OGH 3Ob191/99f

OGH3Ob191/99f24.5.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Jürgen P*****, vertreten durch Dr. Paul Friedl, Rechtsanwalt in Eibiswald, gegen die beklagten Parteien 1. Alfred D*****, und 2. Dorothea D*****, beide vertreten durch Dr. Herbert Grass, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, wegen Unterlassung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 3. November 1998, GZ 5 R 412/98i-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Eibiswald vom 9. Juli 1998, GZ 1 C 285/98m-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt als Liegenschaftseigentümer gegen die Beklagten als Hälfteeigentümer einer benachbarten Liegenschaft die Erlassung des Urteils, die Beklagten seien ihm gegenüber zur ungeteilten Hand schuldig, dafür zu sorgen, dass von dem auf ihrem Grundstück befindlichen, entlang der Grundstücksgrenze zu seinem Grundstück verlaufenden, lebenden Zaun keine Beschattung seines Grundstücks und keine Beeinträchtigung der Aussicht von seinem Grundstück ausgeht, die das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Ausmaß überschreitet und die ortsübliche Nutzung seines Grundstücks wesentlich beeinträchtigt.

Zur Begründung dieses Klagebegehrens brachte der Kläger vor, die Beklagten hätten seinerzeit an der Grenze zu seinem Grundstück einen lebenden Zaun gepflanzt, der nunmehr etwa 2,5 bis 3 m hoch sei. Der Zaun sei vollkommen dicht, sein Grundstück werde durch den unüblich hohen lebenden Zaun entlang der etwa 60 m langen Grundgrenze stark beschattet. Die Beschattung durch den an der Südwestseite seines Grundstücks verlaufenden lebenden Zaun habe zur Folge, dass sein Grundstück entlang des Zaunes vermoose und der seit jeher im westlichen Bereich seines Grundstücks befindliche Gemüsegarten starke Wachstumsrückstände sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht aufweise. Der lebende Zaun habe somit aufgrund seiner ortsunüblichen Höhe sowie aufgrund seiner Länge an der Sonnenseite seines Grundstücks eine Beschattung des Grundstücks zur Folge, die das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreite. Weiters werde durch diesen lebenden Zaun auch die Aussicht von seinem Grundstück auf die westlich des Grundstücks gelegene Wald- und Hügellandschaft in einem ortsunüblichen Ausmaß beschränkt. Die Unzulässigkeit bzw Ortsunüblichkeit der Höhe des lebenden Zaunes könne auch § 19 StmkBauG entnommen werden. Nach dieser Bestimmung seien nämlich Einfriedungen gegen Nachbargrundstücke dann baubewilligungspflichtig, wenn sie eine Höhe von mehr als 1,5 m aufweisen. Auch wenn ein lebender Zaun nicht unter diese Bestimmung zu subsumieren sei, ergebe sich jedoch aus dieser Bestimmung ein Richtmaß für die von einer Einfriedung ortsüblich und damit zulässig ausgehenden Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks.

Die Beklagten wendeten ein, sie hätten vor mehr als 30 Jahren, etwa im Jahr 1967, ca 40 cm von der gemeinsamen Grundstücksgrenze entfernt auf ihrer Grundfläche einen Hainbuchenzaun angepflanzt. Der Erstbeklagte habe diesen Hainbuchenzaun einmal jährlich geschnitten. Da mit den Rechtsvorgängern des Klägers bestes Einvernehmen geherrscht habe, hätten diese dem Erstbeklagten gestattet, ihr Grundstück zu betreten, um diesen Zaun auf dieser Seite zu schneiden. Der Hainbuchenzaun sei somit seit dessen Anpflanzung vom Erstbeklagten ordnungsgemäß gepflegt worden. Die Mutter des Klägers habe nach dem Tod der Voreigentümer dem Erstbeklagten nicht mehr gestattet, ihr Grundstück zu betreten. Aus diesem Grund habe der Erstbeklagte nur die seinem Grundstück zugekehrte Seite des Hainbuchenzaunes sowie die Oberseite geschnitten. Der Hainbuchenzaun weise eine Höhe von ca 2 m, also eine durchaus ortsübliche Höhe auf. Abgesehen davon, dass durch diesen Hainbuchenzaun keinesfalls eine über das ortsübliche Ausmaß hinausgehende Beschattung des Grundstücks des Klägers ausgehe, existiere keine gesetzliche Bestimmung, wonach im bebauten Gebiet der Nachbar verhalten werden könne, Bäume, Sträucher, Hecken udgl zu schneiden oder zu entfernen, von denen eine Beschattung ausgehe. Nach bürgerlich-rechtlichen Normen existiere ein Recht auf Aussicht nicht.

Das Erstgericht wies die Klage mit dem angefochtenen Urteil ohne Durchführung eines Beweisverfahrens ab. Gemäß § 364 Abs 2 ABGB könne der Eigentümer eines Grundstücks dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung und ähnliche insoweit untersagen, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen. Unmittelbare Zuleitung sei ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig. Sogenannte negative Einwirkungen, wie der Entzug von Licht (Sonne) und Luft oder der Aussicht der Bauwerke auf den Nachbargrund könnten nicht untersagt werden. Das Eigentum reiche nicht über die Grenze hinaus und gebe kein Recht auf eine bestimmt geartete (ungestörte, ortsübliche) Umgebung. Interessen dieser Art könne nur das öffentliche Recht wahren.

Öffentlich-rechtliche Bestimmungen kämen hier auch nicht zum Tragen, zumal es sich bei einem lebenden Zaun um kein Bauwerk handle, das unter die Bestimmungen der Bauordnung falle. Da es sich schon nach dem Vorbringen beim Grundstück des Klägers nicht um ein landwirtschaftliches Grundstück handle, sei hier auch § 2 StmkBauLG LGBl 1921/150 nicht anwendbar, wonach der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Grundstücks verlangen könne, dass auf einem Nachbargrundstück nicht Bäume, Sträucher oder Hecken in einer geringeren Entfernung als 0,5 m oder, falls sie über 2 m hoch sind, in einer geringeren Entfernung als 2 m von der Grenze seines Grundstücks belassen werden. Nach § 3 leg cit könnte der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Grundstücks gegen die Beeinträchtigung durch Schatten verlangen, dass der Nachbar mit Bäumen mit mehr als 2 m Höhe einen Abstand von 4 m einzuhalten habe, was aber auch hier nicht anwendbar sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil infolge Berufung des Klägers und sprach vorerst aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige insgesamt S 52.000, nicht jedoch S 260.000; die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil eine Rechtsfrage von übergeordneter Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht vorliege.

In rechtlicher Hinsicht billigte das Berufungsgericht die Ausführungen des Erstgerichtes und ergänzte, die in § 364 ABGB vorgenommene Aufzählung der indirekten Immissionen sei nur beispielhaft; bei den nicht ausdrücklich genannten mittelbaren Einwirkungen komme es darauf an, ob sie "ähnliche" Einwirkungen darstellten. Zunächst müsse es sich um Einwirkungen physischer Natur handeln; ideelle Immissionen, wie zB ästhetisches Empfinden, schieden aus und könnten daher nicht Gegenstand einer Untersagung sein. Die Einwirkungen müssten positiver Art sein, d.h. dem Nachbarn müsse etwas zugefügt werden; negative Einwirkungen, die dem Nachbargrund etwas entziehen (zB Licht, Sonne udgl), könnten nicht abgewehrt werden. Negative und ideelle Immissionen fielen nicht unter den privatrechtlich abwehrfähigen Immissionenbegriff des § 364 Abs 2 ABGB; Beeinträchtigungen, wie im hier vorliegenden Fall durch Lichtentzug oder durch schlechte Aussicht, könnten von vornherein nicht zum Gegenstand eines Unterlassungsanspruchs gemacht werden, weshalb nicht zu prüfen sei, ob eine über das ortsübliche Maß hinausgehende Beeinträchtigung vorliege.

Mit Beschluss vom 15. 4. 1999 sprach das Berufungsgericht aus, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei, weil einerseits die Frage, ob die durch die negative bzw ideelle Immission allenfalls hervorgerufene Beeinträchtigung des Bodens bzw der Pflanzen einen Eingriff in die Ausübung des Eigentumsrechtes darstelle - soweit überblickbar -, nicht hinreichend geklärt erscheine und andererseits die zu diesem Problemkreis herrschende Ansicht von der Lehre kritisiert werde (Jabornegg in ÖJZ 1983, 365 ua).

Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 364 Abs 2 ABGB kann der Eigentümer eines Grundstücks dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung und ähnliche insoweit untersagen, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen; unmittelbare Zuleitung ist ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig.

Zu der Frage, ob bei Vorliegen dieser Kriterien grundsätzlich nur positive Immissionen, bei denen dem benachbarten Grundstück etwas zugeführt wird, oder auch negative Immissionen, bei denen diesem etwas entzogen wird, untersagt werden können, werden in Lehre und Rechtsprechung folgende Meinungen vertreten:

Ehrenzweig**2 I/2 131 vertritt die Ansicht, § 364 ABGB wende sich nicht gegen negative Einwirkungen; ein Nachbar könne zB dem anderen durch Verbauen seines Grundstücks Licht und Luft entziehen.

Auch nach Spielbüchler (in Rummel, ABGB**2 Rz 10 zu § 364) können sogenannte negative "Einwirkungen", wie der "Entzug" von Licht (Sonne) und Luft oder der Aussicht durch Bauwerke auf dem Nachbargrund, nicht untersagt werden. Auch hier fehle es am Eingriff in das Eigentum. Die Vorstellung, dass "Schatten" immittiert werde, sei Selbstbetrug. Das Eigentum reiche nicht über die Grenze hinüber und gebe kein Recht auf eine bestimmt geartete ("ungestörte", ortsübliche) Umgebung. Interessen dieser Art kann nur das öffentliche Recht wahren. Vorschriften über einen Mindestgrenzabstand von Bauwerken begründeten keinen privatrechtlichen Anspruch.

Jabornegg/Strasser, Nachbarrechtliche Ansprüche als Instrument des Umweltschutzes (1978) 27 üben Kritik am positiven Immissionsbegriff. Soweit aus § 364 Abs 2 ABGB die alleinige Relevanz "positiver Immissionen" geschlossen werde, werde eine an sich verfehlte und deshalb untaugliche Kategorie von Einwirkungen gebildet. Im Grunde ließen sich nämlich die positiven Immissionen auch als negative verstehen und umgekehrt. Die Einwirkungen durch Rauch und Gase entzögen zugleich frische Luft, der Entzug von Licht führe Schatten zu. Besonders eigenartig mute es an, wenn man die Lichtzufuhr durch Scheinwerfer (und damit den Entzug von Dunkelheit) als beachtliche positive Immission ansehen wolle, den Entzug von Licht (und damit die Erzeugung von Dunkelheit) dagegen nicht. Die Qualifizierung der in § 364 Abs 2 ABGB genannten Immissionsarten als "positive" erscheine daher willkürlich. Wiederum könne die Frage, ob die den angeblich "negativen" Immissionen zugezählten Einwirkungsarten vom gesetzlichen Immissionsbegriff erfasst sind, nicht ohne Bezugnahme auf den von § 364 Abs 2 ABGB geschützten Interessenbereich beantwortet werden.

Jabornegg/Strasser kommen zum Schluss, die Zugehörigkeit der Einwirkungsarten zum gesetzlichen Immissionsbegriff könne ohne Rückgriff auf den normativen Gesamtzweck der nachbarrechtlichen Regelung und ohne Bestimmung des Schutzobjektes des Immissionsrechtes nicht beurteilt werden. Das Nachbarrecht habe allgemein den Zweck, jedem Grundeigentümer die ortsübliche Nutzung zu ermöglichen und seinen Nachbarn vor damit verbundenen wesentlichen Belastungen zu bewahren. Unter diesem Aspekt erschienen die negativen Immissionen ebenso relevant wie die in § 364 Abs 2 ABGB ausdrücklich angeführten Immissionsarten. Als unmittelbares Schutzobjekt des Immissionsrechtes seien die aus dem Eigentumsrecht fließenden Nutzungsmöglichkeiten anzusehen. Für die "Ähnlichkeit" einer Immission mit den in § 364 Abs 2 ABGB ausdrücklich genannten Immissionsarten komme es darauf an, ob diese in gleicher oder ähnlicher Weise geeignet sei, die Grundstücksnutzung auf der Nachbarliegenschaft zu beeinträchtigen. Diese Frage sei (sowohl für die ideellen wie auch) für die negativen Immissionen zu bejahen, weshalb auch diese Immissionsarten als dem gesetzlichen Immissionsbegriff zugehörig zu betrachten seien (Jabornegg/Strasser aaO 35; vgl dieselben Umweltschutz und Privatrecht 95 f; Jabornegg, Privates Nachbarrecht und Umweltschutz, ÖJZ 1983, 366 ff).

Auch Schwimann/Mell, Das Recht der Sonnen- und Windenergienutzung (1979) 66 f bejahen die Beachtlichkeit negativer Immissionen im österreichischen Recht.

Gimpel-Hinteregger, Grundfragen der Umwelthaftung (1994) 269 meint nach Darlegung der Lehrmeinungen vn Jabornegg und Strasser, diesen Ausführungen könne nur zugestimmt werden.

Oberhammer (in Schwimann, ABGB**2 Rz 6 zu § 364) schließt sich dieser Ansicht ebenfalls an und hebt hervor, dass sachenrechtliche Ansprüche nicht einen Eingriff in die Sache, sondern vielmehr in ein dingliches Recht voraussetzten und Gegenstand des dinglichen Rechts "Eigentum" gemäß § 354 ABGB auch die Befugnis, mit den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten, sei. Indem der Nachbar Immissionen, auch wenn sie gegenständlich-begrifflich als "negative" oder "ideelle" Immissionen beschrieben werden könnten, verursache, übe er gerade jene Nutzung im Sinn von § 354 ABGB aus, welche den anderen Nachbarn beeinträchtige. Die dem Nachbarrecht immanente Teleologie der Regelung von Interessenkollisionen zwischen gleichrangigen Eigentumsrechten lege eindeutig nahe, die Regel des § 364 Abs 2 ABGB auch auf negative Immissionen anzuwenden; andernfalls würde sich im nachbarrechtlichen Ordnungsschema eine - durchaus nicht vom Umweltschutzstandpunkt "herbeigeredete" - Regelungslücke auftun.

In der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zeigt sich folgendes Bild:

Nach der Entscheidung 7 Ob 1/62 (EvBl 1962/157) stellt die Anbringung einer Kellertür durch die Beklagten auf ihrem Grundstück und die dadurch verursachte Erschwerung der Luftzufuhr für den auf dem Nachbargrundstück gelegenen Keller der Klägerin keine Immission im Sinn des § 364 Abs 2 ABGB dar.

Die Entscheidung 2 Ob 238/65 (RZ 1966, 53) folgt Ehrenzweig (aaO), dass sich § 364 ABGB nicht gegen negative Einwirkungen wende.

Die Entscheidung 5 Ob 599/83 (Miet 35.025) geht davon aus, dass negative Einwirkungen, die durch das Schattenwerfen und somit durch die Entziehung der wärmenden Kraft der Sonne und ihres Lichtes durch Bauwerke auf dem Nachbargrund hervorgerufen werden, begrifflich keine Immissionen im Sinn der §§ 364 f ABGB darstellen; darunter werde nämlich die Zuleitung sinnlich wahrnehmbarer, nicht wägbarer Stoffe auf mechanischem oder physikalischem Weg auf der Erde oder durch die Luft verstanden.

Ebenso wird in der Entscheidung 5 Ob 708, 709/82 (Miet 35.024) ausgeführt, es bestehe kein Anspruch auf Beseitigung einer Stützmauer, weil eine von der Mauer ausgehende negative Einwirkung im Sinn eines teilweisen Entzuges der Aussicht auf das Grundstück des Beklagten nicht untersagt werden könne und Vorschriften über einen Mindestgrenzabstand von Bauwerken keinen privatrechtlichen Anspruch begründeten.

In der Entscheidung 8 Ob 636/88 (JBl 1989, 646) war zwar nicht über eine negative Immission abzusprechen. Hervorgehoben wurde jedoch in dieser Entscheidung, dass es bei dem für die indirekten Immissionen vorgesehenen Sammelbegriff "ähnliche" Einwirkungen nicht so sehr darauf ankomme, ob sie wie die davor genannten konkreten Einwirkungen ebenfalls physischer Natur und positiver Art sind und mit unwägbaren Stoffen stattfinden, sondern darauf, ob sie in gleicher oder ähnlicher Weise geeignet sind, die Grundstücksnutzung der Nachbarliegenschaft zu beeinträchtigen. In diesem Sinn mögen noch ideelle und negative Immissionen vielleicht den Nachbarrechtsschutz überspannen, wenngleich auch durch sie eine in ähnlicher Weise stattfindende Beeinträchtigung der Nutzung des Nachbargrundstückes vorliegen könne.

Die Entscheidung 1 Ob 2170/96s (SZ 69/220 = RdU 1997/15 [Holzner]) betrifft das Absenken des Grundwasserspiegels; hiebei handle es sich nicht um eine "negative" Einwirkung, wie sie zB der teilweise Entzug der Aussicht auf ein Grundstück oder die Entziehung der erwärmenden Kraft der Sonne und ihres Lichtes durch Bauwerke auf dem Nachbargrund darstellten. Zur Frage der Beachtlichkeit negativer Immissionen hatte der erste Senat infolge dessen nicht Stellung zu nehmen.

Der erkennende Senat hat hiezu erwogen:

Die nachbarrechtlichen Bestimmungen der §§ 364 ff ABGB regeln Kollisionen zwischen gleichrangigen Eigentumsrechten. Sie sehen Einschränkungen der Nutzungsbefugnisse jedes Eigentümers im Interesse eines friedlichen Zusammenlebens der Nachbarn vor (SZ 53/11; SZ 55/28; JBl 1989, 646; WoBl 1990, 133). Das private Nachbarrecht hat den Zweck, einen angemessenen Ausgleich zwischen den verschiedenen Nutzungsinteressen der Liegenschaftsnachbarn herzustellen, es soll dem einen Grundeigentümer die ortsübliche Nutzung seines Eigentums ermöglichen, seinen Nachbarn aber vor damit verbundenen wesentlichen Beschränkungen bewahren. Spezifische Schutzobjekte des Immissionsrechts sind unmittelbar weder die Substanz des Grundstücks noch dessen Wert noch die Person des Liegenschaftsnachbarn, sondern vielmehr die aus dessen Eigentumsrecht fließenden Nutzungen des Nutzungsberechtigten (JBl 1989, 646; WoBl 1990, 133).

Keineswegs ist jedoch jede Beeinträchtigung der ortsüblichen Nutzung des Grundstücks als Immission unzulässig. Bei der Interessenabwägung im Einzelfall ist zu berücksichtigen, dass dem Eigentümer nach § 362 ABGB grundsätzlich das Recht zusteht, seine Sache nach Willkür zu benützen. Nur dann, wenn in einer gravierenden, in § 364 Abs 2 ABGB näher bestimmten Weise durch Einwirkungen, die das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten, die ortsübliche Benutzung des Nachbargrundstücks "wesentlich" beeinträchtigt wird, steht dem Eigentümer des Nachbargrundstücks der Anspruch auf Unerlassung solcher Einwirkungen zu. Wie Oberhammer (aaO) hervorhebt, wird gerade das Kriterium, dass die Einwirkung die ortsübliche Benutzung des Grundstücks "wesentlich" beeinträchtigen muss, bei negativen Immissionen nur sehr selten erfüllt sein.

Hier ergibt sich schon nach dem Vorbringen des Kläges nicht das Vorliegen einer derart krassen Einwirkung; der behauptete Umstand, dass durch einen etwa 2,5 bis 3 m hohen natürlichen Zaun das Grundstück des Klägers entlang dieses Zaunes vermoose und der dort angelegte Gemüsegarten "starke Wachstumsrückstände sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht" aufweise, sowie die allfällige Behinderung der Aussicht sind nicht derart gravierend, dass dies eine Beschränkung des Eigentumsrechts der Beklagten rechtfertigen könnte. Die Gewährung des Immissionsschutzes darf nicht überspannt werden; nur bei gravierenden Eingriffen steht dem Nachbarn der privatrechtliche Schutz des § 364 Abs 2 ABGB zu.

Selbst bei grundsätzlicher Bejahung eines Abwehranspruchs auch gegen negative Immissionen würde hier eine entsprechend krasse Einwirkung nicht vorliegen, weshalb die relevierte Frage, ob entgegen der ständigen Rechtsprechung auch negative Immissionen nach § 364 Abs 2 ABGB abgewehrt werden können, dahingestellt bleiben kann.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.

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