bedeutungsinhalt der Äußerung als qualifikationsbegründende Drohung mit auffallender Verunstaltung angenommen, weshalb jede Unterstellung einer anderen Tragweite des Täterverhaltens prozessordnungswidrig vom Tatsachensubstrat des Wahrspruchs abweicht.

Schließlich bekämpft der Angeklagte - gestützt auf § 345 Abs 1 Z 13 StPO - den auf den Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (III) gegründeten Ausspruch über die Einziehung der betroffenen Waffen (§ 26 Abs 1 StGB) mit der Behauptung, dass diese Gegenstände - ungeachtet des wider ihn ergangenen Waffenverbotes - mangels spezifischer Gefährlichkeit nicht der Einziehung unterworfen wären, weil sie von jedermann frei erworben und besessen werden können, weshalb sie der Ehegattin des Beschwerdeführers als Eigentümerin der Waffen auszufolgen gewesen wären. Damit releviert er nicht den geltend gemachten, gegen Einziehungsentscheidungen nur eingeschränkt als zulässig erachteten (§ 443 Abs 3 StPO, Ratz in WK2 § 26 StGB Rz 18), materiellen Nichtigkeitsgrund, sondern die dem Ermessensbereich zugehörende und daher nur durch Berufung anfechtbare Beurteilung, ob die Einziehung nach der Beschaffenheit der Deliktsgegenstände geboten war (Mayerhofer StPO4 § 281 Abs 1 Z 11 StPO E 45) oder Rechtsansprüche unbeteiliger Personen zu berücksichtigen waren. Hinsichtlich dieser, auch als Berufungsvorbringen zu wertender (§§ 290 Abs 1 letzter Satz iVm 344 StPO) Einwände ist ein dem Erstgericht unterlaufener Ermessensfehler nicht ersichtlich, zumal die Ehegattin des Angeklagten ersichtlich keine Gewähr dafür bietet, dass die Waffen nicht in den Besitz des Rechtsmittelwerbers, der mit einem Waffenverbot nach § 12 WaffG belegt ist, gelangen.

Insgesamt war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Das Geschworenengericht verhängte über Josef P***** nach § 106 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren, wobei es die Tatwiederholung hinsichtlich der Körperverletzung, die Deliktshäufung und die einschlägigen Vorstrafen als erschwerend, hingegen das teilweise Geständnis als mildernd wertete.

Mit der dagegen erhobenen Berufung strebt der Angeklagte eine Reduktion des Strafausmaßes an.

Der Rechtsmittelwerber weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben oder verschiedener Art auch bei Verwirklichung beider Varianten (formell) nur einen einzigen Erschwerungsgrund (§ 33 Z 1 StGB) darstellt, doch ist für ihn daraus nichts zu gewinnen, weil diesem Umstand in einem solchen Fall ein erhöhtes Gewicht zukommt (Leukauf/Steininger Komm3 § 33 RN 3).

Die von der Berufung reklamierte Annahme zusätzlicher Milderungsgründe ist nicht gerechtfertigt; bleibt doch die Rechtsmittelausführung selbst eine Begründung dafür schuldig, inwiefern die Beendigung der anfänglichen Flucht durch Selbststellung eine besondere mildernde Wirkung zu entfalten vermag. Ebenso ist dem Angeklagten nicht zugute zu halten, dass er sich in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung zur Tat (offenbar gemeint zu Schuldspruch I) hinreissen lassen habe, zumal sich hiefür aus der Aktenlage keine ausreichenden Anhaltspunkte ergeben. Insgesamt erweist sich die gefundene Strafsanktion nicht als reduktionsbedürftig, weshalb auch der Berufung kein Erfolg beschieden sein konnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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