OGH 8Ob78/00d

OGH8Ob78/00d13.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****GesmbH i.L., ***** vertreten durch Dr. Peter Fichtenbauer ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Robert A*****, Rechtsanwalt, ***** wegen S 354.763,- sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 22. November 1999, GZ 2 R 36/99y-35, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach bislang herrschender Rechtsprechung bildet die Verletzung des Neuerungsverbotes keinen Revisionsgrund (Kodek in Rechberger, ZPO**2, Rz 6 zu § 482 mwN). Wie jedoch der Oberste Gerichtshof in 1 Ob 30/98p aufgezeigt hat, wird dabei zwischen den Neuerungstatbeständen nach § 482 Abs 1 und 2 ZPO nicht unterschieden; vielmehr werde offenbar nur an das Neuerungsverbot gemäß § 482 Abs 2 ZPO gedacht, weil nur insofern das Argument zutreffe, dass die Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage in Missachtung des Neuerungsverbotes niemals die Annahme einer nicht erschöpfenden Erörterung und gründlichen Beurteilung der Streitsache erlaube. Diese Bedenken gegen die Unanfechtbarkeit jedes Verstoßes gegen das Neuerungsverbot, also auch bei Berücksichtigung neuer Ansprüche und Einreden (§ 482 Abs 1 ZPO), wurden in der Folge in den Entscheidungen ÖBA 1999, 563 und EvBl 1999/189 gebilligt. Nähere Ausführungen dazu sind aber hier nicht erforderlich, weil die Revisionswerberin im Zusammenhang mit der von ihr behaupteten Verletzung des Neuerungsverbotes ohnedies keine erhebliche Rechtsfrage iS § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt.

Richtig ist, dass der Oberste Gerichtshof in EvBl 1996/90 die im Berufungsverfahren erfolgte Erhebung des Einwandes der Verjährung wegen nicht gehöriger Fortsetzung des Berufungsverfahrens als im Hinblick auf das Neuerungsverbot unzulässig erachtete. Der hier zu beurteilende Sachverhalt ist allerdings anders gelagert, weil hier das Berufungsgericht in der Berufungsverhandlung die Ergänzung der Beweise zum vom Beklagten schon in erster Instanz erhobenen Verjährungseinwand beschloss. Es entspricht aber der ständigen Rechtsprechung, dass im Falle einer Beweisergänzung durch das Berufungsgericht das Verfahren - selbst wenn ein ausdrücklicher Aufhebungsbeschluss unterblieb - in den prozessualen Stand vor Schluss der Verhandlung tritt, sodass die Parteien nunmehr, ohne dem Neuerungsverbot des § 482 ZPO unterworfen zu sein, zu dem von der Ergänzung betroffenen Verhandlungsgegenstand neues Vorbringen erstatten können (RZ 1989/106; EvBl 1991/95; RdW 1998, 20). Maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt ist in diesem Fall der Schluss der Verhandlung des Berufungsgerichtes (RdW 1998, 20). Da es jedenfalls nicht unvertretbar ist, den Einwand der nicht gehörigen Fortsetzung des Berufungsverfahrens dem schon in erster Instanz erhobenen Verjährungseinwand zuzuordnen, der Gegenstand der beschlossenen Beweisergänzung war, gelingt es der Revisionswerberin im aufgezeigten Zusammenhang nicht, eine die Zulässigkeit der Revision rechtfertigende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes aufzuzeigen.

Gemäß § 1497 ABGB wird die Verjährung durch Klageeinbringung und gehörige Fortsetzung der Klage unterbrochen. Ob und inwieweit das Zuwarten mit der Verfahrensfortsetzung als ungewöhnliche Untätigkeit des Klägers zu beurteilen ist, die die Unterbrechungswirkung der Klage beseitigt, stellt wegen der Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalles (SZ 45/97, SZ 58/112 uva, zuletzt 7 Ob 154/99v; RIS-Justiz RS0034805) keine erhebliche Rechtsfrage iS § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0044464; zuletzt 6 Ob 252/99y). Eine erhebliche Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes, die dessen ungeachtet die Zulässigkeit der Revision rechtfertigen könnte, ist nicht erfolgt.

Die hier maßgebende Unterbrechung des Berufungsverfahrens bis zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über einen im Verfahren 6 Cg 208/94d (= 2 Cg 155/95g) des Landesgerichtes Linz erhobenen Revisionsrekurs erfolgte mit Beschluss vom 22. 12. 1995, der den Parteien am 2. 1. 1996 zugestellt wurde; die Fortsetzung des Verfahrens wurde darin von einer Antragstellung durch eine der Parteien abhängig gemacht. Der genannte Revisionsrekurs wurde bereits am 7. 12. 1995 zurückgezogen, wovon der damalige Vertreter der nunmehrigen Klägerin spätestens am 22. 3. 1996 Kenntnis erlangte. Dessen ungeachtet hat die Revisionswerberin erst mit Antrag vom 5. 2. 1999, beim Berufungsgericht eingelangt am 8. 2. 1999, die Fortsetzung des Berufungsverfahrens beantragt. Sie kann sich nicht darauf berufen, dass ihr die Rückziehung des in Rede stehenden Revisionsrekurses nicht bekannt war, war sie doch am Verfahren, in dem dieser Revisionsrekurs erhoben worden war, als Beklagte beteiligt; dass sie in diesem Verfahren durch andere als die im vorliegenden Rechtsstreit einschreitenden Rechtsvertreter vertreten war, ändert daran nichts. Nach der (neuerlichen) Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Klägerin am 1. 7. 1997 hat im Übrigen der Masseverwalter auf den Umstand, dass das vorliegende Berufungsverfahren unterbrochen ist und dass der den Anlass der Unterbrechung bildende Revisionsrekurs zurückgezogen wurde, in einem Schriftsatz ausdrücklich hingewiesen und die Fortsetzung des Verfahrens als zweckmäßig bezeichnet. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, die Klägerin müsse sich das Wissen ihrer Rechtsvertreter bzw. des im Konkurs über ihr Vermögen bestellten Masseverwalters über den Wegfall des Unterbrechungsgrundes zurechnen lassen, ist nicht zu beanstanden. Dass sie - wie ihren Ausführungen zu entnehmen ist - die im vorliegenden Verfahren für sie einschreitenden Vertreter vom Wegfall des Unterbrechungsgrundes nicht informiert hat, geht zu ihren Lasten.

Richtig ist allerdings, dass in der Begründung des Unterbrechungsbeschlusses ua ausgeführt wird, dass das Berufungsgericht "auf den Umstand, dass es früher als die Parteien von der OGH-Entscheidung .... Kenntnis erlangen wird, dadurch Rücksicht nehmen wird, dass es die (bisherigen) Parteienvertreter formlos vom Ausgang des präjudiziellen Revisionsrekursverfahrens verständigen" werde. Selbst wenn man in diesem Zusammenhang von einer Säumigkeit des Berufungsgerichtes ausgehen wollte, wäre daraus für die Klägerin nichts zu gewinnen. Zwar ist der Kläger im Falle der Säumigkeit des Prozessgerichtes im Allgemeinen nicht verhalten, von sich aus das Gericht zu betreiben; muss er aber erkennen - was gewiss erst nach längerer Zeit der Fall sein wird - dass das Gericht von sich aus nicht mehr tätig werden wird, darf er, ohne dass beachtliche Gründe zwischen den Parteien vorliegen, nicht untätig bleiben (Schubert in Rummel, ABGB**2, Rz 10 zu § 1497 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Dies muss umso mehr gelten, wenn die erwartete Tätigkeit des Gerichtes nur in der Verständigung des Klägers von einer Tatsache besteht, die ihm ohnedies bekannt sein muss. Dass das Berufungsgericht unter den gegebenen Umständen bei einem nicht näher begründeten Zuwarten von nahezu drei Jahren davon ausging, dass die Klägerin das Verfahren nicht gehörig fortgesetzt habe, stellt daher keine unvertretbare Fehlbeurteilung dar.

Im Übrigen ist dem Berufungsgericht auch beizupflichten, dass die Verjährungsfrist hier drei Jahre beträgt. Die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB setzt zwar keine strafgerichtliche Verurteilung voraus, doch hat der Geschädigte, wenn er sich auf schweren Betrug stützen will, die Verwirklichung der dafür erforderlichen Tatbestandsmerkmale zu beweisen (RdW 1994,244; RIS-Justiz RS0034398). § 354 Abs 1 HGB ändert daran nichts, weil er die hier in Anspruch genommene Deliktshaftung nicht betrifft. Hier hat das Erstgericht als nicht feststellbar erachtet, ob zwischen der Klägerin und dem Beklagten als Vertreter des Sportvereines vereinbart worden sei, dass die Tribünenerrichtung unentgeltlich bzw. nur gegen Einräumung von Werbemöglichkeit auf der Sportanlage des Vereines zu errichten sei. Diese (negative) Feststellung wurde vom Berufungsgericht übernommen. Damit ist aber der Klägerin der ihr obliegende Beweis, der Beklagte habe schweren Betrug zu verantworten, nicht gelungen.

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