OGH 8Ob138/00b

OGH8Ob138/00b11.5.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Hans Tilman K*****, vertreten durch Dr. Christian Ebert und Dr. Thomas Huber, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Anna P*****, vertreten durch Dr. Herbert Holzinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 200.000,--) infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 14. März 2000, GZ 41 R 669/99g-26, womit die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 3. September 1999, GZ 48 C 355/98g-19, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrte die Feststellung, dass auf Grund des Mietvertrages vom 9. 1. 1989 und der Vereinbarung vom 16. 12. 1994 zwischen den Parteien hinsichtlich eines bestimmten Mietobjekts ein Bestandverhältnis bestehe.

Die Beklagte wendete dagegen im Wesentlichen ein, der Mietvertrag vom 9. 1. 1989 sei nicht rechtswirksam zustandegekommen, weil der für die Eigentümerin einschreitende Hausverwalter gegen deren ausdrücklichen Willen gehandelt und seine Vollmacht überschritten habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte unter anderem fest, dass am 9. 1. 1989 hinsichtlich der Dachböden von fünf Häusern der zwischenzeitig verstorbenen Eigentümerin gleichlautende Mietverträge abgeschlossen worden seien. Der Inhalt des Mietvertrages über den streitgegenständlichen Dachboden entspreche "der dem Urteil angeschlossenen Kopie der Beilage ./4, welche Teil der Feststellungen bildet". Rechtlich führte das Erstgericht aus, dass sich ein Eingehen auf die Frage, ob der Mietvertrag vom 9. 1. 1989 überhaupt wirksam geschlossen worden sei, erübrige, weil die Beklagte als Einzelrechtsnachfolgerin der verstorbenen Eigentümerin mangels Inbesitznahme des Bestandgegenstandes durch den Kläger in ein allenfalls wirksam zustandegekommenes Bestandverhältnis nicht eingetreten sei.

Nach Zustellung des Urteils an die Parteienvertreter je am 9. 9. 1999 fasste das Erstgericht den Beschluss ON 20, den Parteienvertreter je zugestellt am 6. 10. 1999, dass die Ausfertigung des Urteils vom 3. 9. 1999 insofern berichtigt werde, als diesem jeweils der einen integrierenden Bestandteil der Urteilsfeststellungen bildende Mietvertrag Beilage ./4 angeschlossen werde. Die Parteien wurden ersucht, die Urteilsausfertigungen dem Gericht zurückzustellen. Begründend führte das Erstgericht aus, dass in den Urteilsfeststellungen auf den Mietvertrag Beil ./4 samt angeschlossenem Plan des strittigen Dachbodens Bezug genommen werde. Den Urteilsausfertigungen sei jedoch irrtümlich nur der dem Mietvertrag angeschlossenen Plan angeheftet worden.

Mit Schriftsatz, beim Erstgericht eingelangt am 7. 10. 1999, stellte daraufhin der Klagevertreter die Urteilsausfertigung zur amtswegigen Berichtigung zurück. Am 3. 11. 1999 überreichte er beim Erstgericht die Berufung.

Das Gericht zweiter Instanz wies die Berufung als verspätet zurück. Der Inhalt des Mietvertrages sei im Verfahren gar nicht strittig und dem Kläger, der eine Ausfertigung davon als Beil ./A selbst vorgelegt habe, bekannt gewesen. Durch die Berichtigung der Urteilsausfertigungen sei keine relevante Änderung des Entscheidungsinhalts erfolgt, weshalb eine neue Rechtsmittelfrist durch die Zustellung der berichtigten Ausfertigungen nicht in Gang gesetzt worden sei. Die Rechtsmittelfrist habe daher am 9. 9. 1999 zu laufen begonnen, sodass die am 3. 11. 1999 eingebrachte Berufung verspätet sei.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Rekurs des Klägers ist nicht berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung wird durch die Entscheidungsberichtigung dann kein neuer Fristenlauf ausgelöst, wenn der Rechtsmittelwerber auch ohne Berichtigung über den wirklichen Inhalt der Entscheidung nicht in Zweifel sein konnte (6 Ob 20/99f; 1 Ob 212/99p; 6 Ob 264/99p; 2 Ob 61/00k u. a.). Dies gilt auch im Falle amtswegigen Vorgehens (6 Ob 569/79). In diesem Sinne wurde etwa die offenkundige Verwechslung der Grundstücke der Parteien (6 Ob 20/99f) ebensowenig für geeignet angesehen, eine neue Rechtsmittelfrist auszulösen, wie das Fehlen einer Seite des Berufungsurteils, auf der Teile des Ersturteils wiedergegeben waren (6 Ob 264/99p). Wenngleich eine förmliche Außerstreitstellung im Verfahren nicht erfolgt sein mag, war die Tatsache des Abschlusses des Mietvertrages vom 9. 1. 1989, auf den sich der Kläger in der Klage selbst berufen hat, nicht strittig, hat doch auch die Beklagte nicht dessen Zustandekommen oder Inhalt, sondern die Rechtswirksamkeit in Zweifel gezogen. Das Erstgericht gelangte zudem zu der Klagsabweisung aus anderen, von der Existenz des Mietvertrages weitestgehend losgelösten, rechtlichen Erwägungen. Dass auch für den Kläger die nähere Befassung mit dem Mietvertrag nicht erforderlich erschien, ergibt sich aus seiner Berufung, in der der Vertrag nicht erwähnt wird.

Da somit der Kläger keine Zweifel über den wahren Inhalt des angefochtenen Urteils haben konnte, ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 40 ZPO.

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