OGH 1Ob145/00f

OGH1Ob145/00f30.5.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Dr. Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Reinhard P*****, vertreten durch Faber & Kühteubl, Rechtsanwälte in Wr. Neustadt, und des Nebenintervenienten Lambert H*****, vertreten durch Kosch & Partner, Rechtsanwälte-Kommanditpartnerschaft in Wr. Neustadt, wider die beklagte Partei B*****-Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dax-Klepeisz-Kröpfl-Klimburg, Rechtsanwaltspartnerschaft in Güssing, wegen Beseitigung (Streitwert 280.000 S) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 3. März 2000, GZ 17 R 12/00k-27, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Wahrnehmbarkeit äußerer Anzeichen für das Bestehen einer allfälligen Gasleitungsdienstbarkeit und - damit zusammenhängend - die Frage nach einer allfälligen Erkundigungspflicht des Käufers einer Liegenschaft, dem deren Lastenfreiheit zugesichert wurde, können nur nach den besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden.

Der Oberste Gerichtshof vermag nicht zu erkennen, dass die Vorinstanzen die Offenkundigkeit einer die Liegenschaft des Klägers belastenden Gasleitungsdienstbarkeit aufgrund einer gravierenden Verkennung der Rechtslage zu Unrecht verneint hätten. Soweit die beklagte Partei die am Grundstückszaun angebrachten Schilder als deutlichen Hinweis auf die Existenz einer Gasleitung ansieht, ist hervorzuheben, dass die Schilder "vom Grundstück des Klägers aus" nicht lesbar waren und überdies gar nicht feststellbar war, ob sie "durch die damals vorhandene dichte Vegetation verdeckt waren oder nicht". Zudem hatte der Kläger wegen des Markierungshütchens und eines Verteilerkastens außerhalb seines Grundstücks ohnehin bei der "Maklerfirma" Erkundigungen eingeholt und dabei erfahren, "dass die Leitung unter dem Eisbach weitergehe und die Rusterstraße" versorge.

2. Im Erdgasversorgungsantrag stimmte der Kläger nur der "Herstellung und Instandhaltung der Gaszuleitung für die Versorgung des Anschlusswerbers und weiterer Abnehmer" zu. Mit Recht erblickten die Vorinstanzen darin nicht die Einräumung einer Dienstbarkeit für die Errichtung und den Betrieb eine Gashochdruck- und eine Gasniederdruckleitung (auch) im Untergrund der Liegenschaft des Klägers zur Versorgung ganzer Stadtteile.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts verweist die beklagte Partei zutreffend darauf, dass sie sich bereits im Verfahren erster Instanz auf einen Passus ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen als Stütze für eine die Liegenschaft des Klägers belastende Gasleitungsdienstbarkeit berief (ON 7 S. 2 f). Sie unterließ es jedoch, ihr Vorbringen durch deren Vorlage unter Beweis zu stellen. Demgemäß ist nicht zu beurteilen, welche Rechtsfolge aus einer allfälligen Vereinbarung im Sinne der Einwendungen der beklagten Partei abzuleiten gewesen wäre.

3. Erstmals im Revisionsverfahren führt die beklagte Partei ins Treffen, aus der analogen Anwendung des § 15 Abs 2 StarkstromwegeG 1968 ergebe sich zumindest eine Dienstbarkeit für die Gashochdruckleitung. Wie die beklagte Partei behauptet, geht es dabei um die "Wirksamkeit des ein Leitungsrecht einräumenden Bescheides" gegen Rechtsnachfolger des Grundeigentümers oder eines sonstigen dinglich Berechtigten. Im Anlassfall fehlt es jedoch an der Verwirklichung einer derartigen Ausgangslage, hat doch die beklagte Partei nicht behauptet, jemals eine die Liegenschaft des Klägers belastende Zwangsdienstbarkeit eingeräumt erhalten zu haben. Der Bescheid vom 19. 8. 1970, auf den sie sich als Grundlage ihrer Ansicht beruft, lautet im einschlägigen Pkt. 51. (Beilage zu ON 16) folgendermaßen:

"Soweit von Grundeigentümern bisher die Zustimmung zur Inanspruchnahme ihnen gehöriger Grundstücke für den gegenständlichen Leitungsbau noch nicht erteilt worden ist, darf mit den Verlegungsarbeiten auf diesen Grundstücken nicht früher begonnen werden, bevor die erforderlichen Leitungsrechte entweder im Einvernehmen mit den Grundeigentümern erlangt worden sind, oder solche, mangels einer Einigung im Zwangswege (Enteignungsverfahren), eingeräumt worden sind."

Soweit es die beklagte Partei seinerzeit unterlassen haben mag, die Verbücherung einer vertraglich eingeräumten Dienstbarkeit zu veranlassen, kann sie einem solchen Versäumnis nicht einfach durch die Inanspruchnahme einer gar nicht bestehenden Zwangsdienstbarkeit abhelfen.

4. Nach den voranstehenden Erwägungen ist die außerordentliche Revision der beklagten Partei gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen nach § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Stichworte