OGH 1Ob23/00i

OGH1Ob23/00i28.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Doris K*****, vertreten durch Dr. Hans Wagner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Ali A*****, und 2. Eveline M*****, beide vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in Wien, wegen Übergabe eines Bestandobjekts infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 28. April 1999, GZ 41 R 164/99t-21, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18. Jänner 2000 folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

In einem Vorverfahren zwischen dem nun erstbeklagten Vermieter als Kläger (im folgenden nur Erstbeklagter) und der nun klagenden Hauptmieterin als Beklagter (im folgenden nur Klägerin) erwuchs die auf § 30 Abs 2 Z 3 MRG gestützte gerichtliche Aufkündigung einer näher bezeichneten Wohnung vom 14. Mai 1997 mangels Erhebung von Einwendungen in Rechtskraft; die Räumungsexekution wurde am 29. Jänner 1998 durchgeführt, der Klägerin jedoch am 4. Juni 1998 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erstattung von Einwendungen gegen die gerichtliche Aufkündigung bewilligt. In der Folge wurde die Exekution durch zwangsweise Räumung gemäß § 39 Abs 1 EO eingestellt und sämtliche bereits vollzogenen Exekutionsakte aufgehoben. Die Verhandlung ist nun bereits geschlossen, das Urteil aber noch nicht ausgefertigt. In der Zwischenzeit hatte der Erstbeklagte die Wohnung am 29. Jänner 1998 an einen seiner Dienstnehmer unbefristet vermietet.

Im vorliegenden Rechtsstreit gaben die Vorinstanzen dem Klagebegehren, die beiden Beklagten (Wohnungseigentümer und Vermieter) seien schuldig, der Klägerin das ungestörte Hauptmietrecht an der Wohnung zur Verfügung zu stellen, insbesondere das Bestandobjekt geräumt von Fahrnissen Dritter zu übergeben, statt.

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Rspr für die Beurteilung von Ansprüchen des Berechtigten bei Doppelveräußerung und Doppelvermietung entwickelten Grundsätze (Spruch 48 neu = SZ 30/33) gelten ganz allgemein dann, wenn der Schuldner nacheinander mehrere Verpflichtungen eingegangen ist und die Erfüllung der einen notwendig zur Vereitelung der Erfüllung der anderen führen musste. Nur in Fällen einer relativen, lediglich gegenüber bestimmten Personen wirkenden Leistungsunmöglichkeit - wie hier braucht sich der in seinen Rechten verletzte Vertragspartner nicht auf den Schadenersatzanspruch nach § 920 ABGB verweisen zu lassen, sondern kann weiterhin auf Erfüllung bestehen. Dabei ist der Berechtigte auf die ihm gemäß den §§ 880, 1447 ABGB (bei "zufälliger" Unmöglichkeit) wie hier bzw § 920 ABGB (bei verschuldeter Unmöglichkeit) zustehenden Ansprüche verwiesen (JBl 1975, 206; 7 Ob 577/87 ua; RIS-Justiz RS0011210). Eine Verurteilung zur Leistung setzt aber jedenfalls im Fall des § 1447 ABGB eine ernst zu nehmende, irgendwie ins Gewicht fallende Chance voraus, dass die Leistung (wenigstens) später erbracht werden kann (stRspr, zuletzt 5 Ob 127/99h). Steht dagegen nach der Beurteilung des Verkehrs praktisch mit Sicherheit ("mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit") fest, dass die Leistung auch in Zukunft nicht mehr erbracht werden kann, so kann der Gläubiger nicht auf seinem Erfüllungsanspruch beharren (JBl 1985, 742; SZ 61/113; JBl 1992, 517; 1 Ob 302/97m = SZ 71/30 ua; RIS-Justiz RS0016423).

Zweifel über die Unmöglichkeit der Leistung gehen aber jedenfalls zu Lasten des beklagten Schuldners, trägt er doch die Behauptungs- und Beweislast für die Unmöglichkeit der Erfüllung (SZ 71/30 mwN ua; Honsell/Heidinger in Schwimann 2, § 1447 ABGB Rz 3 mwN), somit dafür, alles unternommen zu haben, den Dritten zu einer die Erfüllung ermöglichenden Handlung zu bewegen (JBl 1987, 783 mwN; RIS-Justiz RS0034223). Die Beklagten haben einen diesen Kriterien entsprechenden Nachweis der Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit die Verfügbarkeit über das Bestandobjekt vom nunmehrigen Mieter zurückzuerwerben, dass also eine ernstzunehmende Chance, die Leistung doch erbringen zu können, nie angetreten. Der Hinweis auf die Gutgläubigkeit der beklagten Vermieter und des nunmehrigen Mieters bei Abschluss des zweiten Mietvertrags kann die bereits von der zweiten Instanz zu Recht geforderte, aber nie aufgestellte Behauptung nicht ersetzen.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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